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In diesem Beitrag soll ein Nachschlagewerk zur arealen Variation in der Grammatik des Deutschen kurz vorgestellt werden: die in Form eines Online-Wikis erschienene „Variantengrammatik des Standarddeutschen“. Sie ist das Hauptergebnis einer langjährigen Zusammenarbeit der Projektgruppe „Variantengrammatik“ unter der Leitung der Autorin und der Autoren dieses Beitrags. Für das Projekt wurde ein areal gewichtetes und annotiertes Korpus erstellt, das aus Lokal- und Regionalteilen der Online-Ausgaben von 68 regional verbreiteten Zeitungen besteht. Die ausgewählten Zeitungen sind nach fünfzehn Arealen des zusammenhängenden deutschsprachigen Raums unterteilt. Das tokenisierte, lemmatisierte und nach Wortarten annotierte Gesamtkorpus, auf das sich die Variantengrammatik stützt, umfasst ca. 600 Millionen Wörter.
Ausgehend von einschlägigen typologischen Parametern (Verbstellung, Kasusmarkierung, analytische und synthetische Konstruktion) werden Aspekte einer allgemeinen morphosyntaktischen Charakterisierung des Deutschen zur Diskussion gestellt. Die deutschen Klammerbildungen werden unter dem Aspekt links- und rechtsverzweigender Serialisierung betrachtet. Es wird dabei erwogen, die Verbalklammer im Hauptsatz als die Überlagerung einer zugrundeliegenden Verbendstellung durch eine pragmatische Satzartenmarkierung anzusehen. Das Verhältnis zwischen Morphologie und syntaktischen Regeln wird im Hinblick auf die ,,Konfigurationalitäts”-Diskussion erläutert. Sowohl bei Verbkonstruktionen als auch bei der Funktionskodierung im nominalen Bereich wird auf die Analytitizität/Synthetizität-Unterscheidung Bezug genommen. Im Rahmen dieser Parameter erscheint das Deutsche als ein sprachtypologischer „Mischtyp", der aber insgesamt durch weitgehende funktionale Konvergenz der typologisch unterschiedlichen Strukturen und Verfahren gekennzeichnet ist.
Zwischenräume – Phänomene, Methoden und Modellierung im Bereich zwischen Lexikon und Grammatik
(2011)
Der Beitrag führt in den Sammelband „Sprachliches Wissen zwischen Lexikon und Grammatik“ ein und diskutiert zunächst den Zusammenhang zwischen den drei Dichotomien Lexikon versus Grammatik, Wort versus Phrase und Idiosynkrasie versus Regel. Im Folgenden werden Varianten des Konstruktionsbegriffs dargestellt und hinsichtlich verschiedener Dimensionen analysiert. Einer Darstellung der im Zusammenhang mit der Lexikon-Grammatik-Abgrenzung diskutierten Phänomene und angewandten empirischen Methoden schließt sich eine Übersicht über die Aufsätze des Sammelbandes an.
Zusammenfassung der Tagung
(1980)
Alphabetschriften von altverschrifteten Sprachen weisen Charakteristika auf, die es erlauben, von einer Typologie der Alphabetschriften zu sprechen. Als typologischer Parameter gilt der einer phonologischen, prosodischen, morphologischen und historischen ’Tiefe’. Die vorliegende Arbeit unternimmt es, typologische Eigenschaften des deutschen Schriftsystems zu benennen und an zwei Beispielen genauer zu explizieren. An der Umlautschreibung <a-ä> sowie der Verdoppelung von Konsonantgraphemen in Anglizismen wird gezeigt, wie phonologische und morphologische Struktureigenschaften von Wörtern bei der Schreibung interagieren. Typisch für das Deutsche scheint insgesamt zu sein, daß sich die Tiefe der Einzelparameter gegenseitig auf transparente Weise begrenzen. Eine erste Nutzanwendung besteht im Bezug auf Formulierungen des Reformvorschlages. Liegt die Orthographiereform typologisch richtig? Greift sie strukturelle Eigenschaften des Deutschen auf oder wird sie eher zu einer ’Deregulierung’ beitragen? Der Beitrag möchte zeigen, wie Fragen dieser Art fundiert bearbeitet werden können.
Der Beitrag beschreibt Konzeption und Umsetzung der Anbindung von lexikalischen Datenbanken an das grammatische Informationssystem grammis, das seit Mitte 1993 am Institut für deutsche Sprache (IDS) entwickelt wird. Im Rahmen dieses Projekts wird erforscht, wie grammatisches Wissen mit moderner Computertechnik anschaulich dargestellt und verständlich vermittelt werden kann.
Lange Zeit waren in der Linguistik Grammatik und Interaktion inkompatible oder gar antonyme Begriffe. Grammatik meinte das Regelwerk zur Erzeugung wohlgeformter Aussagen, während Interaktion dagegen den Bereich des durch vielerlei psychische, soziale und andere Faktoren beeinträchtigten, fehlerhaften Sprechens bezeichnete, der von außer- oder bestenfalls randlinguistischem Interesse war. Vieles ist noch offen, und viele Fragen lassen sich erst heute mit neuer Klarheit stellen. Die in diesem Band versammelten Aufsätze geben einen Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema 'Grammatik und Interaktion'. Sie gehen zurück auf Vorträge der 11. Arbeitstagung zur Gesprächsforschung, die vom 6. bis 8. April 2005 unter dem Rahmenthema 'Grammatik und Interaktion' am Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim stattfand.
Zur Einführung
(1978)
Zum Problem der Satzmodelle
(1975)
Der Beitrag thematisiert die Märchenformel es war einmal unter konstruktionsgrammatischem Gesichtspunkt. Im Mittelpunkt der Überlegungen stehen zwei Fragen: a) Wie kann man es war einmal im Kontext seines Gebrauchs in Märchen beschreiben? b) Wie Lässt sich diese Märchenformel im Kontext anderer, mit ihr formal und/oder semantisch verwandter Konstruktionen mit es erfassen? Um die erste Frage zu beantworten, wird auf Merkmale der Textsorte ‚Märchen' sowie auf den Begriff des Erzählens zurückgegriffen. Damit im Zusammenhang wird in Anlehnung an die Terminologie in Feilke (1996) von textuell-pragmatischer Prägung gesprochen. Zur Klärung der zweiten Frage sollen vor dem Hintergrund syntaktischer Prägung abstraktere Konstruktionen mit es (Rhematisierungskonstruktionen, Präsentativkonstruktionen und das es impersonate) herangezogen und in Beziehung zu es war einmal gesetzt werden. Die Überlegungen von a) über b) führen zu der Annahme einer auf Ähnlichkeiten basierenden Konstruktionsfamilie mit es als Thetizitätsmarker.
Der vorliegende Text unternimmt den Versuch, einen Beitrag zur grammatischen Analyse von Ellipsen zu leisten, indem kontextkontrollierte Ellipsen und Strukturellipsen konstruktionsgrammatisch verortet und interpretiert werden. In diesem Zusammenhang soll vor allem die Frage nach ihrem eventuellen Konstruktionsstatus im Mittelpunkt stehen. Wie sich zeigen wird, werden die beiden markanten Vertreter der Ellipsenwelt (Analepse und Strukturellipse) diesbezüglich unterschiedlich bewertet. Da der Phänomenbereich in beiden Hauptklassen eine Menge unterschiedlicher Formate und Typen umfasst (zu einem Überblick vgl. Hennig 2013: 447-448), kann die vorgelegte Analyse nur exemplarisch erfolgen und erhebt somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch soll sie der Bedingung der Generalisierbarkeit theoretischer Annahmen insofern gerecht werden, als die beiden Hauptklassen (Analepse und Strukturellipse) genauer untersucht werden, die m. E. zwei entgegengesetzte Eckpunkte des Spektrums möglicher Ellipsen darstellen und somit in analytischer Perspektive, so auch in der konstruktionsgrammatischen Theoriebildung aus meiner Sicht besondere Aufmerksamkeit verdienen.
Der Beitrag bespricht in Abgrenzung zum vorherrschenden onomasiologischen Paradigma der Terminologielehre die Vor- und Nachteile einer semasiologischen Terminologiearbeit und -modelierung. Hierbei wird davon ausgegeangen, dass terminologische Einheiten diskursiv konstituiert werden und dass aus einer relationalen Beschreibung semasiologisch verstandener terminologischer Einheiten eine begriffsorientierte Beschreibung emergent hervorgeht. Zu diesem Zweck empfiehlt der Beitrag ein Prinzip der Zeichenorientierung, mit dem zudem die theoretische Beschreibung von terminologiestrukturierenden Beziehungstypen vereinheitlicht werden kann.
Die Wörterbücher zur Sprach- und Kommunikationswissenschaft sind eine Fachwörterbuchreihe, die für 25 Bände geplant ist und in der aktuell ca. 12.000 Artikel online stehen. WSK-1 wird in zwei Teilbänden (Formenlehre, Syntax) von Stefan J. Schierholz und Pál Uzonyi herausgegeben. Es handelt sich um ein alphabetisches und teilbilingualisiertes terminologisches Fachwörterbuch, das als Adressaten in erster Linie Studierende sieht und bei der Textrezeption und fachbezogenen Informationen behilflich sein soll. Von insgesamt ca. geplanten 4500 Artikeln sind über 4000 Artikel bereits online erschienen.
Im Folgenden werden die konzeptuelle Ordnung der Termini, die unterschiedlichen Artikeltypen (Synopse-, Einzel-, Verweisartikel), die Verweisstrukturen (uni-, bidirektional; Synonyme, Antonyme, inhaltlich-thematische Verweisungen, Mehrworttermini), die Abbildung der kognitiven Strukturen des Fachwissens, die Lernkomponenet des Bandes sowie der Artikelaufbau vorgestellt.
Terminologiearbeit im wirtschaftlichen Kontext geht von zwei Arbeitsphasen aus: einer umfassenden deskriptiven Phase, in der die Begriffsstruktur und der aktuelle Terminologiegebrauch erfasst, aber noch nicht bewertet werden, sowie einer präskriptiven Phase, in der der eigentliche Standardisierungseingriff erfolgt. In der Praxis wird die deskriptive Phase oft reduziert und der Schwerpunkt unmittelbar auf die Präskription gelegt. In unserem Beitrag diskutieren wir das Potenzial, das eine ausführliche deskriptive Terminologiearbeit zur Verbesserung der Wissenskommunikation im Rahmen des Wissensmanagements birgt. Am Beispiel eines wissenschaftlichen Projektes im Bereich Grammatik des Deutschen zeigen wir, wie diese eng an der Theorie orientierte Ausgestaltung der Deskription in der Praxis aussieht, welche Herausforderungen sie mit sich bringt und wie ihre Ergebnisse das Wissensmanagement unterstützen können.
Das Theonym Gott für den christlichen Gott weist im Frühneuhochdeutschen eine Reihe ungewöhnlicher grammatischer Eigenschaften auf, die in diesem Beitrag korpusbasiert untersucht werden. Zum einen hat es sich von seiner appellativischen Herkunft emanzipiert, wie beispielsweise am fehlenden Artikel deutlich wird, zum anderen nutzt es aber das für einen Namen ungewöhnliche es-Flexiv im Genitiv (Pauls, Gottes) und tritt, wie unbelebte Appellative, als Genitivattribut dominant nachgestellt auf (Haus __ Gottes). In der Schreibung bildet sich die Doppelmajuskel <GOtt> heraus, die es bis ins 18. Jh. visuell von der übrigen Lexik abhebt. Damit weist das Theonym im Frühneuhochdeutschen eine Sondergrammatik auf, in abgeschwächter Form besteht sie bis heute fort. Der Beitrag argumentiert dafür, dass es sich um ein Resultat besonderer kommunikativer Relevanz handelt.
Die 7. Auflage der Duden-Grammatik ist u.a. erweitert um ein Kapitel "Gesprochene Sprache" im Umfang von 80 Druckseiten. Der Beitrag behandelt eine Reihe von konzeptionellen Fragen, die sich beim Verfassen dieses Kapitels ergaben, und stellt seinen Aufbau und Inhalt vor. Nach einer Skizzierung der Rahmenbedingungen (Abschnitt 2.) wird der Gegenstandsbereich einer Grammatik gesprochener Sprache diskutiert (Abschnitte 3. bis 5.). Abschnitt 6. behandelt einige Konsequenzen, die sich aus der Andersartigkeit des Gegenstands 'Gesprochene Sprache' für die Grammatikschreibung ergeben. Ein weiteres Problem stellt die Frage dar, ob bzw. inwieweit die schriftsprachlich geprägten Kategorien der traditionellen Grammatik geeignet sind, Phänomene der gesprochenen Sprache zu beschreiben und inwieweit gegenstandsangemessene Kategorien entwickelt werden müssen. Abschnitt 7. exemplifiziert diese Frage am Beispiel der sog. Apokoinukonstruktionen. Ein methodisches Problem stellt die Ermittlung von Besonderheiten der gesprochenen Sprache durch den Vergleich mit der geschriebenen dar (Abschnitt 8.). Abschnitt 9. skizziert Inhalte und Gliederung des Kapitels "Gesprochene Sprache". Abschließend werden konzeptionelle Probleme der Duden-Grammatik angesprochen (Abschnitt 10.).
Vorwort / Preface
(2011)
Vorwort
(2006)
Vorwort
(1997)
Vorwort
(2009)
Vorwort
(2006)
Vorwort
(2012)
Vorschläge für eine generative Transformationsgrammatik der Possessivpronomina im heutigen Deutsch
(1974)
In our paper, we present a case study on the quality of concept relations in the manually developed terminological resource of grammis, an information system on German grammar. We assess a SKOS representation of the resource using the tool qSKOS, create a typology of the issues identified by the tool, and conduct a qualitative analysis of selected cases. We identify and discuss aspects that can motivate quality issues and uncover that ill-formed relations are frequently indicative of deeper issues in the data model. Finally, we outline how these findings can inform improvements in our resource’s data model, discussing implications for the machine readability of terminological data.
Die meisten, wenn nicht alle natürlichen Sprachen kennen unterschiedliche Satzarten, die in ihrer grammatischen Form – z. B. Konstituentenfolge, verbale Modi, Vorkommen von Interrogativa, spezifischen Partikeln usw. – und/oder ihrer syntaktischen bzw. pragmatischen Funktion – Satzgliedwert; Aussage-, Frage-, Aufforderungsfunktion usw. – besondere Eigenschaften aufweisen. Eine weit verbreitete Intuition besagt, dass allen Satzarten über formale und funktionale Unterschiede hinweg etwas gemeinsam sein muss, das als satzartunabhängiger Bedeutungskern bestimmt werden kann. Dafür sind unterschiedliche Termini in Umlauf, unter denen der Propositionsbegriff eine prominente Rolle spielt. Der vorliegende Aufsatz betrachtet die Satzarten des Gegenwartsdeutschen. Im Anschluss an Wittgenstein, Frege und Lyons entwickelt er eine Begrifflichkeit, mit der die Bedeutungspotenziale von Satzarten beschrieben und verglichen werden können. Der Propositionsbegriff wird in Anlehnung an Lyons über die Möglichkeit einer Auswertung vor Wissenshintergründen und der darauf fußenden Bewertbarkeit hinsichtlich Wahrheit definiert. Es wird detailliert untersucht, welche Satzarten des Deutschen Propositionen in diesem Sinne ausdrücken müssen oder können und welche dies nicht können. Ferner werden formale Ausdrucksmittel identifiziert, die propositionale Lesarten von Sätzen erzwingen, nahelegen oder ausschließen. Es wird deutlich, dass der gewählte Propositionsbegriff nicht den gemeinsamen Bedeutungskern aller Satzarten erfassen kann. Als solcher wird eine weniger komplexe semantische Einheit bestimmt: die Beschreibung eines Sachverhalts.
In der Syntaxtheorie gibt es verschiedene Ansätze, um die grammatische Variation zwischen Sprachen zu erfassen. Grundsätzlich lassen sich diese auch auf die grammatische Variation innerhalb einer Sprache anwenden, etwa bei der Beschreibung zweier Dialekte. Innersprachliche Variation weist aber Eigenschaften auf, die nahelegen, eine andere Modellierung vorzunehmen: Die Syntax der Sprache ist unterspezifiziert für die Strukturen, bezüglich derer Variation vorliegt. Sie erzeugt eine Menge von Konstruktionen, die allesamt zur passiven Kompetenz der Sprecher gehören. Im soziolinguistischen Regelsystem der Sprache können dann einige dieser Konstruktionen regionalen oder sozial konstituierten Sprechergruppen oder bestimmten Registern zugeordnet werden, und (nur) diese Zuordnung definiert Dialekte, Soziolekte oder Register. Die Syntax selbst sagt dazu nichts. Neben der Variation durch Auswahl aus einer Konstruktionsmenge liegt auch Variation vor, die aus unterschiedlicher Flexibilität im Umgang mit Konstruktionen resultiert, und - weil verarbeitungsbezogenen - nicht Gegenstand soziolinguistischer Etikettierungen sein kann.
Dieses Kapitel untersucht die syntaktischen Funktionen von vollen (nicht-pronominalen) Nominalphrasen (NPs) und die Funktionen der vier Kasus des Deutschen aus quantitativer Perspektive. Es wird vorgeschlagen, das Konzept der syntaktischen Funktion in grundlegendere Merkmale zu zerlegen. Dazu gehören der Typ desjenigen Elements, dem die NP untergeordnet ist, und die Art der Beziehung zwischen der NP und dem übergeordneten Element (ganz allgemein: Komplementation vs. Modifikation).
Dieses Kapitel untersucht die Stellung adnominaler Genitive im Deutschen. Die Stellungsvariation besteht fast ausschließlich für artikellose Eigennamen, weshalb diese im Zentrum der Analyse stehen. Auf Basis von Korpusdaten kann gezeigt werden, dass die Faktoren Belebtheit und Länge des Attributs sowie Kasus der Gesamtphrase einen großen Teil der Variation erklären.
In Adjektivreihungen ohne Determinierer ('in neuem korpuslinguistisch-em/-en Licht') und in Fügungen aus Pronominaladjektiv und attributivem Adjektiv ('mancher ausbildend-er/-e Betrieb') treten Schwankungen zwischen Parallel- und Wechselflexion auf, die von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener grammatischer und außergrammatischer Faktoren beeinflusst werden. Auf der Basis einer explorativen Korpusstudie werden im vorliegenden Beitrag zunächst einschlägige Einflussgrößen identifiziert und deren Effektstärken geschätzt. Im Anschluss wird gezeigt, dass entgegen bisherigen Annahmen nach Pronominaladjektiven keine allgemeine Tendenz zur schwachen Flexion vorliegt, sondern mit Ausnahme des Kontextes Dat. Sg. Mask./Neutr. diachron eine Ausbreitung der Parallelflexion (stark/stark) beobachtbar ist.
Standardisierte statistische Auswertungen von Korpusdaten im Projekt "Korpusgrammatik" (KoGra-R)
(2017)
Wir zeigen anhand dreier Beispielanalysen, wie das im IDS-Projekt „Korpusgrammatik“ entwickelte Auswertungstool KoGra-R in der quantitativlinguistischen Forschung zur Analyse von Frequenzdaten auf mehreren linguistischen Ebenen eingesetzt werden kann. Wir demonstrieren dies anhand regionaler Präferenzen bei der Selektion von Genitivallomorphen, der Variation von Relativpronomina sowie der Verwendung bestimmter anaphorischer Ausdrucke in Abhängigkeit davon, ob sich das Antezedens im gleichen Satz befindet oder nicht. Die in KoGra-R implementierten statistischen Tests sind für jede dieser Ebenen geeignet, um mindestens einen ersten statistisch abgesicherten Eindruck der Datenlage zu erlangen.
When searching large electronic corpora of the German language, one finds variation at structurally critical points of the grammatical system. Two examples from the grammar of the noun phrase show that in certain cases this variation helps to ensure the function of a standard language, so that a certain amount of variation belongs to a realistic idea of a standard language. This is shown on the one hand by techniques of expanding the central adjective vocabulary and on the other hand by the choice of morphological alternatives in the area between determiners and attributive adjectives
Recent typological studies have shown that socio-linguistic factors have a substantial effect on at least certain structures of language. However, we are still far from understanding how such factors should be operationalized and how they interact with other factors in shaping grammar. To address both questions, this study examines the influence of socio-linguistic factors on the number of dedicated conditional constructions in a sample of 374 languages. We test the number of speakers, the degree of multilingualism, the availability of a literature tradition, the use of writing, and the use of the language in the education system. At the same time, we control for genealogical, contact, and bibliographical biases. Our results suggest that the number of speakers is the most informative predictor. However, we find that the association between the number of speakers and the number of dedicated conditional constructions is much weaker than assumed, once genealogical and contact biases are controlled for.
Das Projekt GramKidSII (Grammatische Kenntnisse in der Sekundarstufe II) hat zum Ziel, die deutschdidaktische Behauptung, Grammatikunterricht bis in die Sekundarstufe II führe zu besseren und langfristig anhaltenden Grammatikkenntnissen, empirisch in Form einer longitudinalen Interventionsstudie mit Kontrollgruppendesign zu überprüfen. Im vorliegenden Beitrag stellen wir eine Pilotierungsstudie vor, die die Anwendungsmöglichkeiten einer Selbstlerneinheit für die geplante Interventionsstudie testet. Anhand der Ergebnisse zeigen wir, dass die von uns entworfene Selbstlerneinheit insbesondere dann schwer zur Vermittlung der deutschen Grammatik einsetzbar ist, wenn die von Grammatiken empfohlenen Regeln mit dem Sprachgefühl der Probanden konfligieren.
Silbenkurzwort
(2022)
Words originating from shortening, including acronyms and clippings, constitute a treasure trove of insight into phonological grammar. In particular, they serve as an ideal testing ground for Optimality Theory (OT) and its view of grammar as an interaction of markedness constraints, which express (dis-) preferences regarding phonological structure in output forms, and faithfulness constraints, which require output forms to correspond to input structure (Prince and Smolensky 1993). This is because shortenings are characterised by a sharply diminished role of faithfulness, allowing for markedness constraints to make their force felt (“The Emergence of the Unmarked”). This article aims to demonstrate the heuristic value of shortening data for testing the OT model and for shedding light on various controversies in German phonology. A particular concern is to draw attention to the need for properly sorting the shortening data, to identify influences on phonological structure due to internal domain boundaries or to special correspondence effects potentially obscuring the view on the maximally unmarked patterns.
Grammis is a web-based information system on German grammar, hosted by the Institute for the German Language (IDS). It is human-oriented and features different theoretical perspectives on grammar. Currently, the terminology component of grammis is being redesigned for this theoretical diversity to play a more prominent role in the data model. This also opens opportunities for implementing some machine-oriented features. In this paper, we present the re-design of both data model and knowledge base. We explore how the addition of machine-oriented features to the data model impacts the knowledge base; in particular, how this addition shifts some of the textual complexity into the data model. We show that our resource can easily be ported to a SKOS-XL representation, which makes it available for data science, knowledge-based NLP applications, and LOD in the context of digital humanities.
Semantik und Grammatik
(1972)
Das Schriftsystem ist ein System und es zeigen sich Folgen, wenn Schreibungen gegen den Schreibusus geändert werden. Exemplarisch wird dies erstens an der Veränderung des Verbsuffixes -iren zu -ieren im Nachgang der Rechtschreibreform von 1876 und zweitens der Veränderung von Gruppen wie im Allgemeinen in der Reform von 1996 gezeigt. Beide verursachen unbeabsichtigte Folgefehler. Wie systematisch manche Variation und damit auch mancher Fehler ist, wird sowohl am Komma vor Vergleichssätzen als auch an Fehlern in der Getrennt- und Zusammenschreibung gezeigt. Das Statut des Rechtschreibrates besagt, dass bei der Weiterentwickung des Amtlichen Regelwerks die ständige Beobachtung der Schreibentwicklung, die Klärung von Zweifelsfällen, die Erarbeitung und die wissenschaftliche Begründung von Vorschlägen zur Anpassung des Regelwerks an den allgemeinen Wandel der Sprache im Vordergrund stehen. Das ist zu begrüßen, weil viele Zweifel bei den Zweifelsfällen grammatische und nicht orthographische Ursachen haben.
Korrekte Verwendung konnektoraler Satzverknüpfungen ist insbesondere in Bezug auf die Textproduktion, aber auch für das Verständnis bzw. die Interpretation von Texten von essenzieller Bedeutung. Wenn nämlich einzelne Propositionen inhaltliche Bausteine von Texten sind, so spielen Satzverknüpfungen eine Rolle als strukturelle Bausteine. Das Anwenden des topologischen Modells im Schulunterricht ist nicht nur ein hilfreiches Mittel zur Veranschaulichung syntaktisch variablen Gebrauchs unterschiedlicher Klassen von Satzverknüpfungsmitteln, sondern auch die Möglichkeit, Schüler auf semantische, pragmatische und mediale Unterschiede bei der Interpretation und Verwendung von Satzverknüpfungen (u.a. auch im gesprochenen Deutsch) aufmerksam zu machen, die sich beispielsweise durch den Positionswechsel ergeben.
Satz - oberflächlich
(2015)
Das hier vorgestellte oberflächennahe Satzkonzept orientiert sich an der Definition der IDS-Grammatik: Sätze sind Konstruktionsformen, die mindestens aus einem finiten Verb und seinen Komplementen bestehen. Das semantische Korrelat des Satzes ist die Proposition, bestehend aus Prädikat und Argumenten. Die Unterscheidung der englischsprachigen Tradition zwischen sentence und clause bzw. die entsprechende Unterscheidung zwischen proposition und phrase im Französischen wird in diesem Ansatz durch die Opposition zwischen ,Vollsatz‘ und ,Teilsatz‘ erfasst. Oberflächenorientierte Satzdefinitionen können, im Gegensatz zu der hier vertretenen intern-syntaktischen Definition, auch – in syntaktischer Hinsicht – auf externen Merkmalen beruhen, nämlich auf orthografisch-prosodischen Merkmalen oder dem Kriterium der syntaktischen Unabhängigkeit gemäß Bloomfields bekannter Satzdefinition. In typologischer Perspektive zeichnen sich Sätze durch einen „satzkonstituierenden Akt“ (Sasse 1991, 77) aus bzw. eine spezifische morphosyntaktische Konstellation, die zum Ausdruck des Sachverhalts hinzukommen muss. Unter pragmatischer Perspektive ist der Satz die prototypische Mitteilungseinheit. Er kann dekontextualisiert werden, während andere Mitteilungsformen nur in ihrem jeweiligen Kontext interpretierbar sind. Ihrem semiotischen Status nach sind Sätze komplexe sprachliche Zeichen. Die ihnen zugrundeliegenden Regeln oder Konstruktionen hingegen haben keinen Zeichencharakter.
Sachen charakterisieren
(2014)
Richtiges Deutsch?
(2009)
Rationale Grammatik
(1980)
In diesem Aufsatz diskutiere ich drei syntaktische Phänomene, die für die Grammatikforschung von zentraler Bedeutung sind. Ich zeige, dass Introspektion als Stütze von Theorien nicht ausreicht und entwickle Korpusanfragen für die diskutierten Fälle. Der Aufsatz schließt mit Anmerkungen zu den Grenzen der Korpuslinguistik.
Interindividuelle Unterschiede bei der Verarbeitung sprachlicher Strukturen haben bei experimentellen Untersuchungen zur Sprachverarbeitung mittels neurobasierter Verfahren lange Zeit keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt. Während individuelle Verarbeitungsstrategien in Abhängigkeit von experimentellen Faktoren (z.B. Aufgabenstellung) relativ gut belegt sind (z.B. probandenspezifisches strategisches Verhalten bei der Verarbeitung von semantischen Relationen; Roehm et al. 2007), wurde der Einfluss von Variation in der Grammatik des Standarddeutschen in Korrelation zu Hirnprozessen bisher kaum berücksichtigt. In diesem Beitrag werde ich auf der Basis dreier EEG-Experimente aus unterschiedlichen Bereichen (Synästhesie, semantische Relationen, Auxiliarselektion bei intransitiven Verben) Beispiele für Verarbeitungskorrelate interindividueller Variation vorstellen und diskutieren.
Prosodische Morphologie
(2022)
This paper deals with a specific type of lexeme, namely binary preposition-noun combinations containing temporal references like am Ende [at (the) end] or für Sekunden [for seconds]. The main characteristic of these combinations is the recurrent internal zero gap. Despite the fact that the omission of the determiner can often be explained by grammatical rules, the zero gaps indicate a higher degree of lexicalization. Therefore, we interpret these expressions as minimal phraseological units with holistic meanings and functions. The corpusdriven exploration of typical context patterns (e.g. using collocation profiles and the lexpan slot filler analysis) shows that a) even such minimal expressions are based on semi-abstract schemes and b) temporal expressions can also fulfill modal or discursive functions, usually with fuzzy borders and overlapping structures. In the case of modalization or pragmatization one can regard such PNs as distinct lexicon entries.
Pragmatics and grammar
(2011)
Praeteritopraesentia Revisa
(1967)
Innerhalb der generativen Theorien in Chomskys Tradition spielt das Lexikon während der letzten zwanzig Jahre eine zunehmend wachsende Rolle. Dies ist nicht zuletzt auf das Projektionsprinzip zurückzuführen. Es besagt, dass lexikalische Einheiten ihre semantischen und syntaktischen Grundzüge in allen relevanten Repräsentationen in der Grammatik beibehalten (Chomsky 1981). Die Grammatik wird in dieser Sichtweise als lexikalisch getrieben aufgefasst. Es ist deshalb auffallend, dass phraseologische Einheiten in der generativen Grammatik nur eine untergeordnete Rolle spielen, schlicht deshalb weil solche Einheiten als lexikalisch betrachtet werden. Dieser Vortrag geht zuerst auf einige theoretische Debatten ein, in denen der Status von phraseologischen Einheiten behandelt wird. Sodann wird gefragt, welche Funktion diese innerhalb einer generativen Sprachtheorie einnehmen können. Im Zentrum steht eine generative Theorie des Lexikons und das Problem, wie eine solche Theorie möglicherweise die syntaktischen Eigenschaften phraseologischer Einheiten erklären könnte.
Notions such as “corpus-driven” versus “theory-driven” bring into focus the specific role of corpora in linguistic research. As for phonology with its intrinsic focus on abstract categorical representation, there is a question of how a strictly corpus-driven approach can yield insight into relevant structures. Here we argue for a more theory-driven approach to phonology based on the concept of a phonological grammar in terms of interacting constraints. Empirical validation of such grammars comes from the potential convergence of the evidence from various sources including typological data, neutralization patterns, and in particular patterns observed in the creative use of language such as acronym formation, loanword adaptation, poetry, and speech errors. Further empirical validation concerns specific predictions regarding phonetic differences among opposition members, paradigm uniformity effects, and phonetic implementation in given segmental and prosodic contexts. Corpora in the narrowest sense (i.e. “raw” data consisting of spontaneous speech produced in natural settings) are useful for testing these predictions, but even here, special purpose-built corpora are often necessary.
KorAP, die neue Korpusanalyseplattform des IDS, die COSMAS II im Laufe der kommenden 2–3 Jahre ablösen wird, bietet gerade zur Erforschung grammatischer Variation einige besondere Funktionalitäten. Grundlegend ist beispielsweise, dass KorAP die Repräsentation und Abfrage beliebiger und beliebig vieler Annotationsschichten, zum Beispiel zu Konstituenz- und Dependenzrelationen, unterstutzt und damit die Suche nach speziellen grammatischen Phänomenen erleichtert oder erst möglich macht. Darüber hinaus unterstutzt KorAP die Konstruktion virtueller Korpora anhand von Metadatenvariablen und erleichtert damit kontrastive Untersuchungen. Der vorliegende Artikel erläutert die für die grammatische Variationsforschung relevanten KorAP-Funktionalitäten im Einzelnen und gibt einen Einblick in ihre Grundlagen.
In der Geschichte der Sprachwissenschaft hat das Lexikon in unterschiedlichem Maße Aufmerksamkeit erfahren. In jüngerer Zeit ist es vor allem durch die Verfügbarkeit sprachlicher Massendaten und die Entwicklung von Methoden zu ihrer Analyse wieder stärker ins Zentrum des Interesses gerückt. Dies hat aber nicht nur unseren Blick für lexikalische Phänomene geschärft, sondern hat gegenwärtig auch einen profunden Einfluss auf die Entstehung neuer Sprachtheorien, beginnend bei Fragen nach der Natur lexikalischen Wissens bis hin zur Auflösung der Lexikon-Grammatik-Dichotomie. Das Institut für Deutsche Sprache hat diese Entwicklungen zum Anlass genommen, sein aktuelles Jahrbuch in Anknüpfung an die Jahrestagung 2017 – „Wortschätze: Dynamik, Muster, Komplexität“ – der Theorie des Lexikons und den Methoden seiner Erforschung zu widmen.
Mögliche Erklärungshorizonte für grammatische Variation in Übersetzungen können durch kontrastive Unterschiede sowie Textsortenkonventionen für die involvierten Sprachen hergeleitet werden. Weiterhin ausschlaggebend sind die vom Übersetzer verwendeten Übersetzungsstrategien, wie Simplifizierung und Explizierung, die mit Methoden der Korpuslinguistik und der Translationsprozessforschung untersucht werden können. Letztere betreffend liefert das Eyetracking Hinweise auf Problemstellen im Ausgangstext; das Keylogging lässt Rückschlüsse auf die Problemlösestrategien im Zieltext zu. Durch die Triangulation der gewonnenen Produkt- und Prozessdaten kann einerseits der ganzheitliche Übersetzungsprozess und andererseits die Produktion der grammatischen Variation empirisch aufgearbeitet werden.
Gegenstand dieses Beitrags ist die Entwicklung des graphentheoretischen Analysetools Laniakea, das zur Visualisierung von Phänomenen und Veränderungen in terminologischen Netzwerken entwickelt wurde. Wir führen theoretische Grundlagen, Designentscheidungen und technische Details der Implementierung des Tools aus. Darüber hinaus wird auch eine Beschreibung von Erfahrungen im Fokus des Beitrages stehen, die bei der Anwendung von Laniakea bei der Überarbeitung der terminologischen Ressourcen des Grammatischen Informationssystems grammis, gesammelt wurden.
Thema des Beitrags ist der Einsatz des Dudenkorpus in der Zusammenarbeit von Grammatikautoren und Dudenredaktion. Das annotierte Korpus und die Recherchemöglichkeiten, die es bietet, werden anhand aktueller Beispiele aus der Werkstatt einer Dudenredakteurin beschrieben. Einen Schwerpunkt bildet neben einfachen Vergleichen zwischen zwei oder drei morphologischen Varianten die komplexere Frage, ob temporales wo (der Zeitpunkt, wo; jetzt, wo) in der Dudengrammatik weiterhin als standardsprachlich bezeichnet werden soll. Zugleich wird versucht, die Attraktivität alternativer Konstruktionen (der Zeitpunkt, zu dem; jetzt, da) für Schreibende und Lesende zu messen. Diese ‘Alternativen’ verhalten sich jedoch keineswegs wie die eingangs erwähnten morphologischen Varianten zueinander – zu unterschiedlich sind semantische und syntaktische Leistungen, zu unterschiedlich die Restriktionen, die für ihre Verwendung im Satz gelten, zu unterschiedlich sind schließlich die untersuchten Texte, aus denen die mittels Hochrechnung ausgewerteten über 30 000 Sätze stammen. Zur Diskussion steht, welche Konsequenzen in einer Grammatik für ein breites Publikum zu ziehen sind. Diese Frage wird für die ‘Wortgrammatik’ anders beantwortet als für die ‘Regelgrammatik’.
Von Grammatikern erwartet man Auskunft darüber, wie man zu reden und zu schreiben hat, eine Erwartung, die sich auf die Annahme stutzt, es stehe grundsätzlich immer schon fest, was in Sprachen wie etwa dem Deutschen als korrekt gelten kann. Tatsächlich kann jedoch nicht einmal davon ausgegangen werden, dass es so etwas wie das Deutsche als eindeutig bestimmten Gegenstand gibt. Alles, was als Deutsch zu fassen ist, sind ungezählte schriftliche und - sofern aufgezeichnet - mündliche Äußerungen. Bis vor wenigen Jahren waren diese Daten praktisch nur unzureichend zu nutzen, weshalb Grammatikern wenig anderes übrig blieb, als auf der schmalen Basis durch Introspektion gewonnener Daten Simulationen eines allgemeinen Sprachgebrauchs zu entwickeln. Mit der Verfügung über riesige Korpora maschinenlesbarer Texte haben sich die Voraussetzungen für die Untersuchung grammatischer Strukturen entscheidend verändert. Für die Grammatikforschung ergaben sich damit neue Perspektiven: zum einen ein radikaler Bruch mit der Tradition grammatischer Analysen, der weitgehend auf eine statistische Auswertung von Kookkurrenzen setzt, zum andern - weniger radikal, mehr traditionsverbunden - die Möglichkeit, konventionell kompetenzgestutzt erarbeitete Regelhypothesen anhand von Daten zu validieren, wie sie in sehr großen Textkorpora vorliegen und dem, was als Deutsch gelten kann, so nah kommen, wie dies irgend erreichbar ist, da sie durchweg in dem Bemühen zustande kamen, sich korrekt auszudrucken.
Vorgestellt werden Ziele und erste Ergebnisse des Projektes „Univerbierung“ am Institut für Deutsche Sprache. Das Projekt untersucht in verschiedenen Korpora, ob sich Prozesse der Univerbierung quantitativ belegen lassen. In Form von Univerbierungsprofilen sollen Univerbierungsverläufe dargestellt werden, d.h. die quantitativen Veränderungen, die zeitlich im Verhältnis der Getrennt- und Zusammenschreibungen eintreten (Kap. 1 und 2). Zugleich wird dabei methodologisch reflektiert, ob und inwieweit diese Korpora für solche Untersuchungen geeignet sind (Kap. 3). Exemplarisch werden einige Univerbierungsprofile vorgestellt (Kap. 4). Es handelt sich zum einen um Beispiele, bei denen sich die Normlage im Zuge der Rechtschreibreform nicht geändert hat, und zum anderen um solche, bei denen sie im Untersuchungszeitraum (1985-2008) verändert wurde. Die Untersuchungen zielen in der Perspektive darauf ab, Faktoren herauszuarbeiten, die Univerbierungsprozesse fördern bzw. hemmen, und aufzuklären, was Schreiber(-innen) als ein Wort gilt. Dies kann dazu beitragen, empirisch gestützt Komponenten des Wortkonzepts zu ermitteln (Kap. 5).
Klassen von Komplementen
(1997)
Aus der etwas apophtegmatischen Formulierung des Titels lässt sich die Behauptung ableiten, eine Grammatik der politischen Sprache gebe es nicht. Das kann nun dreierlei heißen: Zum ersten könnte gemeint sein, es gebe keine politische Sprache - womit sich die Frage nach ihrer Grammatik a fortiori erübrigt. Weniger voraussetzungsreich und daher unmittelbar plausibler erscheint ein Verständnis, nach der es zwar eine politische Sprache gebe, diese aber keine eigene Grammatik habe. Vielleicht ist auch die dritte Lesart nur eine spezifischere Interpretation dieser zweiten Lesart: Es sei gar nicht so wichtig, was der Terminus „politische Sprache“ genau bedeute und was ihm in einer wahrscheinlichen Wirklichkeit entspreche. Auf jeden Fall sei sprachliches Interagieren im politischen Raum ein Spezialfall öffentlichen Agierens (unter spezifischen gesellschaftlichen/politischen Konstellationen) insgesamt und zeige daher entsprechende grammatische Präferenzen. Wir wollen in diesem Beitrag Argumente für diese letzte Position versammeln.
Conversation is usually considered to be grammatically simple, while academic writing is often claimed to be structurally complex, associated primarily with a greater use of dependent clauses. Our goal in the present paper is to challenge these stereotypes, based on the results of large-scale corpus investigations. We argue that both conversation and professional academic writing are grammatically complex but that their complexities are dramatically different. Surprisingly, the traditional view that complexity is realized through extensive clausal embedding leads to the conclusion that conversation is more complex than academic writing. In contrast, written academic discourse is actually much more ‘compressed’ than elaborated, and the complexities of academic writing are realized mostly as phrasal embedding rather than embedded clauses.
Introduction
(2023)
Ein multilinguales linguistisches Begriffssystem wird in Form einer Datenbank implementiert, die dem Benutzer den semasiologischen und onomasiologischen Zugriff erlaubt, ihn also zu einem gegebenen Terminus den Begriff und seine Definition und zu einem gegebenen Begriff die Termini in den beteiligten Sprachen finden lässt. Die Mehrfachzuordnung von Begriffen zu Termini ist dabei auf interlingualer Ebene nicht wesentlich verschieden von der Situation in einer monolingualen Ontologie. Für die Normierung einer interlingualen Ontologie werden Grundsätze zur Bildung von Begriffen und von Termini vorgeschlagen. Zwischen den Begriffen bestehen eine Menge von vordefinierten konzeptuellen Relationen, die sie in systematische Beziehungen zueinander setzen und es sowohl dem Verwalter ermöglichen, das System konsistent zu halten, als auch dem Benutzer, im Begriffssystem zu navigieren.
indirektes Objekt
(2019)
Eine am Gebrauch orientierte Sprachbeschreibung ist auch in der Grammatik mit sprachlicher Variation und mit Veränderungen des Gebrauchs konfrontiert. Anhand dreier Beispiele aus dem zentralen Bereich der deutschen Grammatik soll gezeigt werden, dass sich in der Variation, die man dort beobachtet, eine funktionale Nutzung des vorhandenen Inventars darstellt. Diese funktionale Nutzung ist dadurch gekennzeichnet, dass seltenere und daher synchron auffälligere Konstruktionen für spezifische Funktionen genutzt werden. Der Genitiv ist tatsächlich aus formalen Gründen seiner Morphologie auffällig. Er ist nicht vom Dativ unterschieden beim Femininum, doppelt markiert bei den starken Maskulina und Neutra und nur beschränkt bildbar im Plural. Diese Eigenheiten beschränken seine Nutzung als normaler Kasus. Gerade aber die auffällige Markierung mit dem Element {-(e)s} hat dazu geführt, dass der Genitiv nun zur Anzeige genereller Abhängigkeit genutzt wird, und zwar als Genitivattribut wie als unmarkierte Form bei einer Gruppe von Präpositionen (wie ‚dank‘, ‚trotz‘, ‚wegen‘, ‚entlang‘ usw.). Beim zweiten Fall, dem Verhältnis von starken und schwachen Verben, zeigt sich, dass der Übergang von der starken zur schwachen Flexion, die erkennbar den Normalfall im morphologischen System darstellt, gerade häufige und in ihrer Bedeutung grundlegende Verben (wie ‚geben‘, ‚nehmen‘ usw.) nicht betrifft, so dass die starke Flexion als Markierung für solch einen zentralen Status gelten kann. Der dritte Punkt hängt damit zusammen: das Ausgreifen der ‚würde‘-Form als Konjunktiv II (auch bei gut markierten starken Verben) ist so im größeren Zusammenhang der Nutzung von Klammerformen zu sehen.
Für die mediale Dimension grammatischer Variation spielt die Unterscheidung von Gespräch und Text eine wichtige Rolle. Implizit wird dabei die Kategorie Text mit schriftlich realisierter Sprache und die Kategorie Gespräch mit mündlich realisierter Sprache identifiziert. Diese Zuordnung wird in Anbetracht der mediatisierten, hypermedialen Präsentations- und Kommunikationsformen im Internet zunehmend fragwürdig. Der Beitrag zeichnet die Diskussion um die varietätenlinguistische Einordnung der internetbasierten Kommunikation nach und führt das Oppositionspaar „textorientiert“ vs. „interaktionsorientiert“ ein, das es ermöglicht, auf der schriftlichen (medial graphischen) Ebene zwischen zwei Konstellation zu unterscheiden, in denen nähesprachliche Sprachmerkmale gehäuft auftreten: (1) Das interaktionsorientierte Schreiben in der internetbasierten Kommunikation und (2) die fingierte Mündlichkeit in literarischen Texten, die dem textorientierten Schreiben zuzuordnen ist. Am Fallbeispiel der interaktiven Einheit HM wird illustriert, wie frei verfügbare Korpusressourcen genutzt werden können, um die Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Interferenzen zwischen der Verwendungen interaktiver Einheiten in Gespräch, Text und internetbasierter Kommunikation zu untersuchen.
Der Blick auf die Syntax und generell auf die Grammatik ist traditionell aszendent, 'von unten nach oben' gerichtet: Einer Wortgrammatik folgt eine Satzgrammatik und dieser eventuell eine Textgrammatik. Doch wir schreiben und sprechen weder in Wörtern noch in Sätzen, sondern wir produzieren Texte und Gespäche. Deshalb musste auch der diametral entgegengesetzte Blick, der zu einer deszendenten Grammatik fuhrt, möglich sein. Eine solche Grammatik liegt mit der Grammatischen Textanalyse (= GTA), einer funktionalen Syntax des Gegenwartsdeutschen vor, die das grammatische System 'von oben nach unten' - von der Text- (Textglieder) über die Satz- (Satzglieder) zur Wortgruppenebene (Wortgruppenglieder) - modelliert. Im Beitrag werden Grundlagen und Leitbegriffe der GTA vorgestellt und an ausgewählten Phänomenen exemplifiziert.
The project elexiko compiles an extensive, monolingual dictionary of Contemporary German. This contribution deals with the grammatical data in this dictionary; it is not only described how these are arranged content-wise depending on corpus data, but also how they were modelled.
Das Projekt elexiko erarbeitet ein umfangreiches, einsprachiges Wörterbuch des Gegenwartsdeutschen. In diesem Beitrag geht es um die grammatischen Angaben in diesem Wörterbuch; es wird nicht nur erläutert, wie diese inhaltlich in Abhängigkeit vom Prinzip der Korpusbasiertheit gestaltet sind, sondern auch, wie sie modelliert wurden.