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Das Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK), zugänglich über die Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD), strebt den Status eines Referenzkorpus für den aktuellen mündlichen Sprachgebrauch im deutschen Sprachraum an. Es enthält einen wachsenden Bestand von Audio- und Videoaufnahmen authentischer Gespräche aus verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Die Dokumentation und Repräsentation von Interaktions- und Sprecherinformationen sind bereits seit den Anfängen des Korpusaufbaus integrale Bestandteile von FOLK. Allerdings lag bislang kein ausgearbeitetes, empirisch erprobtes und vollständig in die Korpusinfrastruktur integrierbares Stratifikationskonzept vor. Mit dem vorliegenden Artikel wird ein solches Konzept vorgeschlagen. Es knüpft an frühere Konzeptionen an und wurde anhand der vorhandenen Daten überprüft, korrigiert und erweitert. Dieser Prozess verlief parallel zur Überarbeitung des XML-Schemas zur Metadatendokumentation, um die konkrete Implementierung vorzubereiten. Im Anschluss an eine Skizzierung genereller Aspekte des Korpusdesigns werden die stratifikationsleitenden und ergänzenden Parameter vorgestellt und erläutert. Abschließend werden Ansätze und Strategien zum Korpusausbau diskutiert.
Der Beitrag plädiert für eine Untersuchung der gesprochenen Sprache als integralem Bestandteil multimodaler Interaktionspraktiken. Das leibliche Handeln bildet die Infrastruktur für die Verwendung von Sprache, es schafft Bedingungen, Möglichkeiten und Motivationen für die Verwendung spezifischer sprachlicher Strukturen; umgekehrt wird es seinerseits durch sprachliches Handeln organisiert. Zunächst werden in dem Beitrag grundlegende Eigenschaften multimodaler Interaktion dargestellt: die Vielfalt der leiblichen Handlungsressourcen und ihre Koordination, Sequenzialität und Simultaneität von Aktivitäten, multimodale Beteiligung an der Interaktion, der Stellenwert von Raum, Objekten, Multiaktivität und Bewegung. Ebenso wird kurz auf die methodischen Grundlagen der Untersuchung eingegangen: Videoaufnahme und multimodale Transkription. An drei sprachlichen Phänomenbereichen wird dann exemplarisch gezeigt, wie sprachliche Praktiken durch ihr Zusammenspiel mit anderen leiblichen Ressourcen der Kommunikation geprägt sind. Im Einzelnen geht es um die Disambiguierung sprachlicher Praktiken durch ihre Koordination mit anderen Ressourcen, die Erweiterung sprachlicher Strukturen, die aufgrund von Rezipientenreaktionen simultan zur Turn-Produktion stattfindet, und die Verwendungen minimaler Referenzformen, die sich auf die multimodale Ko-Orientierung der Beteiligten stützt.
Since Lerner coined the notion of delayed completion in 1989, this recurrent social practice of continuing one’s speaking turn while disregarding an intermediate co-participant’s utterance has not been investigated with regard to embodied displays and actions. A sequential approach to videotaped mundane conversations in German will explain the occurrence and use of delayed completions. First, especially in multi-party and multi-activity settings, delayed completions can result from reduced monitoring and coordinating activities. Second, recipients can use intra-turn response slots for more extended responsive actions than the current speaker initially projected, leading to delayed completion sequences. Finally, delayed completions are used for blocking possibly misaligned co-participant actions. The investigation of visible action illustrates that delayed completions are a basic practice for retrospectively managing co-participant response slots.
We present a method for detecting and reconstructing separated particle verbs in a corpus of spoken German by following an approach suggested for written language. Our study shows that the method can be applied successfully to spoken language, compares different ways of dealing with structures that are specific to spoken language corpora, analyses some remaining problems, and discusses ways of optimising precision or recall for the method. The outlook sketches some possibilities for further work in related areas.
Notions such as “corpus-driven” versus “theory-driven” bring into focus the specific role of corpora in linguistic research. As for phonology with its intrinsic focus on abstract categorical representation, there is a question of how a strictly corpus-driven approach can yield insight into relevant structures. Here we argue for a more theory-driven approach to phonology based on the concept of a phonological grammar in terms of interacting constraints. Empirical validation of such grammars comes from the potential convergence of the evidence from various sources including typological data, neutralization patterns, and in particular patterns observed in the creative use of language such as acronym formation, loanword adaptation, poetry, and speech errors. Further empirical validation concerns specific predictions regarding phonetic differences among opposition members, paradigm uniformity effects, and phonetic implementation in given segmental and prosodic contexts. Corpora in the narrowest sense (i.e. “raw” data consisting of spontaneous speech produced in natural settings) are useful for testing these predictions, but even here, special purpose-built corpora are often necessary.
Multiethnolektale Sprechweisen von Jugendlichen sind in mittel- und nordeuropäischen Ländern nicht nur ein Thema soziolinguistischer Forschung, sie werden auch in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Trotz der großen Aufmerksamkeit, die das Thema auf sich zieht, gibt es für das Deutsche nur wenige Untersuchungen, die die linguistischen Phänomene auf ausreichender empirischer Basis beschreiben und auswerten. In der vorliegenden Korpusstudie wird die Sprache von Jugendlichen aus Stuttgart analysiert. Im Zentrum der Untersuchung stehen multiethnolektale Syntagmen, bei denen Artikel, Präpositionen und Pronomen nicht verwendet werden. Die Forschungsergebnisse basieren auf über 6.000 Einzelbelegen aus Audiodaten, die im Rahmen von informellen Interviews in den Stadtteilen Stuttgart-Nord, Bad Cannstatt und Hallschlag entstanden sind.
Die Funktion und der Gebrauch von Artikeln, Präpositionen und Pronomen im autochthonen Deutschen werden detailliert beschrieben, bevor anhand von umfangreichen syntaktischen und semantischen Analysen die sprachlichen Bedingungen herausausgearbeitet werden, unter denen die Jugendlichen die multiethnolektalen Strukturen verwenden. Gestützt werden diese Auswertungen durch Aussagen über die Häufigkeit der grammatischen Varianten in den verschiedenen syntaktisch-semantischen Kontexten. Eine multivariate Analyse bindet zudem außersprachliche Faktoren, beispielsweise den Einfluss der verschiedenen Familiensprachen, mit ein und zeigt, welche Variablen die Verwendung der multiethnolektalen Syntagmen steuern. Darüber hinaus liefern Auswertungen und Beobachtungen zum situativen Gebrauch wichtige Forschungsergebnisse zur multiethnolektalen Sprachvariation.
DaF-Lernende sollen – laut z. B. dem „Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen“ – auf C1 Niveau über lexikalische Kompetenzen in der Interaktion verfügen und aus einem Repertoire von Diskursmitteln eine geeignete Wendung für konkrete Kommunikationsbedürfnisse auswählen können. Wir betrachten diese Annahme im vorliegenden Beitrag als Ausgangspunkt und stellen darauf aufbauend die Frage, welche Diskursmittel und lexikalischen Einheiten typisch für die mündliche Interaktion sind und daher auch spezifische Beachtung im DaF-/DaZ-Unterricht finden sollten. Zu hinter-fragen ist, wie die Anforderungen an DaF-Lernende zu lexikalischen Besonderheiten im Mündlichen in Richtlinien wie dem GeR oder „Profile Deutsch“ formuliert werden und wie diese Anforderungen in Lehr- und Nachschlagewerken für diese Zielgruppe aufgegriffen werden. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Möglichkeiten noch ausbaufähig sind, was aus unserer Sicht zum Beispiel über eine verstärkte Nutzung der inzwischen vorhandenen Korpora zum gesprochenen Deutsch denkbar sein kann. In diesem Zusammenhang wird auch eine direkte Verbindung zu dem Forschungsprojekt LeGeDe (IDS Mannheim) hergestellt, das u. a. die Konzipierung einer innovativen korpusbasierten Ressource zur Lexik des gesprochenen Deutsch in der Interaktion als Prototyp anvisiert und damit einen Ausschnitt aus einem Repertoire an standardnahen lexikalischen Elementen und Diskursmitteln zusammen mit lexikalisch und interaktions-linguistisch relevanten Informationen in multimedialer Form anbieten möchte. Dieses Vorhaben kommt, laut der Ergebnisse entsprechender Befragungen, u. a. auch den Erwartungen der Probanden aus der Lernerperspektive entgegen und findet daher sowohl für die Forschung als auch für die Lehre entsprechende Anwendungsmöglichkeiten.
Lexical explorer
(2018)
Das Tool Lexical Explorer ermöglicht, die Korpus-Frequenzangaben vom FOLK (Forschung und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch; Schmidt 2014) und GeWiss (Gesprochene Wissenschaftssprache; Fandrych, Meißner & Wallner 2017) zu durchsuchen und abzufragen. Das Tool besteht aus Tabellen, die für die Zwecke des Projekts LeGeDe entwickelt wurden (Möhrs et al. 2017). Die Zahlen beruhen auf dem DGD-Release 2.10 (23.05.2018). Für den Vergleich zwischen Korpora der gesprochenen Sprache und DeReKo wird die DeReKo Version 2016-II (30.09.2016) ohne Subkorpora Wikipedia-Daten (Artikel, Diskussionen) und ohne Sprachliche Umbrüche (45/68) verwendet (vgl. Kupietz & Keibel 2009). Die Tabellen werden mit Hilfe von DataTables (plug-in for jQuery) präsentiert, wobei die Ajax Protokolle benutzt werden, um die Tabellen asynchron aus der Datenbank zu ziehen. Die Benutzung des Tools setzt die Vertrautheit mit der Annotation der Korpora in der DGD voraus.