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Diskurs - ethisch
(2020)
Der Band enthält Beiträge, die auf der 4. Jahrestagung des Netzwerks 'Diskurs – interdisziplinär' 2014 gehalten wurden. Der Fokus der Beiträge ist auf Diskurs als ein semiotisches Kohärenzphänomen gerichtet. Komplexe von Zeichensystemen, die aufeinander verweisen und miteinander Sinn konstituieren, werden in ihrer diskursiven Geprägtheit beschrieben. Im Sinn einer Diskurssemiotik werden diskursive Kodierungen und ihre mutuellen Beziehungen als Bedeutung schaffende Instanzen dargestellt. Diese werden beispielhaft in Bereichen wie der Ess-, Körper-, Bild- und Filmsemiotik, der Semiotik der Kleidung und des Internets, der Raum- und der Geosemiotik sowie der Musiksemiotik exemplifiziert. Der Betrachtung des multimodalen Zusammenhangs von Text, Bild und Ton kommt dabei ein hoher Stellenwert zu. Damit präsentiert der Band Beispiele interdisziplinärer Ansätze und gibt den aktuellen Forschungsstand diskurssemiotischer Diskussionen wieder.
Dieses Buch stellt die Gesprächsanalyse als Methodik zur Erforschung linguistischer Fragestellungen dar. Ihr Ziel ist die umfassende Analyse sprachlicher Phänomene in ihren formalen, funktionalen und kontextuellen Dimensionen. Grundlegende Eigenschaften der verbalen Interaktion werden zunächst auf ihre sprachtheoretischen Konsequenzen befragt. Sodann werden aus ihnen methodologische Prinzipien für die Erhebung und Analyse von Gesprächskorpora entwickelt. Das methodische Vorgehen wird an einer grammatischen und einer semantischen Fragestellung demonstriert. Untersucht werden freie Infinitivkonstruktionen im gesprochenen Deutsch und die Effekte von Kontrastierungsaktivitäten auf die Semantik von Ausdrücken im Gespräch. Theoretische Basis bildet hier die Integration der Gesprächsanalyse mit der construction grammar und der kognitiven Linguistik.
Der rechtslinguistische Zugang zu juristischen Texten gibt Aufschluss über Deutungsoptionen umstrittener Fachkonzepte. Dieser text- und diskursorientierte Ansatz ist für die Analyse der Kommunikation zwischen internationalen und nationalen Gerichten besonders erhellend, da hier die sprachliche Konstitution von Faktizität häufig mit gesteigerter Intensität geführt wird. Die Arbeit untersucht die Aushandlungsprozesse um nationalstaatliche Souveränität und Kompetenzverschiebungen anhand einer Sprachhandlungstypologie. Dabei werden sprachlich geronnene Konfliktlinien bei der Harmonisierung von nationalem Recht und Völkerrecht herausgestellt, deren Beschreibung als semantische Kämpfe im Kern der Betrachtung stehen. Als Beispiel dient der Sorgerechtsstreit ‚Görgülü‘. Durch die Untersuchung des Fachdiskurses und seiner Transformation in Medientexte können Vermittlungsprobleme aufgedeckt werden, wodurch ein Beitrag zur Transparenz bei der rechtsstaatlichen Faktizitätsherstellung geleistet wird.
Der Band dokumentiert die Multidisziplinarität von Diskursanalyse in sprach-, literatur- und sozialwissenschaftlichen Beiträgen zur Geschichtlichkeit von Diskursen. Die historische Relativität von Sprachgebrauch, kommunikativen Intentionen und ihren Effekten in geisteswissenschaftlicher Theoriebildung werden dabei ebenso behandelt wie historische Dimensionen politischer Kommunikation und die Diskursivität literarischer Formen.
,AUFKLÄRUNG‘ ist ein Schlüsselkonzept im Demokratiediskurs der späten 60er Jahre. Aber ,AUFKLÄRUNG‘ kann vieles bedeuten. Erst mit dem neuartigen Paraphrasenmodell der Diskurslinguistik und mit der Einbeziehung des Begriffs der Intertextualität gelingt es, das Verbindende wie das Besondere jeder einzelnen Diskursäußerung darzulegen. Während für die studentische Linke die Verpflichtung zur Aufklärung bedeutet, die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite mit Hilfe politischer Protestaktionen aus ihrer Unmündigkeit zu befreien, sehen linksliberale Intellektuelle im Gebot der Aufklärung eher eine demokratische Erziehungsformel, die den Einzelnen auf eine moralisch begründete Vernunft festlegt, welche jede materiell-physische Gewalt ausschließt. Indem so der Begriff der Aufklärung einerseits zur Rechtfertigung sozialen Umbruchs, andererseits zur Begründung gesellschaftlicher Stabilität instrumentalisiert wird, verliert er seine Wirksamkeit und verschwindet allmählich aus dem Diskurs. Der Diskurs bleibt dabei nie stehen. Bedeutungen wandeln sich fortwährend. Ruth Mell trägt mit diesem Band ganz wesentlich zur Entwicklung einer Methodologie für die Analyse der diachronen Dimension von Diskursen bei.