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Die Grammatik von a/s-Nominalen ist noch nicht hinreichend erforscht. Der Konstituentenstatus wird unterschiedlich beurteilt; als syntaktische Funktionen werden nur die adnominale und die Funktion als Verbergänzung identifiziert. Es wird gezeigt, daß dieser reduktionistische Ansatz den a/s-Nominalen unter satzsemantischem Aspekt nicht gerecht wird: Dislozierung aus der NP ist mit satzsemantischen Veränderungen verbunden, die als Interpretationen jeweils veränderter syntaktischer Funktion zu verstehen sind. Der Aufsatz argumentiert für insgesamt vier mögliche syntaktische Funktionen; zu den beiden bereits genannten kommen die verbbezogen und die satzbezogen adverbiale hinzu.
Dialektologische Fachtagung Bredevoort und Doetinchem (Niederlande), 14. bis 17. September 1996
(1998)
In der sprachenpolitischen Entwicklung Mitteleuropas beginnt das 20. Jahrhundert mit aggressiven Wirkungen des preußisch-deutschen Sprachnationalismus, der besonders seit der „konservativen Wende von 1878/79“ (Wehler) zur Legitimierung und Emotionalisierung des neuartigen 'Reichsnationalismus' mit zunehmender Unterdrückung und Verdrängung von Minderheitensprachen sprachimperialistisch wurde, mit Parallelerscheinungen in Österreich-Ungarn. Der Nationalsozialismus führte diese Sprachenpolitik verschärfend weiter mit dem Ergebnis einer (nicht nur sprachenpolitischen) Katastrophe. Äußerer Widerstand gegen deutschen Sprachimperialismus äußerte sich in der Kriegs- und Nachkriegszeit in der Schweiz als stärkere Distanzierung vom 'Hochdeutsch'-Sprechen, in Luxemburg als Etablierung einer eigenen Nationalsprache, weltweit allgemein als Rückgang von Deutsch als Minderheiten-, Fremd- und Wissenschaftssprache, vor allem in westlichen Ländern. Seit der späteren Nachkriegszeit gibt es zur Schadensbegrenzung Ansätze zur Überwindung des monolingualen deutschen Sprachstolzes: Akzeptanz von Englisch als weltweite Verkehrssprache, kooperatives bilinguales Sprachenrecht für (traditionelle) Minderheiten, Bemühungen um mehr 'Begegnung' mit Nachbarsprachen.
Deutsch ist keine isolierte Sprache. Seine heutige Gestalt ist von anderen europäischen Sprachen beeinflusst. Eine jahrhundertelange Auseinandersetzung mit antikem, italienischem, französischem und schließlich englischem Weltverständnis bescherten uns mit einem abendländischen Begriffsgefüge auch einen gemeinsamen Wortschatz, der sich vielfach von griechischen und lateinischen Wurzeln ableitet und willkommene Brücken zu anderen Sprachen baut. Diesem »lessico intellettuale europeo« (so der Titel eines europäischen Langzeitprojekts) verdankten frühere Bildungseliten die Leichtigkeit gegenseitigen Verständnisses in einem durchaus polyphonen europäischen Diskurs, in dem kulturelle und sprachliche Identitäten im nationalen und regionalen Rahmen gewahrt waren. So soll es auch in einem vereinigten Europa bleiben. Ein demokratisches Europa beruht auf der Akzeptanz unterschiedlicher Kulturräume bei gleichzeitiger Anerkennung allgemeinverbindlicher Diskursregeln. Funktionieren kann das nur, insoweit es gelingt, Mehrsprachigkeit zu verallgemeinern. Hier kommen auf die nationalen Sprachinstitute in Europa neue Aufgaben zu.
Hundert Jahre Soziallehre der katholischen Kirche werden im Sinn einer historischen Semantik entlang des Bedeutungswandels der Schlüsselwörter 'Eigentum', 'Naturrecht'/'Menschenrecht(e)' und 'Arbeit' nachgezeichnet. Die Analyse zeigt, daß der Sozialdiskurs bis in die 60er Jahre unseres Jahrhunderts konsequent auf naturrechtlichem Denken beruht. Ab Mitte der 60er Jahre vollzieht sich eine Wendung, aus dem Naturrecht Eigentum wird das Menschenrecht Eigentum. Das Schlüsselwort Arbeit erfahrt eine Veränderung, indem sein Begriff der Pflicht nach dem Zweiten Weltkrieg - wenngleich weniger eindeutig - ergänzt wird um den Begriff des Menschenrechts. Seit der Wende 1989/90 ist eine Rückkehr hin zu neokonservativem Denken zu verzeichnen, welches Naturrecht und Menschenrecht gleichsetzt.
In den Jahren 1985 bis 1995 hat in der Bundesrepublik Deutschland ein intensiver geschichtlicher Selbstdeutungsdiskurs stattgefunden, dessen Besonderheit darin besteht, daß es sich größtenteils um einen staatlichen Selbstverständigungsprozeß handelt, dessen Wurzeln sozusagen bis in die Embryonalphase der zweiten deutschen Republik zurückreichen. Es ging um das Verhältnis der Deutschen zum Nationalsozialismus und seinen bzw. ihren Verbrechen und um ihr Verhältnis zur geschichtlichen Zäsur vom 8. Mai 1945. Der Vortrag zeigt die wesentlichen Stationen des bereits 1945 einsetzenden Diskurses, in dessen Zentrum die Frage steht, ob sich Deutsche als Opfer des „Hitler-Terrorismus", d.h. von vornherein am 8. Mai 1945 als „Befreite“ fühlen oder interpretieren durften (wie es in der SBZ geschah), oder ob sie wegen ihrer Mitschuld (bzw. Kollektivschuld) als „besiegtes Volk", das eine „Niederlage" erlitten hatte, zu gelten hatten. Die Analyse zeigt die Diskrepanz von subjektiven Erlebniskategorien und politischen Interpretationen im Hinblick auf den 8. Mai 1945. Anhand der öffentlichen Interpretationen dieses Datums an den jeweiligen Jahrestagen ab 1955 wird versucht, den westdeutschen politischen Lernprozeß nachzuzeichnen, demzufolge sich die Deutschen angesichts ihrer Mitschuld am Nationalsozialismus nach dem 8. Mai 1945 als von außen Befreite verstehen durften und dürfen. Der oft verkürzte, als 'Streit über Befreiung oder Niederlage' wahrgenommene Diskurs ist situiert in einem Netz geschichtsdeutender Selbstinterpretationen, in dem es u. a. um Vokabeln wie 'Machtergreifung', 'Machtübernahme', 'Machtübergabe'; 'Kollektivschuld', 'Schuld', 'Mitschuld'; 'Reichskristallnacht', 'Reichspogromnacht', 'Pogromnacht'; 'Drittes Reich' und 'Viertes Reich'; 'Invasion' oder 'Landung der Alliierten' geht. Der Vortrag zeigt, wie sich in öffentlichen, zumal in staatlichen Diskursen über geschichtsinterpretierende Vokabeln die Kontroversen und sich wandelnden Bewertungen und Einstellungen zu unserer eigenen Geschichte artikulieren, wie also mit der öffentlichen Durchsetzung lexikalisch ‘autorisierter' Geschichten eine Herstellung und Modifikation unserer eigenen Geschichte einhergeht.