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Der Beitrag präsentiert Ergebnisse des Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration der Flüchtlinge“, das am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) durchgeführt wird. Im ersten Teil wird auf die zweistufige Sprachstandserhebung in den allgemeinen Integrationskursen eingegangen, die zusammen mit dem Goethe-Institut umgesetzt wurde. Bei der ersten Erhebung zu Beginn der Kurse wurden mit einer Tabletumfrage die Sozialdaten und Sprachenbiografien der Teilnehmenden erhoben. Bei der zweiten Erhebung am Ende der gleichen Kurse ging es darum, mit Hilfe der Analyse von Sprachaufnahmen das erreichte mündliche Kompetenzniveau der Teilnehmenden zu ermitteln. Im zweiten Teil des Beitrags stellen wir Ergebnisse unserer ethnografisch-gesprächsanalytischen Feldstudien vor, die wir in verschiedenen Arbeitskontexten wie Qualifizierungsmaßnahmen, duale Berufsausbildung und betriebliche Praktika durchgeführt haben. In Bezug auf die zentralen Fragen zu gegenseitiger Verständigung und der Sprachvermittlung am Arbeitsplatz konnten wir im Rahmen unserer Ethnografien drei prototypische Praktiken feststellen, auf die wir näher eingehen: a) „kaum Verständnissicherung und Sprachvermittlung“, b) „ad-hoc Verständnissicherung und Sprachvermittlung“ und c) „systematische Verständnissicherung und Sprachvermittlung“. Des Weiteren fokussieren wir im letzten Teil des Beitrags die Ergebnisse unserer ethnografischen Langzeitstudie zu Betriebspraktika von studierenden Geflüchteten. Anhand der Untersuchung von Reparaturen zeigt sich hier die Entwicklung der interaktionalen Kompetenz eines L2-Sprechers, die mit einer zunehmenden kommunikativen Integration in Teamgesprächen einhergeht.
Qualifizierungsmaßnahmen wie „Perspektive für Flüchtlinge Plus“ (PerFPlus) können als wichtige Bestandteile der neuen Willkommenskultur in Deutschland betrachtet werden. Deutschland als Einwanderungsland kann mit Hilfe solcher Initiativen gezielt für Arbeitsbereiche und Berufsgruppen werben, in denen es an Nachwuchs mangelt. Den Neuzugewanderten bieten sie die eine Chance sich in der hiesigen Arbeitswelt zu orientieren und Berufsfelder zu erkunden, die ihnen bislang noch nicht oder nur in anderer Form bekannt waren. Auf der anderen Seite bergen solche Maßnahmen aber auch ihr Risiko: Wenn sie ihr Ziel verfehlen und Frustrationen auf beiden Seiten erzeugen, sind lange Warteschleifen, Arbeitslosigkeit und möglicherweise politische Polarisierung und Radikalisierung die Folge. Insofern ist eine schnelle Intervention hinsichtlich der Verbesserung solcher Maßnahmen essentiell. Der vorliegende Bericht soll die konzeptionell-arbeitenden Teams bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie bei Bildungsanbietern die mit der BA kooperieren bei ihren wichtigen Aufgaben unterstützen. Alle Partner bleiben im Bericht anonym.
Der Beitrag fokussiert Textverständlichkeit aus der Sicht des Schreibens am Arbeitsplatz. Er vertritt die These, dass es im beruflichen Alltag häufig weniger um die Verständlichkeit des Produkts geht als um andere Ziele, wie die Absicherung des Verfassers. Die Kategorie Verständlichkeit wird status-, situations- und kontextabhängig unterschiedlich gehandhabt. Der Produktionsprozess wie auch das Produkt werden wesentlich durch innere und äußere Bedingungen des Arbeitskontextes geprägt. An Beispielen aus verschiedenen Berufswelten wird gezeigt, wie sich Status, Zeitdruck und psychischer Stress, subjektive Theorien über Textfunktionen und Adressaten, Arbeitsaufgabe und -organisation sowie Tendenzen der Arbeitswelt wie die Industrialisierung des Schreibens auf Schreibprozesse und ihre Produkte auswirken. Sie erzeugen berufs- und domänenspezifische wie auch übergreifende Phänomene mit z.T. weitreichenden Folgen für die Wirtschaft. Probleme entstehen vor allem bei schwierigen Themen, emotionaler Betroffenheit, konfligierenden Zielen und Mehrfachadressierung. Die Diskussion stützt sich auf kognitiv-textlinguistisch fundierte Modelle des Textproduzierens sowie 180 Interviews mit Vertretern verschiedener beruflicher Domänen.
Alltagsgespräche
(2001)
Zeitnah zur großen Fluchtmigration von 2015 hat das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (1DS) gleich zu Beginn des Jahres 2016 das Projekt „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchdingen“ gestartet, um den Migrations-und Integrationsprozess der Geflüchteten von Anfang an dokumentieren und analysieren zu können. In Bezug auf die gegenwärtige Situation der Fluchtmigranten und -migrantinnen sind dabei insbesondere zwei Etappen von großer Bedeutung, die wir in unserem Projekt genauer fokussieren. Für die Integration und Partizipation der Migranten und Migrantinnen spielen zunächst ausreichende Deutschkenntnisse eine große Rolle, die in den mehrmonatigen Integrationskursen vermittelt werden. Hierzu hat das IDS in Kooperation mit dem Goethe-Institut eine zweistufige Sprachstandserhebung (in der Folge IDS-Goethe-Studie) in den allgemeinen Integrationskursen durchgeführt, die die Sprachbiographien, Sozialdaten und die Sprachlernfortschritte der Geflüchteten analysiert, und deren Ergebnisse im vorliegenden Aufsatz präsentiert werden.
Daneben werden im IDS-Projekt u.a. die vielfältigen beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit gesprächs- und interaktionsanalytisch untersucht, die für die Geflüchteten oftmals als Einstieg ins Arbeitsleben und somit als eine wichtige Integrationsetappe fungieren (vgl. Cindark; Hünlich 2017, Cindark; Deppermann 2018, Cindark 2018, 2019).
Die Macht des Definierens. Eine diskurslinguistische Typologie am Beispiel des Burnout-Phänomens
(2021)
Wo verläuft die Grenze zwischen psychischer Gesundheit und Krankheit, und wie wird diese im öffentlichen und fachlichen Diskurs ausgehandelt und definiert? Die vorliegende Arbeit untersucht am Beispiel des Burnout-Diskurses, mit welchen Sprachgebrauchsformen und kommunikativen Praktiken in Fach-, Medien- und Vermittlungstexten ein spezifikationsbedürftiges Phänomen des Bereichs psychischer Gesundheit und Krankheit definiert wird. Im Mittelpunkt der Analyse steht die Macht diskursiver Praktiken des Definierens und die These, dass sich diese Praktiken nicht nur punktuell in bewussten Definitionshandlungen einzelner Textautor/-innen zeigen, sondern dass Definieren in einem Diskurs auch als teilweise unbewusster, überindividueller, transtextueller Prozess begriffen und analysiert werden muss. Die Exemplifizierung dieser These mündet in ein 11-Punkte-Modell der diskursiven Praxis des Definierens. Durch den diskurslinguistisch-praxeologischen Ansatz eröffnet die Arbeit neue Perspektiven für die linguistische Terminologie- und Definitionsforschung.
Idealerweise sollen Migrantinnen und Migranten nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst erfolgreich einen sprachlichen Integrationskurs absolvieren und anschließend an einer beruflichen Maßnahme teilnehmen oder je nach Alter und Berufserfahrung eine duale Ausbildung beginnen beziehungsweise gleich eine Arbeitsstelle antreten. Doch wie sieht die Realität aus? Durchlaufen alle Einwandernden tatsächlich diese Etappen? Und was passiert in den Betrieben, wenn die Migrantinnen und Migranten trotz des Besuches eines Integrationskurses eine Ausbildung beginnen und ihre Sprachkenntnisse für den Beruf (zunächst) nicht ausreichend sind? Sind die Betriebe auf solche sprachlichen und kommunikativen Herausforderungen vorbereitet? Im Folgenden werde ich auf diese Fragen in Bezug auf die jüngste Einwanderungsbewegung nach Deutschland, nämlich der durch Krieg und Vertreibung ausgelösten Migration von 2015 und 2016, eingehen. Die hier präsentierten Befunde beruhen auf den Ergebnissen unseres Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen", das seit 2016 am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim durchgeführt wird.
Im Mittelpunkt des Beitrags steht eine Person, deren Identität wesentlich durch ihre Mehrsprachigkeit und Mehrkulturalität unter Dominanz des Deutsch-Russischen und ihren Beruf als Integrationsarbeiterin geprägt ist. Die lebenslange Entwicklung dieser Identität und ihre interpersonalen Bedingungen werden auf der Grundlage von sprachbiografischen Interviews und Proben deutsch- und russischsprachiger Kommunikation rekonstruiert. Die Diskussion dieser Entwicklung nimmt Bezug auf aktuelle Fragen der Vermittlung früher kindlicher Zweisprachigkeit und der gesellschaftlichen Gestaltung der sprachlichen Integration von Zuwanderern.
In der vorliegenden Arbeit hatte ich zum Ziel zu zeigen, wie Franz Xaver Kroetz an den zwei zeitlich auseinanderliegenden dramatischen Stücken "Heimarbeit" und "Mensch Meier" unterschiedliche soziale Wirklichkeiten darstellt. Zu diesem Zweck galt es herauszuarbeiten, welche Sprache bzw. sprachlichen Merkmale der Dramatiker bei der Gestaltung dieser dramatischen Lebenswelten verwendet hat, um zu zeigen, dass hier typische Figuren aus den "einfachen" bzw. "aufstiegsorientierten" Arbeitermilieu sprechen.
Paradigmatische Relationen
(2005)
Materialgrundlage dieses Beitrags ist ein Gespräch mit einer jungen Polin deutsch-polnischer Herkunft über ihre biographischen Erfahrungen in Polen. Diese Erfahrungen sind geprägt durch das Leiden unter einer Mehrkulturalität, bei der die beteiligten Kulturen eine durch Krieg, Vertreibung und Vernichtung bestimmte gemeinsame Geschichte und aufgrund der Verbrechen der NS-Zeit und der Verfolgung der Deutschen im Polen der Nachkriegszeit eine von Haß und Feindseligkeit geprägte Beziehung zueinander entwickelt haben. Bei der Darstellung ihrer biographischen Entwicklung zeigt die Informantin in exemplarischer Weise die Probleme auf, die mit der Ausbildung einer ethnisch-kulturellen Identität unter solchen Bedingungen verbunden sind und die eine eindeutige kulturelle Selbstdefinition verhindern.
Über ihre problembelastete Erfahrung und die daraus entwickelte ambivalente Haltung den Deutschen gegenüber spricht die Informantin über weite Strecken nicht direkt und explizit, sondern andeutungsweise und ‘verschleiernd’. Ziel der Analyse ist es, die komplexe Selbstverortung der Informantin zu rekonstruieren und die Formulierungsverfahren zu beschreiben, die sie verwendet, um einerseits die Bedeutung der ‘versteckten’ Hintergründe für ihre biographische Entwicklung plausibel zu machen und um andererseits beide Gesprächspartnerinnen vor einer „Face“-bedrohenden Aktivierung des problematischen interkulturellen Potentials zu schützen. Der Fall ist ein gutes Beispiel dafür, wie man über belastende Erfahrungen sprechen kann unter Gesprächsbedingungen, für die ein Aspekt dieser Erfahrungen konstitutiv ist.
In diesem Aufsatz werden Positionierungsverfahren analysiert, welche die Macher einer Talkshow einsetzen, um ihre Gäste den Fernsehzuschauern als relevante Gesprächspartner für das Thema „Steuerhinterziehung durch Prominente” zu präsentieren. Es wird untersucht, wie es den Machern der Talkshow gelingt, die Gäste bereits bei der Erstvorstellung durch das Zusammenspiel einer Stimme aus dem Off und der Kameraführung als „prototypische Vertreter” zu präsentieren und zueinander zu positionieren. Von den insgesamt fünf Teilnehmern der Talkshow werden zwei dieser Erstvorstellungen detailliert analysiert. Es handelt sich um die Präsentation zweier Gäste, die in einer deutlich antagonistischen Beziehung zueinander stehen. Diese Gäste werden unmittelbar hintereinander vorgestellt. Auf der Grundlage aller fünf Gastpräsentationen, die wir detailliert rekonstruiert haben, jedoch aus Platzgründen hier leider nicht ebenfalls präsentieren können, wird ein strukturiertes Positionierungsgeflecht deutlich. Dieses Geflecht weist im Zentrum die von uns rekonstruierte thematische und personelle „Gegnerschaft“ auf. In der Peripherie sind dann insgesamt vier Vertreter relevanter gesellschaftlicher Positionen zum Thema der Talkshow beigeordnet. Dabei handelt es sich um Vertreter der Rechtsprechung, der Politik, der Alltagsmoral und der Psychologie und Theologie. Die Analysen werden in theoretischer Hinsicht auf der Grundlage multimodaler Vorstellungen zur Positionierung und zum Recipient Design durchgeführt. In methodisch-methodologischer Perspektive orientiert sich die Analyse an der multimodalen Interaktionsanalyse.
Seit Jahrhunderten gab es und gibt es im russländischen Reich, in der Sowjetunion und im postsowjetischen Raum Menschen, deren Leben dadurch charakterisiert ist, dass in ihm die deutsche und die russische Sprache und die damit verbundenen Traditionen eng verflochten sind (vgl. Stricker (Hg.) 1997). Mit der Bezeichnung ,Russlanddeutsche‘ beziehen wir uns in diesem Beitrag nur auf diejenigen unter ihnen, deren Vorfahren auf Einladung russischer Zaren aus deutschsprachigen Regionen nach Russland übersiedelten, um dort dünn besiedelte Landstriche zu erschließen und zu kultivieren - deutsch-sprachige Menschen in der Kolonisten-Tradition (vgl. Ditc 1997).
Deutschland sieht sich in den nächsten Jahren vor enormen Herausforderungen gegen-übergestellt. Mit der Fluchtmigration von knapp 1,5 Mio. Menschen alleine zwischen 2014 und 2017 stehen nahezu in jedem gesellschaftlichen Bereich und hier insbesonde-re in den Sektoren Bildung und Arbeit große Integrationsaufgaben an. Steven Vertovec, der Leiter des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften bezeichnet die Fluchtmigration von 2015 auch deshalb als die „zweite Wende“ (Vertovec 2015) für Deutschland, die das Land nachhaltig verändern wird. Nach seiner Einschätzung werden die gesellschaftlichen Transformationen dermaßen tiefgrei-fend sein, dass die Formulierung „seit der Flüchtlingskrise“ eine ebenso geläufige Rede-wendung sein wird wie die Formulierung „seit der Wende“.
Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen wie „GASTRO“ im Rhein-Neckar-Raum sind in diesem Kontext sehr wichtige Anstrengungen im Hinblick auf die strukturelle Integrati-on der Fluchtmigranten. Im gesamtgesellschaftlichen Kontext sind sie unverzichtbare Bestandteile der neuen Willkommenskultur, die seit den 2010ern versucht wird, in Deutschland zu etablieren. Als Einwanderungsland kann Deutschland mit Hilfe solcher Initiativen gezielt für Arbeitsbereiche und Berufsgruppen werben, in denen es an Nach-wuchs mangelt. Den Neuzugewanderten bieten sie die Chance sich in der hiesigen Ar-beitswelt zu orientieren und möglicherweise Berufsfelder zu erkunden, die ihnen bis-lang noch nicht oder nur in anderer Form bekannt waren.
Ausgangsbasis für die vorliegende Pilotstudie bilden die dialektalen Tonaufnahmen des Zwirner-Archivs aus den Fünfzigerjahren und die hochsprachlichen Tonaufnahmen des Pfeffer-Archivs aus dem Anfang der Sechzigerjahre und das diesen Aufnahmeaktionen zu Grunde liegende Erhebungskonzept. Am Beispiel der Aufnahmen aus dem Rhein-Neckar-Raum und dort eigens durchgeführten Neuerhebungen wird untersucht, wie man ausgehend von den überlieferten Gesprächsaufnahmen eine geeignete Neuerhebung konzipieren könnte, über die der Wandel der gesprochenen Alltagssprache in einem Abstand von vier Jahrzehnten diachron untersucht werden kann. Dabei stellt sich die Frage, was unter Sprachwandel in der relativ kurzen Zeitspanne gefasst werden soll. Um eine Diskussion darüber zu umgehen, wird im Folgenden darunter sowohl soziostilistischer Wandel als auch Systemwandel auf den unterschiedlichen grammatischen Ebenen verstanden, denn es ist zu erwarten, dass in dem kurzen Zeitraum von etwas mehr als einer Generation in der Sprachverwendung der Sprecher Veränderungen eher im Sprachrepertoire und in dessen Anwendungsregeln liegen als im Systemwandel.
Sprachliche Zeichen im öffentlichen Raum (Linguistic Landscape - LL) tragen neben ihrer primären Bedeutung und Funktion wie Auskunft und Werbung auch sekundäre Informationen zur Sprachenhierarchie, zur Repräsentation von Minderheitensprachen, zur sprachlichen Toleranz gegenüber der Mehrsprachigkeit in diesem Raum, etc. Diese Vielschichtigkeit macht die sprachlichen Zeichen im öffentlichen Raum zu wertvollen Lernobjekten, an denen die im Berufsleben so bedeutende diskursive Lesefähigkeit der Studierenden trainiert werden kann. Der Beitrag öffnet Perspektiven auf die Möglichkeiten der Verknüpfung der LL-Analyse mit den Inhalten der traditionellen germanistischen Curricula wie auch benachbarter Fachbereiche und verweist auf bisherige Studien in diesem Bereich.
Im vorliegenden Beitrag werden erstmals Daten zweier aktueller Projekte zu Einstellungen von Deutschschweizer/-innen zu Hochdeutsch und Dialekt verglichen. Dabei wird beleuchtet, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sich in den Daten der Samples – einem bezüglich Bildung und Beruf heterogenen und einem bezüglich dieser Faktoren homogenen – feststellen lassen. Es zeigt sich eine vielschichtige Konzeptualisierung des Hochdeutschen in beiden Studien, die mit der Annahme unterschiedlicher mentaler Hochdeutsch-Modelle (Norm, Plurizentrizität, Schriftlichkeit, Mündlichkeit mit zwei Untermodellen) erklärt werden kann.
Es muss Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre gewesen sein, dass Gerhard Stickel seiner Umgebung erklärt hat, ein Projekt sei per definitionem etwas, das ein Ende hat. Damals begann das Denken in Projekten und ihren zeitlichen Limitierungen die sprachwissenschaftliche Forschung zu dominieren. Heute nun wollen wir beweisen, dass Projekte ihr Ende überleben können. Dies gilt insbesondere für das deutsch-litauisch-lettisch-estnische Projekt KoGloss (Kollaboratives korpusbasiertes Konstruktions-Glossar), das von Januar 2011 bis Dezember 2012 von der EU im Programm Lifelong Learning gefördert wurde. Gerhard Stickel hat es als Experte begleitet. Das Weiterleben des Projekts über sein Finanzierungsende hinaus wird in diesem Beitrag beschrieben.
Im Onlinewörterbuch elexiko (www.elexiko.de) sind eine Reihe von hochfrequenten Stichwörtern im Rahmen des sogenannten „Lexikons zum öffentlichen Sprachgebrauch“ ausführlich in ihrer Bedeutung und Verwendung korpusgestützt beschrieben. Dieser Wortschatzausschnitt deckt verschiedene Themen aus Politik und Gesellschaft ab und enthält Lexeme, die zentralen politischen und gesellschaftlichen Diskursen, wie sie im Korpus präsent sind, angehören. In elexiko werden diese Lexeme semantisch und pragmatisch angemessen, d.h. hinreichend differenziert und sprachreflektierend dargestellt. Dabei folgt die Darstellung der linguistischen Konzeption von elexiko, die im Band „Grundfragen der elektronischen Lexikografie. elexiko – das Online-Informationssystem zum deutschen Wortschatz“ (herausgegeben von Ulrike Haß, 2005) dargelegt ist.
Die Coronapandemie hat die Welt seit Anfang 2020 in vielfältiger Weise geprägt. Der Alltag hat sich gewandelt: Schule, Beruf, das tagtägliche Bewegen in der Öffentlichkeit oder in Verkehrsmitteln ist Regeln unterstellt, die es in dieser flächendeckenden und umfassenden Art so noch nicht gegeben hat. In diesem Wandel in der Welt ist auch die Sprache einer stetigen Entwicklung unterworfen. Neue Dinge in der Welt wollen erzählt und ausgetauscht werden. Und so kommt es in der Zeit der Coronapandemie zu zahlreichen Wortneuschöpfungen, Entlehnungen oder Bedeutungserweiterungen von bereits existierenden Wörtern. Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim (IDS) beobachtet diese Entwicklungen und arbeitet u. a. im Projekt »Neuer Wortschatz« an der Dokumentation dieser lexikalischen Spuren, die die Coronapandemie im Wortschatz hinterlässt. Der Beitrag begibt sich auf Spurensuche nach Neuem, nach neu Ausgehandeltem und nach der Frage, wie die (Wort-)Geschichte wohl weitergehen wird.
Schreibdidaktik
(2022)
Eine gut entwickelte Schreibkompetenz bildet eine wesentliche Schlüsselqualifikation für die gesellschaftliche Teilhabe in literalisierten Gesellschaften. Aus diesem Grund kommt auch der Schreibdidaktik als Teildisziplin der Sprachdidaktik, die sich mit der Konzeption, Diagnostik und Förderung von Schreibkompetenz auseinandersetzt, eine wichtige Bedeutung zu. Ihr Erkenntnisinteresse besteht vorrangig in der Frage, wie die Aneignung von Schreibkompetenz in Abhängigkeit von den individuellen Lernvoraussetzungen durch unterrichtliche Förderung gelingen kann.
Die Bibliografie verfolgt das Ziel, einen Überblick über zentrale Themengebiete und Konzepte der Schreibdidaktik, wie z. B. Schreibkompetenz, Schreibentwicklung, Schreibaufgaben und Schreibunterricht, zu geben. Dafür systematisiert sie einschlägige, aktuelle Literatur und führt neben Internetressourcen zentrale (Beiträge in) Zeitschriften, Sammelbände und Handbücher sowie Einführungen auf.
Deutschland sieht sich in den nächsten Jahren vor enorme Herausforderungen gestellt. Mit der Fluchtmigration von knapp 1,5 Millionen Menschen alleine zwischen den Jahren 2014 und 2017 stehen nahezu in jedem gesellschaftlichen Bereich, und hier insbesondere in den Sektoren Bildung und Arbeit, große Integrationsaufgaben an. Steven Vertovec (2015), der Leiter des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, bezeichnet die Fluchtmigration von 2015 auch deshalb als die „zweite Wende“ für Deutschland, die das Land nachhaltig verändern wird. Nach seiner Einschätzung sind die erwartbaren gesellschaftlichen Transformationen von solch einer Größenordnung, dass die Formulierung „seit der Flüchtlingskrise“ eine ebenso geläufige Redewendung sein wird wie die Formulierung „seit der Wende“. Um diese gegenwärtigen Migrations- und Integrationsprozesse von Anfang an dokumentieren und analysieren zu können, wurde am Institut für Deutsche Sprache (IDS) zu Beginn des Jahres 2016 das Projekt „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen“ gestartet, dessen erste Ergebnisse das vorliegende Themenheft präsentiert.
Deutschland sieht sich in den nächsten Jahren vor enorme Herausforderungen gestellt. Mit der Fluchtmigration von knapp 1,5 Mio. Menschen allein zwischen den Jahren 2014 und 2017 stehen nahezu in jedem gesellschaftlichen Bereich und hier insbesondere in den Sektoren Bildung und Arbeit große Integrationsaufgaben an. Steven Vertovec, der Leiter des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, bezeichnet die Fluchtmigration von 2015 auch deshalb als die „zweite Wende“ (Vertovec 2015) für Deutschland, die das Land nachhaltig verändern wird. Nach seiner Einschätzung sind die erwartbaren gesellschaftlichen Transformationen von so einer Größenordnung, dass die Formulierung „seit der Flüchtlingskrise“ eine ebenso geläufige Redewendung werden wird wie die Formulierung „seit der Wende“. Um diese gegenwärtigen Migrations- und Integrationsprozesse von Anfang an dokumentieren und analysieren zu können, wurde am Institut für Deutsche Sprache (IDS) zu Beginn des Jahres 2016 das Projekt „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen“ gestartet, dessen erste Ergebnisse hier zusammenfassend präsentiert werden. Eine ausführliche Darstellung unserer Ergebnisse findet sich in der Zeitschrift „Deutsche Sprache 3 / 2018“
Weltansichten aus sprachlicher und rechtlicher Perspektive. Zur Ontisierung von Konzepten des Rechts
(2008)
Deutsche Sprache. Themenheft: Flüchtlinge in Deutschland: sprachliche und kommunikative Aspekte
(2018)
2017 gibt es im deutschen Mikrozensus zum ersten Mal seit etwa achtzig Jahren eine Frage zur Sprache der Bevölkerung in Deutschland. Diese Frage wird dann offenbar im entsprechenden Rhythmus des Mikrozensus jährlich wiederholt werden. Der Mikrozensus ist eine seit 1957 durchgeführte, repräsentative Befragung, bei der ungefähr 830.000 Menschen (das sind ca. 1 % der Bevölkerung) in rund 370.000 Haushalten befragt werden.1 Darin werden etwa Angaben zu den soziodemographischen Daten erfragt, zur familiären Situation, zur Wohnsituation, zur Aus- und Fortbildung und zur Arbeitssituation. Für die befragten Personen besteht Auskunftspflicht. Das Stellen einer Sprachfrage sieht, aus sprachwissenschaftlicher Sicht, zunächst nach einem sinnvollen und wünschenswerten Schritt aus. Nach näherer Betrachtung der gestellten Frage zeigen sich jedoch viele Unzulänglichkeiten und das, obwohl die Antworten und statistischen Auswertungen zu dieser Frage überhaupt noch ausstehen. Die Ergebnisse werden üblicherweise in der zweiten Hälfte des Folgejahres durch das statistische Bundesamt veröffentlicht.
‚Sprache in politischen Gruppen‘ ist eine Differenzkategorie in zweifacher Weise - hinsichtlich der allgemeinen Standardsprache einerseits, der Sprache anderer sozialer Gruppen andererseits. Die Konstellation des Gegenstands macht zudem deutlich, dass er ein interdisziplinärer Komplex der Politolinguistik und der Soziolinguistik ist. Den Beitrag leitet eine theoretisch und methodisch reflektierte, aus der Soziologie und der Soziolinguistik abgeleitete Beschreibung des Gegenstands als ‚politische Gruppe‘ und als ‚Sprache politischer Gruppen‘ ein. Eine Spezifizierung des Gegenstand hinsichtlich seiner gruppenkonstituierten Faktoren und der Ebenen der Manifestation schließt sich an. Im Fazit werden die Aspekte der Darstellung zusammengefasst. Diese Darstellung bezieht sich auf den sprachlichen Ausdruck politischer Gruppen in demokratischen Systemen. Außerdem ist Grundlage der Beschreibung sozusagen das politische Kontinuum, nicht die politische Ausnahme (wie Wahlkämpfe, Kampagnen o. Ä.). Insofern wird Sprache in politischen Gruppen beschrieben unter der Voraussetzung von Politik als Zustand, nicht als Ereignis.
Welche Veränderungen fallen Menschen in der deutschen Sprache auf? Sprache in Zahlen: Folge 11
(2023)
Dieser Sammelband vereinigt die wichtigsten und innovativsten Beiträge aus der Sektion Wahrnehmungsdialektologie des 6. Kongresses der Internationalen Gesellschaft für Dialektologie des Deutschen (IGDD); er soll einen Eindruck über den aktuellen Forschungsstand der Disziplin verschaffen. Das Ziel ist es, einen multiperspektivischen Zugang zur aktuellen wahrnehmungsdialektologischen Forschung zu ermöglichen. Das thematische Spektrum ist breitgefächert, neben den Schwerpunkten Dialektgebrauch, -bewertung und -wahrnehmung stehen auch theoretisch-modellbildende Ansätze im Fokus: Welche Konzepte gibt es, um die Begriffe Laie und Wissen in der Wahrnehmungsdialektologie zu definieren? Wie können die Methoden der traditionellen Dialektologie sinnvoll mit wahrnehmungsdialektologischen Methoden verknüpft werden? Welche Bedeutung haben Spracheinstellungen für den Sprachwandel? Wie bewerten Sprecherinnen und Sprecher des Deutschen regionale Varietäten, und welche Konzeptualisierungen liegen diesen zugrunde? Welche Auswirkungen haben politische Grenzen auf die dialektale Sprechweise und deren Wahrnehmung?
96. Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung : 23. bis 26. Mai 1983 in Stade
(1984)
Die Studie untersucht therapeutische Strategien für den Umgang mit und das Management von Patientenwiderstand, der auf Lösungsorientierte Fragen in der Psychotherapie folgt. Patienten reagieren auf Lösungsorientierte Fragen regelmäßig dispräferiert. Die Therapeuten wiederum sollen therapeutisch relevantes Material elizitieren.
Mit Hilfe linguistisch-gesprächsanalytischer Methoden wird untersucht, wie Therapeuten im Anschluss an lösungsorientierte Anfragen mit dispräferierten Antworten umgehen. Das Widerstandsmanagement der Therapeuten umfasst dabei sowohl expansions- und reparaturinitiierende Reaktionen als auch Themenwechsel.
Untersucht werden 15 psychodiagnostische Erstgespräche nach der erweiterten Version der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD-2), einem standardisierten und manualisierten diagnostischen Inventar, das die psychodynamischen Kräfte hinter den Erkrankungen der Patienten erfassen soll.
Der Beitrag verortet die internetbasierten Kommunikationsformen in einem größeren sprach- und varietätengeschichtlichen Rahmen und macht deutlich, dass sich die neuen interaktionsorientierten Schreibformen — chatten, posten, twittern, skypen etc. — in einem Bereich etablieren, in dem bislang überwiegend mündlich kommuniziert wurde. Auf dieser Basis wird gezeigt, dass es bislang keine empirische Evidenz dafür gibt, dass der interaktionsorientierte Schreibstil auf das textorientierte Schreiben „abfärbt“, dass vielmehr kompetente Schreiber und selbst Jugendliche durchaus dazu in der Lage sind, situationsangemessen zwischen verschiedenen Schreibhaltungen und -stilen zu wechseln. Abschließend werden Desiderate für die korpusgestützte Begleitforschung zu diesen Entwicklungen formuliert und die Herausforderungen erläutert, die sich durch das Nebeneinander von interaktions- und textorientiertem Schreiben für die schulische Sprach- und Schreibförderung ergeben.
Es gibt zwar schon seit dem Mauerfall einen populären Diskurs über die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Ost- und Westdeutschen und über die sprachlichen Unterschiede auf beiden Seiten. Über die Meinungen und Einstellungen zu sprachlichen Fragen ist aber so gut wie nichts bekannt. In diesem Beitrag wird untersucht, wie (bzw. wie verschieden) die Deutschen in Ost und West über das Deutsche, über andere Sprachen, über Sprachgebrauch und Sprachpolitik denken. Dabei zeigt sich, dass statistisch gesehen die Gemeinsamkeiten deutlich größer sind als die Unterschiede. Materielle Grundlage für die Untersuchung ist eine repräsentative Meinungsumfrage, die die Forschungsgruppe Wahlen im Herbst 2008 für das Institut für Deutsche Sprache und die Universität Mannheim durchgeführt hat.
Der Beitrag widmet sich den Geflüchteten als Teil der deutschlernenden Teilnehmer/innen in den staatlich verordneten Integrationskursen (IKs). Unsere Erhebung unter 305 Geflüchteten aus Syrien und anderen Ländern legt ihren Schwerpunkt auf die sprachlichen Hintergründe. Dabei werden soziodemografische Daten mit Angaben zum Spracherwerb in Beziehung gesetzt und als kollektive Sprachbiografien dargestellt. Des Weiteren beschreiben wir sieben Teilnehmergruppen von Geflüchteten in den IKs, die sich vor allem auf Grund der Faktoren Alter, Bildungsgrad und Arbeitserfahrung unterscheiden, für die aber auch Merkmale im Hinblick auf Herkunft und Mehrsprachigkeit eine Rolle spielen. Ferner werden Angaben zur Sozialsituation in Deutschland mit Einschätzungen zum Deutscherwerb in Beziehung gesetzt. Ein Vergleich mit anderen Studien verdeutlicht die Verschiebungen in der Zusammensetzung des IK. Unser Beitrag kann als Anregung verstanden werden, die Passgenauigkeit im Sinne der Deutschlernenden zu überdenken.
Seit dem Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte 1973 gehört die Migration in Verbindung mit einer Heirat zur wichtigsten Form der türkischen Zuwanderung. Sie kann viele unterschiedliche Gründe haben. Die vorliegende Studie ist eine ethnografisch-soziolinguistische und biografieanalytische Pilotstudie zu diesem noch wenig erforschten gesellschaftlichen Bereich, der in den letzten Jahren in den Fokus sozial- und bildungspolitischer Debatten kam. Die Autorinnen zeichnen ein differenziertes, vielgestaltiges Bild über die Lebensrealität türkischer Frauen, das in maximalem Kontrast zu gängigen Stereotypen und Vorurteilen steht und einen Beitrag zur Versachlichung der Integrationsdiskussion leisten kann.
Diese Arbeit beschreibt und analysiert die soziale und sprachliche Welt von Orchestermusikern. Am Beispiel des „Mikrokosmos“ eines Orchesters untersucht sie das Zusammenspiel von beruflich-strukturellen Bedingungen, kulturell vermittelten Orientierungen und sprachlichen Handlungsmustern. Dabei werden das notwendige Hintergrundwissen über die soziale Kategorien, Leitbilder und Kriterien für Professionalität sowie die Handlungsdispositionen von Orchestermusikern dargestellt. Elemente einer historischen Entwicklung der Institution Orchester werden ebenso wie biografische Erfahrungen der Musiker und Musikerinnen auf ihre Relevanz für die Kommunikation im Orchester hin untersucht.
Since the beginning of the Covid-19 pandemic, about 2000 new lexical units have entered the German lexicon. These concern a multitude of coinings and word formations (Kuschelkontakt, rumaerosolen, pandemüde) as well as lexical borrowings mainly from English (Lockdown, Hotspot, Superspreader). In a special way, these neologisms function as keywords and lexical indicators sketching the development of the multifaceted corona discourse in Germany. They can be detected systematically by corpus-linguistic investigations of reports and debates in contemporary public communication. Keyword analyses not only exhibit new vocabulary, they also reveal discursive foci, patterns of argumentation and topicalisations within the diverse narratives of the discourse. With the help of quickly established and dominant neologisms, this paper will outline typical contexts and thematic references, but it will also identify speakers' attitudes and evaluations.
Vorwort
(2006)
IDS aktuell. Neues aus dem Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Jg. 2022, Heft 2
(2022)
In diesem Beitrag wird eine neue, funktional motivierte Systematik für den adnominalen Genitiv und entsprechende von-Phrasen, die zusammenfassend als ‘possessive Attribute’ bezeichnet werden, entwickelt. Sie beruht auf Erkenntnissen aus der sprachtypologischen Forschung und dem Vergleich mit anderen, vor allem germanischen Sprachen. Der Beschreibungsrahmen für die NP mit der übergreifenden ‘funktionalen Domäne’ der Referenz und den zugehörigen Subdomänen wird vorgestellt. Possessive Attribute können als eine Ausdrucksform der Subdomäne Modifikation bestimmt werden. Es wird gezeigt, dass possessive Attribute verschiedene funktionale Typen der Modifikation realisieren können: referentiell-verankernde (der Hut meiner Schwester), qualitative (ein Autor deutscher Herkunft) und klassifikatorische (ein Mann der Tat). Auch randständige possessive Attribute wie der ‘Teilungsgenitiv’ (eine Tasse heißen Tees) und der Identitätsgenitiv (das Laster der Unbescheidenheit) werden berücksichtigt. Die neue Ordnung possessiver Attribute nach funktionalen Subdomänen ist der traditionellen Einteilung vorzuziehen, insofern als sie lediglich Grundunterscheidungen gemäß dem referenzsemantischen Status des Modifikators (begrifflich versus referentiell) und nach dem Beitrag des Modifikators zur Bedeutungskomposition der NP (verankernd versus qualitativ bzw. klassifikatorisch) berücksichtigt. Zudem ist sie durch Testverfahren wie den Pronominalisierungstest abgesichert.
Der Beitrag stellt zunächst einige allgemeine Überlegungen zu Kategorisierungen von Sprachen an. Dann werden die Sprachenvielfalt im Baltikum und Statistiken von Deutschsprechern vorgestellt, bevor verschiedene Studien zum Deutschen im Baltikum erläutert werden. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Einordnung des Baltikums in Modelle der internationalen Stellung des Deutschen, mit deren Hilfe das Konzept Ergänzungssprache begründet wird. Schließlich werden einige Überlegungen dazu angestellt, welcher Nutzwert durch diese Konzeptualisierung entsteht.
"Mit sofortiger Wirkung" : Deutsche Rücktrittserklärungen 2010 aus linguistischer Perspektive
(2011)
2010 war für die Bundesrepublik ein Jahr der Rücktritte aus zentralen Machtbereichen der Politik, Kirche und Verwaltung. Die Funktionsträger vermittelten den Eindruck „als sei ihnen die Gestaltung dieses Landes nicht mehr wichtig genug, um ihr Leben damit zu füllen“ (Bartsch 2010, 66). In diesem Aufsatz stehen nicht die Vorgeschichte, Gründe oder die Bewertung von Rücktritten im Vordergrund, sondern die linguistische Perspektive – d.h. die sprachliche Ausgestaltung sowie die Funktionen der Textsorte Rücktrittserklärung.
Der Beitrag befaßt sich mit inszenierten Gesprächen im Fernsehen und fragt, wie der Bezug zwischen Sendungskonzepten und Realisierungsformen dieser Gespräche zu beschreiben ist. Ihre „Inszenierung” schafft einen Rahmen zur Kontextualisierung von Kommunikationsereignissen und Interpretationen. Für Streitgespräche zur medialen Präsentation von Konfliktpositionen gilt das Ideal der „Streitkultur”: Sie sollen reale gesellschaftliche Konflikte in geregelter Form kommunikativ abbilden, Möglichkeiten der Problemlösung aufzeigen und Mittel zur Konfliktreduzierung bereitstellen. „Boulevardisierung” findet dabei statt durch Personalisierung von Konflikten, Präsentation von Sensationen, Beschränkung auf Kleinformate und Sachverhaltsdarstellung, Appelle an stereotype Bewertungsmuster und kalkulierte Verstöße gegen Normalformen von Alltagsgesprächen.
Heranwachsen in einem noch fremden Land: Die Studie beruht auf einer mehr als 20 Jahre umfassenden Langzeiterhebung in russlanddeutschen Familien mit insgesamt 16 Kindern. Schwerpunkt der Beobachtungen und Interviews war die jeweilige Situation der Kinder innerhalb und außerhalb der Familie. Wie veränderte sie sich aus der Sicht der Kinder und ihrer Angehörigen über die Jahre ab der Ankunft in Deutschland bis zum Übergang ins Berufsleben? Welche Bilanz ziehen die nunmehr jungen Erwachsenen ein Vierteljahrhundert nach ihrer Ankunft?
Die Autorinnen ordnen die individuellen Bilanzen in die internationale Migrations- und Integrationsforschung ein. Die deutsch-russische Zweisprachigkeit als Kern der Mehrsprachigkeit der StudienteilnehmerInnen wird in ihrer Beschaffenheit durch Diskursanalysen und deutschsprachige C-Tests beschrieben und zu den Deutschqualifikationen junger Erwachsener ohne Migrationshintergrund ins Verhältnis gesetzt. Die sprachlichen Qualifikationen erfahren so die ihnen gebührende Aufmerksamkeit. Sie sind Bedingung und Folge gesellschaftlicher Zugehörigkeit.
Der Sprachwissenschaft und der Soziologie eröffnen sich angesichts der Digitalisierung vielversprechende Räume zur produktiven Zusammenarbeit. In unserem Beitrag zeigen wir, dass eine sozialstrukturelle Perspektive auf die Online-Kommunikation neue Erkenntnisse uber das Verhältnis von sprachlichem Kapital und sozialer Ungleichheit generieren kann. In Teilen der Sozialtheorie dominiert die Auffassung, dass die sprachliche Praxis ein überwiegend eigendynamisches, von sozialstrukturellen Determinanten weitestgehend unabhängiges System sei. Fur ein umfassendes Verständnis der neuen digitalen Interaktionssphären erscheint jedoch eine systematische Berücksichtigung lagebedingter sprachlicher Fähigkeiten notwendig. Der Beitrag wird dies am Beispiel sozialer Medien veranschaulichen.
Im vorliegenden Beitrag wird versucht, die deutsche Sprache und Germanistik von der Perspektive der Linguistik und der Fremdsprachendidaktik in einem multilingualen bzw. multikulturellen Land wie Indien zu erläutern und die möglichen Schwerpunkte des Lehr- und Forschungsgegenstandes aufzuzeigen, zumal wenn der Auslandsgermanistik in aller Welt durch Globalisierungsprozesse und durch die Stellung der deutschen Sprache im europäischen Raum international geringere Bedeutung beigemessen wird.
Im Hinblick auf die geleistete und noch zu leistende Arbeit in der Linguistik und Didaktik des Deutschen als Fremdsprache in Indien wird u. a. auf die Fragen der Relevanz, Ziele, Aufgaben und Grenzen von Deutschunterricht und Germanistik eingegangen, die Lernschwierigkeiten des Deutschen als Fremdsprache, insbesondere die Problematik der Interferenzen hervorgehoben und die Notwendigkeit der Erforschung von beeinflussenden Faktoren anhand des eigenen Modells zur Diskussion gestellt. Weiterhin wird kurz auf die Fragen der europäischen Sprachenpolitik eingegangen und dazu aus multilingualer indischer Perspektive kritisch Stellung genommen.
As part of our project "German at Work: The Linguistic and Communicative Integration of Refugees" at the Leibniz-Institute for the German Language (Mannheim, Germany), we are conducting several ethnographic field studies to investigate the integration process of refugees into various professional fields. The guiding questions are which linguistic and communicative problems arise in workplace interactions between refugees and their colleagues and with which communicative practices the participants ensure mutual understanding. In the present article, we further focus on the question whether and how the professional trainers use the work interactions as opportunities for language mediation and which practices they use.