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15
Modalverben gehören zu den hochfrequenten Verben des Deutschen und weisen in der gesprochenen Sprache eine hohe grammatische, semantische und funktionale Flexibilität auf. Die Studie befasst sich aus interaktionslinguistischer Sicht mit dem Verwendungsspektrum von Konstruktionen, in denen Modalverben “absolut”, das heißt hier: ohne infinites Vollverb, gebraucht werden. Es wird untersucht, welche Bedeutungen die Modalverben in Interaktionen haben bzw. welche Faktoren ihre Interpretation beeinflussen und inwiefern die jeweiligen Konstruktionen für spezifische sprachliche Handlungen und in speziellen interaktiven Kontexten verwendet werden.
Als entscheidend für die Analyse zeigen sich neben der signifikanten Medialitätsdifferenz auch Interaktivität, Online-Produktion und Gattungs- bzw. Registermerkmale wie Informalität. Die Studie demonstriert außerdem, dass die Modalverbkonstruktionen sehr unterschiedliche Grade von Schematizität, Spezifizität und (Nicht-) Kompositionalität aufweisen.
13
Analepsen mit Topik-Drop sind hochfrequente sprachliche Strukturen in Interaktionen. In dieser Arbeit stehen neben der interaktionslinguistischen Untersuchung der Diskursfunktionen, Bedingungen und Restriktionen von Analepsen diskurssemantische Perspektiven und Fragestellungen im Mittelpunkt, insbesondere die detaillierte Beschreibung der semantischen Relationen zwischen Analepsen und ihrem Präkontext. Die Analepsenresolution muss dabei situiert erklärt werden, da das Verstehen von Analepsen von der kontextuellen Einbettung sowie von grammatischen, semantischen und pragmatischen Merkmalen der Äußerung abhängt.
Es wird gezeigt, dass kognitive Zuschreibungen hinsichtlich der Interaktionsbeteiligten auch mit interaktionslinguistischen Methoden möglich sind. Die Studie demonstriert außerdem, dass die Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden erkenntnisträchtig ist, um spezifische Verwendungspräferenzen von analeptischen im Vergleich zu anaphorischen Äußerungen herauszuarbeiten.
17
In diesem Beitrag geht es vor allem um die Frage, wie das Smartphone in der Alltagskommunikation als gemeinsamer Bezugspunkt relevant gemacht wird und wie sich die Reaktionen der Interagierenden zum auf dem Display Gezeigten gestalten. Es zeigt sich, dass diese in mehrere responsive Schritte unterteilt werden, in denen die Aufmerksamkeit gebündelt und das Display fokussiert wird sowie eine Abstimmung darüber erfolgt, wie das Gezeigte zu kontextualisieren ist.
8
Wie gelingt es den Beteiligten an Brandeinsatzübungen der Feuerwehr, die ‚Einsatzräume‘ durch multimodale Interaktion herzustellen? Wie machen sie Orte unter der Perspektive des Einsatzes als organisationale Schauplätze erst verständlich und damit benutzbar? Und welche Rolle spielen alte und neue technische Medien für die Orientierung und Navigation? Institutionelle Handlungspraktiken von Feuerwehrleuten mit eigens für und durch sie (mit )entwickelten neuen digitalen Medien – sogenannten ‚Landmarken‘ – werden beispielhaft für derartige Interaktionsprozesse analysiert und Settings mit ausschließlich herkömmlichen Hilfsmitteln gegenübergestellt. Methodisch schließt die Untersuchung an die Angewandte Gesprächsforschung und die ethnomethodologisch-konversationsanalytisch geprägten ‚Studies of Work‘ und ‚Workplace Studies‘ an.
Die Arbeit wurde von der Gesellschaft für Angewandte Linguistik (GAL) mit dem doctima-Preis 2015 ausgezeichnet.
2
Das sprachlich-kommunikative Verhalten einer nordbayerischen kommunalpolitischen Frauengruppe ist Untersuchungsgegenstand dieser gesprächsanalytischen Studie. Ethnographien der Kommunikation zeichnen ein „Portrait“ des kommunikativen sozialen Stils einer Interaktionsgemeinschaft und bringen Erkenntnisse über Strategien der Beziehungsarbeit sowie der Selbst- und Fremddarstellung hervor. Übergreifende Konzepte wie das Face, die Modalität und die Frage nach präferierten Themen und Aktivitätstypen werden für die Analyse herangezogen. Elemente „professioneller“ Interaktion (Sitzungsleitung, Tagesordnung, Regeln der Rederechtsvergabe) mischen sich bei der untersuchten Gruppe mit einem freundschaftlich-privaten und scherzhaften „Umgangston“ sowie mit Eigenheiten weiblichen Kommunikationsverhaltens. Dabei referieren die Beteiligten auf ihre geteilte Lebenswelt, ihre gemeinsamen Werte und Ziele und entwickeln einen sozialen Stil des Sprechens, der sowohl Integrationsfaktor, als auch Strategie zur Bewältigung der spezifischen Lebensanforderungen ist.
1
Die Studie untersucht die Formen, Funktionalität und Relevanz von binnensprachlichen Variationsphänomenen im schwäbischen Dialektraum anhand der Sprachgebrauchspraktiken in einer neunten Klasse eines Gymnasiums in Ulm. Im Mittelpunkt stehen der Gebrauch koexistenter sprachlicher Formen mit unterschiedlicher Nähe oder Distanz zu den Polen Standard und Dialekt des sprachlichen Kontinuums und daraus ableitbare Hinweise auf die Varietätentektonik im untersuchten Sprachraum. Durch die Kombination von quantitativ und qualitativ orientierten Analyseverfahren werden die Zusammenhänge von formalen Mustern und funktionalen Möglichkeiten von Sprachvariation greifbar gemacht. Dabei wird deutlich, dass der variative Gebrauch der sprachlichen Formen bei den untersuchten Sprechern strukturiert ist und als interaktionskonstitutive linguistische Ressource in Bezug zu unterschiedlichen situativen Kommunikationsanforderungen an die Lehrer und Schüler steht.
10
Der Trickster ist ein mythisch-literarischer Archetyp, dessen listenreicher, verwandlungsfähiger Charakter seit Ende des 19. Jahrhunderts Mythenforscher, Literaturwissenschaftler, Soziologen und Psychologen fasziniert. Erstmals wird in dieser Arbeit mit den Methoden der linguistischen Gesprächsanalyse und dem semiotischen Vergleich gezeigt, wie sich der Trickster als kommunikative Identität in Alltagsgesprächen manifestiert.
In den Gesprächen männlicher Erwerbsloser auf einem Hamburger Platz entsteht die Identität des Tricksters als Ausdruck und Bearbeitung sozialer Marginalisierungsprozesse: durch sprachliche Mittel, wie z. B. im Fiktionalisieren als Gestaltwandler und Doppelgänger, im Rätselspiel als ‚Meister des sprachlichen Kodes‘, im Klatschgespräch als ein die gesellschaftlichen Absurditäten karikierender Schelm. Damit knüpft die Arbeit an die linguistische Identitätsforschung an und eröffnet mit der Methode des kultursemiotischen Vergleichs zudem neue Perspektiven auf diese.
9
Handlungsverstehen und Intentionszuschreibung in der Interaktion I: Intentionsbekundungen mit wollen
(2014)
5
Die Studie untersucht die syntaktischen und lexikalischen Mittel, die verwendet werden, um die in der Spontansprache bevorzugte Verteilung von Information herzustellen. Quantitativ wird die von Du Bois als ‚Preferred Argument Structure‘ beschriebene Beschränkung von Teilsätzen auf einen neuen Referenten, der zudem in transitiven Sätzen in der Regel nicht als Subjekt erscheint, fürs Deutsche bestätigt und präzisiert. Qualitativ wird gezeigt, welche unterschiedlichen Funktionen bei der Ein- und Weiterführung von Referenten hochfrequente, semantisch unspezifische Verben (z.B. ‚haben‘ und ‚machen‘) übernehmen. Theoretisch wird vor dem Hintergrund gebrauchsbasierter Ansätze wie der Konstruktionsgrammatik die Möglichkeit der Integration diskurspragmatischer Tendenzen ins sprachliche Wissen diskutiert.
17
Der Tagungsband setzt an zwei Desiderata an: Zum einen mangelt es interaktionsanalytischen Studien an einer systematischen Betrachtung medialer Realisierungsbedingungen. Dies gilt insbesondere für die Erforschung von Alltagsinteraktionen, deren spezifische Medialität kaum berücksichtigt wird. Zum anderen trägt das Gros der Forschung zu Massenmedien selten der interaktiven Konstitution massenmedialer Kommunikation Rechnung. Häufig wird das mediale Produkt fokussiert, ohne dessen Einbettung in Interaktionsstrukturen (z.B. in der Produktion) zu berücksichtigen.
Folge ist eine Medienforschung, die sich auf übermittelte Inhalte beschränkt, darüber aber das soziale Zustandekommen in der Produktion sowie die soziale Verarbeitung in der Rezeption vernachlässigt. Beides geschieht wesentlich über Prozesse sozialer Interaktion. Im Buch finden sich daher Beiträge, die der systematischen Veränderung von Interaktion durch Mediengebrauch nachgehen und auf der Basis bestehender Konzepte der Interaktionsforschung nach angemessenen und gegebenenfalls reformulierungsbedürftigen Beschreibungs- und Analysekonzepten fragen.