Jahrbuch / Institut für Deutsche Sprache
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§ 2009
Der Beitrag nimmt die verbreitete Annahme einer besonderen Überzeugungskraft von Bildern zum Anlass, nach dem Ort einer solchen medienspezifischen Wirkungsweise im Rahmen einer pragmatischen Linguistik zu fragen. In exemplarischen Analysen wird gezeigt, wie Fotografien in journalistischen Printmedien eingesetzt werden, um Bedeutungen, die ihnen durch die umstehenden Texte ‚zugeschrieben‘ und so stabilisiert werden, ein besonderes Maß an Plausibilität zu verleihen. Dieser intermediale Evidenzeffekt wird als Prägnanz bezeichnet. Zu seiner theoretischen Begründung wird der Peircesche Begriff der Ikonizität mit dem Konzept der ‚ikonischen Differenz‘ aus der phänomenologischen Bildtheorie Gottfried Boehms verbunden. Denn beide stellen heraus, dass die wahrnehmbaren Eigenschaften der Zeichenform ein notwendiges Komplement zu symbolischen Schematisierungen im Prozess der Sinnkonstitution bilden. Diese Verschränkung zwischen Ikonizität und Symbolizität prägt sowohl die Konstitution dessen, was ein gegenständliches Bild in seinen Teilen wiedererkennbar zeigt, als auch dessen, was es als Ganzes – durch die Anordnung von Elementen auf einer begrenzten Fläche – darstellt. Die sichtbare Form dieser Anordnung wird als Grundlage für das besondere Prägnanzpotenzial von Bildern in der Zusammenstellung mit Texten identifiziert. Gestützt auf Beispiele wird zwischen einer schematischen und ikonischen Variante der Prägnanz unterschieden und das methodische Vorgehen reflektiert. Die pragmatische ‚Effektivität‘ der wahrnehmbaren Zeichenform, die in den Varianten der Prägnanz fassbar wird, ist allerdings nicht auf die intermediale Konstellation von Text und Bild beschränkt, weswegen der Beitrag mit dem Ausblick auf eine linguistische Phänomenologie der Textgestalt schließt.
+ 2009
Nachdem sich verschiedene linguistische Teildisziplinen in den vergangenen Jahren der Medialität, Materialität und ‚Multimodalität‘ von Kommunikation zugewandt haben, hat zuletzt auch die typografische Gestaltung von Texten als spezifischer Aspekt dieses Komplexes verstärkte Aufmerksamkeit im Fach gefunden. Das Thema wurde, mit entsprechend unterschiedlichen Erkenntnisinteressen, in mehreren Fachbereichen (z.B. in der Text- und Graphostilistik, der Sozialsemiotik, der Werbesprachforschung, der Schriftlinguistik, der Verständlichkeitsforschung, der Metalexikographie und der Historischen Linguistik) aufgegriffen, darüber hinaus wird es mittlerweile auch in Nachbardisziplinen wie der Literatur- und Editionswissenschaft verstärkt diskutiert. Dabei wurde gezeigt, dass paraskripturale Phänomene in mehrfacher Hinsicht (etwa als Aufmerksamkeits- und Lesesteuerungssignal, als Emblem oder als Kontextualisierungshinweis) kommunikativ relevant werden können.
Der Beitrag gibt erstens einen Einblick in dieses heterogene Feld linguistischer Forschung und versucht, die kommunikative Relevanz skripturaler Sichtbarkeit und damit auch die Relevanz des Gegenstandsbereichs für das Fach zu begründen. Zweitens diskutiert er mit Blick auf das Rahmenthema des vorliegenden Bandes die Frage, inwiefern sich (Inter-)Medialität und Visualität gegenseitig bedingen. Dabei soll weniger die kaum zu bestreitende These im Mittelpunkt stehen, dass sich die Medialität des Kommunikats in deren visueller Gestaltung niederschlägt (bzw. den Gestaltungsrahmen vorgibt), sondern es soll umgekehrt vor allem danach gefragt werden, ob und inwiefern Medialität durch (typo-)grafische Variation mitkonstruiert wird, inwiefern die Medialität also selbst das Produkt sozial verankerter kommunikativer Praktiken wie der Textgestaltung ist.
~ 2009
Wie wirkt sich die je spezifische Materialität von Sprache auf die Gestalt unserer Zeichen und damit auf die Bildung unserer Vorstellungen aus? Das wird hier am Beispiel von Schrift im World Wide Web untersucht. Unter dem Einfluss technisierter Materialität, Medialität und Multimodalität bildet sich eine Schriftlichkeit aus, deren Erscheinungsform und Bedeutung aus dem semiotischen Zusammenspiel von Sehflächen-Design, Bild und Text erwächst. Vor dem Hintergrund einer medial gestützten Geschichte kommunikativer Abstraktion, in deren Verlauf Leib und Seele im Bewusstsein auseinander traten, und anhand charakteristischer Beispiele aus dem WWW werden Entstehungsbedingungen, Eigenschaften und Leistungen solch ,tertiärer Schriftlichkeit‘ erläutert.
; 2009
Anstelle der herkömmlichen Wortklasse Interjektion plädiert dieser Beitrag für eine erweiterte Auffassung von Lautobjekten (hier auch ‚Vokalisierungen‘ genannt), wie sie von tatsächlichen Sprechern in konkreten Interaktionszusammenhängen produziert werden. Fokussiert wird der Gebrauch von Lautobjekten als affektgeladene Reaktion auf eine Mitteilung im Gespräch. Anhand eines Korpus von natürlich vorkommenden englischen Alltagsgesprächen werden drei Thesen erläutert: (1) Manche Lautobjekte bilden Lexeme, deren Form eine konventionalisierte prosodische Lautgestalt einschließt, (2) Lautobjekte werden als Teil einer körperlichen Gestalt produziert und (3) manche nicht-lexikalisierten Lautobjekte können ähnliche Funktionen wie lexikalisierte Lautobjekte übernehmen. Zum Schluss wird auf die sprachtheoretische Relevanz von Lautobjekten eingegangen.
> 2009
Die Wahrnehmung menschlicher Kommunikation ist historisch geprägt; entsprechend veränderlich sind die Normen und Werte, an denen kommunikatives Verhalten zu unterschiedlichen Zeiten gemessen wird. So führt die „Entdeckung“ der Multimodalität menschlicher Kommunikation in der gegenwärtigen Gesprächsforschung und die damit verbundene neue Aufmerksamkeit auf die Zeichenhaftigkeit des Körpers wie auf die Dimension des Raumes zu einem neuen Verständnis von Kommunikation und zu einer veränderten Beurteilung sprachlicher Phänomene.
Doch schon in frühmoderner Zeit war der gesellschaftliche Blick auf den kommunizierenden Menschen in einer für heutige Maßstäbe bemerkenswerten Weise auf die „Beredsamkeit des Leibes“ (Kemp 1975, S. 111) gerichtet. Sprachlichkeit wird als an Leiblichkeit gebunden wahrgenommen, als Teil eines komplexen, raumbezogenen kommunikativen Auftritts, der ständisch geregelt und normiert ist. Dies gilt für das 17. und auf weite Strecken auch noch für das 18. Jahrhundert – erst das bürgerliche Sprachprojekt löst in der Wahrnehmung die Sprache zunehmend vom Leib.
Vom 17. ins 18. Jahrhundert hinein lassen sich allerdings Veränderungen im Beschreibungsvokabular für den körperlich-sprachlichen Auftritt beobachten, und in Text- wie Bildzeugnissen zeigt sich ein Wandel in diesem Auftritt bzw. im Blick der Zeitgenossen darauf. Diese Veränderungen werden im Folgenden als (kollektiv) stilistischer Wandel beschrieben und der Zeichenwert dieses Wandels wird als ,Verschlankung‘ und ,Dynamisierung‘ bestimmt. Und insofern diese (kollektiv) stilistischen Veränderungen als Medium der Selbstformierung der tragenden Sozialformation der Zeit, d.h. der Adelsgesellschaft um 1800, verstanden werden, wird der beobachtete Stilwandel als Prozess der Selbst-Dynamisierung der gesellschaftlichen Leitformation der Epoche gedeutet.
< 2009
Die zeichentheoretische Entgegensetzung von Sprache und Bild ist überaus geläufig. Die hier zu entwickelnde These ist jedoch, dass medial verkörperte Sprache eine implizite Ikonizität zukommt: Sprachlichkeit kommt nicht ohne Bildlichkeit, das Sagen nicht ohne das Zeigen aus. Was dies bedeutet, wird in einer Betrachtung der Performanz des Lautlichen sowie des Phänomens der Schriftbildlichkeit erläutert. Sowohl bezüglich der Stimme wie auch der Schrift, zeigt sich eine intrinsische ‚Intermedialität‘ der Sprache. Die Wirksamkeit der Stimme beruht auf ihrer Vereinigung von Somatik und Semantik, eines physiognomischen und propositionalen Aspektes. Die Leistungskraft von Schriften besteht in der Verschränkung von diskursiven und visuellen, von linguistischen und graphischen Aspekten. Friedrich Nietzsche hat auf überraschende Weise eine der Sprache inhärente Intermedialität reflektiert, insofern er die Lautsprache hervorgehen lässt aus der Vereinigung von Musik und Bild.
| 2009
Es scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, dass Bild und Text sowie Bild und Klang einander in den audiovisuellen Prozessen filmischer Produkte wechselseitig konturieren. Dieser geläufige Befund jedoch bedarf weiterer Klärung. Vor allem die wissenschaftliche Analyse von Sendungen des Fernsehens operiert nicht selten weiterhin mit irreführenden Hierarchien zumal zwischen Text und Bild, so als würde der Bildverlauf eine weitgehend autonome Bedeutung des im sprachlichen Text Gesagten lediglich modifizieren oder transformieren. Demgegenüber vertritt der Beitrag die These, dass Bild und Text in filmischen Erzeugnissen jeglicher Art gleichursprünglich an der Konstitution der in ihnen präsentierten Gehalte beteiligt sind. Es wird gezeigt, dass dieser basale audiovisuelle Zusammenhang auch dort besteht, wo eines dieser Elemente – etwa der mündliche Dialog oder ein verbaler Kommentar – den Verlauf eines Films oder einer Filmsequenz zu dominieren scheint, und folglich, dass er alle filmischen Genres einschließlich der Sendetypen des Fernsehens gleichermaßen prägt. Eine Interpretation ausgewählter Beispiele stützt das Plädoyer für ein nichthierarchisches Verständnis der Bedeutungsdimensionen in den Produktionen von Film und Fernsehen.
` 2009
Der Musikclip gehört seit den 1980er Jahren zum Forschungsbereich diverser Disziplinen und gilt Vielen als intermediales Phänomen schlechthin. Als problematisch erweist sich allerdings nach wie vor, dass das klangliche Material des Clips, populäre Musik, eine Herausforderung nicht nur für die Musikwissenschaften darstellt – greifbar wird dies mit Blick auf die anhaltenden Diskussionen um einen adäquaten Begriff der populären Musik. Darüber hinaus gilt Musik allgemein als ‚Sonderfall‘ für den Bereich der Medien-, Sprach- und Kulturwissenschaften, da an ihr weder rein medienästhetische noch kommunikations- und informationstheoretische Begriffe in ausreichender Weise greifen. Die Entwicklung eines transdisziplinär nachvollziehbaren Objektverständnisses des Musikclips bleibt daher desiderabel.
Der Beitrag zum Thema „Bild-Text-Ton-Analysen“ resultiert aus einer intensivierten Begegnung von Medienwissenschaft und Musikwissenschaft. Im Artikel wird die Konstitution von Bedeutung im intermedialen Zusammenspiel von Sprache/Text, Stimme und Musik fokussiert. Dies geschieht auf Grundlage einer näheren Bestimmung der Analysekriterien, die im Hinblick auf den speziellen Fall des popmusikalischen Umgangs mit Sprache erforderlich sind. Ziel ist es, die Bedeutungssedimente von vokaler Performanz im Kontext von populärer Musik offenzulegen. Für die Betrachtung des Musikclips ist dies ein wesentlicher Zwischenschritt. Anhand der Darstellung der klanglich-materiellen Vorprägungen gilt es, die Möglichkeitsbedingungen der (nachträglichen) intermedialen Transformation von Sprache auf die Bildebene auszuloten. In finaler Wendung ist es dann möglich, das inter- bzw. plurimediale Amalgam von Text-Stimme-Musik als Generator von Bedeutungsüberschüssen einzufassen.
° 2009
In den unterschiedlichsten disziplinären Kontexten der Kultur- und Medienwissenschaften findet in den beiden letzten Jahrzehnten der Befund große theoretische Aufmerksamkeit, dass Medien intermedial aufeinander Bezug nehmen (Bolter/Grusin 2001) und dass sie sich intramedial in rekursiven Schleifen auf sich selbst beziehen. Die kulturelle Semiosis wird – folgt man diesen Studien – auf einem Feld generiert, konserviert, gestört und fortgeschrieben, auf dem sich Kommunikation als semiologisches Spiel interagierender und miteinander verwobener Medien, als ein Ensemble von Praktiken „kultureller Rekonzeptualisierung“ (Manovich 2001) entfaltet. Der Beitrag vertritt die These, dass sich hinter der Vielfalt dieser kommunikativen Prozeduren in den Sprach-, Schrift- und Bildmedien, so unterschiedlich sie auch in medialer und ästhetischer Hinsicht sind, ein grundlegendes Verfahren der kulturellen Semiosis verbirgt, das sich als ein Verfahren transkriptiver Bezugnahme beschreiben lässt. Die Annahme, dass Transkription eine grundlegende Operation der kulturellen Semiosis, d.h. der Prozeduren kultureller (intra- und intermedialer) Rekonzeptualisierung, darstellt, soll anhand einiger epistemologischer und zeichentheoretischer Prinzipien erläutert und theoretisch verständlich gemacht werden.
^ 2009
Als eine wichtige Form der intermedialen Einbindung von Sprache wird technisch kombinierte („sekundäre“) Audiovisualität beschrieben, wie sie prototypisch im Fernsehen vorkommt. Nach allgemeinen Strukturen von sekundärer Audiovisualität wird der Begriff der Transkriptivität (nach Jäger) kurz dargestellt: das „Anders- Lesbar-Machen“ von Zeichen im gleichen oder einem anderen Zeichensystem. Danach werden zwei Spielarten von Fernsehaudiovisualität behandelt: Nachrichtenfilme als Zusammenspiel von Sprechertext mit vorgefertigten Bildsequenzen, nach bestimmten Mustern von wechselseitiger Transkription, die Anforderungen der Darstellbarkeit und Glaubwürdigkeit genügen sollen. In Polit-Talkshows werden die Sprecherbeiträge von Kamerainszenierungen mit drei Funktionen transkribiert: (a) Abwechslung und Gliederung, (b) Sprecherprofilierung und (c) Profilierung von Beteiligungsrollen anderer Teilnehmer.