Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Formen und Funktionen von Ethnolekten in multilingualen Lebenswelten - am Beispiel von Mannheim
(2007)
Der Beitrag von Inken Keim und Rosemarie Tracy bringt zwei Gesichtspunkte in die aktuelle Diskussion über die unzureichenden Bildungschancen von Migrantenkindern ein: Auf der Grundlage neuerer sprachwissenschaftlicher Forschungen plädieren die Autorinnen für eine Überwindung der Defizitannahme und zeigen anhand konkreter Beispiele, warum es dringend notwendig ist, vereinfachte Vorstellungen über die sprachlichen Kompetenzen von Migrantenkindern zu überwinden. Nach der Erörterung relevanter Ergebnisse der neueren Spracherwerbs- und Mehrsprachigkeitsforschung werden einige weit verbreitete Vorurteile widerlegt. Bisher ist es offensichtlich nicht gelungen, Bedingungen zu schaffen, unter denen sich das Lernpotenzial von Migrantenkindern optimal entfalten kann. Aus sprachwissenschaftlicher Perspektive ist das Problem klar identifizierbar: Migrantenkinder sind unterfördert und damit auch unterfordert. Bei der Beurteilung der Leistungen von Migrantenkindern muss ein grundlegender Perspektivenwechsel stattfinden, weg von der Defizitorientierung und hin zur Würdigung dessen, was Kinder unter den bisher gegebenen Lern- und Lebensbedingungen bereits erreicht haben.
In unserem Beitrag beschäftigen wir uns mit einer Gruppe jugendlicher Migrantinnen türkischer Herkunft und ihrem sprachlich-kommunikativen Verhalten. Die Gruppe hat ein weites sprachliches Repertoire, zu dem neben standardnahem Deutsch und dialektalem Türkisch vor allem sprachliche Mischungen gehören. Die Präferenz für Mischungen hängt vor allem mit der sozialen Identität und der Selbstpositionierung der Sprecherinnen in Relation zur türkischen Migrantenpopulation einerseits und der deutschen Gesellschaft andererseits zusammen. Mischungen können, je nach sozialer Orientierung, die die Jugendlichen entwickeln und nach Lebenskontexten, in denen sie sich bewegen, an bestimmte Lebensphasen und Gesprächskonstellationen gebunden sein oder sie können soziolektale Qualität erhalten.