Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Der vorliegende Beitrag erkundet den Zusammenhang zwischen der Komplexität politischer Argumentationsprozesse und der Diversifikation der Semantik von Schlüsselwörtern, deren Bedeutung im Argumentationsprozess umkämpft und in zahlreichen Facetten entfaltet widAdegenstand der Untersuchung ist die Verwendung von „Ökologie" in den Schlichtungsgesprächen zum Bahnprojekt Stuttgart 21. Im Unterscheid zu bisher vorliegenden Analysen zu semantischen Kämpfen geht es weniger darum, wie ein Ausdruck von einer Partei im Gegensatz zu anderen semantisiert wird. Es wird vielmehr gezeigt, wie semantische Diversifizierung und Ambiguität von „Ökologie" im expertischen Argumentationsprozess entstehen und welche kommunikativen Effekte dies für die Möglichkeit der Bürgerbeteiligung mit sich bringt. Es werden drei Praktiken identifiziert, mit denen die Interaktionsteilnehmer selbst auf semantische Diversifizierung und Ambiguität reagieren und versuchen, den Ausdruck eindeutig interpretierbar und die Quaestio entscheidbar zu machen: Strategieunterstellungen, Popularisierungen und Populismus. Die Interaktionsanalysen zeigen dabei, dass diese Praktiken selbst die Problematik, die sie lösen sollen, reproduzieren.
Konversationsanalyse: Elementare Interaktionsstrukturen am Beispiel der Bundespressekonferenz
(2014)
Teilnehmende Beobachtung ist eine Forschungsstrategie, die sich darauf richtet, Interaktionsereignisse in ihren natürlichen Kontexten authentisch zu erfassen. Sie beruht auf den zentralen Annahmen qualitativer Methodologie (Denzin/Lincoln 1994; Flick 1995) und unterscheidet sich deshalb in mehreren Hinsichten von Beobachtungsverfahren in den empirischen Sozialwissenschaften: Statt externer Kategorisierung geschieht Verstehen aus der Teilhabe an der untersuchten Kultur; statt Hypothesen vorab zu entwickeln und anschließend empirisch zu testen, werden Forschungsfragen in derAuseinandersetzung mit dem Forschungsfeld entwickelt (Offenheitsprinzip); statt Variablenisolation und Bedingungsvariation als Prinzipien der Erkenntnisbildung geht es um die Rekonstruktion der Eigenstrukturiertheit kommunikativer Ereignisse; statt naturwissenschaftlicher Beobachtung und strikter Trennung von Subjekt und Objekt liegt teilnehmender Beobachtung ein Verständnis von Forschung als Kommunikation zugrunde.
Deontische Infinitivkonstruktionen : Syntax, Semantik, Pragmatik und interaktionale Verwendung
(2006)
Der vorliegende Beitrag soll nun diese Diskussion um Sinn, Unsinn und Definition der Kategorie "Satz" als Grundeinheit der gesprochenen Sprache nicht fortsetzen. Ich will vielmehr kurz darlegen, in welcher Weise ein traditioneller Satzbegriff m.E. für die Analyse gesprochener Sprache relevant ist, und wie er sich zu gesprächsanalytischen Kategorien wie "Turn" und "Turnkonstruktionseinheit" verhält. Dies geschieht aber nur als Voraussetzung, um sodann die traditionelle Fragerichtung umzukehren: Anstatt zu fragen, warum in Gesprächen oft nicht-sentenzielle Strukturen vorkommen, gehe ich vom Befund aus, dass ein großer Teil von Turns aus nicht-sentenziellen Strukturen besteht und frage umgekehrt, wieso in Gesprächen überhaupt Sätze (im Sinne der eingangs gegebenen klassischen Definition) verwendet werden. Den Schlüssel zur Antwort suche ich dabei in der temporalen Struktur der Äußerungsproduktion und der Position, die Sätze in Bezug auf diese einnehmen.
Der Beitrag diskutiert vor dem Hintergrund allgemeiner Eigenschaften von gesprochener Sprache in Interaktionen, inwiefern die Konstruktionsgrammatik (KxG) aus Sicht der Interaktionalen Linguistik (IL) eine geeignete Basis für eine Grammatik der gesprochenen Sprache abgeben kann. Affinitäten und Perspektivenunterschiede zwischen KxG und IL sowie Potenziale und Grenzen ihrer Integration werden aufgezeigt. Am Beispiel einer Untersuchung von dann und also als Inferenzindikatoren wird das konstruktionsgrammatische Zeichenverständnis problematisiert, und es werden einige generelle Überlegungen zum Stellenwert von Grammatik im Kontext einer Theorie der verbalen Interaktion formuliert.
"Standard language" is a contested concept, ideologically, empirically and theoretically. This is particularly true for a language such as German, where the standardization of the spoken language was based on the written standard and was established with respect to a communicative situation, i.e. public speech on stage (Bühnenaussprache), which most speakers never come across. As a consequence, the norms of the oral standard exhibit many features which are infrequent in the everyday speech even of educated speakers. This paper discusses ways to arrive at a more realistic conception of (spoken) standard German, which will be termed "standard usage". It must be founded on empirical observations of speakers linguistic choices in everyday situations. Arguments in favor of a corpus-based notion of standard have to consider sociolinguistic, political, and didactic concerns. We report on the design of a large study of linguistic variation conducted at the Institute for the German Language (project "Variation in Spoken German", Variation des gesprochenen Deutsch) with the aim of arriving at a representative picture of "standard usage" in contemporary German. It systematically takes into account both diatopic variation covering the multi-national space in which German an official language, and diastratic variation in terms of varying degrees of formality. Results of the study of phonetic and morphosyntactic variation are discussed. At least for German, a corpus-based notion of "standard usage" inevitably includes some degree of pluralism concerning areal variation, and it needs to do justice to register-based variation as well.
In diesem Beitrag soll versucht werden, den Begriff „gesprochenes Standarddeutsch“ (vgl. a. Schneider 2011) aus Sicht der interaktionalen Linguistik (IL, Selting/Couper- Kuhlen 2000) zu beleuchten. Dies mag überraschen, denn „Standardsprache“ ist ein Begriff, der in der IL keine Rolle spielt. So sehr „Standardsprache“ in der Soziolinguistik ein umstrittenes Thema ist (vgl. Bex 1999, Milroy/Milroy 2005, Ammon 2005, Hundt 2010), so wenig ist er es in der IL. Daher gibt es auch keinen etablierten Zugang, keine etablierte Definition o. ä. aus IL-Sicht. Die Frage wird daher zunächst sein, ob und warum es auch für die IL nützlich sein kann, sich mit der Frage zu befassen, und vielleicht sogar notwendig ist, zu einem Begriff von „gesprochener Standardsprache“ zu gelangen. Allerdings müssen wir vorausschicken, dass dieser Beitrag keineswegs eine ausgearbeitete Lösung anbieten wird. Wir werden einige konzeptbezogene und methodische Überlegungen entwickeln, wie man den Begriff „Standard“ aus IL-Sicht als „Gebrauchsstandard“ fassen und einem so verstandenen Standard auf die Spur kommen kann.
In her overview, Margret Selting makes the case for the claim that dealing with authentic conversation necessarily lies at the heart of an interactionallinguistic approach to prosody (see Selting this volume, Section 3.3). However, collecting and transcribing corpora of authentic interaction is a time-consuming enterprise. This fact often severely restricts what the individual researcher is able to do in terms of analysis within the scope of his or her resources. Still, for dealing with many of the desiderata Margret Selting points out in Section 5 of her extensive overview, the use of larger corpora seems to be required. In this commenting paper, I want to argue that future progress in research on prosody in interaction will essentially rest on the availability and use of large public corpora. After reviewing arguments for and against the use of public corpora, I will discuss some upshots regarding corpus design and issues of transcription of public corpora.
Playing with the voice of the other : stylized kanaksprak in conversations among German adolescents
(2007)
Verstehen im Gespräch
(2008)
Die Hermeneutik und die empirisch-psychologische Textrezeptionsforschung haben sich
damit befasst, wie Leser Texten Sinn zuschreiben. Sozialphilosophen (wie Weber, Schütz,
Mead, Habermas) sehen in Prozessen der symbolvermittelten Verständigung das alltagsweltliche
Fundament der sozialen Welt und der Möglichkeit gesellschaftlicher Integration.
Wie aber verhalten sich diese, aus der Textanalyse und der zeichen-und sozialtheoretischen
Reflexion entstandenen Konzeptionen des Verstehens zum alltagsweltlichen Verstehen im
Gespräch? Ist hier eigentlich vorn gleichen Vorgang die Rede? Sind mentalistische, noemalive
und leserbezogene Konzepte des Verstehens brauchbar für die Analyse beobachtbarer
Prozesse der Herstellung von Intersubjektivität in Gesprächen?
Dieser Aufsatz umreißt zunächst kurz den wissenschaftlichen Diskussionskontext, innerhalb
dessen Verstehen zum Gegenstand geworden ist (1). Kontrastiv dazu werden die
Prämissen einer Untersuchung von Verstehen in Gesprächen bestimmt, die sich aus den
spezifischen Situationsparametern mündlicher Interaktion ergeben (2). Den Hauptleil der
Abhandlung bildet der Aufweis der elementaren sequenziellen Organisationsform und
typischer sprachlicher Manifeslationen der Dokumentation und der Verhandlung von Verstehen
im Gespräch {3). Abschließend werden einige allgemeine Eigenschaften resümiert,
die die Dokumentation von Verstehen in Gesprächen auszuzeichnen scheinen (4).
"damit sie mich verstehen" : Genese, Verfahren und recipient design einer narrativen Performance
(2009)
One major issue in the accomplishment of contrasts in conversation is lexical choice of items which carry the semantic Ioad of the two states of affair which are represented as being opposed to one another. These items or expressions are co-selected to be understood as being contrastively related to each other. In this paper, it is argued that the activity of contrasting itself provides them with a specific local opposite meaning which they would not obtain in other contexts. Practices of contrastingare thus seen as an example of conversational activities which creatively and systematically affect situated meanings. Basedon data from various genres, such as meetings, mediation sessions and conversations, the paper discusses two practices of contrasting, their sequential construction and their interpretative effects. It is concluded that the interpretative effects of conversational contrasting rest on the sequential deployment oflinguistic resources and on the cognitive procedures of frame-based interpretation and constructing a maximally contrastive interpretation for the co-selected expressions.