Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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"Binnendeutsch" und "Hauptvariante Bundesrepublik". Zu Peter von Polenz' Kritik an Hugo Moser
(1989)
Der vorliegende Beitrag beschreibt auf der Basis authentischer Alltagsinteraktionen das Formen- und Funktionsspektrum der äußerungsmodalisierenden Kommen-tarphrase ohne Scheiß im gesprochenen Deutsch. Die Konstruktion wird von Inter-agierenden insbesondere als Ressource zur Steigerung des Geltungsanspruchs einer Bezugsäußerung genutzt, wodurch diese als wahr und/oder ernstgemeint modali-siert wird. Damit leistet ohne Scheiß einen wichtigen Beitrag zur Bearbeitung des Erwartungsmanagements durch den/die SprecherIn sowie zur Herstellung von In-tersubjektivität. Die Konstruktion ist syntaktisch variabel und kann somit Äußerun-gen sowohl prospektiv als auch retraktiv modalisieren. Zudem wird mit der Wahl des Lexem Scheiß ein nähesprachliches Register aktiviert, was in Verbindung mit weiteren (prosodischen und/oder lexikalischen) Elementen zu affektiver Aufladung führen kann. Eine abschließende Darstellung häufiger lexikalischer Kookkurrenz-partner und deren funktionaler Bedeutung sowie ein Abgleich zu intrakonstruktio-nalen Varianten wie ohne Witz/ohne Spaß zeigt die Produktivität der Konstruktion im alltäglichen Sprachgebrauch auf.
Die sprachlichen Veränderungen der letzten 20 Jahre sind von zwei Zeitabschnitten gekennzeichnet, die in Bezug auf die Wortschatzentwicklung unterschiedlicher nicht hätten sein können: Der erste, kurze, ist von der Wendezeit – mit auffälligem, meist nur vorübergehendem Lexemwandel – und dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik – mit dem Verschwinden bzw. Austausch des größten Teils des DDR-typischen Wortschatzes – geprägt. Der zweite, wesentlich längere Abschnitt ist von der Entwicklung im vereinigten Deutschland mit einem im Vergleich unauffälligen, weil kontinuierlichen Wortschatzwandel bestimmt.
Am Beispiel der polyfunktionalen Mehrworteinheit <was weiß ich> wird das Zusammenspiel von pragmatischer und phonetischer Ausdifferenzierung in Pragmatikalisierungsprozessen untersucht. Hierzu werden spontan-sprachliche Belege aus dem Korpus „Deutsch heute“ analysiert. Die beobachtete phonetische Variationsbreite deutet auf eine komplexe Beziehung zu den jeweiligen pragmatischen Funktionen hin.
The paper deals with the use of ICH WEIß NICHT (‘I don’t know’) in German talk-in-interaction. Pursuing an Interactional Linguistics approach, we identify different interactional uses of ICH WEIß NICHT and discuss their relationship to variation in argument structure (SV (O), (O)VS, V-only). After ICH WEIß NICHT with full complementation, speakers emphasize their lack of knowledge or display reluctance to answer. In contrast, after variants without an object complement, in contrast, speakers display uncertainty about the truth of the following proposition or about its sufficiency as an answer. Thus, while uses with both subject and object tend to close a sequence or display lack of knowledge, responses without an object, in contrast, function as a prepositioned epistemic hedge or a pragmatic marker framing the following TCU. When ICH WEIß NICHT is used in response to a statement, it indexes disagreement (independently from all complementation patterns).
Our paper deals with the use of ICH WEIß NICHT (‘I don’t know’) in German talk-in-interaction. Pursuing an Interactional Linguistics approach, we identify different interactional uses of ICH WEIß NICHT and discuss their relationship to variation in argument structure (SV (O), (O)VS, V-only). After ICH WEIß NICHT with full complementation, speakers emphasize their lack of knowledge or display reluctance to answer. In contrast, after variants without an object complement, in contrast, speakers display uncertainty about the truth of the following proposition or about its sufficiency as an answer. Thus, while uses with both subject and object tend to close a sequence or display lack of knowledge, responses without an object, in contrast, function as a prepositioned epistemic hedge or a pragmatic marker framing the following TCU. When ICH WEIß NICHT is used in response to a statement, it indexes disagreement (independently from all complementation patterns).
In den letzten Jahren haben sich einige Themen mit Bezug zur deutschen Sprache zu sprachpolitischen Kontroversen entwickelt, die heute mit großer Intensität diskutiert werden. Es handelt sich um Themen wie das der geschlechtergerechten Sprache, das durch verschiedene rechtliche und publizistische Impulse eine immer noch wachsende Präsenz in Medien und Öffentlichkeit besitzt. Auch das Thema des sogenannten politisch korrekten Sprachgebrauchs führt zu polarisiert geführten Debatten. Der vorliegende Beitrag will diese Debatten in ihren Grundzügen nachzeichnen und dabei zeigen, wie diese Themen vermittelt über die Medien und den «Verein Deutsche Sprache» ihren Weg bis in die politische Sphäre gefunden haben. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist es wichtig, die Grenzen des Politischen so zu ziehen, dass die Sprache selbst in derartigen Kontroversen keinen Schaden nimmt.
Das hier zu besprechende Buch, das Ergebnisse einer gleichnamigen Tagung zusammenfasst, die im Juni 2013 in Zürich stattfand, macht eines offenkundig: Wer in jenem Sommer nicht dabei war, hat etwas verpasst. Umso glücklicher darf man sein, dass Angelika Linke und Juliane Schröter die Arbeit, die mit der Herausgabe eines Sammelbandes verbunden ist, auf sich genommen haben. Mehr noch: In einem programmatischen ersten Kapitel geben sie einen systematischen Einblick in das tragfähige Forschungsfeld „Sprachliche Relationalität“ (vgl. S. 1–6), das ganz im Sinne der emotiven Wende in der Sprachwissenschaft konkrete theoretische Anschlussfähigkeit signalisiert, wo bislang eine „fast unübersehbare Menge an Veröffentlichungen“ (Schwarz-Friesel 2013: 16) zwar zeigte, wie attraktiv die Thematik ist, aber auch wie unstrukturiert sich die Zuwendung dazu gestaltet. Dass der Band nun weitere „exemplarische Besetzungen“ (S. 21) des Forschungsfeldes zur Diskussion stellt, wird hier keinesfalls als Nachteil angesehen, sondern als methodisch folgerichtiger empirischer Zugang zur Erschließung eines Forschungsfeldes unter den zielsetzenden Leitfragen „Wie werden im Medium von Sprachgebrauch und Sprache Konzeptualisierungen, Kategorisierungen und Differenzierungen menschlicher Beziehungen ausgebildet, verfestigt und auch wieder verändert?“ und „Welche sprachgeformten Beziehungskonzepte, -kategorien und -unterschiede sind typisch für bestimmte historische Epochen bzw. für bestimmte soziale Gruppierungen?“
Theateraufführungen sind ohne Zuschauer nicht denkbar. Zugleich erweisen sich Proben aber als öffentlichkeitsabgeschirmte und intime Vorgänge, da eine (zu frühe) Orientierung an möglichen Publikums-Effekten den kreativen Prozess stört. Auf der Grundlage von über 30 Stunden Videoaufnahmen von Theaterproben zeige ich an ausgewählten Ausschnitten, wie Theatermachende sich sprachlich und körperlich im Probenprozess auf das Publikum beziehen, wie dies interaktiv realisiert wird und welche Rückschlüsse das auf die Weisen der Publikumskonstruktion im Kontext von Proben zulässt.
Argumentation gilt als zentrales rationales Verfahren gewaltfreier Problem- und Konfliktlösung. Die dabei vorausgesetzte Prämisse der Intersubjektivierbarkeit und Rationalitätsbestimmtheit wurde aber nie daraufhin geprüft, ob sie mit den Bedingungen und Zwängen der Herstellung und Durchführung von Gesprächen vereinbar ist. Auf der Basis einer detaillierten linguistischen Gesprächsanalyse von mehr als 60 alltagsweltlichen Problem- und Konfliktgesprächen wird in dem Beitrag skizziert, wie Argumentation in Gesprächen hergestellt und durchgeführt wird. Interaktive Sequenzierung und inhaltliche Bezugnahmen machen dabei deutlich, dass Gesprächsteilnehmer stets auf interaktionskonstitutive Elemente abheben: Was zur Herstellung von Gesprächen notwendig ist, wird in Gesprächen als Argument gewendet. Argumentation wird damit als eine soziale Handlungspraxis bestimmt, deren Ursprung in den Bedingungen, Möglichkeiten und Zwängen von Gesprächen, von sozialer Interaktion überhaupt liegt. Die für Argumentation konstitutive Anbindung an übergeordnete Handlungsorientierungen widerspricht dabei fundamental der Idee rein sachbezogener und interesseloser Aushandlung, wie sie seit der Antike in den Wissenschaften, aber auch im Alltagsdenken vorherrscht. Was Gesprächsteilnehmer beim Argumentieren antreibt, ist die Kraft intersubjektiven Glaubens an Argumentation als ein Verfahren zur Entwicklung einer gemeinsam geteilten Perspektive, und der Anspruch an das Verfahren als ein Validität garantierendes Verfahren wird dabei außerdem noch mit dem Anspruch auf die Validität des Ergebnisses einer Argumentation verwechselt. Die Kraft des intersubjektiven Glaubens und der Anspruch an das Verfahren sind die zentralen Bestandteile dessen, was hier Kommunikationsideologie genannt wird.
Within cognitive linguistics, there is an increasing awareness that the study of linguistic phenomena needs to be grounded in usage. Ideally, research in cognitive linguistics should be based on authentic language use, its results should be replicable, and its claims falsifiable. Consequently, more and more studies now turn to corpora as a source of data. While corpus-based methodologies have increased in sophistication, the use of corpus data is also associated with a number of unresolved problems. The study of cognition through off-line linguistic data is, arguably, indirect, even if such data fulfils desirable qualities such as being natural, representative and plentiful. Several topics in this context stand out as particularly pressing issues. This discussion note addresses (1) converging evidence from corpora and experimentation, (2) whether corpora mirror psychological reality, (3) the theoretical value of corpus linguistic studies of ‘alternations’, (4) the relation of corpus linguistics and grammaticality judgments, and, lastly, (5) the nature of explanations in cognitive corpus linguistics. We do not claim to resolve these issues nor to cover all possible angles; instead, we strongly encourage reactions and further discussion.
In the context of the HyTex project, our goal is to convert a corpus into a hypertext, basing conversion strategies on annotations which explicitly mark up the text-grammatical structures and relations between text segments. Domain-specific knowledge is represented in the form of a knowledge net, using topic maps. We use XML as an interchange format. In this paper, we focus on a declarative rule language designed to express conversion strategies in terms of text-grammatical structures and hypertext results. The strategies can be formulated in a concise formal syntax which is independend of the markup, and which can be transformed automatically into executable program code.