Sprache im 20. Jahrhundert. Gegenwartssprache
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Teilnehmende Beobachtung ist eine Forschungsstrategie, die sich darauf richtet, Interaktionsereignisse in ihren natürlichen Kontexten authentisch zu erfassen. Sie beruht auf den zentralen Annahmen qualitativer Methodologie (Denzin/Lincoln 1994; Flick 1995) und unterscheidet sich deshalb in mehreren Hinsichten von Beobachtungsverfahren in den empirischen Sozialwissenschaften: Statt externer Kategorisierung geschieht Verstehen aus der Teilhabe an der untersuchten Kultur; statt Hypothesen vorab zu entwickeln und anschließend empirisch zu testen, werden Forschungsfragen in derAuseinandersetzung mit dem Forschungsfeld entwickelt (Offenheitsprinzip); statt Variablenisolation und Bedingungsvariation als Prinzipien der Erkenntnisbildung geht es um die Rekonstruktion der Eigenstrukturiertheit kommunikativer Ereignisse; statt naturwissenschaftlicher Beobachtung und strikter Trennung von Subjekt und Objekt liegt teilnehmender Beobachtung ein Verständnis von Forschung als Kommunikation zugrunde.
Deontische Infinitivkonstruktionen : Syntax, Semantik, Pragmatik und interaktionale Verwendung
(2006)
Der vorliegende Beitrag soll nun diese Diskussion um Sinn, Unsinn und Definition der Kategorie "Satz" als Grundeinheit der gesprochenen Sprache nicht fortsetzen. Ich will vielmehr kurz darlegen, in welcher Weise ein traditioneller Satzbegriff m.E. für die Analyse gesprochener Sprache relevant ist, und wie er sich zu gesprächsanalytischen Kategorien wie "Turn" und "Turnkonstruktionseinheit" verhält. Dies geschieht aber nur als Voraussetzung, um sodann die traditionelle Fragerichtung umzukehren: Anstatt zu fragen, warum in Gesprächen oft nicht-sentenzielle Strukturen vorkommen, gehe ich vom Befund aus, dass ein großer Teil von Turns aus nicht-sentenziellen Strukturen besteht und frage umgekehrt, wieso in Gesprächen überhaupt Sätze (im Sinne der eingangs gegebenen klassischen Definition) verwendet werden. Den Schlüssel zur Antwort suche ich dabei in der temporalen Struktur der Äußerungsproduktion und der Position, die Sätze in Bezug auf diese einnehmen.
Der Beitrag diskutiert vor dem Hintergrund allgemeiner Eigenschaften von gesprochener Sprache in Interaktionen, inwiefern die Konstruktionsgrammatik (KxG) aus Sicht der Interaktionalen Linguistik (IL) eine geeignete Basis für eine Grammatik der gesprochenen Sprache abgeben kann. Affinitäten und Perspektivenunterschiede zwischen KxG und IL sowie Potenziale und Grenzen ihrer Integration werden aufgezeigt. Am Beispiel einer Untersuchung von dann und also als Inferenzindikatoren wird das konstruktionsgrammatische Zeichenverständnis problematisiert, und es werden einige generelle Überlegungen zum Stellenwert von Grammatik im Kontext einer Theorie der verbalen Interaktion formuliert.
"Standard language" is a contested concept, ideologically, empirically and theoretically. This is particularly true for a language such as German, where the standardization of the spoken language was based on the written standard and was established with respect to a communicative situation, i.e. public speech on stage (Bühnenaussprache), which most speakers never come across. As a consequence, the norms of the oral standard exhibit many features which are infrequent in the everyday speech even of educated speakers. This paper discusses ways to arrive at a more realistic conception of (spoken) standard German, which will be termed "standard usage". It must be founded on empirical observations of speakers linguistic choices in everyday situations. Arguments in favor of a corpus-based notion of standard have to consider sociolinguistic, political, and didactic concerns. We report on the design of a large study of linguistic variation conducted at the Institute for the German Language (project "Variation in Spoken German", Variation des gesprochenen Deutsch) with the aim of arriving at a representative picture of "standard usage" in contemporary German. It systematically takes into account both diatopic variation covering the multi-national space in which German an official language, and diastratic variation in terms of varying degrees of formality. Results of the study of phonetic and morphosyntactic variation are discussed. At least for German, a corpus-based notion of "standard usage" inevitably includes some degree of pluralism concerning areal variation, and it needs to do justice to register-based variation as well.
In diesem Beitrag soll versucht werden, den Begriff „gesprochenes Standarddeutsch“ (vgl. a. Schneider 2011) aus Sicht der interaktionalen Linguistik (IL, Selting/Couper- Kuhlen 2000) zu beleuchten. Dies mag überraschen, denn „Standardsprache“ ist ein Begriff, der in der IL keine Rolle spielt. So sehr „Standardsprache“ in der Soziolinguistik ein umstrittenes Thema ist (vgl. Bex 1999, Milroy/Milroy 2005, Ammon 2005, Hundt 2010), so wenig ist er es in der IL. Daher gibt es auch keinen etablierten Zugang, keine etablierte Definition o. ä. aus IL-Sicht. Die Frage wird daher zunächst sein, ob und warum es auch für die IL nützlich sein kann, sich mit der Frage zu befassen, und vielleicht sogar notwendig ist, zu einem Begriff von „gesprochener Standardsprache“ zu gelangen. Allerdings müssen wir vorausschicken, dass dieser Beitrag keineswegs eine ausgearbeitete Lösung anbieten wird. Wir werden einige konzeptbezogene und methodische Überlegungen entwickeln, wie man den Begriff „Standard“ aus IL-Sicht als „Gebrauchsstandard“ fassen und einem so verstandenen Standard auf die Spur kommen kann.