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Dieses Gespräch wurde am 6. Februar 2023 in den Räumlichkeiten des Marsilius-Kollegs der Universität Heidelberg aufgenommen. Es spiegelt den Austausch zwischen den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wider und gibt einen ersten Einblick in die Themen und Fragen, die in diesem Sammelband eine Rolle spielen. Das Gespräch wurde transkribiert und an denjenigen Stellen sprachlich überarbeitet, die es aus Gründen der Verständlich- und Lesbarkeit erforderten. Der mündliche, im Nachdenken begriffene Charakter des Gesprächs wurde gewahrt.
In diesem Beitrag beschäftigen wir uns mit moralisierenden Sprachhandlungen, worunter wir diskursstrategische Verfahren verstehen, in denen die Beschreibung von Streitfragen und erforderlichen Handlungen mit moralischen Begriffen enggeführt werden. Auf moralische Werte verweisendes Vokabular (wie beispielsweise „Freiheit“, „Sicherheit“ oder „Glaubwürdigkeit“) wird dabei verwendet, um eine Forderung durchzusetzen, die auf diese Weise unhintergehbar erscheint und keiner weiteren Begründung oder Rechtfertigung bedarf. Im Fokus unserer Betrachtungen steht dementsprechend das aus pragma-linguistischer Sicht auffällige Phänomen einer spezifischen Redepraxis der Letztbegründung oder Unhintergehbarkeit, die wir als Pragmem auffassen und beschreiben. Hierfür skizzieren wir zunächst den in der linguistischen Pragmatik verorteten Zugang zu Praktiken der Moralisierung, betrachten sprachliche Formen des Moralisierens und deren strukturelle Einbettung in den Satz oder den Text (also kotextuelle und pragmasyntaktischen Struktureinbettungen), um anschließend Hypothesen zu kontextuellen Wirkungsfunktionen aufzustellen. Darauf basierend leiten wir schließlich anhand von exemplarischen Korpusbelegen Strukturmuster des Moralisierens ab, die wir in dem philosophisch-linguistischen Fachterminus ‚Pragmem‘ verdichten und mittels qualitativer und quantitativer Analysen operationalisieren.
Das nationalsozialistische Mobilisierungsregime war darauf angelegt, Zeitgenoss:innen zu Positionierungshandlungen zu bewegen: vom allfälligen ‚Hitlergruß‘ über die Mitwirkung bei Parteiorganisationen oder Spendensammlungen bis hin zur Anleitung zur Selbstreflexion in Tagebüchern nationalsozialistischer Schulungslager. Allerdings sollte eine solche Aufforderung zur affirmativen Positionierung nicht allein als Zwang verstanden werden, denn dies würde ausblenden, dass viele Zeitgenoss:innen tatsächlich Anhänger:innen des Nationalsozialismus waren oder dem nationalsozialistischen Gesellschaftsprojekt zumindest nicht grundsätzlich oder in allen Punkten ablehnend gegenüberstanden. Demzufolge scheint es treffend, eine je nach Kommunikationssituation und Akteursposition variierende Mischung aus Positionierungsdruck und -bedürfnis für den hier untersuchten historischen Kontext anzunehmen.
Sprachpolitik war in der Bundesrepublik Deutschland seit 1949 nie ein größeres Thema in Wahlkämpfen. Seit der Bundestagswahl 2017 hat sich dies jedoch geändert. Damals waren unter dem Eindruck des großen Migrationsandrangs im Jahr 2016 von einigen Parteien Positionen zu sprachlicher Integration in die Wahlprogramme aufgenommen worden. Unter Positionen sei hier der explizite sprachliche Ausdruck einer Haltung zu einem politischen Thema bzw. Themenbereich zu verstehen, der unter anderem im Rahmen von parteilichen Grundsatz- und Wahlprogrammen Orientierung hinsichtlich des (zukünftig zu erwartenden) politischen Handelns parteilicher Akteur/-innen bieten soll. Und auch die zunehmende Diversität der deutschen Gesellschaft führte schon bei der Wahl im Jahr 2017 zu einer Berücksichtigung von Themen der sprachlichen Bildung in der Programmatik der Parteien. Dieser Beitrag untersucht somit die Grundsatz- und Wahlprogramme der größten Parteien anhand der sprachpolitischen Ausdrucksweise.
Sich und andere politisch zu positionieren, ist eine elementare sprachliche und soziale Praxis. Dies zeigen etwa Diskussionen um europäische Identität in Zeiten des britischen EU-Austritts und einer umstrittenen EU-Grenzpolitik oder die Haltung zu Waffenlieferungen in Krisengebiete im Zuge des Kriegs in der Ukraine, der 2022 ausbrach, ebenso wie wiederkehrende Auseinandersetzungen um Themen wie Alltagsrassismus, Sexismus und Diskriminierung. Diese Beispiele, die aktuelle politische Ereignisse ebenso umfassen, wie fortlaufende, immer wieder neu aufflammende gesellschaftliche Debatten um grundlegende Fragen des Zusammenlebens, verdeutlichen: Wo und wie wir uns in der Gesellschaft verorten, ist eine alltägliche Frage. Politische Positionierungen werden nicht nur ständig vorgenommen, sie werden, wie auch Nicht-Positionierungen, ebenso kontinuierlich thematisiert und kontrovers diskutiert. Diese Einführung in das Band soll in die Thematik des politischen Positionierens durch Klärung des Termins und einem Beispiel aus der Praxis einführen.
Der Beitrag widmet sich dem Thema der kommunikativen Deviationen in Interviews im Ukrainischen und Deutschen. Dabei werden die Deviationen sowohl in den Presseinterviews als auch in den populärsten Videointerviews auf YouTube untersucht. Die Deviationen werden in die von der Position des Adressanten, des Adressaten sowie des Zuschauers aufgeteilt. Die Aufmerksamkeit wird der Sprach- und der kommunikativen Kompetenz der Kommunikanten als der Hauptursache der Deviationen in den Interviews gelenkt. Die Deviationen werden als eine der Voraussetzungen der erfolgreichen Kommunikation bestimmt.
Simultandolmetschen ist eine komplexe und kognitive Aktivität, bei der verschiedene Prozesse gleichzeitig ablaufen. Neben monolingualer Textverarbeitung braucht man auch dolmetschspezifische Strategien, die erworben werden müssen. Die Notstrategien werden erst dann angewendet, wenn die Kapazitätsgrenze des Dolmetschers erreicht ist.
For many reasons, Mennonite Low German is a language whose documentation and investigation is of great importance for linguistics. To date, most research projects that deal with this language and/ or its speakers have had a relatively narrow focus, with many of the data cited being of limited relevance beyond the projects for which they were collected. In order to create a resource for a broad range of researchers, especially those working on Mennonite Low German, the dataset presented here has been transformed into a structured and searchable corpus that is accessible online. The translations of 46 English, Spanish, or Portuguese stimulus sentences into Mennonite Low German by 321 consultants form the core of the MEND-corpus (Mennonite Low German in North and South America) in the Archive for Spoken German. In addition to describing the origin of this corpus and discussing possibilities and limitations for further research, we discuss the technical structure and search possibilities of the Database for Spoken German. Among other things, this database allows for a structured search of metadata, a context-sensitive token search, and the generation of virtual corpora that can be shared with others. Moreover, thanks to its text-sound alignment, one can easily switch from a particular text section of the corpus to the corresponding audio section. Aside from the desire to equip the reader with the technical knowledge necessary to use this corpus, a further goal of this paper is to demonstrate that the corpus still offers many possibilities for future research.
Die Tagung Kommunikative Praktiken im Nationalsozialismus im virtuellen Paderborn hatte zum Ziel, die unterschiedlichen Perspektiven der geschichts- und sprachwissenschaftlichen NS-Forschung unter dem Dach der Praxeologie zusammenzubringen und so zu koordinieren, dass möglichst viele Anknüpfungspunkte für ein gemeinsames Verständnis der Hervorbringung von ns-spezifischen Deutungsrahmen entstehen (vgl. allgemein als Forschungsüberblick dazu Scholl 2019). Dabei haben sich Unterschiede in der Definition und Reichweite von kommunikativen Praktiken gezeigt, mehr noch aber wurden konvergierende Verständnisse freigelegt. Diese richten sich vor allem auf die kommunikative Bearbeitung zentraler Diskursgegenstände wie Gemeinschaft, Arbeit oder Freiheit durch sprachliche o. a. Verfahren, die situiert und unter konkreten historischen Bedingungen aus einem bestimmten Akteurskreis heraus entstehen.
Der Beitrag untersucht Bedeutungszuschreibungen an den 30. Januar 1933 während des Nationalsozialismus. Ausgehend von der Beobachtung des hohen historisch-symbolischen Gehalts, der diesem Datum auch heute noch anhaftet, wird anhand von charakteristischen Belegstellen gezeigt, mit welchen Aufladungen die Ereignisse dieses Tages während der NS-Zeit versehen wurden, sowohl von Seiten wichtiger Instanzen des NS-Regimes, aber auch durch die Ko-Konstitution und teils strategisch-funktionale Aneignung dieser Deutungsmuster durch einzelne Mitglieder der integrierten Gesellschaft. Im Zentrum steht nicht so sehr eine spezifische kommunikative Praktik, sondern die Beobachtung, dass ein zentrales Referenzdatum des Nationalsozialismus, der 30. Januar 1933 als ›Tag der Machtergreifung‹, in unterschiedlichen kommunikativen Praktiken zur Anwendung kam bzw. dass die ›historische‹ Bedeutung dieses Datums in unterschiedlichen kommunikativen Praktiken konstituiert wurde.
Unserdeutsch (Rabaul Creole German) entstand um 1900 an einer katholischen Missionsstation in Vunapope auf der Insel New Britain im Bismarck-Archipel. Seine dominante Substratsprache ist Tok Pisin, das melanesische Pidgin-Englisch, seine Superstratsprache Deutsch. Der Aufsatz versucht das sprachliche Superstrat von Unserdeutsch näher zu bestimmen, d. h. die Frage zu beantworten, welches Deutsch von den Missionaren in Vunapope um 1900, am Ort und zum Zeitpunkt der Entstehung von Unserdeutsch, gesprochen wurde. Zu diesem Zweck werden die als Superstrattransfer aus dem Deutschen erklärbaren, regional markierten linguistischen Strukturmerkmale in Unserdeutsch untersucht und im geschlossenen Sprachgebiet sprachgeografisch lokalisiert. Ergänzt wird diese linguistische Evidenz durch extra- und metalinguistische Evidenz aus einschlägigen, zeitgenössischen Quellen. Die Ergebnisse deuten auf ein vorwiegend nordwestdeutsch-westfälisch geprägtes, insgesamt jedoch heterogenes, standardnahes sprachliches Superstrat hin und widerlegen somit frühere diesbezügliche Aussagen in der einschlägigen Fachliteratur. Und sie zeigen zugleich auch, dass die Analyse von kolonialen und sonstigen Auswanderervarietäten, besonders von solchen, die – wie Unserdeutsch – im Laufe ihrer späteren Geschichte den Kontakt zum sprachlichen Mutterland vollständig verloren haben, zur Rekonstruktion historischer Mündlichkeit wertvolle Daten liefern kann.
Kontrastiv-multilingual angelegte empirische Studien erfordern eine vergleichbare Datengrundlage. Je nachdem, welche Forschungsfragen im Zentrum der sprachvergleichenden Untersuchungen stehen, bieten sich entweder Parallelkorpora oder vergleichbare einzelsprachliche Korpora als Datengrundlage an. Dieser Beitrag verfolgt hauptsächlich das Ziel, die Herausforderungen aufzuzeigen, die die Arbeit mit vergleichbaren Korpora im multilingualen Sprachvergleich aufwirft. Dabei soll u.a. das Prinzip der Vergleichbarkeit von Korpora thematisiert und methodologische Vorschläge für konkrete empirisch angelegte sprachvergleichende Analysen vorgelegt werden. Die Möglichkeiten und Grenzen der empirisch basierten quantitativen und qualitativen Analysearbeit werden durch die Präsentation einiger exemplarischer Forschungsfragen und -ergebnisse aufgezeigt. Einige Desiderata für zukünftige korpusbasierte Studien auf der Basis von vergleichbaren Korpora im multilingualen Raum schließen den Beitrag ab.
Uneigentliches Reden, insbesondere die Schaffung und Verwendung von Metaphern und Metonymien, ist weit stärker sprachstrukturell lizenziert als es der kreativ-sprachspielerische Effekt vermuten lässt, der durch neue Tropen erzeugt wird. In diesem Beitrag wird es vor allem um das Konzept des paradigmatischen metaphorischen Musters gehen, dem zufolge die Wörter innerhalb eines Wortfelds ein ähnliches, auf abstrakten Merkmalen basierendes metaphorisches Potenzial entfalten. Dazu werde ich zunächst in Abschnitt 2 auf paradigmatische metonymische Muster eingehen, die in verschiedenen Kontexten und unter verschiedenen Bezeichnungen bereits häufiger untersucht wurden. In Abschnitt 3 werden grundlegende Überlegungen zur Metapher vorgestellt, und in Abschnitt 4 entwickle ich anhand verschiedener Beispiele das Konzept des metaphorischen Musters. In Abschnitt 5 wird der Zusammenhang zwischen metaphorischen Mustern und konzeptuellen Metaphern beleuchtet
Sich selbst und andere politisch zu gesellschaftlichen Themen zu positionieren, ist eine elementare sprachliche und soziale Praxis. Ziel der Akademiekonferenz war es, zu verstehen, wie Positionierungen vollzogen werden, ob bzw. inwiefern sie politisch sind und in welchem wechselseitigen Zusammenhang sie zu gesellschaftlichen, sozialen und politischen Arrangements und Ordnungen stehen. Das Thema der politischen Positionierung wurde in sieben Panels durch unterschiedliche geistes- und sozialwissenschaftliche Disziplinen wie Linguistik, Soziologie, Geschichts-, Literatur- oder Politikwissenschaft bearbeitet. Die Fokussierung von sprachlichen Diskurspraktiken in diversen sozialen und politischen Zusammenhängen zog sich dabei als roter Faden durch die Beiträge.
Vom ZISW zum ZAS
(2021)
Das Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) ist jetzt 25 Jahre alt, im besten Alter sozusagen. Es hat Erfahrungen gesammelt, sich mit theoretischen Forschungen zur Phonetik und Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und Pragmatik weltweit einen Namen gemacht. Anlässlich seines Jubiläums fragt man sich, wo es seine Ursprünge hat und unter welchen Umständen es ›groß‹ geworden ist. Diesen beiden Fragen versuche ich in diesem Beitrag nachzugehen. Ich tue das, weil ich die Zeitzeugin bin, die das ZAS am längsten begleitet hat.
Dieser Aufsatz befasst sich mit pragmatischen Aspekten von Negationsanhebung (NA), die vor allem in Horn (1978) erörtert wurden, und mit performativischen Eigenschaften von NA-Konstruktionen, die ursprünglich in Prince (1976), vor allem mit Bezug auf französische Daten diskutiert wurden. Das Ziel ist, die Kernaussagen von Horn (1978) und Prince (1976) mit Korpusdaten im übereinzelsprachlichen Kontext zu validieren. Als Gegenstand der Untersuchung werden deutsche und polnische NA-Konstruktionen herangezogen und entsprechend zwei verschiedene monolinguale Korpora als Datenquelle benutzt.
Der Umgang mit längeren, komplexeren Redebeiträgen hat als Gegenstand der Mündlichkeitsdidaktik in Sprachvermittlung sowie Sprachbildung viel Aufmerksamkeit erfahren. Empirische Untersuchungen dazu, in welchen Sprachverwendungskontexten lange Redebeiträge in natürlichen Gesprächssituationen häufig vorkommen und damit die Fähigkeit, sie verstehen und produzieren zu können, eine Anforderung für Lernende bildet, stehen jedoch noch aus. Der Beitrag stellt eine explorative Studie auf der Basis des Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK) vor, die zeigt, wie durch korpuslinguistische Analysen anhand von Interaktionskorpora eine Beschreibung der Gebrauchsspezifika langer Redebeiträge für ein weites Spektrum an Gesprächskontexten gewonnen und damit eine Grundlage für die zielgruppenspezifische Vermittlung diskursiver Fähigkeiten im DaF/DaZ-Unterricht bereitgestellt werden kann.
Lektürehinweis
(2019)
Das Handbuch ist eine periodische und mehrsprachige Online-Publikation. Die bisher veröffentlichten Bände wurden bereits über 8.500 Mal heruntergeladen. Für Leserinnen und Leser, die das haptische Leseerlebnis bevorzugen, ist die Publikation zudem im Printformat erhältlich. Zu ausgewählten Konzepten der Sprachkritik werden sukzessive enzyklopädische Artikel veröffentlicht, die ein sprachkritisches Schlüsselkonzept betreffen und die für die europäische Perspektive von kultureller Bedeutung sind. Das Ziel ist demnach, eine Konzeptgeschichte der europäischen Sprachkritik zu präsentieren. Zum einen liefert das Handbuch einen spezifischen Blick auf die jeweiligen Sprachkulturen. Zum anderen werden diese vergleichend in den Blick genommen.
Einleitung
(2019)
Der vorliegende Band „Sprachinstitutionen und Sprachkritik“ weist eine unmittelbare Verbindung zu den ersten drei Bänden unserer Handbuchreihe und der Frage auf, wie sich das viel diskutierte und diskursiv konstituierte Konzept der sprachlichen Normierung und Standardisierung einer Nationalsprache im Vergleich der Sprachkulturen entwickelt hat und wie es sich aktuell wandelt. Diese Gesichtspunkte lassen aufschlussreiche Verbindungen zum ersten Handbuchband „Sprachnormierung und Sprachkritik“ erkennen, aber auch zum zweiten („Standardisierung und Sprachkritik“) und zum dritten Handbuchband („Sprachpurismus und Sprachkritik“).
Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die methodischen Ausgangspunkte des Projekts MIT. Qualität und stellt einige zentrale Erkenntnisse zur Modellbildung, der korpuslinguistischen Analyse und Akzeptabilitätserhebungen in der Sprachgemeinschaft vor. Wir zeigen dabei, wie bestehende Textqualitätsmodelle anhand einer Analyse einschlägiger Ratgeberliteratur erweitert werden können. Es wurden zwei empirische Fallstudien durchgeführt, die beide auf die Herstellung von textueller Kohärenz mittels des Kausalkonnektors weil fokussieren. Wir stellen zunächst eine korpuskontrastive Analyse vor. Weiterhin zeigen wir, wie man anhand verschiedener Aufgabenstellungen diverse Aspekte von Akzeptabilität in der Sprachgemeinschaft abprüfen kann.
Binäre Strukturen mit nominalem Kopf treten in verschiedenen Formen auf, unter anderem als Substantiv mit präpositionalem Attribut, mit Adjektivattribut, mit attributiver Genitiv-NP oder als Kompositum. Da die Relation zwischen Kopf und Nicht-Kopf in solchen Nominalstrukturen anders als im Verbbereich meist nicht durch syntaktische und semantische Valenzeigenschaften des Kopfs gesteuert ist, bringen solche Strukturen zunächst einmal interpretatorische Uneindeutigkeiten mit sich, die besonders deutlich werden, wenn die beiden verbundenen lexikalischen Elemente keinen konventionalisierten semantischen oder enzyklopädischen Zusammenhang erschließen lassen. Der Interpretationsspielraum der vier Strukturtypen ist dabei unterschiedlich groß.
This paper deals with the lexicographic treatment of the evidently plenty and pervasive scatological vocabulary, that is vocabulary concerning the process and products of bodily excretion (especially feces), in the synchronic Early New High German Dictionary (FWB = Frühneuhochdeutsches Wörterbuch) from a dictionary user’s view. Initially, different cultural concepts of scatology by Norbert Elias, Michail Bachtin and Mary Douglas among others and the term taboo are reflected. Subsequently, selected lexical items such as words with a primary scatological meaning (e. g. drek, kot, scheisse), concealing expressions (euphemisms, periphrases, metaphors, e. g. sitzen, seine notdurft tun, bauernveiel), and certain aspects within the polysemy of the verb scheissen are discussed, the latter on the one hand referring to a physical process with uncontrollable aspects and on the other hand denoting a deliberate action and functionalized as a fighting word during the reformation. Focussing on different positions of lexicographical information within the microstructure of the FWB, the surveillance shows that in a synchronic perspective Early New High German scatological vocabulary is a heterogeneous and complex phenomenon due to speaker, context and respectively semantic and pragmatic purposes
This paper describes the results of an empirical investigation carried out within the project Lessico Multilingue dei Beni Culturali (LBC), whose aim is to create a multilingual online dictionary of the lexicon of the Italian artistic heritage. The dictionary, whose lexicographic process has already started, is intended for linguists and specialist translators as well as for professionals in the tourism sector and students of Foreign Languages and Literatures. The investigation conducted through a questionnaire submitted to undergraduate students at the University of Milan and at the University of Florence has a double aim: to research the habits in the use of lexicographic tools by possible users of the dictionary (Italian Learners of German Language), and to identify preferences regarding macro-, medio- and microstructural features of the future LBC-dictionary to realize a user-friendly tool. After a brief introduction on the state of the art of the survey in the field of Dictionary Users Studies, the article describes the questionnaire and the results obtained from the pilot study. A summary and a discussion on the future developments of the project conclude the work.
This paper gives an insight into a cross-media publishing process on different stages: from a printed bilingual syntagmatic dictionary for GFL to an online learner’s dictionary of German collocations to a German learner’s dictionary portal. On the basis of an sql database specially developed for a corpus-guided dictionary of German collocations, the bilingual syntagmatic learner’s dictionary KolleX was published in 2014. The first part of the article describes this lexicographic process, focusing the most relevant aspects of the dictionary concept, e. g. dictionary type, subject matter, corpus guided data selection and microstructure. The second part introduces the first online version of KolleX from 2016 and the profound changes in the editing system – from a desktop version (2005) to a web-based editing system (2016) –, which resulted successively in a prototype of a German learner’s dictionary portal, called E-KolleX DaF (2018–). Focusing on the aspects of dynamism and integration of different resources from a learner’s perspective the paper shows the innovative features of this new online reference work. The contribution presents the solutions for the integration of new datatypes in the database of KolleX and the linking to different data in German monolingual dictionary platforms. The paper outlines the web design, functioning and technical improvements of E-KolleX DaF. The conclusions provide an outlook to the forthcoming challenges.
Die Rationale der psychodynamischen Psychotherapie (und anderer Therapieformate) besteht darin, belastende und teils der bewussten Reflexion unzugängliche Erfahrungen der PatientInnen aufzuklären, ihre Ursachen zu identifizieren und alternative Wahrnehmungs- und Handlungsweisen zu ermöglichen. Dazu bedient sie sich eines bestimmten Settings: der Therapie über mehrere Sitzungen hinweg, in denen PatientInnen ihre Beschwerden und Erfahrungen berichten und TherapeutInnen mithilfe kommunikativer Praktiken gemeinsam mit den PatientInnen die Beschwerden aufzuklären, die Erfahrungen zu vertiefen und die Probleme zu lösen suchen. In der konversationsanalytischen Psychotherapieforschung (Peräkylä et al. 2008) werden dazu vier Grundtypen verständigungsbegünstigender kommunikativer Praktiken der Psychotherapie identifiziert: äußerungsfortführende Extensionen, Musterhaftigkeit herstellende Interpretationen, reformulierende formulations und Fragen (Weiste & Peräkylä 2015). Der vorliegende Beitrag widmet sich der Untersuchung von drei Fragetypen: Beispielnachfrage, Kollaborative Erklärungsfindungsfrage und Lösungsorientierte Frage und deren sequenzieller Organisation in psychodiagnostischen Gesprächen. Ziel ist es, deren unterschiedliche produktive Potenziale hinsichtlich der Handlungsrationale diagnostischer und therapeutischer Aufgabenstellungen herauszuarbeiten.
Dieser Beitrag beschreibt die Motivation und Ziele hinter der Initiative Europäisches Referenzkorpus EuReCo. Ausgehend von den Desiderata, die sich aufgrund der Defizite verfügbarer Forschungsdaten wie monolinguale Korpora, Parallelkorpora und Vergleichskorpora für den Sprachvergleich ergeben, werden die bisherigen und die laufenden Arbeiten im Rahmen von EuReCo präsentiert und anhand vergleichender deutsch-rumänischer Kookkurrenzanalysen neue Perspektiven für kontrastive Korpuslinguistik, die die EuReCo-Initiative öffnet, skizziert.
Kontrastive Korpuslinguistik versteht sich als eine Bezeichnung für sprachvergleichende Studien, deren Ergebnisse mit Analysen sprachlicher Daten erreicht und empirisch fundiert sind. Die Bezeichnung contrastive corpus linguistics für eine neue, sich entwickelnde Disziplin wurde 1996 von Karin Aijmer und Bengt Altenberg (Schmied 2009: 1142) eingeführt. Der Einsatz der sprachlichen Korpora bei der Beschreibung kontrastiver Studien bedeutet in den 1990er-Jahren für die kontrastive Linguistik eine Wiederbelebung, nachdem die weit gesteckten Ziele und Hoffnungen in den 50er- und 60er-Jahren, die mit der Fremdsprachendidaktik zusammenhingen, vor etwa 50 Jahren aufgegeben wurden.
Kontrastive Korpuslinguistik
(2022)
The focus of this paper will be on lexical information systems and the framework guidelines for the definition of the curricula within the educational system of the Autonomous Province of Bolzano/ Bozen (Italy). In Italy, the competences to be achieved at different school levels are published in the form of general guidelines. On this basis each school has to specify the general competency goals and to spell them out in a concrete curriculum. In this paper I will examine to what extent lexical information systems are represented in the framework guidelines within the German and the Italian educational system of the Autonomous Province, these being separate systems. In a second step, I will check the representations of the resources against the “Villa Vigoni Theses on Lexicography“. Finally, I will discuss the results and give an outlook for further research.
This chapter starts out by giving a brief overview of the main priorities of international and German studies in the area of linguistic landscape research. The contributions to this volume are then embedded in current debates and developments in the field. Finally, we outline important desiderata of linguistic landscape research that focus on German and address challenges of knowledge transfer and application as well as possible contributions to international lines of research.
Vorwort
(2021)
Dieser Beitrag möchte einen Überblick über die Rolle geben, die die Regionalsprache Lettgallisch im Bildungssektor im Baltikum spielt. Zum einen soll in groben Zügen die historische gesellschaftliche Entwicklung des Lettgallischen mit einem Schwerpunkt auf dem Bildungsbereich dargestellt werden, zum anderen werden Entwicklungen der letzten Jahre diskutiert, in denen Diskurse und Einstellungen zum Lettgallischen eine Wandlung durchlaufen. Der theoretische Rahmen dafür sind internationale Diskussionen zu Regional- und Minderheitensprachen sowie Debatten in der Bildungspolitik. Damit soll nicht zuletzt Aufmerksamkeit für das Lettgallische in der deutschsprachigen Wahrnehmung des Baltikums generiert werden, das in einem Kompendium zu Bildungsgeschichte(n) im Baltikum nicht fehlen darf. Nach einer kurzen Einführung in die Region Lettgallen (Latgale) und das Lettgallische folgen aktuelle Beispiele für den sich ändernden Gebrauch des Lettgallischen und seine Einordung in Diskurse zu Minderheitensprachen. Schließlich wird auf jüngste politische Entwicklungen eingegangen, etwa im Kontext der Ausarbeitung neuer Lehrstandards für die staatlichen Schulen in Lettland.
Almanca tuhfe / Deutsches Geschenk (1916) oder: Wie schreibt man deutsch mit arabischen Buchstaben?
(2022)
Versified dictionaries are bilingual/multilingual glossaries written in verse form to teach essential words in any foreign language. In Islamic culture, versified dictionaries were produced to teach the Arabic language to the young generations of Muslim communities not native in Arabic. In the course of time, many bilingual/multilingual versified dictionaries were written in different languages throughout the Islamic world. The focus of this study is on the Turkish-German versified dictionary titled Almanca Tuhfe / Deutsches Geschenk [German Gift], published by Dr. Sherefeddin Pasha in Istanbul in 1916. This dictionary is the only dictionary in verse ever written combining these two languages. Moreover the dictionary is one of the few texts containing German words written in Arabic letters (applying Ottoman spelling conventions). The study concentrates on the way German words are spelled and tries to find out, whether Sherefeddin Pasha applied something like fixed rules to write the German lexemes.
Mensch-Maschine-Interaktion im lexikographischen Prozess zu lexikalischen Informationssystemen
(2022)
Dictionaries of today and tomorrow are rather digital products than print dictionaries. From the user’s perspective, electronic dictionary applications and in particular „lexical information systems“, also referred to as „digital word information systems“ are coming to the fore alongside Google searches. Given the rapid developments in the area of the automated provision of lexicographic information, more precisely the automatic creation of online dictionaries, the new role of the lexicographer in the modern lexicographic process is questionable. This article addresses this issue.
In the course of the last years, digital lexicography has opened up a variety of avenues fostering the conceptualisation, application and use of constructicons, a type of lexicographical reference work which has revealed itself highly promising in terms of connectivity and flexibility, at the same time, however, also challenging as to its technical implementation. The present paper takes up the ambitious aim to propose some reflections as well as a first draft for a possible model of a multilingual ‘periphrasticon’ as a subtype of a bigger constructicon focusing on a specific typology-related structural feature, i. e. periphrasticity. Taking periphrastic verbal constructions in French, Italian and Spanish as a starting point, it tries to sketch out a unified constructional network including not only equivalent (or corresponding) constructions within Romance, but also establishing (formal and functional) cross-linguistic connections to German and English. Comprising the major languages available to most language learners in (at least) German-speaking environments, the model is also supposed to pave the way for multilingual constructicography which, on the one hand, is able to account for intra- and cross-linguistic relations and, on the other hand, can also prove a valuable tool for language learning and use.
The paper describes an online German-Russian database for phraseological constructions (PhC), or syntactic idioms. It is a linguistic phenomenon representing a stable multi-word form that usually contains some auxiliary words (“anchors”) and partially opens up empty spaces (“slots”) which are filled directly in spoken language by various lexemes or combinations of lexemes (“fillers”, or “slot fillers”). Linguists from several German institutions are currently working on the database. The PhCs selected for the database have to meet special criteria. The database is a manual that combines scientific descriptions, a thesaurus and a bilingual dictionary. The database is designed as an active aid for text production in the respective foreign language; it is also a manual for language researchers and for translators. Apart from that, it can serve as a basis for extensions for other language pairs. The aim of the project is to record and to describe 300 PhC before the database is published. Our objective is to enable foreign language learners to use the syntactic idioms correctly in the texts they produce rather than create a big-sized database. The paper describes some issues related to the creation of the database, namely objectives and target groups, material and methods, microstructure of the database article and some others.
This paper presents the methodology of a research project on the use of specialised German dictionaries. A mixed-methods research approach will help to answer the following main questions, concerning the lexicographic presentation of the data on the one hand and the data collection on the other hand: How do different systems of data organization and presentation affect the likelihood that users will correctly find and select the data they look up? And does the probability of success increase if users are familiar with the system? Which advantages and disadvantages do lexicographers and specialised languages experts see in using quantitative methods to extract terms? And are these methods accepted and considered reliable by the user community?
Die »Prestigeveranstaltung Olympische Spiele« (ebd.) war Gegenstand eines höchst komplexen multimodalen und multimedialen, in allen semiotischen Dimensionen stattfindenden Diskurses. Aus kulturlinguistischer Sicht war der Diskurs der Olympischen Spiele von 1936 ein sprachliches Realisat, in dem sich Faktoren einer sprachlichen Sozialgeschichte verdichteten. Der Hauptfokus ist im Folgenden auf die Frage gerichtet, wie und mit welchen kommunikativen Praktiken Beteiligte aus entgegengesetzten Diskurspositionen auf die Olympischen Spiele Bezug nahmen, um die aufgrund je spezifischer Haltungen zu den Spielen konträren Ereigniskonstitutionen ›olympische Sommerspiele‹ sichtbar zu machen.
Inspired by GWLN 3, we take a look at the new words, meanings, and expressions that have been created during or promoted by the COVID-19 pandemic. The pandemic provides a rare opportunity to follow the rise, spread, and integration of words and expressions in a language that may serve as an illustration of how linguistic innovation in general works. Relevant words were selected from various lists, notably monthly and annual lists of prominent words attested in the corpus of The Danish Dictionary. Analysis of these lists gives an insight into the number of words that stand out month by month and what kinds of words are involved, both in terms of morphological type and of semantic category, with special attention given to neologisms. Finally, we discuss the criteria for selecting which words to include in the dictionary. With this study, Danish is added to the list of languages covered in the GWLN series on
COVID-19 neologisms.
One central goal of the project ‘Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache’ (Center for digital lexicography for the German Language, www.zdl.org) is to provide a corpus-based lexicographic component of common German multi-word expressions (MWE), including idioms, for DWDS (www.dwds.de), a general language dictionary of contemporary German. As a central challenge of this task, we have identified an adequate lexicographic representation of such common properties of MWE as variation and modification. To document the variation, we have developed a special entry-clustering model, which we call hub-node entry. This model comprises a core hub entry headed by a short nuclear form of the MWE and several node entries, which represent the most common variants in their full lexical forms.
Gegenstand des nachfolgenden Beitrags sind emotionale Positionierungen. Auf der Grundlage dieser Egodokumente, die 1934 entstanden sind und die von den Jahren vom Ersten Weltkrieg bis zum Jahr 1934, mit der Kernzeit der Weimarer Republik, erzählen, wird nach der Funktion von Gefühlsthematisierungen gefragt. Dabei wird vorausgesetzt, dass gerade in der sogenannten »Bewegungsphase« der NSDAP, der Phase des Aufstiegs zwischen Mitte der 1920er Jahre bis zur Machtübergabe 1933, bei aller Politisierung der Akteure dennoch Emotion und Affekt von großer, den Nationalsozialismus stabilisierender Bedeutung waren. Der nachfolgende emotionsgeschichtlich orientierte Versuch wird also auf der Grundlage retrospektiver sprachlicher Konstituierungen seitens der NSDAP-Mitglieder nach 1933 rekonstruiert. Sie formulieren diese Retrospektiven nach dem aus ihrer Sicht erfolgreichen Ende des »Kampfes«.
Rede
(2022)
Die auf verschiedenen Ebenen ablaufenden textkommunikativen Funktionalisierungs- und Anpassungsprozesse widerständischer Akteure sowie Konstitutionsprozesse von Akteuren des NS-Apparates anhand der Textsorte ›politische Rede‹ sollen Gegenstand dieses Beitrages sein, innerhalb dessen sowohl historisch relevante als auch bisher von der Forschung kaum oder gar nicht beachtete politische Reden der verschiedenen Akteursgruppen analysiert werden sollen: Insgesamt wurden 32 Reden in die Analyse einbezogen. 23 stammen von Akteuren des NS-Apparates, neun von Mitgliedern des Widerstands.
Tagebuch
(2022)
Die Subjektivität des Tagebuchs als eine Art Archiv historischer Daten ist insofern zum einen im Zeichen einer sprachlichen Sozialgeschichte zu analysieren und zum andern, aus der Retrospektive, von hohem sprach-, diskurs- sowie kommunikationsgeschichtlichem Wert. Die Spezifik und akteursbedingte Variantenvielfalt darzustellen, ist das Ziel dieses Beitrags. Er basiert auf der Auswertung von insgesamt elf Tagebüchern. Zwei sind von NS-Akteuren verfasst, eines von einer NS-affinen Akteurin der Integrierten Gesellschaft, eines von einem dissidenten Akteur der Integrierten Gesellschaft, vier von Mitgliedern des Widerstands und drei Tagebücher von ausgeschlossenen Akteuren.
Idealerweise sollen Migrantinnen und Migranten nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst erfolgreich einen sprachlichen Integrationskurs absolvieren und anschließend an einer beruflichen Maßnahme teilnehmen oder je nach Alter und Berufserfahrung eine duale Ausbildung beginnen beziehungsweise gleich eine Arbeitsstelle antreten. Doch wie sieht die Realität aus? Durchlaufen alle Einwandernden tatsächlich diese Etappen? Und was passiert in den Betrieben, wenn die Migrantinnen und Migranten trotz des Besuches eines Integrationskurses eine Ausbildung beginnen und ihre Sprachkenntnisse für den Beruf (zunächst) nicht ausreichend sind? Sind die Betriebe auf solche sprachlichen und kommunikativen Herausforderungen vorbereitet? Im Folgenden werde ich auf diese Fragen in Bezug auf die jüngste Einwanderungsbewegung nach Deutschland, nämlich der durch Krieg und Vertreibung ausgelösten Migration von 2015 und 2016, eingehen. Die hier präsentierten Befunde beruhen auf den Ergebnissen unseres Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen", das seit 2016 am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim durchgeführt wird.
In diesem Beitrag wird der in den vorliegenden zwei Bänden häufig verwendete Terminus ›Exklusion‹ systematisch und empirisch fundiert als akteursdifferenziertes Beschreibungselement interpretiert. Diese Akteursdifferenzierung(nach NS-Apparat, NS-affin, ausgeschlossen) bedeutet, Exklusion im Sinn einer sprachlich-kommunikativen Praktik bzw. Strategie und unter der Voraussetzung, dass wir es hinsichtlich der entsprechenden sprachlichen Realisate mit Identitätszu- und -abschreibungen zu tun haben, als Identitätsmanagement in den drei Handlungsperspektiven zu beschreiben.
Um die mit dem Ausdruck Volksgemeinschaft gegebene Handlungsanleitung auf sprachlicher Ebene nachzuzeichnen und in diesem Zusammenhang auch die Dynamik des Gemeinschaftsbegriffs zwischen 1933 und 1945 einzufangen, beschreiten wir methodisch den Weg, die Kotextprofile über die morphosyntaktische Einbettung und damit über die Kontextualisierung des Ausdrucks zu erfassen. Akteursbezogen werden dabei diejenigen Handlungsmuster relevant, in denen das Konzept der Volksgemeinschaft besprochen, behauptet oder beschworen wird. Aufgrund der semantischen Polyvalenz der Wortbildung Volksgemeinschaft und ihrer hohen Reichweite in alle gesellschaftliche Bereiche wird für eine textnahe Interpretation erhoben, zu welchen Themenbereichen die unter dem Gemeinschaftsgedanken verhandelten Gegenstände gehören (z. B. Sport, Architektur, Fahrten etc.), aber auch, wie sich der einzelne oder das Kollektiv in diese Wissens- und Handlungsfelder einschreiben.
Die nachfolgende Konzeptbeschreibung ist ein Beitrag zur »linguistischen Anthropologie« (vgl. den so betitelten Aufsatz von Fritz Hermanns 1994) zur Zeit des Nationalsozialismus. Es geht um »sprachgeprägte Menschenbilder« (Hermanns 1994: 37). Wir rekonstruieren Zuschreibungen von »Eigenschaften und Verhaltensweisen« (ebd., auch 46). Es handelt sich im Sinn sprachlicher Praktiken um Stereotypisierungen, die sich durch die Kontextualisierung von »kategoriengebundenen Merkmalen« (vgl. Stocker 2005: 74–81) und Geschlechts- bzw. Generationenbezeichnungen ausdrücken.
Einleitung
(2022)
Der Beitrag präsentiert Ergebnisse des Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration der Flüchtlinge“, das am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) durchgeführt wird. Im ersten Teil wird auf die zweistufige Sprachstandserhebung in den allgemeinen Integrationskursen eingegangen, die zusammen mit dem Goethe-Institut umgesetzt wurde. Bei der ersten Erhebung zu Beginn der Kurse wurden mit einer Tabletumfrage die Sozialdaten und Sprachenbiografien der Teilnehmenden erhoben. Bei der zweiten Erhebung am Ende der gleichen Kurse ging es darum, mit Hilfe der Analyse von Sprachaufnahmen das erreichte mündliche Kompetenzniveau der Teilnehmenden zu ermitteln. Im zweiten Teil des Beitrags stellen wir Ergebnisse unserer ethnografisch-gesprächsanalytischen Feldstudien vor, die wir in verschiedenen Arbeitskontexten wie Qualifizierungsmaßnahmen, duale Berufsausbildung und betriebliche Praktika durchgeführt haben. In Bezug auf die zentralen Fragen zu gegenseitiger Verständigung und der Sprachvermittlung am Arbeitsplatz konnten wir im Rahmen unserer Ethnografien drei prototypische Praktiken feststellen, auf die wir näher eingehen: a) „kaum Verständnissicherung und Sprachvermittlung“, b) „ad-hoc Verständnissicherung und Sprachvermittlung“ und c) „systematische Verständnissicherung und Sprachvermittlung“. Des Weiteren fokussieren wir im letzten Teil des Beitrags die Ergebnisse unserer ethnografischen Langzeitstudie zu Betriebspraktika von studierenden Geflüchteten. Anhand der Untersuchung von Reparaturen zeigt sich hier die Entwicklung der interaktionalen Kompetenz eines L2-Sprechers, die mit einer zunehmenden kommunikativen Integration in Teamgesprächen einhergeht.