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Begegnungen mit neuen Wörtern: Zu lexikografischen Praktiken im Neologismenwörterbuch des IDS
(2017)
Meine folgenden Überlegungen gehen weit über rein „linguistische Theorien und Methoden" hinaus. Sie beziehen sich auch weniger als seine auf innersprachliche Fragen und mehr auf sprachensoziologische und -politische. Allerdings entziehen sie sich auch damit nicht Poppers pauschalem Urteil, die mit „human society and human history" befassten Wissenschaften seien generell unfähig zu Prognosen - im Gegensatz zu manchen (wenn auch nicht allen) Naturwissenschaften. Abgesehen davon räume ich für das Folgende jedoch gerne Abstriche ein vom Grad der von Popper für Prognosen offenbar vorausgesetzten Zuverlässigkeit und Exaktheit. Sie entsprechen auch verbreiteten Auffassungen, dass sich die Weiterentwicklung der Technik zuverlässiger Voraussagen lässt als die der menschlichen Sozialbeziehungen, angesichts unkalkulierbarer „Anarchie und Ignoranz, die das Gefüge unserer Gesellschaft zerstören könnten" (Kaku 2016, S. 33). Bei einer solchen Abschwächung der Ansprüche im Sinne derartiger Vorbehalte erscheint es mir aber dennoch treffender, die folgenden Überlegungen, soweit sie zukunftsgerichtet sind, eher den Prognosen zuzuordnen als den bloßen Prophezeiungen, denen man ja dann - bei ihrer typischen Stütze durch „göttliche Offenbarung" - jegliche theoretische oder faktische, also wissenschaftliche Grundlage absprechen darf. Freilich verliert mit der genannten Abschwächung die Opposition zwischen den Begriffen 'Prognose' und 'Prophezeiung' ihre strenge Disjunktheit und wird in Richtung eines abgestuften oder kontinuierlichen Übergangs aufgelockert. Jedoch widerspricht dies keineswegs gängigem wissenschaftlichen Procedere. Damit nun aber genug an allgemeinen methodischen Vorüberlegungen! Im Übrigen geht es mir im Folgenden weniger um die Auseinandersetzung mit bisherigen Publikationen zum Thema, auch nicht denen des mit diesem Band Geehrten, die - bei einem nicht zu engen Verständnis - in großer Zahl vorliegen, als um die Skizzierung meiner eigenen Einschätzungen.
Zeitungsartikel mit wirtschaftlichem Inhalt sind nicht immer nach dem Textmuster „Bericht“ geschrieben, sie können auch erzähltechnische Elemente enthalten. Die Autorinnen untersuchen wirtschaftliche Krisenberichterstattungen aus deutschen, schweizerischen und österreichischen (Wochen-)Zeitungen; sie postulieren, dass Bericht und Erzählung nicht dichotomische Textmuster darstellen, sondern Pole einer Skala, auf der die konkreten Texte verortet werden können. Sie differenzieren vier Grade der Narrativität: nicht /schwach/mittel/stark narrativ. Es zeigt sich, dass der Anteil der schwach und mittel narrativen Texte zwischen 1973 und 2010-12 stark zunimmt. Außerdem werden die Positionen der Gesamtnarration „Krise“ ebenfalls je nach Untersuchungszeitraum bzw. Zeitung verschieden besetzt. Insgesamt dient der Einsatz narrativer Techniken dazu, durch eine textuelle Umsetzung der Krankheitsmetapher zunehmend abstraktere Prozesse zu veranschaulichen.
Reden über Geld
(2017)
Entlehnungen aus dem Englischen sind weder erst ein Phänomen der Nachkriegsjahre noch die Folge der Globalisierung, in der das Englische als die neue lingua franca nur eines der Ergebnisse dieses Prozesses, zugleich aber sein Vehikel darstellt. In den Ergebnissen der Zeitungs- und Repräsentativerhebungen zu Einstellungen der Deutschen zu ihrer Sprache spiegelt sich der in der Tat seit über 60 Jahren fortschreitende deutsch-englische Sprachkontakt, den die deutsche Sprachgemeinschaft erfährt. Kommunikation zwischen Trägern verschiedener Sprachen begünstigt Übernahmen aus nicht nur genetisch verwandten Sprachen. So finden sich unter dem entlehnten Sprachgut auch Formen, die in der Geber- und Nehmersprache auf eine gemeinsame Wurzel zurück gehen. In dieser Arbeit werden Überlegungen zu fair und fegen in ihrem historische, genetischen und morphologischen Kontext gemacht und auf die Begriffe des Lehnworts und Erbes hin untersucht.
Die pfälzische Sprachinsel am Niederrhein, deren Gründung auf das Jahr 1641 zurückgeht, ist die letzte deutsche Binnensprachinsel. Sie steht unter einem akuten Assimilationsdruck, der sich im funktionellen Wandel des autochthonen dialektalen Systems bemerkbar macht; verstärkt wird dieser Prozess durch den deutschlandweit vielerorts beobachtbaren Rückgang der Dialektkompetenz auf basisdialektaler Ebene. In der vorliegenden Arbeit werden einerseits die Entwicklung in der Struktur des Sprachinseldialekts und andererseits die Rolle des Gebrauchs von sprachlichen Varianten als identitätsmarkierende Mittel untersucht. Dazu werden Sprachproben aus zwei Generationen variablenanalytisch ausgewertet und die Ergebnisse gegenübergestellt. Dabei zeigt sich, dass die dialektkompetenten Sprecher der jüngeren Generation einzelne (ehemals) dialektale Merkmale verstärkt realisieren, um ihre Identität als pfälzische Sprachinsulaner zu markieren.
Ein Teildiskurs der Digital Humanities dreht sich um die Frage, wie tradierte Wissensressourcen der Geisteswissenschaften sinnvoll mit digitalen Technologien und Tools verbunden werden können. Auch bei der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (DWB) ist dieser Diskurs spürbar, denn mit der Ende 2016 abgeschlossenen Arbeit des traditionsreichen Unternehmens liegt ein konzeptuell einzigartiges Referenzwerk der historischen Lexikografie des Deutschen vor, das in ‘traditioneller’ Printform entstanden, dessen Umsetzung in ein digitales Format jedoch bereits beschlossen ist. Im Laufe der Arbeit am DWB sind überdies zwei Datensammlungen entstanden, die mittlerweile digitalisiert wurden und öffentlich zugänglich sind: das (digitale) Quellenverzeichnis und die Kartei Literatur zur Wortforschung (LW-Kartei). Ihre Einbindung in die Wörterbucharbeit und -benutzung trägt auf unterschiedliche Weise zum Verständnis des DWB bei; weiterhin verweisen sie als digitale Werkzeuge auf grundlegende Möglichkeiten zur Aufbereitung von lexikografischen Daten. Im Folgenden werden beide Projekte, die sich ursprünglich als innerbetriebliche lexikografische Werkzeuge aus der Wörterbuchpraxis ergaben, vorgestellt. Anschließend wird anhand mehrerer ausgewählter Beispielwörter demonstriert, inwiefern sich die LW-Kartei und das Quellenverzeichnis für ein breites Spektrum von Forschungsfragen nutzen lassen. Am Ende werden Überlegungen zur Erweiterung der Datenbanken, d. h. der jeweiligen Systeme zur elektronischen Datenverwaltung, und ihrer Vernetzung mit den jeweiligen DWB-Artikeln diskutiert – Themen, denen u. a. bei der anstehenden Retrodigitalisierung des DWB besondere Beachtung zukommen sollte.
Ein Teildiskurs der Digital Humanities dreht sich um die Frage, wie tradierte Wissensressourcen der Geisteswissenschaften sinnvoll mit digitalen Technologien und Tools verbunden werden können. Auch bei der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (DWB) ist dieser Diskurs spürbar, denn mit der Ende 2016 abgeschlossenen Arbeit des traditionsreichen Unternehmens liegt ein konzeptuell einzigartiges Referenzwerk der historischen Lexikografie des Deutschen vor, das in ‘traditioneller’ Printform entstanden, dessen Umsetzung in ein digitales Format jedoch bereits beschlossen ist. Im Laufe der Arbeit am DWB sind überdies zwei Datensammlungen entstanden, die mittlerweile digitalisiert wurden und öffentlich zugänglich sind: das (digitale) Quellenverzeichnis und die Kartei Literatur zur Wortforschung (LW-Kartei). Ihre Einbindung in die Wörterbucharbeit und -benutzung trägt auf unterschiedliche Weise zum Verständnis des DWB bei; weiterhin verweisen sie als digitale Werkzeuge auf grundlegende Möglichkeiten zur Aufbereitung von lexikografischen Daten.
Im Folgenden werden beide Projekte, die sich ursprünglich als innerbetriebliche lexikografische Werkzeuge aus der Wörterbuchpraxis ergaben, vorgestellt. Anschließend wird anhand mehrerer ausgewählter Beispielwörter demonstriert, inwiefern sich die LW-Kartei und das Quellenverzeichnis für ein breites Spektrum von Forschungsfragen nutzen lassen. Am Ende werden Überlegungen zur Erweiterung der Datenbanken, d. h. der jeweiligen Systeme zur elektronischen Datenverwaltung, und ihrer Vernetzung mit den jeweiligen DWB-Artikeln diskutiert – Themen, denen u. a. bei der anstehenden Retrodigitalisierung des DWB besondere Beachtung zukommen sollte.
In diesem Aufsatz werden Diskursmarker als Operatoren definiert, die Skopus über Sprechakte nehmen, d.h. Sprechakte modifizieren oder miteinander verknüpfen. Als Sprechakte in diesem Sinne kommen neben perlokutionären und illokutionären auch lokutionäre Akte in Betracht. Die Operation eines Diskursmarkers wird als Zuordnung thematischer Rollen konzeptualisiert. Dafür muss der Diskursmarker zu seinem Operanden im syntaktischen Verhältnis eines Kopfes zu seinem Komplement oder eines Adjunktes zu seinem Wirt stehen, oder er muss ein syntaktisch unabhängiger referentieller Ausdruck sein, der seinen Operanden als Verweisziel nimmt. Linear stehen Diskursmarker typischerweise peripher zu ihren Operanden. In satzförmigen Operanden können adverbiale Diskursmarker auch Binnenstellungen einnehmen.
Zur Einführung
(2017)
Der Aufsatz beschreibt Grundlinien der Diskursmarkerforschung von ihren Anfängen bis in die Mitte der 2010er Jahre. Der Schwerpunkt liegt auf einer fachgeschichtlichen und systematischen Rekonstruktion des Diskursmarkerbegriffs. Im ersten Schritt werden Herausbildung und Entwicklung des Terminus nachgezeichnet und zu verwandten Termini wie Partikel, Gesprächswort und (pragmatischer) Operator in Beziehung gesetzt. Dabei werden unterschiedliche Forschungstraditionen in Germanistik, angelsächsischer Linguistik und Romanistik sowie ihre wechselseitigen Verflechtungen berücksichtigt. Im zweiten Schritt werden inhaltliche Bestimmungen des Diskursmarkerbegriffs in morphologischer, prosodischer, syntaktischer, semantischer, pragmatischer und sprachgeschichtlicher Hinsicht zusammengestellt und gewichtet. Zum Schluss werden unterschiedliche Richtungen der Diskursmarkerforschung in einen systematischen Zusammenhang gestellt, der die notorischen Unschärfen des Diskursmarkerbegriffs verständlich macht und ihre Überwindung absehbar erscheinen lässt.
Deutschland sieht sich in den nächsten Jahren vor enormen Herausforderungen gegen-übergestellt. Mit der Fluchtmigration von knapp 1,5 Mio. Menschen alleine zwischen 2014 und 2017 stehen nahezu in jedem gesellschaftlichen Bereich und hier insbesonde-re in den Sektoren Bildung und Arbeit große Integrationsaufgaben an. Steven Vertovec, der Leiter des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften bezeichnet die Fluchtmigration von 2015 auch deshalb als die „zweite Wende“ (Vertovec 2015) für Deutschland, die das Land nachhaltig verändern wird. Nach seiner Einschätzung werden die gesellschaftlichen Transformationen dermaßen tiefgrei-fend sein, dass die Formulierung „seit der Flüchtlingskrise“ eine ebenso geläufige Rede-wendung sein wird wie die Formulierung „seit der Wende“.
Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen wie „GASTRO“ im Rhein-Neckar-Raum sind in diesem Kontext sehr wichtige Anstrengungen im Hinblick auf die strukturelle Integrati-on der Fluchtmigranten. Im gesamtgesellschaftlichen Kontext sind sie unverzichtbare Bestandteile der neuen Willkommenskultur, die seit den 2010ern versucht wird, in Deutschland zu etablieren. Als Einwanderungsland kann Deutschland mit Hilfe solcher Initiativen gezielt für Arbeitsbereiche und Berufsgruppen werben, in denen es an Nach-wuchs mangelt. Den Neuzugewanderten bieten sie die Chance sich in der hiesigen Ar-beitswelt zu orientieren und möglicherweise Berufsfelder zu erkunden, die ihnen bis-lang noch nicht oder nur in anderer Form bekannt waren.
Qualifizierungsmaßnahmen wie „Perspektive für Flüchtlinge Plus“ (PerFPlus) können als wichtige Bestandteile der neuen Willkommenskultur in Deutschland betrachtet werden. Deutschland als Einwanderungsland kann mit Hilfe solcher Initiativen gezielt für Arbeitsbereiche und Berufsgruppen werben, in denen es an Nachwuchs mangelt. Den Neuzugewanderten bieten sie die eine Chance sich in der hiesigen Arbeitswelt zu orientieren und Berufsfelder zu erkunden, die ihnen bislang noch nicht oder nur in anderer Form bekannt waren. Auf der anderen Seite bergen solche Maßnahmen aber auch ihr Risiko: Wenn sie ihr Ziel verfehlen und Frustrationen auf beiden Seiten erzeugen, sind lange Warteschleifen, Arbeitslosigkeit und möglicherweise politische Polarisierung und Radikalisierung die Folge. Insofern ist eine schnelle Intervention hinsichtlich der Verbesserung solcher Maßnahmen essentiell. Der vorliegende Bericht soll die konzeptionell-arbeitenden Teams bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie bei Bildungsanbietern die mit der BA kooperieren bei ihren wichtigen Aufgaben unterstützen. Alle Partner bleiben im Bericht anonym.
Ziel des vorliegenden Aufsatzes ist die Betrachtung der lexikalischen Begegnung des Rumänischen und des Deutschen vor dem Hintergrund des Bildes des deutschen Siedlers im rumänischen Paradigma. Ausgangspunkt der Überlegungen sind zum einen den Allgemeinplatz bildende Fragen zu Sprechern, Kontakt-Konstellationen, zu Auswirkungen ihres Sprach- und Kulturkontaktes, denn Wörter werden erstmal von einzelnen Sprechern übernommen, nicht von der Sprache selbst.
Die Migration in die Türkei stellt für viele junge Menschen einen Wendepunkt in ihrem Leben dar. Sie kann verschiedene Gründe haben.
In der biografie- und interaktionsanalystischen Pilotstudie wird die Darstellung der narrativen Identitätsentwürfe von drei deutsch-türkischen Germanistikstudentinnen in Instanbul untersucht. Sie zeigt, wie die Informantinnen aus der Retrospektive ihre sprachlichen und sozialen Erfahrungen in Deutschland und nach der Migration in die Türkei konstituieren und welche Rolle ihre sprachlichen Ressourcen beim Ausdruck von sozialer Zugehörigkeit spielen.
Die ältesten schriftlichen Rezepte in deutscher Sprache sind uns im Buoch von guoter Spise aus der Zeit um 1350 überliefert (<http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/2518/1/>, 10.7.2017). Schon damals hatten Rezepte wie heute außer der Kochanleitung einen Namen. Denn um über etwas reden zu können, geben wir allem einen Namen. Im Buoch von guoter Spise heißen die Gerichte Ain mandel suppen oder Ein gebraten gefültes ferhelin.
Vor 30 Jahren gab es in Westdeutschland nur ganz wenige Lexikologen und Lexikografen, die sich mit Neologismen befassten. Infolgedessen hatte man damals kein richtiges Neologismenwörterbuch: Heute sieht es ganz anders aus. Allein am Institut für Deutsche Sprache sind zwei Neologismenwörterbücher in Printausgabe entstanden, nämlich „Neuer Wortschatz. Neologismen der 90er Jahre im Deutschen" und „Neuer Wortschatz. Neologismen im Deutschen 2001-2010". Hinzu kommt OWID, auf dem ihre Online-Version und jüngste Neologismen den Benutzern zur Verfügung stehen. Parallel dazu gibt es zahlreiche Aufsätze bzw. Beiträge über Neologie (Neologismenlexikologie) und Neographie (Neologismenlexikographie). In dieser Arbeit werden die Termine des Wortschatz- und Sprachwandels, hinsichtlich der Neologismen und Archaismen in der deutschen Sprache näher untersucht. Dabei erfolgt zu den letzteren beiden Phänomenen eine genauere Betrachtung.
Der Band umfasst grundlegende Arbeiten, die methodologisch und im Sinne des Theorieaufbaus besonders aussagekräftig und allgemein anwendbar sind, sowie Werke, die den Fokus auf deutschsprachige Länder und/oder Deutsch als Einzelsprache legen. In der Einleitung des Bandes werden – zum ersten Mal im deutschsprachigen Kontext – Sprachplanung/Sprach(en)politik und Sprachmanagementtheorie in Beziehung gesetzt. Exkursorisch werden außerdem Sprachenrecht, europäische Sprachenpolitik und Deutsch im Licht von Sprachplanung/Sprach(en)politik und Sprachmanagement thematisiert.
Die untrennbaren Präfixe be-, ent-, er- und ver- gehören zu den wichtigsten verbalen Wortbildungselementen im heutigen Deutsch. Im Laufe der Zeit haben sie Derivate nach verschiedenen Wortbildungsmustern hervorgebracht, aber von diesen sind heute nicht wenige unproduktiv geworden. Viele heute noch gebräuchliche Verben mit diesen Präfixen wurden früher nach Derivationsprozessen gebildet, die nicht mehr zur Bildung neuer lexikalischer Einheiten fähig sind, und einige von diesen, wie etwa entsprechen, sind vollkommen idiomatisiert. Andere Wortbildungsmuster mit den untrennbaren Präfixen sind jedoch im heutigen Deutsch durchaus noch produktiv, und in diesem Beitrag sollen diese anhand einer angemessenen Materialbasis festgestellt und eingehend untersucht werden.
Im folgenden Beitrag, der im Bereich der Politolinguistik und der Diskursanalyse angesiedelt ist, wird auf der Grundlage der deutschen Berichterstattung des Sommers 2015 die brisante Problematik der griechischen Euro-Währungskrise, die das ganze Europa wochenlang in Atem hält, unter die Lupe genommen. Die Debatte über die bis dahin „schwerste Krise der europäischen Integration" verläuft als äußerst emotional geführter gesamteuropäischer Meinungsaustausch. Obwohl man annehmen könnte, dass die nervenaufreibenden Auseinandersetzungen über die Euro-Währungskrise eigentlich nur auf Staaten der Euro-Zone begrenzt sein sollten, beweist die europäische Berichterstattung, dass man in der heutigen EU nicht mehr aus der Beobachter-, sondern eigentlich aus der Teilnehmerperspektive berichtet, weil die Probleme eines Landes genauso Schwierigkeiten für andere, die sogar selbst nicht unbedingt in der Euro-Zone sein müssen, bedeuten können. Im Jahr 2015 wird die griechische Euro-Krise zum Auslöser für Fragen nach der Zukunft Europas. Sie betreffen in erster Linie die Problematik der weiteren Integration und der europäischen Identität.
Schriften
(2017)
Vorwort
(2017)
Eine am Gebrauch orientierte Sprachbeschreibung ist auch in der Grammatik mit sprachlicher Variation und mit Veränderungen des Gebrauchs konfrontiert. Anhand dreier Beispiele aus dem zentralen Bereich der deutschen Grammatik soll gezeigt werden, dass sich in der Variation, die man dort beobachtet, eine funktionale Nutzung des vorhandenen Inventars darstellt. Diese funktionale Nutzung ist dadurch gekennzeichnet, dass seltenere und daher synchron auffälligere Konstruktionen für spezifische Funktionen genutzt werden. Der Genitiv ist tatsächlich aus formalen Gründen seiner Morphologie auffällig. Er ist nicht vom Dativ unterschieden beim Femininum, doppelt markiert bei den starken Maskulina und Neutra und nur beschränkt bildbar im Plural. Diese Eigenheiten beschränken seine Nutzung als normaler Kasus. Gerade aber die auffällige Markierung mit dem Element {-(e)s} hat dazu geführt, dass der Genitiv nun zur Anzeige genereller Abhängigkeit genutzt wird, und zwar als Genitivattribut wie als unmarkierte Form bei einer Gruppe von Präpositionen (wie ‚dank‘, ‚trotz‘, ‚wegen‘, ‚entlang‘ usw.). Beim zweiten Fall, dem Verhältnis von starken und schwachen Verben, zeigt sich, dass der Übergang von der starken zur schwachen Flexion, die erkennbar den Normalfall im morphologischen System darstellt, gerade häufige und in ihrer Bedeutung grundlegende Verben (wie ‚geben‘, ‚nehmen‘ usw.) nicht betrifft, so dass die starke Flexion als Markierung für solch einen zentralen Status gelten kann. Der dritte Punkt hängt damit zusammen: das Ausgreifen der ‚würde‘-Form als Konjunktiv II (auch bei gut markierten starken Verben) ist so im größeren Zusammenhang der Nutzung von Klammerformen zu sehen.
Was macht Stickel?
(2017)
Der Beitrag thematisiert einen in der Forschung bislang kaum beachteten Parameter für grammatische Variation im Standard: die Arealität. Im ersten Teil folgen Begriffsklärungen, zunächst zum Terminus areal (mit einer Stellungnahme zur Debatte um das Deutsche als plurizentrische bzw. pluriareale Sprache), dann zu der Frage, wie Standard als Gebrauchsstandard definiert werden kann und in welcher Relation dazu der Terminus Kodex steht. Danach wird mit Blick auf das Projekt „Variantengrammatik des Deutschen“ aufgezeigt, wie areale grammatische Variation im Deutschen empirisch zu beschreiben ist. Der letzte Teil präsentiert Fallbeispiele, anhand derer sich das Erfassen von Varianten - von der Recherche in einem areal ausgewogenen Korpus bis zu ihrer Kodifikation in den Gebrauchsstandards des Deutschen - nachzeichnen lässt.
Rückblick 2017
(2017)
Tempuswahn
(2017)
Dass es im Deutschen ein am Verb hängendes "Tempussystem" gäbe und dass dieses Zeitinformationen in die Äußerungen einbringe, gehört zum Grammatikkanon unserer Schulen und auch vieler Lehrerbildungsanstalten und Universitäten, im Ausland, soweit es um Deutsch als Fremdsprache geht, verständlicherweise noch konsequenter als im Inland. Wir brauchen Tempus, um die Sachverhalte, über die wir reden, zeitlich festzumachen – dies kann weithin als opinio communis gelten.
Gezweifelt wurde selten. Harald Weinrich hat immerhin 1964 mit seinem Buch "Tempus. Besprochene und erzählte Welt" das ganze vorgebliche Gemeinwissen in Frage gestellt und damit viel Widerspruch, aber auch positive Reaktionen hervorgerufen. Man muss Weinrich nicht in allen Punkten zustimmen (und ich tue es auch nicht), um doch an der alten Tempustradition irrewerden zu können und nach neuen Tempuskonzeptionen zu suchen.
Im Folgenden wird die Frage behandelt, ob die deutschen Tempora primär mit Zeit zu tun haben und ob es überhaupt sinnvoll ist, für das Deutsche ein Tempussystem anzusetzen.
Lexikalische Dekomposition
(2017)
In der Syntaxtheorie gibt es verschiedene Ansätze, um die grammatische Variation zwischen Sprachen zu erfassen. Grundsätzlich lassen sich diese auch auf die grammatische Variation innerhalb einer Sprache anwenden, etwa bei der Beschreibung zweier Dialekte. Innersprachliche Variation weist aber Eigenschaften auf, die nahelegen, eine andere Modellierung vorzunehmen: Die Syntax der Sprache ist unterspezifiziert für die Strukturen, bezüglich derer Variation vorliegt. Sie erzeugt eine Menge von Konstruktionen, die allesamt zur passiven Kompetenz der Sprecher gehören. Im soziolinguistischen Regelsystem der Sprache können dann einige dieser Konstruktionen regionalen oder sozial konstituierten Sprechergruppen oder bestimmten Registern zugeordnet werden, und (nur) diese Zuordnung definiert Dialekte, Soziolekte oder Register. Die Syntax selbst sagt dazu nichts. Neben der Variation durch Auswahl aus einer Konstruktionsmenge liegt auch Variation vor, die aus unterschiedlicher Flexibilität im Umgang mit Konstruktionen resultiert, und - weil verarbeitungsbezogenen - nicht Gegenstand soziolinguistischer Etikettierungen sein kann.
Die Emigration nach Palästina von deutschsprachigen Juden („Jeckes“) in den 1930er Jahren ist als „Fünfte Alija“ in die zionistische Geschichtsschreibung eingegangen. Seit einigen Jahren zeigt sich ein reges historisches Interesse für die Jeckes und deren Beitrag zum Aufbau Israels. Diese neue Jeckes-Historiografie findet zeitgleich mit einer Hinterfragung der „großen zionistischen Erzählung“ in Israel statt. Besonders soll auf den wirtschaftlichen Aspekt dieser Meistererzählung eingegangen werden. Der Artikel stützt sich auf Lebenserzählungen und lebensgeschichtliche Interviews mit deutschsprachigen Israelis. Auffällig ist in diesen Selbstzeugnissen die Anzahl von Erfolgsgeschichten, die eine (männlich konnotierte) Figur des pionierhaften Entrepreneurs narrativ konturieren. Retrospektive Narrative von individuellem Wirtschaftserfolg des Israel Style-Unternehmers mit Pioniergeist und Entrepreneurqualitäten dienen also zur kollektiven (Wieder-)Erlangung eines jeckischen Stolzes. Dies soll mit der historischen Realität der Wirtschaftslage im Mandatsgebiet Palästina bzw. in Israel verglichen und kulturwissenschaftlich und kulturgeschichtlich mit Repräsentationen des „Neuen Juden“ verglichen werden.
Einleitung
(2017)
Ausgehend von einer alten These des Essayisten und Literaturhistorikers Giulio Natali (1917), die eine grundsätzliche „antideutsche Haltung" der Italiener postulierte, wird in diesem Beitrag zuerst der Frage nachgegangen, ob es in Italien historisch begründete, herkömmliche Stereotype gibt, die das heutige Deutschlandbild zu beeinflussen vermögen (Kap. 1). Den Hauptteil dieser Arbeit bildet ein Exkurs über historisch belegte Meinungen der Italiener im Laufe der Geschichte der deutsch-italienischen Beziehungen (Kap. 2). Der Exkurs zielt darauf, ein besseres Verständnis für die heutige Situation zu gewinnen. Diese wird schließlich an den Ergebnissen einer kleinen Umfrage dargestellt, die zeigt, wie die jüngere „Erasmus"-Generation von heute, die sich in Italien für ein Deutschstudium entschieden hat, über die deutsche Sprache denkt (Kap. 3). Die Untersuchung ist u.a. durch die Vorstellung motiviert, dass Einstellungen über die deutsche Sprache Einfluss darauf haben, ob etwa ein Germanistik- oder DaF-Studium aufgenommen wird. Demgemäß könnte man sich die Frage stellen, woher bei jungen Italiener/inne/n der Bedarf entstehen soll, eine - wie Boccaccio sagte - „abscheuliche Sprache" zu lernen, welche vielleicht für Tiere und Teufel besser geeignet ist als für Menschen.
In diesem Beitrag werden nach einer kurzen methodischen Vorstellung der Elektroenzephalographie und der Ereignis-korrelierten Potenziale einige Eckpunkte, die bei der Gestaltung eines linguistischen EEG-Experimentes Beachtung finden sollten, ausgeführt. Der Beitrag schliest mit Überlegungen, die bei der Untersuchung grammatischer Variation besonders berücksichtigt werden sollten.
This paper discusses the categorial status of nominalized adjectives, which share formal properties with both adjectives and nouns, in present-day German. Based on a corpus study conducted in the Deutsches Referenzkorpus (DeReKo), it is shown that different types of deadjectival nouns do not behave uniformly with respect to pronoun choice in attributive relative clauses. While nominalized positives (in the neuter gender) preferably combine with the regular relative pronoun das ‘that’, superlatives strongly favor relativization by means of the corresponding wh-form was ‘what’. The contrasts are taken to reflect structural differences in the internal make-up of the respective categories that give rise to different degrees of ‘nouniness’.
Language Change
(2017)
The present chapter outlines a research program for historical linguistics based on the idea that the object of the formal study of language change should be defined as grammar change, that is, a set of discrete differences between the target grammar and the grammar acquired by the learner (Hale 2007). This approach is shown to offer new answers to some classical problems of historical linguistics (Weinreich et al. 1968), concerning, specifically, the actuation of changes and the observation that the transition from one historical state to another proceeds gradually. It is argued that learners are highly sensitive to small fluctuations in the linguistic input they receive, making change inevitable, while the impression of gradualness is linked to independent factors (diffusion in a speech community, and grammar competition). Special attention is paid to grammaticalization phenomena, which offer insights into the nature of functional categories, the building blocks of clause structure.
In diesem Beitrag wird die phonologische Variation angesprochen. Ein großer Teil des Artikels widmet sich der Allophonie der Frikative in den hessischen Dialekten. Es wird gezeigt, dass die standarddeutsche Allophonie zwischen den beiden dorsalen Frikativen - der palatalen Variante [c] und der velaren Variante [x] - durch eine Allophonie der alveo-palatalen Varianten ersetzt wird. Hier alterniert die gerundete Variante [∫] mit der ungerundeten Variante [ɕ]. Die palatale Variante [ç] ist weitgehend verschwunden, und der dorsale Frikativ [x] hat dieselbe Distribution wie in der Standardsprache.
Die Diskurslinguistik als relativ neue Teildisziplin der germanistischen Linguistik beschäftigt sich mit der Frage, wie soziale Wirklichkeiten in transtextuell organisierten Einheiten konstruiert werden. Bisher finden dabei noch kaum Texte aus digitalen Medien (z. B. aus Facebook, Twitter oder Wikipedia) Berücksichtigung. Das Netzwerk vereint die unten genannten WissenschaftlerInnen, die in ihren Projekten an der Analyse digitaler Diskurse arbeiten und dabei digitale Methoden der Korpuslinguistik bzw. Digital Methods nutzen.
Im September 1522 erschien in Wittenberg „Das newe Testament Deutzsch“ mit einer Auflage von über 3.000 Stück und war binnen einer Woche ausverkauft. Martin Luther, der auf dem Titelblatt auf eigenen Wunsch nicht erwähnt wird, hatte die Übersetzung auf der Wartburg in nur elf Wochen angefertigt und wenig später fünf Wochen lang mit seinem Kollegen und Freund, dem Gräzisten Philipp Melanchthon, insbesondere im Hinblick auf die griechische Urfassung bearbeitet. Die Geschichte der Revisionen der Lutherbibel beginnt im gleichen Jahr – schon für den Nachdruck im Dezember hat Luther dieses so genannte „Septemberevangelium“ an vielen Stellen revidiert. In Teilen erschien danach seine Übersetzung des Alten Testaments, 1534 die vollständige Übersetzung der Bibel. Luther korrigierte den Bibeltext unablässig weiter bis zur Ausgabe von 1545, der Lutherbibel „letzter Hand“.
Die tief greifenden Reformen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in der Bundesrepublik Deutschland in den 2000er Jahren gingen einher mit kontroversen Debatten, in deren Kontext „Wirklichkeitserzählungen“ (Klein/Martínez (Hg.) 2009), wie sie für ökonomische Kontexte charakteristisch sind, eine relevante Ressource der Persuasion darstellten. Der vorliegende Beitrag behandelt derartige Formate auf der Ebene des Managements von Organisationen. Im Mittelpunkt des theoretischen Teils steht eine Weiterentwicklung des Konzepts der Wirklichkeitserzählung im Blick auf eine semiologische Klärung der Frage, wie in derartigen Narrationen der charakteristische Wirklichkeitsbezug hergestellt wird. Im empirischen Teil werden Daten aus einem Projekt über Mitarbeiterzeitungen aus dem Untersuchungszeitraum unter der Perspektive der Wirklichkeitserzählungen reanalysiert: Untersucht werden charakteristische narrative Formate und deren „Sitz im Leben“ (Gunkel 1906/2004), und es wird nach den ästhetischen und pragmatischen Kosten gefragt, die mit derartigen Funktionalisierungen des Erzählens in Organisationen möglicherweise verbunden sind.
Standardisierte statistische Auswertungen von Korpusdaten im Projekt "Korpusgrammatik" (KoGra-R)
(2017)
Wir zeigen anhand dreier Beispielanalysen, wie das im IDS-Projekt „Korpusgrammatik“ entwickelte Auswertungstool KoGra-R in der quantitativlinguistischen Forschung zur Analyse von Frequenzdaten auf mehreren linguistischen Ebenen eingesetzt werden kann. Wir demonstrieren dies anhand regionaler Präferenzen bei der Selektion von Genitivallomorphen, der Variation von Relativpronomina sowie der Verwendung bestimmter anaphorischer Ausdrucke in Abhängigkeit davon, ob sich das Antezedens im gleichen Satz befindet oder nicht. Die in KoGra-R implementierten statistischen Tests sind für jede dieser Ebenen geeignet, um mindestens einen ersten statistisch abgesicherten Eindruck der Datenlage zu erlangen.
Mögliche Erklärungshorizonte für grammatische Variation in Übersetzungen können durch kontrastive Unterschiede sowie Textsortenkonventionen für die involvierten Sprachen hergeleitet werden. Weiterhin ausschlaggebend sind die vom Übersetzer verwendeten Übersetzungsstrategien, wie Simplifizierung und Explizierung, die mit Methoden der Korpuslinguistik und der Translationsprozessforschung untersucht werden können. Letztere betreffend liefert das Eyetracking Hinweise auf Problemstellen im Ausgangstext; das Keylogging lässt Rückschlüsse auf die Problemlösestrategien im Zieltext zu. Durch die Triangulation der gewonnenen Produkt- und Prozessdaten kann einerseits der ganzheitliche Übersetzungsprozess und andererseits die Produktion der grammatischen Variation empirisch aufgearbeitet werden.
Es muss Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre gewesen sein, dass Gerhard Stickel seiner Umgebung erklärt hat, ein Projekt sei per definitionem etwas, das ein Ende hat. Damals begann das Denken in Projekten und ihren zeitlichen Limitierungen die sprachwissenschaftliche Forschung zu dominieren. Heute nun wollen wir beweisen, dass Projekte ihr Ende überleben können. Dies gilt insbesondere für das deutsch-litauisch-lettisch-estnische Projekt KoGloss (Kollaboratives korpusbasiertes Konstruktions-Glossar), das von Januar 2011 bis Dezember 2012 von der EU im Programm Lifelong Learning gefördert wurde. Gerhard Stickel hat es als Experte begleitet. Das Weiterleben des Projekts über sein Finanzierungsende hinaus wird in diesem Beitrag beschrieben.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit ICH WEIß NICHT und der Frage danach, ob einige der Verwendungen als Diskursmarker bezeichnet werden können oder nicht. Es wird zunächst ein Überblick über die Kriterien gegeben, die in der interaktionalen Linguistik für die Diskursmarkerdefinition diskutiert wurden. Dabei wird versucht, definitorische Kriterien von empirischen Befunden abzugrenzen. Es folgt eine Analyse verschiedener Verwendungen von ICH WEIß NICHT. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Verwendungen als epistemischer und pragmatischer Marker, die sowohl mit prospektiver Orientierung als auch mit retrospektiver Orientierung vorkommen. Abschließend wird der Unterschied zwischen definitorischen und empirischen Kriterien für die Diskursmarkerdefinition systematisiert. Auf dieser Basis argumentieren wir dafür, dass alle Verwendungen von ICH WEIß NICHT, die diskursfunktionale Eigenschaften haben und syntaktisch desintegriert sind, Diskursmarkerverwendungen sind. Einige davon sind prototypischer, während andere Fälle eher marginal sind, da sie einige Merkmale, die die meisten Diskursmarker kennzeichnen, nicht aufweisen.
Grammatik und Variation im Spannungsfeld von Sprachwissenschaft und öffentlicher Sprachreflexion
(2017)
Der Beitrag bezieht systematische und funktionale Faktoren zur Erklärung grammatischer Variation aufeinander, indem er ausgehend von der Annahme eines rekursiven Systems mit konfligierenden Teilsystemen ‚System‘ als Möglichkeitsraum für (funktional ausdifferenzierte) Variation versteht. Inwiefern die vom System bereitgestellten Möglichkeiten grammatischer Variation im Sprachgebrauch genutzt werden, diskutiert der Beitrag anhand der lexikographischen Praxis der Erfassung von grammatischer Variation im Dudenband 9 „Richtiges und gutes Deutsch“. Mit diesem Material werden nicht nur zentrale Bereiche grammatischer Variation rekonstruiert, sondern auch Zentralbereiche grammatischer Variation mit diasystematischen Variationsdimensionen korreliert.
Fast 20 Jahre sind vergangen, seit ich für meine Dissertation Untersuchungen über Ein- und Verkaufsgespräche von Deutschen und Japanern in Deutschland und Japan durchführte. Dort wurden konkrete verbale und nonverbale Handlungen zwischen deutschen bzw. japanischen Verkäufern und deutschen bzw. japanischen Kunden beim Ein- und Verkaufen untersucht. Untersuchungsorte waren dabei Düsseldorf, wo die meisten Japaner in Deutschland ansässig sind, Tokio, wo die meisten Deutschen in Japan ansässig sind, Heidelberg, das von vielen japanischen Touristen besucht wird, und Nagano, wo deutsche Touristen damals bei der Olympiade waren. Anlässlich dieser Festschrift für meinen Doktorvater Prof. Dr. Gerhard Stickel versuchte ich, eine kleine Untersuchung durchzuführen, um sprachliche Veränderungen im Verlauf der Zeit und der sozialen Veränderung zu beobachten. In dieser Abhandlung werden die Veränderung der Gesellschaft und ihr Einfluss auf die Sprache behandelt. Im folgenden zweiten Abschnitt werden soziale Veränderungen in Düsseldorf thematisiert, im dritten Abschnitt werden die Ergebnisse der zwei Befragungen analysiert und zum Schluss wird eine Möglichkeit der Sprachverbreitung im Zusammenhang mit der heutigen Gesellschaft dargestellt.
Die historische Variation als eine der zentralen Variationsdimensionen der Sprache ist gekennzeichnet durch große Variantenvielzahl, Fluktuation der Häufigkeit und zeitliche Überlagerung unterschiedlich alter Muster, aber auch durch Distributionsverschiebungen von Varianten. Sie weist enge Bezüge zur synchronen Mikro- und Makrovariation auf. Die Muster historischer Variation stellen zudem wichtige Argumente für die grammatiktheoretische Analyse dar. Die Spezifik und Dynamik historischer Variation wird exemplarisch anhand der Entwicklung der Vergleichskonstruktionen in der Geschichte des Deutschen veranschaulicht, die durch den Komparativzyklus, d.h. wiederholte Distributionsverschiebungen der Vergleichspartikeln von Äquativ- zu Komparativvergleichen gekennzeichnet ist.
Das Wort als das wichtigste und ureigenste Element des Sprachsystems wird in der modernen Linguistik als linguistische Einheit unter phonetisch/phonologischem, orthographischem, morphologischem, syntaktischem und semantischem Kriterium untersucht und beschrieben. Wenn man jedoch der Frage nachgeht, wie ein Wort rein physikalisch entsteht und besteht, wird man feststellen, dass alles auf die Energie zurückgeht. Unter diesen Gesichtspunkten wäre es daher angebracht, unseren linguistischen Blickwinkel zu ändern und das Wort nicht nur als linguistische Einheit sondern auch als Energieträger aufzufassen und die energietragende Funktion des Wortes bzw. der Sprache im Zusammenhang mit der heutigen Wissenschaft und den religiösen und mystischen Betrachtungen zu untersuchen.
Seit 2015 ist die Zahl der Migranten, die aus Bürgerkriegsländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie aus Afrika nach Deutschland kommen, bis in die ersten Monate 2016 rasant gestiegen – auf knapp 1 Million in einem Jahr, zeitweise ohne Grenzkontrolle und Registrierung. Nach der auch von den Oppositionsparteien im Bundestag weitgehend unterstützten Positionierung der Bundeskanzlerin Merkel, Deutschland für die überwiegend als „Flüchtlinge“ bezeichneten Migranten politisch, rechtlich und gesellschaftlich zu öffnen, entwickelt sich bald ein Gegendiskurs, der nicht von den Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag, sondern vor allem von der Führung der – an der Bundesregierung beteiligten – CSU getragen wurde, unterstützt von einigen Verfassungsrechtlern. Begriffe wie „Willkommenskultur“, „Obergrenze“, „humanitäre Katastrophe“, „Grundrecht auf Asyl“, „kulturelle Identität“, „Herrschaft des Unrechts“ etc. beginnen die öffentliche und private Kommunikation über Politik zu beherrschen.
Einleitung
(2017)
In der vorliegenden Studie wird der Versuch unternommen, diese Kriterienkomplexität auf das Problem der Stellung der deutschen Sprache unter anderen Sprachen zu applizieren. Dieses Ziel ist mit der Würdigung des Beitrags des Geehrten zur Popularisierung der deutschen Sprache und Bewusstmachung ihrer Weltgeltung im internationalen Ausmaß durchaus affin. Dabei werden sprachinterne („organologische") und sprachexterne (soziokulturelle) Faktoren nach Möglichkeit in ihrer Wechselbeziehung bzw. Wechselwirkung dargestellt. Das Hauptziel dieser Darstellung besteht in einer Modellierung von linguistisch relevanten Parametern, die eine wissenschaftlich angemessene Basis für die adäquate Zuordnung der deutschen Sprache unter definitivem Ausschluss vor- bzw. pseudowissenschaftlicher Kriterien wie die subjektiven, wissenschaftsfernen Axiologien und Präferenzen schaffen können.
Abschreckend beim Deutschlernen ist u. a. die Erkenntnis, dass man so viel beachten muss, um eine kleine Wortgruppe mit einem Adjektiv, einem Nomen und gegebenenfalls einem Artikel richtig bilden zu können. Es reicht nämlich nicht, zu wissen, ob das Adjektiv vor einem maskulinen, einem femininen oder einem neutralen Nomen steht. Auch das Wissen, in welchem Kasus dieses Nomen steht, reicht nicht aus, um die richtige Form des Adjektivs auszuwählen, nein, man muss auch noch berücksichtigen, ob ein Artikel vor dem Adjektiv steht und wenn ja, welcher, denn auch das beeinflusst die Form des Adjektivs.
Alles verstehen heißt alles verzeihen ist ein Satz, der im Deutschen den Charakter eines Spruchs, eines geflügelten Wortes angenommen hat, und der wahrscheinlich auf einem Zitat aus „Corinne ou l‘Italie“ von Madame de Staël (1807) (tout) comprendre c‘est (tout) pardonner basiert. Dieser Satz wurde ins Deutsche übersetzt und als Alles verstehen heißt alles verzeihen tradiert. Die Form eines Spruchs, eines geflügelten Wortes ist im Allgemeinen sehr konstant. Die Tendenz zur grammatischen Variation ist auch dann gering, wenn sie nach gängigen grammatischen Regeln möglich wäre.
Traditionell wird das Genus der Nomina im Lexikon verortet. Die beiden anderen Erscheinungen des Genus, nämlich syntaktische Integration bei der Kongruenz sowie pragmatische Identifikation von Partizipanten im Diskurs, werden als Folgeerscheinungen der lexikalischen Verankerung des Genus betrachtet.
Wir wollen der lexikalistischen Theorie eine Alternative gegenüberstellen, bei der das Genus in der Syntax und Pragmatik verwurzelt ist. Erst in der Produktion einer Nominalphrase greift der Sprecher auf das Genusmerkmal (GM) für die morphologische Gestaltung der Phrase zurück. Dabei ist die Genuskodierung von Einzellexemen im Lexikon nur eine von vielen Quellen für die Gewinnung der Merkmale.
Vorgestellt werden unterschiedliche Auslösertypen für das Genus. Unter anderem werden Merkmale diskutiert, die durch den Referenten, durch morphologische und syntaktische Prozesse oder auch durch ein Begriffsfeld im Lexikon bedingt sind. Genusvariation ergibt sich demnach aus der Konkurrenz zwischen verschiedenen Auslösertypen, die auf die gleiche NP (und deren nominalen Kopf) zielen.
Die zentrale Rolle von Erzählungen in ökonomischen Diskursen ist inzwischen zwar erkannt worden, doch wurden Formen und Funktionen einzelner Narrative bisher kaum näher untersucht. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Beitrag als Versuch zu verstehen, sich einmal exemplarisch einer ganz bestimmten Erzählgattung und deren Funktion zu widmen: dem Märchen. Gerade in Zeiten von Finanzkrisen wird in medialen Diskursen gern auf Märchen angespielt, insbesondere auf solche, in denen das Motiv einer wundersamen Geld- bzw. Goldvermehrung eine zentrale Rolle spielt. Zugleich wird der Begriff Märchen im Sinne der Untergattung des Lügenmärchens verwendet, um den fiktionalen Charakter bestimmter Finanzprodukte zu markieren. Der Beitrag ist von der These geleitet, dass die zentralen ökonomischen Narrative (wie etwa Wachstumsprognosen) wie Märchen auf einem besonderen Fiktionsvertrag basieren, der bewirkt, dass Aspekte des Wunderbaren nicht als solche wahrgenommen, sondern als selbstverständlich empfunden und verarbeitet werden.
Der Beitrag stellt am Beispiel der Großen Weltwirtschaftskrise seit dem Jahr 2007 ein diskurs- und kultursemiotisches Untersuchungsmodell vor, das sich der narrativen Dimension wirtschaftsbezogener Themen und Probleme in Massenmedien, Film und Literatur widmet. Zur Erfassung seines Gegenstandbereichs geht es von der konstitutiven Bedeutung von Symbolen und anderen analogiebildenden Verfahren in der Sprache der Massenmedien aus und ergänzt diese um weitere wichtige Parameter einer Erzählanalyse im weiteren Sinn (mit Blick auf Diskursanteile der Alltagswelt und spezifischer Fachwissenschaften, intertextuelle und interpikturale Aspekte, intermediale Text-Bild-Ton-Kombinatorik, die Bedeutung diskursiver Positionen und pragmatischer Applikationen). Anschließend wird für eine Erzählanalyse im engeren Sinne die Ebene unterschiedlicher Darstellungen geschichtlicher Zeit (Vergangenheits- und Gegenwartsorientierung vs. Zukunfts-Prognostik) von der Ebene verschiedener diskursiver Stil- und Tonlagen unterschieden (Realismus, Pararealismus und Autoreflexivität; Faktualität vs. Fiktionalität). Die konkreten Beispiele entstammen der internationalen Film- und Romanproduktion der Gegenwart, wie sie das in erster Linie massenmedial vermittelte Krisengeschehen von Anfang an mit begleiten (u.a. Chandlers „Der große Crash“ für den Spielfilm; Goetz, Lancaster, Chirbes u.a.m. für die Literatur).
Der vorliegende Artikel untersucht die Frage, wie sich die Angebote im Bereich von Social Media heute darstellen und wie sie sich in den nächsten Jahren voraussichtlich entwickeln werden. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung der technischen Infrastruktur und deren Einfluss auf die verschiedenen Aspekte wissenschaftlicher Kommunikation. Einen Schwerpunkt bilden dabei einerseits die Auswirkungen der Automatisierung, im Bereich der Wissenschaftskommunikation die Entwicklung von spezifischen Scores und Altmetriken, andererseits die Etablierung neuartiger Vermittlungskanäle für wissenschaftliche Themen.
Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit einigen Aspekten der variationistischen Annotation von Korpusdaten. Anhand von mehreren Beispielen wird gezeigt, dass der Vergleich von Kategorien in einem Korpus oder der Vergleich von zwei Korpora nur unter bestimmten Bedingungen variationistisch interpretiert werden kann. Da die Definition von Variablen oft schwierig ist und die Zuordnung von Varianten zu Variablen je nach Forschungsfrage unterschiedlich sein kann, müssen Variablen und Varianten in einem Korpus (für alle transparent und nachvollziehbar) annotiert werden. Dabei wird für eine offene Korpusarchitektur argumentiert, in der in einem bestehenden Korpus jederzeit Variablen und Varianten hinzugefügt werden können.
„Unserdeutsch“ – das Kreoldeutsch aus den ehemaligen Südseekolonien und dem heutigen Papua-Neuguinea wird erstmals sprachwissenschaftlich dokumentiert und erforscht. Die Zeit drängt, denn die weltweit einzige und lange nicht beachtete deutschbasierte Kreolsprache steht nach einer wechselvollen Geschichte vor dem Aussterben.
Dieser Beitrag vergleicht die Ansätze ,Linguistic Landscapes' (LL) und ,Spot German' (SG) in Hinblick auf ihr Potenzial für die Untersuchung des Vorkommens und der Funktionen der deutschen Sprache in Regionen außerhalb des deutschsprachigen Kerngebietes. Als Beispiele wurden eine LL-Studie im Baltikum sowie eine SG-Untersuchung auf Zypern gewählt. Der Vergleich zeigt, dass beide Methoden - trotz ihrer unterschiedlichen Präzision - ähnliche Aussagen zur Rolle des Deutschen erlauben: In beiden Ländern erscheint Deutsch als „Ergänzungssprache“ zu den gesellschaftlichen Hauptsprachen in bestimmten Nischen, z.B. im Tourismus und in Verbindung mit bestimmten Firmen und Produkten.
This chapter investigates policies which shape the role of the German language in contemporary Estonia. Whereas German played for many centuries an important role as the language of the economic and cultural elite in Estonia, it severely declined in importance throughout the twentieth century. Mirrored on this historical background, the paper provides an overview of the current functions of German and attitudes towards it and it discusses how these functions and attitudes are influenced by policies of various actors from inside and outside Estonia. The paper argues that German continues to play a significant role: while German is no longer a lingua franca, it still enjoys a number of functions and prestige in clearly defined niches involving communication within German-speaking circles or between Estonians and Germans. The interplay of language policies of the Estonian and the German-speaking states as well as by semi-state and private institutions succeed in maintaining German as an additional language in contemporary Estonia.
Argumentation nicht erwünscht – Einstellungen zum Argumentativen im Japanischen und Deutschen
(2017)
Dieser Beitrag behandelt Erscheinungsweisen des Argumentativen im Japanischen und Deutschen. Diesbezügliche Unterschiede und ihre Hintergründe werden je nach alltäglichen und institutionalisierten Situationen dargestellt. Im ersten teil werden Relationen von schwer bemerkbaren Normalitäten verbaler Interaktion und Kooperationsstilen dargestellt. Unterschiedliche Orientierung an Gleichheit bzw. Andersartigkeit entspricht jeweils positiver oder negativer Einstellung zur Argumentation. Die Grundzüge argumentativer Handlungen im Japanischen und Deutschen, die sich vorwiegend in Alltagsinteraktionen manifestieren, werden skizziert. Anhand deutschsprachiger Beispiele wird gezeigt, wie in (halb-)öffentlichen Diskursen eine positive Einstellung zur Argumentation reflexiv ausgedrückt wird. Krasse Differenzen zum Japanischen sind zu erwarten. Im zweiten Teil werden zuerst Hinweise auf historische Prozesse der Modernisierung Japans als Hintergrund der negativen Einstellung zur Argumentation gegeben. Anschließend werden in Anlehnung an kritische Untersuchungen öffentlicher Diskurse Beobachtungen über die gegenwärtige Situation vorgestellt. Der dritte Teil behandelt zur Erörterung der oben erwähnten Umstände sprachlich- interaktionale Eigenschaften des stigmatisierenden Worts hühyö ('Gerücht'). Dabei geht es um eine Herausarbeitung von Strategien zum Vorbeugen und Außerkraftsetzen der prototypischen Form der Argumentation. Zum Schluss wird nach der Zusammenfassung der Ausführungen auf den Sinn der Argumentation als allgemeines Werkzeug der Konfliktbewältigung hingewiesen.
Am 1. September 2016 hat das Forschungsprojekt „Lexik des gesprochenen Deutsch“ (= LeGeDe) am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim als Kooperationsprojekt der Abteilungen Pragmatik und Lexik seine Arbeit aufgenommen. Dieses drittmittelgeförderte Projekt der Leibniz-Gemeinschaft (Leibniz-Wettbewerb 2016; Förderlinie 1: Innovative Vorhaben) hat eine Laufzeit von drei Jahren (1.9.2016-31.8.2019) und besteht aus einem Team von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Bereichen Lexikologie, Lexikografie, Gesprächsforschung, Korpus- und Computerlinguistik sowie Empirische Methoden. Im folgenden Beitrag werden neben Informationen zu den Eckdaten des Projekts, zu den unterschiedlichen Ausgangspunkten, dem Gegenstandsbereich, den Zielen sowie der LeGeDe-Datengrundlage vor allem einige grundlegende Forschungsfragen und methodologische Ansätze aufgezeigt sowie erste Vorschläge zur Gewinnung, Analyse und Strukturierung der Daten präsentiert. Zur lexikografischen Umsetzung werden verschiedene Möglichkeiten skizziert und im Ausblick einige Herausforderungen zusammengefasst.
In den letzten Jahren ist der konzessive Konnektor verstärkt in den Fokus der Gesprochene-Sprache-Forschung (GSF) geraten. Diese hat an authentischen Hörbeispielen eine Grammatikalisierungstendenz von dessen konzessiver, einräumender Bedeutung zur korrektiven Diskursmarkierung nachgewiesen. Im Anschluss insbesondere an die Forschungsergebnisse von Günthner (1999, 2000a, 2002, 2005, 2008) hat dann Moraldo (2012a, 2012b) zum einen versucht nachzuweisen, dass auch in schriftbasierten neumedialen Kommunikationsplattformen (z.B. Twitter) diese Hauptsatzwortstellung nach obwohl mittlerweile vorkommt. Zum anderen, dass Korrektivsätze vereinzelt auch in standardschriftsprachlichen Texten auftreten. (vgl. Moraldo 2012c). Der folgende Beitrag will nun die Entwicklung der Subjunktion obwohl zum Diskursmarker nachvollziehen. Ausgehend von seiner konzessiven Bedeutung (Kap. 2) soll korrektives obwohl zuerst anhand gesprochensprachlicher Beispiele illustriert, dann in konzeptionell mündlichen aber medial schriftlichen Kontexten analysiert und schließlich in standardschriftsprachlichen Texten nachgewiesen werden (Kap. 3), bevor abschließend seine Mutation von subordinierendem Konnektor zum Diskursmarker (Kap. 4) diskutiert wird.
Wörter und Dinge. Interdisziplinarität als Modus und Gegenstand der Reflexiven Diskursanalyse
(2017)
Von Hunden, Hürden und Brücken. Tropen der deutsch-chinesischen Begegnung im kulinarischen Diskurs
(2017)
Deutsch in Finnland
(2017)
In meinem Artikel behandele ich den Umfang des Deutschunterrichtes an Schulen und Universitäten sowie die Verwendung des Deutschen in Wissenschaft und Wirtschaft in Finnland, vor allem im 20. und 21. Jahrhundert. Zunächst aber will ich die Geschichte der deutschen Kontakte und die Rolle der deutschen Sprache in bestimmten finnischen Städten sowie den Anteil Deutschsprachiger in der modernen finnischen Gesellschaft beleuchten. Nicht behandelt werden kann in diesem Zusammenhang die Lektüre und Übersetzung deutscher Belletristik, obwohl beide bedeutenden Einfluss auf die finnische Gedankenwelt und die literarische Bildung gehabt haben.
Was in Märkten sich künftig ereignen wird, kann man nicht wissen, nur erwarten. Was man erwartet, wird in der Ökonomik probabilistisch eingearbeitet: als Risikoentscheidungen. Elena Esposito zufolge besteht unter Ökonomen aber ein fundamentales Missverständnis bezüglich der Prognosefähigkeit der Wahrscheinlichkeitstheorie. Die Wahrscheinlichkeitstheorie werde statt zur Berechnung von Unsicherheit zur Erzeugung von Sicherheit verwendet und so in ihren Grundzügen missverstanden (Esposito 2007, 2010, 2014; ähnlich Morgan 2012). Indem man eine (subjektive) Wahrscheinlichkeit von 80% des Ereigniseintrittes schätzt, wird sie epistemisch verbucht als ‘fast sicher’ / ‘so gut wie sicher’. Dabei ist nur – subjektiv – das Risiko genauer spezifiziert, aber es wird geglaubt, man wisse, was kommt. Das riskante, nur wahrscheinliche Ereignis als irgendwie durch diesen Prozess bemessen angeben zu können, ist eine operative Fiktion. Man lasse sich nicht verführen durch den mathematischen Modus der Modellaussagen: es sind fingierte, d.h. fiktionale Aussagen (sie entstammen z.B. keiner häufigkeits- bzw. frequenzstatistischen Ausmessung).
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit Imperativen, die nicht oder nicht nur für Handlungsaufforderungen, sondern auch für gesprächsorganisatorische Zwecke eingesetzt werden. Einschlägige Vertreter wie guck mal, hör mal, komm oder geh wurden in der Literatur meist als Interjektionen, aber auch als Diskursmarker klassifiziert. Anhand einer explorativen Korpusrecherche wird zunächst ein Überblick über die Häufigkeit und einige distributionelle Eigenschaften gesprächsorganisatorischer Imperative im gesprochenen Deutsch gegeben. Anschließend wird ein bisher nicht empirisch untersuchter Vertreter, warte (mal), anhand einer Kollektion von 190 Belegen im Hinblick auf seine Semantik und Funktion untersucht. In turninitialer und syntaktisch vorangestellter Position wird warte (mal) zur Markierung von Unterbrechungen der Progressivität und von Aktivitätswechseln verwendet, z.B. um Verstehensprobleme zu klären oder Argumente in eine Diskussion einzubringen. Tritt es satzmedial auf, markiert es Selbstreparaturen und Häsi-tationen. Es wird argumentiert, dass die Distribution und Funktionen es nicht rechtfertigen, warte (mal) als Diskursmarker zu bezeichnen.
Syntactic theory has tended to vacillate between implausible methodological extremes. Some linguists hold that our theories are accountable solely for the corpus of attested utterances; others assume our subject matter is unobservable intuitive feelings about sentences. Both extremes should be rejected. The subject matter of syntax is neither past utterance production nor the functioning of inaccessible mental machinery; it is normative - a system of tacitly grasped constraints defining correctness of structure. There are interesting parallels between syntactic and moral systems, modulo the key difference that linguistic systems are diverse whereas morality is universal. The appropriate epistemology for justifying formulations of normative systems is familiar in philosophy: it is known as the method of reflective equilibrium.
Die folgenden Ausführungen zur Maskierung basieren auf den Erfahrungen bei der Aufbereitung der Daten des Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch (FOLK) für die Veröffentlichung in der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD). Sie sollen anderen Forschern und Forschungsprojekten als praktische Hilfestellung für die Maskierung von Aufnahmen dienen, können aber selbstverständlich nicht die gesamte Bandbreite von Einzelfallentscheidungen und Pflichten der Forschenden abdecken.
Es werden sowohl allgemeine Hinweise zur Maskierung von Audio- und Videoaufnahmen gegeben als auch praktische Tipps zur Umsetzung der Maskierung mit dem Transkriptionseditor FOLKER.
Die in den Ausführungen geschilderten arbeitsteiligen Prozesse in größeren Projekten können in kleineren Projekten einzelner Forscher selbstverständlich auch von einer einzelnen Person ausgeführt werden.
In diesem Beitrag argumentiere ich, dass das grammatische Regelwerk „Lücken“ hat und dass „realistische“ Grammatikschreibung das in Theorie und Praxis berücksichtigen muss; insbesondere sind eventuelle Äußerungen in Lückensituationen außergrammatisch zu modellieren. Diese Konzeption wird anhand morphologischer und syntaktischer so genannter Zweifelsfälle intuitiv plausibilisiert und ihr Nutzen für die Grammatikschreibung in vergleichender Auseinandersetzung mit prominenten „lücken-losen“ Analysen von zwei Beispielen - ‚Right Node Raising‘- und gewissen Ersatzinfinitiv-Strukturen - nachgewiesen.
Verstehen und Motivieren: semantische Fluchtpunkte deutscher und italienischer Lexeme mit -log-
(2017)
Interindividuelle Unterschiede bei der Verarbeitung sprachlicher Strukturen haben bei experimentellen Untersuchungen zur Sprachverarbeitung mittels neurobasierter Verfahren lange Zeit keine oder bestenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt. Während individuelle Verarbeitungsstrategien in Abhängigkeit von experimentellen Faktoren (z.B. Aufgabenstellung) relativ gut belegt sind (z.B. probandenspezifisches strategisches Verhalten bei der Verarbeitung von semantischen Relationen; Roehm et al. 2007), wurde der Einfluss von Variation in der Grammatik des Standarddeutschen in Korrelation zu Hirnprozessen bisher kaum berücksichtigt. In diesem Beitrag werde ich auf der Basis dreier EEG-Experimente aus unterschiedlichen Bereichen (Synästhesie, semantische Relationen, Auxiliarselektion bei intransitiven Verben) Beispiele für Verarbeitungskorrelate interindividueller Variation vorstellen und diskutieren.
Ungefähr 5,8 Mio. Menschen in der Welt sprechen heute die dänische Sprache - die meisten davon in Dänemark. Dänisch hat seine Wurzeln im Germanischen und begann sich zwischen den Jahren 800 und 1000 aus dem Urnordischen als selbständige Sprache zu entwickeln. Noch heute weist Dänisch viele gemeinsame Züge mit dem Norwegischen und Schwedischen auf. Besonders für Deutsche sollte die dänische Schriftsprache eigentlich leicht verständlich sein. Durch die vielen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Kontakte zwischen den beiden Nachbarländern, vermittelt z.B. durch die Hanse im Ostseeraum, haben sich viele deutsche, insbesondere niederdeutsche Wörter und Redewendungen in der dänischen Sprache eingebürgert, und man kann noch heute dänische Sätze bilden, in denen alle inhaltstragende Wörter aus dem Deutschen entliehen sind. Im Folgenden wird eine Untersuchung des aktuellen Wortschatzes anhand eines dänischen Wörterbuchs aufgezeigt. Anschließend wird ein Blick auf das offizielle nationale dänische Sprachinstitut geworfen und deren empirische Grundlagen der offiziellen Rechtschreibung genauer geschildert.
Interaktion und Medien
(2017)