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Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat sich aus der Überlagerung des ‚linguistic turn‘ und des ,cultural turn‘ in den Geistes- und Sozialwissenschaften eine neuartige Sensibilisiertheit auf Sprache herausgebildet, die zudem stark erkenntnistheoretisch sowie konstruktivistisch geprägt ist. Sprache erscheint als Mittel der Formung von Wissen, von Erfahrung und Gedächtnis; Kultur erscheint als ein „Bedeutungsgewebe“ (Geertz) bzw. als ,Text‘, dem gegenüber eine interpretative Haltung angemessen ist.
Diese semiotische und latent statisch-monologistische Perspektive auf Kultur ist zu ergänzen um eine kommunikative und entsprechend dynamisch-dialogistische. Sowohl Kultur als auch Gesellschaft sind an Kommunikation gebunden und interdependent mit ihr, außerhalb von Kommunikation sind sie nicht existent. Gleichzeitig ist aber auch Kommunikation, sind die kommunikativen Praktiken einer Gesellschaft ebenso wie ihre kommunikativen Normen und Ideale kulturell geprägt und damit auch historisch veränderbar. Die Analyse kommunikativer Praktiken ist deshalb immer auch Kulturanalyse, ihre Geschichte - nicht zuletzt die Geschichte kommunikativer Ideale - ist Teil von Kulturgeschichte. Gegen Ende meines Beitrags versuche ich deshalb anhand dreier historischer Skizzen aufzuzeigen, welche Fragen sich im Rahmen einer Ideen- und Kulturgeschichte von Kommunikation stellen und welche Antworten sich finden lassen.
Sprachgeschichte - Zeitgeschichte - Umbruchgeschichte. Sprache im 20. Jahrhundert und ihre Forschung
(2008)
Als Umbruchgeschichte verstandene Sprachgeschichtsschreibung ist weder theoretisch noch empirisch ein entwickelter Untersuchungsbereich, zumal fehlen Kategorien, die Sprachumbruch und Sprachwandel voneinander abgrenzen und zueinander in Beziehung setzen. Der Beitrag wirbt für ‚Umbruch’ als eine Perspektive der Sprach(gebrauchs)geschichte des 20. Jahrhunderts. Sprachliche Umbruchgeschichte, deren Erkenntnisziel auf die initialen Momente sprachlicher Veränderung gerichtet ist, steht in der Tradition der kulturwissenschaftlichen Linguistik. Sie stellt die Frage nach den sprachlichen Auswirkungen plötzlicher und umfassender gesellschaftlicher Veränderungen, vice versa: Sie bindet diese Veränderungen an sprachliche Verschiebungen. Damit ist sie eingelassen in handlungs- und kommunikationstheoretische Paradigmen der pragmatischen Sprachgeschichte. Im Zentrum des hier vorzustellenden Forschungskonzepts einer sprachlichen Umbruchgeschichte steht methodisch der diskursanalytische Ansatz, der nicht nur erklären kann, wie die gesellschaftliche Verfasstheit und sprachliche Verschiebungen Zusammenhängen, sondern auch, wann sich solche Verschiebungen diskursiv manifestieren diese Frage ist essentiell im umbruchgeschichtlichen Kontext. Dieser Ansatz wird im Sinn von analytischen Leitideen ausbuchstabiert. Den Schluss bildet die tentative Verdichtung der Überlegungen zu einem Modell eines sprachlichen Umbruchs.
Erst seit dem 19. Jahrhundert gewinnt die deutsche Hochsprache in ihrer gesprochenen Form in großen Kreisen der Bevölkerung an Bedeutung. Bis dahin spricht der Großteil der Bevölkerung eine jener regionalen Varietäten des Deutschen, die unter dem Eindruck der Ausbreitung der Hochsprache und von sogenannten Umgangssprachen eine Verschiebung ihrer Funktion mitmachen, als der Hochsprache gegenüberstehender Pol verstanden, so als ‘Dialekt’ wissenschaftlich beschrieben und ideologisch integriert werden. Spätestens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts verändert sich der Sprachgebrauch in eine Richtung, die eine solche dichotomische Einordnung als obsolet erscheinen lässt. In den letzten zwei Jahrzehnten beobachtet man eine beschleunigte weiträumige und tiefgreifende Annäherung an die Standardsprache auch beim Sprechen. Das hat Konsequenzen für die normativen Vorstellungen von solch einer Sprachform, für die das Bild vom plurizentrischen Charakter des Deutschen keine hinreichende Basis mehr abgibt. Eine andere Frage ist, wie sich diese Entwicklungen angemessen modellieren lassen und welche Rolle die Kategorie Regionalität dabei spielt.