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Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage nach Ursprung und Genese der im geltenden amtlichen Regelwerk niedergelegten Regel, die eine Zusammenschreibung von Adjektiv-Verb-Verbindungen bei Vorliegen einer nicht literalen Bedeutung vorsieht. Ausgangspunkt bilden dabei Sprachtheoretiker und Akteure wie Johann Christoph Adelung, Wilhelm Wilmanns und Konrad Duden, die die Diskussion beherrscht und (dadurch) maßgeblich die erste gesamtdeutsche Rechtschreibregelung im Jahre 1902 mitgestaltet haben. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung der Rechtschreibregelung in den orthographischen Wörterbüchern. Erst in dieser zeigt sich, inwiefern der gefundene Kompromiss trägt und inwieweit sich die Beteiligten daran gebunden fühlen, in Sonderheit Duden, der mit seinen Wörterbüchern alsbald eine marktführende Position einnahm und über dessen Duden-Rechtschreibung die Regel einer bedeutungsunterscheidenden Zusammenschreibung bei Adjektiv-Verb-Verbindungen letztlich für alle verbindlich wurde.
Oralität ist gegenüber Literalität historisch primär, und der Übergang hin zur Literalität ist sprach- wie kulturwissenschaftlich einschneidend. Unserdeutsch (Rabaul Creole German), eine erst knapp über 100 Jahre junge, originär ausschließlich mündlich verwendete Kreolsprache, befindet sich gegenwärtig an der Schwelle hin zur Verschriftung. Eine Sammlung von rund 180 spontan schriftlich produzierten Äußerungen dieser noch auf allen Ebenen unnormierten Sprache zeigt von den Unserdeutsch-SchreiberInnen intuitiv zugrunde gelegte Graphem-Phonem-Korrespondenzen. Die Schriftbelege lassen dabei Rückschlüsse zu auf graphematische Kontakteinflüsse sowie auf die mentale Repräsentation von Wörtern bei den SprecherInnen. Diese Erkenntnisse sind, neben ihrer sprachtheoretischen Relevanz, vor allem auch für die noch ausstehende Erarbeitung einer Orthographie von Unserdeutsch von Bedeutung.
Die geltende amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung geht auf einen Kompromiss aus dem Jahre 2006 zurück, der im Bereich der Kommasetzung bei Infinitivgruppen einen neuerlichen Paradigmenwechsel bedeutete: Während für die Vorreformregelung das Konzept des sog. erweiterten Infinitivs konstituierend war und die Reformregelung sich wesentlich auf schreibstilistische Kriterien gründete, bilden die Basis der aktuellen Regelung grammatisch beschreibbare Fallgruppen. Dieser Umstand schon allein, mehr aber der zentrale Auftrag einer Beobachtung des Schreibgebrauchs durch den Rat für deutsche Retschreibung waren der Rahmen für die vorliegende Pilotstudie, in der das freie Schreiben Grundlage einer differenzierten Analyse des Kommagebrauchs bei Infinitivgruppen ist.
Der vorliegende Beitrag skizziert in einem ersten Abschnitt Gegenstandsbereich und kodifizierte Regelung, bevor er im Weiteren das Studiendesign und die Ergebnisse vorstellt. Die Ergebnisse werden nach Fallgruppen sowie im Hinblick auf übergreifende Tendenzen und Beobachtungen besprochen. Sie sind Ausgangspunkt der im Ausblick formulierten Thesen.
Um das Thema Gendern oder geschlechtergerechte Sprache hat sich eine hitzige gesellschaftliche Debatte entwickelt. Seit Anfang des Jahres ist die Diskussion um geschlechtergerechte Sprache medial wieder besonders präsent. Anlass ist u.a. die Überarbeitung der Bedeutungsbeschreibungen im Duden online. Vor kurzem widmete sogar Der Spiegel dem Thema den Hefttitel und einen Leitartikel (vgl. Bohr et al. 2021). Allerdings erschöpft sich die Diskussion leicht in Pro- und Kontra-Positionen, dabei gibt es eine ganze Bandbreite von Aspekten rund um das Thema ‚geschlechtergerechte Sprache‘ zu betrachten, die eine differenziertere Diskussion ermöglichen können. Ziel dieses Beitrags ist es, einige dieser Aspekte knapp und möglichst verständlich in die Debatte einzubringen.