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Deutsch in Sprachkontakten
(2021)
Das vorliegende Heft vereint Beiträge zu Kontakten des Deutschen mit verschiedenen Sprachen nördlich, östlich und südlich des deutschsprachigen Kerngebietes. Sprachkontakt wird dabei aus unterschiedlichsten Perspektiven erfasst; die Aufsätze behandeln einzelne strukturelle Sprachebenen ebenso wie pragmalinguistische, historische, soziolinguistische und translatologische Themen. Die Ausgabe vereint damit Untersuchungen zu Sprachkontakten in der Vergangenheit (Saagpakk/Saar, Plaušinaitytė), zum Gebrauch in spezifischen Textsorten (Mencigar, Földes), bis hin zu Sprachgebrauchsphänomenen im Kontext von Covid-19 (Geyer). Andere Beiträge fokussieren auf die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen in Abhängigkeit von Kontakteinflüssen (Tibaut, Ščukanec/Durbek) oder dem Einfluss der Medien (Mack/Vollstädt/Vujović) oder diskutieren das Zusammenwirken von Sprachpolitik und Sprachgebrauch (Marten). Das Heft schließt mit mehreren Rezensionen und Projektberichten ab; insgesamt wird damit ein wesentlicher Ausschnitt aus der Bandbreite der germanistischen Sprachkontaktforschung in der Region von Estland bis Montenegro aufgezeigt.
Funktionsverbgefüge stehen seit jeher in der Sprachkritik, die sich nun auch auf digitale Räume ausbreitet. Vertreten wird dort die These, Funktionsverbgefüge und ihre entsprechenden Basisverben seien äquivalent und könnten in allen Kontexten durch die verbalen Entsprechungen ersetzt werden. Dies kann durch die vorliegende korpusbasierte und textlinguistische Studie am Beispiel des Gefüges Frage stellen widerlegt werden. Anhand eines extensiven Datenmaterials aus den Wikipedia-Artikel-Korpora des IDS zeige ich die semantischen, grammatischen und textlinguistischen Unterschiede zwischen dem Basisverb und dem Funktionsverbgefüge im Gebrauch auf, die sich in der Anreicherung, Verdichtung, Perspektivierung, Gewichtung und Wiederaufnahme von Informationen im Text manifestieren.
Dieser Werkstattbericht zeigt anhand verschiedener korpusbasierter Ressourcen, wie Fragen zu sprachlichen Phänomenen, die für Sprachlernende nicht oder nur unzureichend dokumentiert sind, empirisch beantwortet werden können. Besonderes Augenmerk wird dabei auf OWIDplusLIVE gelegt. Hierbei handelt es sich um ein Werkzeug zur tagesaktuellen Analyse von Token (einzelne Wortformen/Lemmata) und Bi-/Trigrammen (zwei bzw. drei direkt aufeinander folgende Token). Über eine Anbindung an KorAP können zudem Belege aus dem DeReKo (Deutsches Referenzkorpus) abgerufen und analysiert werden.
Durch die gewachsene Bedeutung der Psychoonkologie ist das Themenfeld der Krankheitsverarbeitung (Coping) vermehrt in das Blickfeld der Forschung gerückt. Gleichzeitig entstehen im Web 2.0 neue digitale Formen der intermedialen narrativen Repräsentation von Krankheit, Leid und Krankheitsbewältigung (Cybercoping), wodurch sich für Betroffene neue Möglichkeiten eröffnen, eine Erkrankung durch medienvermittelte Kommunikation und Vergemeinschaftung zu bewältigen und sich eine soziale Identität als chronisch Kranke zu verleihen (vgl. Deppermann 2018). Der Beitrag präsentiert auf theoretischer Basis der Copingforschung sowie der Gesprächsforschung zu narrativer Identitätsbildung eruierte Copingstrategien in Krankheitsnarrativen von Krebspatientinnen und -patienten. Coping wird als kommunikativer Prozess verstanden, der sich in Sprachhandlungen widerspiegelt. Das Untersuchungsmaterial bilden autobiografische Erzählungen in Internetvideos, öffentlich geteilt von zwanzig Betroffenen auf der Social-Media-Plattform YouTube. Copingmechanismen werden in den untersuchten Narrativen in Form von emotionsgeladenen Sprachäußerungen und humoristisch bzw. ironisch gefärbten Sprachhandlungen zur Emotionsregulierung und Entlastung sowie in Gestalt von metaphorischen Deutungsmustern und Personifizierungen der (Tumor-)Erkrankung angezeigt. In den Sprachhandlungen der Erzählenden wird aktives problemorientiertes Coping durch sich selbst und die Community aktivierende Sprache, eine häufig agentivische Selbstdarstellung und -positionierung der Betroffenen und eine durch Positivierung und Neubewertung sinnstiftende Kohärenz sichtbar.
Das nationalsozialistische Mobilisierungsregime war darauf angelegt, Zeitgenoss:innen zu Positionierungshandlungen zu bewegen: vom allfälligen ‚Hitlergruß‘ über die Mitwirkung bei Parteiorganisationen oder Spendensammlungen bis hin zur Anleitung zur Selbstreflexion in Tagebüchern nationalsozialistischer Schulungslager. Allerdings sollte eine solche Aufforderung zur affirmativen Positionierung nicht allein als Zwang verstanden werden, denn dies würde ausblenden, dass viele Zeitgenoss:innen tatsächlich Anhänger:innen des Nationalsozialismus waren oder dem nationalsozialistischen Gesellschaftsprojekt zumindest nicht grundsätzlich oder in allen Punkten ablehnend gegenüberstanden. Demzufolge scheint es treffend, eine je nach Kommunikationssituation und Akteursposition variierende Mischung aus Positionierungsdruck und -bedürfnis für den hier untersuchten historischen Kontext anzunehmen.
Sprachpolitik war in der Bundesrepublik Deutschland seit 1949 nie ein größeres Thema in Wahlkämpfen. Seit der Bundestagswahl 2017 hat sich dies jedoch geändert. Damals waren unter dem Eindruck des großen Migrationsandrangs im Jahr 2016 von einigen Parteien Positionen zu sprachlicher Integration in die Wahlprogramme aufgenommen worden. Unter Positionen sei hier der explizite sprachliche Ausdruck einer Haltung zu einem politischen Thema bzw. Themenbereich zu verstehen, der unter anderem im Rahmen von parteilichen Grundsatz- und Wahlprogrammen Orientierung hinsichtlich des (zukünftig zu erwartenden) politischen Handelns parteilicher Akteur/-innen bieten soll. Und auch die zunehmende Diversität der deutschen Gesellschaft führte schon bei der Wahl im Jahr 2017 zu einer Berücksichtigung von Themen der sprachlichen Bildung in der Programmatik der Parteien. Dieser Beitrag untersucht somit die Grundsatz- und Wahlprogramme der größten Parteien anhand der sprachpolitischen Ausdrucksweise.
Sich und andere politisch zu positionieren, ist eine elementare sprachliche und soziale Praxis. Dies zeigen etwa Diskussionen um europäische Identität in Zeiten des britischen EU-Austritts und einer umstrittenen EU-Grenzpolitik oder die Haltung zu Waffenlieferungen in Krisengebiete im Zuge des Kriegs in der Ukraine, der 2022 ausbrach, ebenso wie wiederkehrende Auseinandersetzungen um Themen wie Alltagsrassismus, Sexismus und Diskriminierung. Diese Beispiele, die aktuelle politische Ereignisse ebenso umfassen, wie fortlaufende, immer wieder neu aufflammende gesellschaftliche Debatten um grundlegende Fragen des Zusammenlebens, verdeutlichen: Wo und wie wir uns in der Gesellschaft verorten, ist eine alltägliche Frage. Politische Positionierungen werden nicht nur ständig vorgenommen, sie werden, wie auch Nicht-Positionierungen, ebenso kontinuierlich thematisiert und kontrovers diskutiert. Diese Einführung in das Band soll in die Thematik des politischen Positionierens durch Klärung des Termins und einem Beispiel aus der Praxis einführen.
Poster des Text+ Partners Leibniz-Institut für Deutsche Sprache Mannheim präsentiert beim Workshop "Wohin damit? Storing and reusing my language data" am 22. Juni 2023 in Mannheim. Das Poster wurde im Kontext der Arbeit des Vereins Nationale Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) e.V. verfasst. NFDI wird von der Bundesrepublik Deutschland und den 16 Bundesländern finanziert, und das Konsortium Text+ wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummer 460033370. Die Autor:innen bedanken sich für die Förderung sowie Unterstützung. Ein Dank geht außerdem an alle Einrichtungen und Akteur:innen, die sich für den Verein und dessen Ziele engagieren.
Der Beitrag widmet sich dem Thema der kommunikativen Deviationen in Interviews im Ukrainischen und Deutschen. Dabei werden die Deviationen sowohl in den Presseinterviews als auch in den populärsten Videointerviews auf YouTube untersucht. Die Deviationen werden in die von der Position des Adressanten, des Adressaten sowie des Zuschauers aufgeteilt. Die Aufmerksamkeit wird der Sprach- und der kommunikativen Kompetenz der Kommunikanten als der Hauptursache der Deviationen in den Interviews gelenkt. Die Deviationen werden als eine der Voraussetzungen der erfolgreichen Kommunikation bestimmt.