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Dialektologische Fachtagung Bredevoort und Doetinchem (Niederlande), 14. bis 17. September 1996
(1998)
In den Jahren 1985 bis 1995 hat in der Bundesrepublik Deutschland ein intensiver geschichtlicher Selbstdeutungsdiskurs stattgefunden, dessen Besonderheit darin besteht, daß es sich größtenteils um einen staatlichen Selbstverständigungsprozeß handelt, dessen Wurzeln sozusagen bis in die Embryonalphase der zweiten deutschen Republik zurückreichen. Es ging um das Verhältnis der Deutschen zum Nationalsozialismus und seinen bzw. ihren Verbrechen und um ihr Verhältnis zur geschichtlichen Zäsur vom 8. Mai 1945. Der Vortrag zeigt die wesentlichen Stationen des bereits 1945 einsetzenden Diskurses, in dessen Zentrum die Frage steht, ob sich Deutsche als Opfer des „Hitler-Terrorismus", d.h. von vornherein am 8. Mai 1945 als „Befreite“ fühlen oder interpretieren durften (wie es in der SBZ geschah), oder ob sie wegen ihrer Mitschuld (bzw. Kollektivschuld) als „besiegtes Volk", das eine „Niederlage" erlitten hatte, zu gelten hatten. Die Analyse zeigt die Diskrepanz von subjektiven Erlebniskategorien und politischen Interpretationen im Hinblick auf den 8. Mai 1945. Anhand der öffentlichen Interpretationen dieses Datums an den jeweiligen Jahrestagen ab 1955 wird versucht, den westdeutschen politischen Lernprozeß nachzuzeichnen, demzufolge sich die Deutschen angesichts ihrer Mitschuld am Nationalsozialismus nach dem 8. Mai 1945 als von außen Befreite verstehen durften und dürfen. Der oft verkürzte, als 'Streit über Befreiung oder Niederlage' wahrgenommene Diskurs ist situiert in einem Netz geschichtsdeutender Selbstinterpretationen, in dem es u. a. um Vokabeln wie 'Machtergreifung', 'Machtübernahme', 'Machtübergabe'; 'Kollektivschuld', 'Schuld', 'Mitschuld'; 'Reichskristallnacht', 'Reichspogromnacht', 'Pogromnacht'; 'Drittes Reich' und 'Viertes Reich'; 'Invasion' oder 'Landung der Alliierten' geht. Der Vortrag zeigt, wie sich in öffentlichen, zumal in staatlichen Diskursen über geschichtsinterpretierende Vokabeln die Kontroversen und sich wandelnden Bewertungen und Einstellungen zu unserer eigenen Geschichte artikulieren, wie also mit der öffentlichen Durchsetzung lexikalisch ‘autorisierter' Geschichten eine Herstellung und Modifikation unserer eigenen Geschichte einhergeht.
Wer den Versuch unternimmt, sich einen Überblick über den „Sprachgebrauch im Wandel der öffentlichen Medien" zu verschaffen, der wird bald resignieren; zu lückenhaft sind die Forschungsergebnisse, die uns bislang vorliegen. Dennoch unternehmen wir den Versuch, eine Entwicklungslinie zu skizzieren, die von den Anfangen des Printmediums 'Zeitung' bis hin zur 'elektronischen Zeitung' reicht. Diese ist umrissen mit dem Schlagwort „Von der Ganzlektüre zur selektiven Lektüre". Im Laufe der Zeit nimmt die Notwendigkeit immer mehr zu, die Zeitung so aufzuarbeiten, daß die Lesenden sich ihre Lektüre leicht und schnell auswählen können. Diese Entwicklung hat gravierende Auswirkungen auf die Organisation der Zeitung als Ganzes wie den Bau der Texte. Was für das Printmedium charakteristisch ist, setzt sich in seiner Online-Version - wenn auch unter veränderten Vorzeichen – verstärkt fort. Hauptgrund dafür ist die Hypertext-Organisation der elektronischen Zeitung. Exemplifiziert wird dieser Entwicklungsprozeß an ausgewählten Beispielen, wobei auch ein Blick auf Medienkonkurrenten und deren Einfluß geworfen wird. Obwohl Analysen dieser Art die Einbeziehung der politisch-sozialen, ökonomischen und technisch-medialen Bedingungen verlangt, unter denen Medienkommunikation abläuft, werden solche Gesichtspunkte nur am Rande explizit angesprochen. Einen zentralen Punkt bildet für uns außerdem die These, daß eine angemessene linguistische Beschäftigung mit Medien nicht bei der Produktanalyse, d. h. bei dem Medientext und seinen Eigenschaften stehen bleiben darf, sondern um den Blick auf die Produktion und Rezeption zu ergänzen ist.
Trotz einer intensiven Forschungsgeschichte bleibt auf eigenartige Weise diffus, was es mit der Sprache im Faschismus auf sich hat. Der Beitrag versucht, ein doppeltes Defizit deutlich zu machen, das die Forschungsgeschichte kennzeichnet: Einerseits ist das Objekt strittig, wie die Kontroverse der Konzepte „Sprache des Faschismus“ vs. „Sprache im Faschismus“ zeigt; andererseits besteht ein - aus der Linguistikgeschichte dieses Jahrhunderts sich ergebendes - Defizit in der Methode. Um dieses zu verstehen, wird eine kritische Relektüre der ersten und folgenreichsten Arbeiten, Klemperers „LTI“ und des „Wörterbuchs des Unmenschen“, vorgeschlagen und an Beispielen vorgenommen. Es zeigt sich eine vertrackte Präsenz des Kritisierten in diesen frühen Kritiken, deren Hintergründen nachgegangen wird. Eine Grundlage wird im unzureichenden Umgang mit dem Sinnzusammenbruch des Zweiten Reiches gesehen. Als methodologische Konsequenz wird eine Pragmatisierung von Semantik vorgeschlagen, die sich die Rekonstruktion der Handlungsrelevanz von „Wörtern“ als Vermittlungen zwischen mentalen und gesellschaftlichen Prozessen zum Ziel setzt.
Hundert Jahre Soziallehre der katholischen Kirche werden im Sinn einer historischen Semantik entlang des Bedeutungswandels der Schlüsselwörter 'Eigentum', 'Naturrecht'/'Menschenrecht(e)' und 'Arbeit' nachgezeichnet. Die Analyse zeigt, daß der Sozialdiskurs bis in die 60er Jahre unseres Jahrhunderts konsequent auf naturrechtlichem Denken beruht. Ab Mitte der 60er Jahre vollzieht sich eine Wendung, aus dem Naturrecht Eigentum wird das Menschenrecht Eigentum. Das Schlüsselwort Arbeit erfahrt eine Veränderung, indem sein Begriff der Pflicht nach dem Zweiten Weltkrieg - wenngleich weniger eindeutig - ergänzt wird um den Begriff des Menschenrechts. Seit der Wende 1989/90 ist eine Rückkehr hin zu neokonservativem Denken zu verzeichnen, welches Naturrecht und Menschenrecht gleichsetzt.
In der sprachenpolitischen Entwicklung Mitteleuropas beginnt das 20. Jahrhundert mit aggressiven Wirkungen des preußisch-deutschen Sprachnationalismus, der besonders seit der „konservativen Wende von 1878/79“ (Wehler) zur Legitimierung und Emotionalisierung des neuartigen 'Reichsnationalismus' mit zunehmender Unterdrückung und Verdrängung von Minderheitensprachen sprachimperialistisch wurde, mit Parallelerscheinungen in Österreich-Ungarn. Der Nationalsozialismus führte diese Sprachenpolitik verschärfend weiter mit dem Ergebnis einer (nicht nur sprachenpolitischen) Katastrophe. Äußerer Widerstand gegen deutschen Sprachimperialismus äußerte sich in der Kriegs- und Nachkriegszeit in der Schweiz als stärkere Distanzierung vom 'Hochdeutsch'-Sprechen, in Luxemburg als Etablierung einer eigenen Nationalsprache, weltweit allgemein als Rückgang von Deutsch als Minderheiten-, Fremd- und Wissenschaftssprache, vor allem in westlichen Ländern. Seit der späteren Nachkriegszeit gibt es zur Schadensbegrenzung Ansätze zur Überwindung des monolingualen deutschen Sprachstolzes: Akzeptanz von Englisch als weltweite Verkehrssprache, kooperatives bilinguales Sprachenrecht für (traditionelle) Minderheiten, Bemühungen um mehr 'Begegnung' mit Nachbarsprachen.
Der Aufsatz geht von der These aus, daß Deutschland ein mehrsprachiges Land ist und im zur Diskussion stehenden 20. Jahrhundert in weiten Teilen ebenfalls ein mehrsprachiges Land war. Neben den authochtonen Sprachgruppen, die immer im Mittelpunkt kontaktlinguistischer Aufmerksamkeit stehen und standen, konzentriert sich die Diskussion auf die durch Immigration entstandene Mehrsprachigkeit. Vor allem der Kontakt mit und die kontaktinduzierte Veränderung im Kommunikationsverhalten der zweitgrößten Sprachgruppe in Deutschland, der türkischen Sprachgemeinschaft, wird durch eine Anzahl von Beispielen illustriert. Hier wird anhand unterschiedlicher Szenarien des Mehrsprachigkeitsgebrauchs gezeigt, wie sich mittlerweile - oft unbemerkt von der Öffentlichkeit und auch von der Sprachkontaktforschung - Nischen von überraschenden Formen der Mehrsprachigkeit, wie visuelle Mehr- und Anderssprachigkeit, Language Crossing (Sprachkreuzungen) und Code-Switching etablieren und etabliert haben. Der Aufsatz plädiert gerade hinsichtlich der Bestrebungen auf ein Vereintes Europa für eine stärkere gesellschaftliche und institutionelle Akzeptanz und Förderung von Mehrsprachigkeit.