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Die kontinuierliche Ausweitung des Gegenstandsbereichs der Phraseologie in den vergangenen 30 Jahren geht einher mit einer Pragmatisierung theoretischer Grundannahmen in der Disziplin selbst. Damit ist nicht die Frage der „Verwendung von Phraseologismen" gemeint, sondern das zunehmende Gewicht der Frage, welche Ausdrücke Sprecherinnen und Sprecher pragmatisch als Einheiten der Sprachproduktion und des Sprachverstehens behandeln. Der negativ bestimmten, gut operationalisierbaren Eingrenzung des Phraseologischen als eines Ausdrucksbereichs, der grammatisch und semantisch postulierten Wohlgeformtheitsbedingungen nicht genügt, korrespondiert fachgeschichtlich die positive Bestimmung als Tradition des Sprechens. Rekurrente Ausdrucksselektion und -kombination kann diachron durch semantischen, grammatischen und phonologischen Strukturverlust geprägt sein, aber dieser ist nicht die Ursache, sondern eine mögliche Folge idiomatischer Prägung. Die Ursache ist die durch koordinierte Selektivität der Sprecherinnen und Sprecher etablierte, konventionell arbiträre Einschränkung der Produktions- und Interpretationsoptionen. Kommunikations- und sprachtheoretisch gibt es deshalb gute Gründe, einen weiten Bereich der Bildung usueller komplexer Ausdrücke ohne Strukturverlust anzunehmen. Er umfasst die pragmatisch konstituierten Leistungseinheiten der idiomatischen Kompetenz. Der so genannte „feste" Bereich sprachlichen Ausdrucks besteht vor allem darin, dass Sprecherinnen und Sprecher die inhaltsseitig kontextuell indizierten und ausdrucksseitig als typisch bewerteten usuellen Selektionen und Kombinationen ihres Idioms kennen. Die Aktualität dieser Fragen spiegelt sich im Kontextualisierungsparadigma der jüngeren Pragmatik, das Kommunikation wesentlich als ein pars-prototo-Geschehen versteht, in der „Kollokations-Konjunktur" in Lexikologie und -graphie, die es nahe legt, Wortbedeutung pragmatisch als Bedeutung text- und domänengebundener Kollokationen zu behandeln und ebenso in der Grammatikalisierungsdiskussion, die systematisch mit Einheiten zwischen Lexikon und Grammatik rechnet. Die problemgeschichtlich orientierte Darstellung rekonstruiert eine konvergente Entwicklung im Verhältnis von phraseologischer Theorie und allgemeiner Sprachtheorie.
Eine Vielzahl von Sprachtheorien folgt einem Zwei-Welten-Modell der Sprachlichkeit, welches zwischen der Sprache als System und Regelstruktur und dem Sprechen als Aktualisierung dieser Struktur unterscheidet. Eine Implikation dieses Modells ist es, die Medien als ein bloßes Realisierungsphänomen zu behandeln. Eine Revision dieses Ansatzes im Anschluss an methodologische Überlegungen bei Wittgenstein und Luhmann wird unternommen. Was Medien sind und was sie leisten, wird dabei in eine kulturtechnische Perspektive gerückt: Mit den Kulturtechniken der Gutenberg-Ära, dem Schreiben, Lesen und Rechnen, erzeugen und operationalisieren
wir symbolische Welten, die uns neue Spielräume der Kognition und der Kommunikation eröffnen. Diese Kulturtechniken beruhen auf der Dispensierung von Kommunikation und Interaktion. Ist mit der medialen Nutzung des Computers eine neue Kulturtechnik im Entstehen? Welche Rolle spielt hierbei das Schlagwort der Interaktivität? Am Beispiel der eine Depersonalisierung bewirkenden telematischen Kommunikation werden Reichweite und Grenze der computererzeugten
Interaktivität ausgelotet.
Der Beitrag stellt ein Plädoyer für die Notwendigkeit dar, das Problem der Sprachmedialität in den Diskurs der Medientheorie mit einzubeziehen. Es wird die These vertreten, dass ein angemessenes Verständnis des Medialitätsproblems ohne eine Analyse des präliteralen bzw. nonliteralen menschlichen Sprach- und Zeichenvermögens nicht geleistet werden kann, weil die Geschichte der Medialität nicht erst mit der Geschichte der „Technologisierung des Wortes" (W. Ong), d.h. mit der Schriftgeschichte, beginnt. Diese These wird vor dem Hintergrund einer konvergenten Entwicklung in der Medien- und Sprachtheorie profiliert: Der Sprachvergessenheit des Mediendiskurses entspricht eine Medialitätsvergessenheit der (kognitivistischen) Sprachtheorie. Der Beitrag endet mit der Skizze zu einer Medialitätstheorie der Sprache, die als „Spurtheorie des Geistes" entworfen wird.