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GraphVar ist ein Korpus aus über 1.600 Abiturarbeiten, die zwischen 1917 und 2018 an einem niedersächsischen Gymnasium geschrieben wurden. Das Hauptinteresse beim Aufbau bestand in der Beschreibung graphematischer Variation und ihrer Entwicklung über die Zeit. Leitend war die Frage, was Schreiberinnen und Schreiber eigentlich tatsächlich machen bzw. gemacht haben – und zwar unbeeinflusst von technischen Hilfsmitteln oder Schluss- und Endredaktion, aber unter vergleichbaren Bedingungen. Das Korpus bietet somit ein Fenster auf den unverfälschten Schreibgebrauch von Abiturientinnen und Abiturienten im Laufe der Zeit. Zum jetzigen Zeitpunkt sind 1.618 Arbeiten transkribiert, linguistisch annotiert und über eine ANNIS-Instanz erreichbar (graphvar.unibonn.de, Stand: 8.8.2023). Im Sommer 2022 konnten weitere 1.600 Arbeiten zwischen 1900 und 2021 an einem Gymnasium in Nordrhein-Westfalen digitalisiert werden. Neben schriftlinguistischen Fragestellungen ist das Korpus prinzipiell auch für syntaktische, morphologische und lexikalische Fragestellungen geeignet; auch didaktische Untersuchungen sind möglich, genau wie kulturwissenschaftliche.
Oralität ist gegenüber Literalität historisch primär, und der Übergang hin zur Literalität ist sprach- wie kulturwissenschaftlich einschneidend. Unserdeutsch (Rabaul Creole German), eine erst knapp über 100 Jahre junge, originär ausschließlich mündlich verwendete Kreolsprache, befindet sich gegenwärtig an der Schwelle hin zur Verschriftung. Eine Sammlung von rund 180 spontan schriftlich produzierten Äußerungen dieser noch auf allen Ebenen unnormierten Sprache zeigt von den Unserdeutsch-SchreiberInnen intuitiv zugrunde gelegte Graphem-Phonem-Korrespondenzen. Die Schriftbelege lassen dabei Rückschlüsse zu auf graphematische Kontakteinflüsse sowie auf die mentale Repräsentation von Wörtern bei den SprecherInnen. Diese Erkenntnisse sind, neben ihrer sprachtheoretischen Relevanz, vor allem auch für die noch ausstehende Erarbeitung einer Orthographie von Unserdeutsch von Bedeutung.
Klassische Namen der Offline-Welt sind bei weitem umfangreicher erforscht als die eher kurzlebigen und auch noch sehr jungen Namen der digitalen Welt. Im vorliegenden Beitrag werden virtuelle Namen als eigene Namenklasse postuliert und unter Verweis auf bestehende Namentypologien verortet. Anschließend werden drei unterschiedliche Typen frei wählbarer virtueller Namen in Videospielen am Beispiel des populären Browserspiels ‚Forge of Empires‘ graphematisch und semantisch analysiert: Gilden-, Städte- und Benutzernamen. Hierfür werden drei Korpora mit je 100 Namen des jeweiligen Typs auf unterschiedliche Muster zunächst hinsichtlich Sprachwahl, Zeichenverwendung und graphematischen Besonderheiten untersucht. Anschließend erfolgt eine Untersuchung der den Namen zugrundeliegenden Benennungsmotive durch induktiv-explorative Kategorienbildung. Zwischen den untersuchten Namentypen kristallisiert sich in der Analyse ein funktionaler Unterschied heraus: Gildennamen priorisieren eine kommunikativ-phatische Funktion, wohingegen Benutzernamen primär Individualität ausdrücken. Städtenamen nehmen dabei eine Zwischenposition ein. Insgesamt fügen sich die verschiedenen Teilergebnisse in das Bild der bisherigen spärlichen Studien zur Namenwahl in Videospielen ein und rufen zugleich zur weiteren Erforschung auf.
Handschrift ist ein alltägliches Phänomen – sie begegnet uns in der Schule, auf Einkaufszetteln oder auch als Unterschrift. Über die grammatischen und insbesondere die graphematischen Grundlagen der Handschrift wissen wir allerdings nur wenig. Dabei bieten Handschriften mehr Variationsmöglichkeiten als etwa Druckschriften und können deshalb mehr grammatische Strukturen sichtbar machen, als dies in gedruckten Texten der Fall ist.
Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass strukturelle Eigenheiten einer Handschrift oft mit grammatischen Eigenheiten zusammenfallen, etwa durch die Markierung komplexer Grapheme, Silben-, Morphem- und Fußgrenzen oder auch durch die Auszeichnung bestimmter Buchstabenformen wie ‹e›, wenn es mit Schwa korrespondiert. Dazu werden Abituraufsätze untersucht, graphetisch und grammatisch annotiert und ausgewertet.
Der vorliegende Beitrag vergleicht die Verwendung der anglizistischen Nomination old school und der nativen Entsprechung Alte Schule im Hip-Hop-Subkorpus des Songkorpus (Schneider 2020). Dieser Vergleich erfolgt auf zwei Ebenen: Zum einen wird die diskurs-spezifische Verwendung anhand eines adaptierten Analyse-Frameworks für Hip-Hop-Texte von Androutsopoulos und Scholz (2002) untersucht, zum anderen wird der syntaktische und morphologische Gebrauch in den Deutschraptexten analysiert. Dabei zeigt sich, dass es jeweils spezifische Verwendungstendenzen auf diskursiver Ebene gibt, die wesentlichsten Unterschiede aber in der syntaktischen und morphologischen Verwendung auftreten, allen voran in der höheren Produktivität der anglizistischen Nomination. Es wird dafür argumentiert, dass sich dies unter anderem auf sprachstrukturelle bzw. wortformale Spezifika des Englischen zurückführen lässt, wie den nicht vorhandenen Flexionssuffixen der Adjektive. Damit werden die in der Anglizismenforschung etablierten Überlegungen zu Verwendungsgründen um eine simple, aber gegebenenfalls folgenreiche Beobachtung ergänzt, die sich vor allem bei den sprachökonomischen Ansätzen einordnen lässt. Schließlich wird darüber auf diskursiver Ebene wiederum auch ein Bezug zu terminologischen Vorteilen hergeleitet: Trotz flexibler Verwendung wird das schriftliche Abbild bei Wortbildungen geschont (Oldschoolstyle, Oldschool-Aufnahmen, Oldschooler), was für die Wiedererkennbarkeit des Diskurselements – neben der zusätzlichen Auszeichnung durch die Eigenschaft ‚fremdsprachig‘ – zuträglich sein könnte.
In contrast to printed letters, handwritten texts show a larger amount of variation regarding letter shape and letter contact. This variation though might not be totally random but could follow a certain grammatical or structural function. By analysing a corpus of 10.117 graphs written by four writers, this paper explores which structures and which functions correlate. More precisely, it will be shown that the shape of certain letters might indicate syllabic, morphologic od prosodic structures. In addition, it will be shown that handwritten texts present the words’ structure better than printed texts could do. Overall, this paper points out how handwritten scripts show the graphematic principles known from printing even better than printed texts do.
Dieser Beitrag stellt einen Versuch dar, ein graphematisches Prinzip auf Handschriften anzuwenden und argumentiert, dass die Betrachtung von Handschriften unterstützende Evidenzen für graphematische Theorien liefern kann. Exemplarisch wird dazu die graphematische Längenhierarchie ausgewählt. Die Längenhierarchie ist ein gut beschriebenes Phänomen in der deutschen Schriftsprache. Bislang wurde sie jedoch nur für Druckschriften aufgestellt. Der vorliegende Artikel untersucht die Möglichkeit, eine Längenhierarchie für Handschriften aufzustellen und stützt sich dabei besonders auf die Schulausgangsschriften. Insbesondere werden Unterschriften betrachtet, die als eine Extremform der Handschriftlichkeit interpretiert werden. Ich gehe davon aus, dass nichts so häufig handgeschrieben wird wie die eigene Unterschrift und dass deshalb dort Prinzipien eines „ökonomischen Schreibens“ am deutlichsten auftreten werden, d.h. dass die Schreibungen, die besonders wichtig für das Lesen sind auch besonders deutlich geschrieben werden und die rezeptiv vernachlässigbaren Strukturen weniger deutlich. Hierzu wird die Alltagsbeobachtung analysiert, dass in Unterschriften oft die langen Buchstaben besonders deutlich und die kompakten Buchstaben eher undeutlich produziert werden, sie werden nivelliert. Es zeigt sich, dass die Häufigkeiten der Nivellierungen jedes Buchstabens auf eine skalare Verteilung der Buchstaben hindeuten. Damit wird die Idee einer Längenhierarchie und einer graphematischen Silbe als Leseerleichterung gestützt.
Das Theonym Gott für den christlichen Gott weist im Frühneuhochdeutschen eine Reihe ungewöhnlicher grammatischer Eigenschaften auf, die in diesem Beitrag korpusbasiert untersucht werden. Zum einen hat es sich von seiner appellativischen Herkunft emanzipiert, wie beispielsweise am fehlenden Artikel deutlich wird, zum anderen nutzt es aber das für einen Namen ungewöhnliche es-Flexiv im Genitiv (Pauls, Gottes) und tritt, wie unbelebte Appellative, als Genitivattribut dominant nachgestellt auf (Haus __ Gottes). In der Schreibung bildet sich die Doppelmajuskel <GOtt> heraus, die es bis ins 18. Jh. visuell von der übrigen Lexik abhebt. Damit weist das Theonym im Frühneuhochdeutschen eine Sondergrammatik auf, in abgeschwächter Form besteht sie bis heute fort. Der Beitrag argumentiert dafür, dass es sich um ein Resultat besonderer kommunikativer Relevanz handelt.
The shortening of linguistic expressions naturally involves some sort of correspondence between short forms and (some portion of) the respective full forms. Based mostly on data from English and Hebrew this article explores the hypothesis that such correspondence concerns necessary sameness of symbolic form, referring either to graphemic or to a specific level of phonological representation. That level indicates a degree of abstractness defined by language-specific contrastiveness (i.e. “phonemic”). Reference to written form can be shown to be highly systematic in certain contexts, including cases where full forms consist of multiple stems. Specific asymmetries pertaining to the targeting of material by correspondence (e.g. initial vs. non-initial position) appear to be alike for both types of representation, a claim supported by a study based on a nomenclature strictly confined to writing (chemical element symbols).