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Seit der Migrationswelle 2015 steht Deutschland der gesellschaftspolitischen Herausforderung gegenüber, hunderttausende Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Erfolgreiche Kommunikation am Arbeitsplatz stellt dabei eine Barriere dar, die es durch Verständnissicherung und Interaktionskompetenz zu überwinden gilt.
Diese empirische interaktionslinguistische Arbeit untersucht mittels der multimodalen Gesprächsanalyse die Verständnissicherung in Interaktionen am Arbeitsplatz. Anhand von Reparatursequenzen werden im ersten Analyseteil der Arbeit Praktiken der Integration von Geflüchteten im Prozess der Verständnissicherung untersucht und Unterschiede zwischen l1- und l2-Sprechern herausgestellt. Im zweiten Teil erfolgt eine longitudinale Studie, welche die Entwicklung der Reparatursequenzen der l2-Sprecher fokussiert, um aufzuzeigen, wie sich ihre Interaktionskompetenz und somit auch ihre Partizipation und Integration während ihres Beschäftigungsverhältnisses entwickelt.
Idealerweise sollen Migrantinnen und Migranten nach ihrer Ankunft in Deutschland zunächst erfolgreich einen sprachlichen Integrationskurs absolvieren und anschließend an einer beruflichen Maßnahme teilnehmen oder je nach Alter und Berufserfahrung eine duale Ausbildung beginnen beziehungsweise gleich eine Arbeitsstelle antreten. Doch wie sieht die Realität aus? Durchlaufen alle Einwandernden tatsächlich diese Etappen? Und was passiert in den Betrieben, wenn die Migrantinnen und Migranten trotz des Besuches eines Integrationskurses eine Ausbildung beginnen und ihre Sprachkenntnisse für den Beruf (zunächst) nicht ausreichend sind? Sind die Betriebe auf solche sprachlichen und kommunikativen Herausforderungen vorbereitet? Im Folgenden werde ich auf diese Fragen in Bezug auf die jüngste Einwanderungsbewegung nach Deutschland, nämlich der durch Krieg und Vertreibung ausgelösten Migration von 2015 und 2016, eingehen. Die hier präsentierten Befunde beruhen auf den Ergebnissen unseres Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen", das seit 2016 am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim durchgeführt wird.
Der Beitrag präsentiert Ergebnisse des Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration der Flüchtlinge“, das am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) durchgeführt wird. Im ersten Teil wird auf die zweistufige Sprachstandserhebung in den allgemeinen Integrationskursen eingegangen, die zusammen mit dem Goethe-Institut umgesetzt wurde. Bei der ersten Erhebung zu Beginn der Kurse wurden mit einer Tabletumfrage die Sozialdaten und Sprachenbiografien der Teilnehmenden erhoben. Bei der zweiten Erhebung am Ende der gleichen Kurse ging es darum, mit Hilfe der Analyse von Sprachaufnahmen das erreichte mündliche Kompetenzniveau der Teilnehmenden zu ermitteln. Im zweiten Teil des Beitrags stellen wir Ergebnisse unserer ethnografisch-gesprächsanalytischen Feldstudien vor, die wir in verschiedenen Arbeitskontexten wie Qualifizierungsmaßnahmen, duale Berufsausbildung und betriebliche Praktika durchgeführt haben. In Bezug auf die zentralen Fragen zu gegenseitiger Verständigung und der Sprachvermittlung am Arbeitsplatz konnten wir im Rahmen unserer Ethnografien drei prototypische Praktiken feststellen, auf die wir näher eingehen: a) „kaum Verständnissicherung und Sprachvermittlung“, b) „ad-hoc Verständnissicherung und Sprachvermittlung“ und c) „systematische Verständnissicherung und Sprachvermittlung“. Des Weiteren fokussieren wir im letzten Teil des Beitrags die Ergebnisse unserer ethnografischen Langzeitstudie zu Betriebspraktika von studierenden Geflüchteten. Anhand der Untersuchung von Reparaturen zeigt sich hier die Entwicklung der interaktionalen Kompetenz eines L2-Sprechers, die mit einer zunehmenden kommunikativen Integration in Teamgesprächen einhergeht.
As part of our project "German at Work: The Linguistic and Communicative Integration of Refugees" at the Leibniz-Institute for the German Language (Mannheim, Germany), we are conducting several ethnographic field studies to investigate the integration process of refugees into various professional fields. The guiding questions are which linguistic and communicative problems arise in workplace interactions between refugees and their colleagues and with which communicative practices the participants ensure mutual understanding. In the present article, we further focus on the question whether and how the professional trainers use the work interactions as opportunities for language mediation and which practices they use.
Zeitnah zur großen Fluchtmigration von 2015 hat das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (1DS) gleich zu Beginn des Jahres 2016 das Projekt „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchdingen“ gestartet, um den Migrations-und Integrationsprozess der Geflüchteten von Anfang an dokumentieren und analysieren zu können. In Bezug auf die gegenwärtige Situation der Fluchtmigranten und -migrantinnen sind dabei insbesondere zwei Etappen von großer Bedeutung, die wir in unserem Projekt genauer fokussieren. Für die Integration und Partizipation der Migranten und Migrantinnen spielen zunächst ausreichende Deutschkenntnisse eine große Rolle, die in den mehrmonatigen Integrationskursen vermittelt werden. Hierzu hat das IDS in Kooperation mit dem Goethe-Institut eine zweistufige Sprachstandserhebung (in der Folge IDS-Goethe-Studie) in den allgemeinen Integrationskursen durchgeführt, die die Sprachbiographien, Sozialdaten und die Sprachlernfortschritte der Geflüchteten analysiert, und deren Ergebnisse im vorliegenden Aufsatz präsentiert werden.
Daneben werden im IDS-Projekt u.a. die vielfältigen beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen der Bundesagentur für Arbeit gesprächs- und interaktionsanalytisch untersucht, die für die Geflüchteten oftmals als Einstieg ins Arbeitsleben und somit als eine wichtige Integrationsetappe fungieren (vgl. Cindark; Hünlich 2017, Cindark; Deppermann 2018, Cindark 2018, 2019).
Im vorliegenden Aufsatz untersuche ich gesprächsanalytisch Ausbildungsinteraktionen in einer beruflichen Qualifizierungsmaßnahme, die wir im Rahmen des IDS-Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen“ wissenschaftlich begleitet haben. Unser Projekt startete gleich zu Beginn des Jahres 2016, also kurz nachdem die große Gruppe der Fluchtmigranten 2015 nach Deutschland kam. Somit können wir bei unserer Studie den Integrationsprozess der Geflüchteten von Anfang an dokumentieren und die wichtigsten Integrationsetappen bezüglich ihrer sprachlichen und kommunikativen Anforderungen, Implikationen und Abläufe detailliert analysieren. Sehr früh haben sich dabei neben den sprachlichen Integrationskursen vor allem die vielfältigen, bundesweit angebotenen beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen als die Orte herauskristallisiert, an denen die ersten wichtigen Weichen hinsichtlich der beruflichen und sozialen Integration der Flüchtlinge gestellt werden. Ziel unseres Vorhabens ist die Untersuchung der mündlichen Kommunikation in beruflichen Kontexten in Bezug auf die sprachlichen und kommunikativen Anforderungen, die spezifischen Praktiken, die zur Bearbeitung dieser Anforderungen eingesetzt werden, und die typischen Probleme, die in der Interaktion durch mangelnde Sprachbeherrschung, Verständigungsprobleme und erwartungsinkongruente Interaktionspraktiken entstehen.
Der vorliegende Aufsatz untersucht Ausbildungsinteraktionen in zwei beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen für Flüchtlinge. Solche Maßnahmen werden seit 2015 verstärkt angeboten, um die Geflüchteten möglichst umfassend und zügig auf eine Arbeitsaufnahme in Deutschland vorzubereiten. Im Kontext einer ethnografischen Studie untersuchen wir mit Methoden der multimodalen Interaktionsanalyse, a) wie in Anleitungsgesprächen Verständigungsprobleme zwischen deutschen Anleitern und auszubildenden Flüchtlingen entstehen und b) welche sprachlich-kommunikativen Praktiken zu ihrer Bearbeitung eingesetzt werden. Dabei lassen sich ebenso gelungene wie Probleme erzeugende Kommunikationspraktiken feststellen. Da die meisten Geflüchteten zu Beginn der untersuchten Maßnahmen noch keine Integrationskurse besucht hatten und nur über wenige Deutschkenntnisse verfügten, liegt der primäre Fokus der Analyse auf der Beteiligungsweise der Ausbilder, betrachtet diese aber im sequenziellen Kontext der Interaktionsbeteiligung der auszubildenden Flüchtlinge. Die Untersuchung beruht auf 22 Stunden Videoaufnahmen praktischer Ausbildungen.
Deutschland sieht sich in den nächsten Jahren vor enorme Herausforderungen gestellt. Mit der Fluchtmigration von knapp 1,5 Millionen Menschen alleine zwischen den Jahren 2014 und 2017 stehen nahezu in jedem gesellschaftlichen Bereich, und hier insbesondere in den Sektoren Bildung und Arbeit, große Integrationsaufgaben an. Steven Vertovec (2015), der Leiter des Max-Planck-Instituts zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften, bezeichnet die Fluchtmigration von 2015 auch deshalb als die „zweite Wende“ für Deutschland, die das Land nachhaltig verändern wird. Nach seiner Einschätzung sind die erwartbaren gesellschaftlichen Transformationen von solch einer Größenordnung, dass die Formulierung „seit der Flüchtlingskrise“ eine ebenso geläufige Redewendung sein wird wie die Formulierung „seit der Wende“. Um diese gegenwärtigen Migrations- und Integrationsprozesse von Anfang an dokumentieren und analysieren zu können, wurde am Institut für Deutsche Sprache (IDS) zu Beginn des Jahres 2016 das Projekt „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration von Flüchtlingen“ gestartet, dessen erste Ergebnisse das vorliegende Themenheft präsentiert.