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Unserdeutsch (Rabaul Creole German) entstand um 1900 an einer katholischen Missionsstation in Vunapope auf der Insel New Britain im Bismarck-Archipel. Seine dominante Substratsprache ist Tok Pisin, das melanesische Pidgin-Englisch, seine Superstratsprache Deutsch. Der Aufsatz versucht das sprachliche Superstrat von Unserdeutsch näher zu bestimmen, d. h. die Frage zu beantworten, welches Deutsch von den Missionaren in Vunapope um 1900, am Ort und zum Zeitpunkt der Entstehung von Unserdeutsch, gesprochen wurde. Zu diesem Zweck werden die als Superstrattransfer aus dem Deutschen erklärbaren, regional markierten linguistischen Strukturmerkmale in Unserdeutsch untersucht und im geschlossenen Sprachgebiet sprachgeografisch lokalisiert. Ergänzt wird diese linguistische Evidenz durch extra- und metalinguistische Evidenz aus einschlägigen, zeitgenössischen Quellen. Die Ergebnisse deuten auf ein vorwiegend nordwestdeutsch-westfälisch geprägtes, insgesamt jedoch heterogenes, standardnahes sprachliches Superstrat hin und widerlegen somit frühere diesbezügliche Aussagen in der einschlägigen Fachliteratur. Und sie zeigen zugleich auch, dass die Analyse von kolonialen und sonstigen Auswanderervarietäten, besonders von solchen, die – wie Unserdeutsch – im Laufe ihrer späteren Geschichte den Kontakt zum sprachlichen Mutterland vollständig verloren haben, zur Rekonstruktion historischer Mündlichkeit wertvolle Daten liefern kann.
Word Families in Diachrony. An epoch-spanning structure for the word families of older German
(2022)
The ‘Word Families in Diachrony’ project (WoDia), for which a funding application to the DFG is in preparation, aims to provide a database driven online research environment that will enable processes of change in the entire historical vocabulary of German to be investigated by focusing on the changes in word families and the individual means of word formation. WoDia will embed the vocabularies of Old High German (OHG), Middle High German (MHG), Old Saxon (OS), and Middle Low German (MLG) in a database, resulting in a word-family structure for High and Low German from the beginnings up to the 15th century (for High German) and up to the 17th century (for Low German). The basis of the vocabulary is provided by reference dictionaries of the four historical varieties, whereas the word families’ historical structure is based on the word-family dictionary of OHG by Jochen Splett (1992). Each lemma in the database will be assigned, where appropriate, to a word family. The individual word-formation elements and the word-formation hierarchy will be mapped in a structural formula. The etymologically corresponding lemmas and word families of the different periods/varieties of older German will be linked so that an analysis across the varieties will also be possible. The annotations of word families in the database (e. g., relating to word structure) will be supplemented by linking their lemmas to the online dictionaries and to the reference corpora of Old German (OS and OHG), MHG, and MLG.
Rede
(2022)
Die auf verschiedenen Ebenen ablaufenden textkommunikativen Funktionalisierungs- und Anpassungsprozesse widerständischer Akteure sowie Konstitutionsprozesse von Akteuren des NS-Apparates anhand der Textsorte ›politische Rede‹ sollen Gegenstand dieses Beitrages sein, innerhalb dessen sowohl historisch relevante als auch bisher von der Forschung kaum oder gar nicht beachtete politische Reden der verschiedenen Akteursgruppen analysiert werden sollen: Insgesamt wurden 32 Reden in die Analyse einbezogen. 23 stammen von Akteuren des NS-Apparates, neun von Mitgliedern des Widerstands.
Tagebuch
(2022)
Die Subjektivität des Tagebuchs als eine Art Archiv historischer Daten ist insofern zum einen im Zeichen einer sprachlichen Sozialgeschichte zu analysieren und zum andern, aus der Retrospektive, von hohem sprach-, diskurs- sowie kommunikationsgeschichtlichem Wert. Die Spezifik und akteursbedingte Variantenvielfalt darzustellen, ist das Ziel dieses Beitrags. Er basiert auf der Auswertung von insgesamt elf Tagebüchern. Zwei sind von NS-Akteuren verfasst, eines von einer NS-affinen Akteurin der Integrierten Gesellschaft, eines von einem dissidenten Akteur der Integrierten Gesellschaft, vier von Mitgliedern des Widerstands und drei Tagebücher von ausgeschlossenen Akteuren.
Im Kontext des Essens und seiner Zubereitung, der Speisen und ihres Verzehrs, akzentuiert das Wort Gericht, dass es sich bei der gesellschaftlich üblichen Form von Nahrungsaufnahme um eine spezifisch ausgeformte soziale Praxis handelt. In diesem Handlungs- und Interpretationskontext wird mit dem Wort Gericht hervorgehoben, dass eine auf bestimmte Weise zubereitete („zugerichtete“) Speise als relevanter Teil einer Mahlzeit zu gelten hat. Wie bei solchen Alltagspraktiken nicht unüblich, ist die Verwendung dieses Worts nicht scharf von anderen Benennungen in diesem Kontext zu trennen, von denen die Praktiken des Essens nicht so sehr über die „Zurichtung“, sondern z.B. über die Abfolge (z.B. Hauptspeise, Gang usw.) geleistet werden. Allerdings ist mit dem Angerichtetsein, das im Wort Gericht steckt, doch auch immer seine Angemessenheit angedeutet, etwas, was es mit dem gleichlautenden juristischen Wort verbindet – und zu mancherlei textueller Verbindung führt.
Der Beitrag erläutert die Grundideen und Potenziale einer konsequenten hypermedialen Informationsvernetzung im WWW. Dazu werden Verfahren der automatischen Hyperverknüpfung vorgestellt, die Rolle der Sprachtechnologie in diesem Zusammenhang diskutiert und die Bedeutung der XML-Standards für die Verwirklichung einer dichten Hypervernetzung erklärt.
Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert sind Fremdwörter im Deutschen Gegenstand unterschiedlicher Diskurse:
- eines sprachstrukturellen Diskurses, in dem grammatische und lexikalische Fragen in Bezug auf Fremdwörter erörtert werden (Definition von Fremdwörtern; ihre Eingliederung in das System des Deutschen; ihre Funktion, Bezeichnungslücken zu schließen);
- eines sprachideologischen Diskurses, in dessen Kontext der Fremdwortpurismus in seiner kulturpatriotischen bis nationalistischen Begründung fallt (Reinheit als Sprachqualität; Behauptung der Gefahrdung sprachlicher und kultureller Identität durch das Fremde);
- eines sprachpädagogischen und sprachsoziologischen Diskurses, der auf die Korrelation von Bildung und Fremdwortbeherrschung abhebt und auf der Annahme einer Korrelation von sprachlichen mit kognitiven Fähigkeiten beruht (Fremdwörter als Träger neuer Ideen vs. Fremdwörter als Barrieren des Zugriffs auf Wissen);
- eines sprachpflegerischen Diskurses, der 1. Fragen der rhetorisch-stilistischen Gestaltung von Sprache durch Fremdwörter thematisiert und 2. das Problem einer kommunikativen Ethik aufgreift (Fremdwörter als Ausdruck von Pseudogelehrtheit oder oberflächlicher Modernität verhindern die Deckung von Wort und Sache und gefährden die Aufrichtigkeit des Gesprächs mit dem Anderen).
Der Beitrag will auf der Basis eines Corpus grammatischer, sprachtheoretischer, rhetorisch-stilistischer, sprachkritischer und anderer Schriften Aspekte des Konzepts des Fremdworts für die neuhochdeutsche Zeit skizzieren.