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Tilo Weber betont in seinem Beitrag die semantische Relevanz von Ereignissen bzw. Ereigniswissen, die er als eine besondere Form von sog. Frames betrachtet. Letztere lassen sich als heterogene und komplexe Wissensrahmen begreifen, die für lexikalische Einheiten und insbesondere für Verben eine besondere Bedeutung haben. Das kognitiv-funktionalistische Frame-Konzept erlaubt zudem, durchaus im Sinne der Tagung, einen interdisziplinären Zugang, insofern es, wie Weber meint, „ein Bindeglied zwischen Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften sein kann.“
Im Fokus dieses Beitrags steht ein Format, das die Eigenschaften der im Titel dieses Buches so genannten hypermedialen multimodalen Kommunikation in sich vereint: Let's Plays. Den Titel des Beitrags aufnehmend, könnte man hier auch von „vielen Fliegen“ und „einer Klappe“ sprechen, denn Let's Plays bieten eine ganze Reihe von Anknüpfungspunkten, die für den Deutschunterricht relevant sind, aber eben auch - und das ist so charakteristisch für den Einsatz digitaler Formate im Unterricht - anschlussfähig sind für andere Fächer und damit auch den Weg aufzeigen, in eine Schule 3.0, die sich aus starren Fächerkorsetten zu befreien sucht und die Gegebenheiten einer digitalisierten Lebens- und Arbeitswelt etwa in inter- und transdisziplinären Modulen und Projekten abbildet und berücksichtigt.
Insofern reichen auch die Möglichkeiten, Let's Plays in den Deutschunterricht einzubinden, die wir in diesem Beitrag aufzeigen werden, über das Fach Deutsch hinaus und sind dennoch mit Blick auf die Bildungsstandards in der Grundschule und in weiterführenden Schulen passfähig. Sie berühren die Haupt-Kompetenzbereiche: Sprechen und Zuhören, Schreiben, Lesen - Mit Texten und Medien umgehen und Sprache und Sprachgebrauch untersuchen. Diese in den Rahmenlehrplänen vorhandene analytische Trennung spiegelt sich im konkreten Material „Let's Play“ nicht wider. Wir werden deshalb auf einzelne Aspekte eingehen, die als Anregung für die Integration des Gegenstandes in den Deutschunterricht verstanden werden können.
Besser als gedacht
(2021)
Das grammatische Wissen von Lehramtsstudierenden ist besser als gedacht. Im Basisartikel (s. Döring/Elsner in diesem Band) wird darauf verwiesen, dass Studien zeigten, dass bei Studierenden zu Studienbeginn das grammatische Wissen nicht in dem gewünschten Maße vorhanden ist und dass auch die universitäre Lehre keinen Ausgleich dieser Defizite bewirken muss. Dennoch bleibt die Frage, ob das, was in den Studien gemessen wird, nicht eher dem terminologischen Wissen entspricht, was bei Studienbeginn nicht vorhanden sein muss, weil der Grammatikunterricht viel zu lang zurückliegt und im Studienverlauf genau diese Termini entweder keine Rolle spielen oder kritisch diskutiert werden, sodass die Fragen auch nicht mehr so einfach beantwortet werden können. Hinter diesen Studien steckt doch letztlich die Frage, welcher Wissensbestand und welcher Wissenszuwachs gemessen werden soll und ob die verwendeten Methoden das geeignete Mittel darstellen. Daher möchten wir in diesem Kommentar aufzeigen, in welcher Weise unserer Meinung nach Lehramtsstudierende solide grammatische Kenntnisse aufweisen (können), in welcher Hinsicht epistemische Überzeugungen von Lehrenden einen Einfluss haben können und welche Aspekte in der unversitären Lehre (im Bereich der Grammatik) zusätzlich berücksichtigt werden sollten, um einen nachhaltigeren Lernerfolg zu ermöglichen. Dies ist durchaus als optimistischer Beitrag zu verstehen, insofern als sich die universitäre Hochschullehre für Lehramtsstudierende im Bereich der Grammatik im positiven Sinne auf den Weg gemacht hat.
As part of our project "German at Work: The Linguistic and Communicative Integration of Refugees" at the Leibniz-Institute for the German Language (Mannheim, Germany), we are conducting several ethnographic field studies to investigate the integration process of refugees into various professional fields. The guiding questions are which linguistic and communicative problems arise in workplace interactions between refugees and their colleagues and with which communicative practices the participants ensure mutual understanding. In the present article, we further focus on the question whether and how the professional trainers use the work interactions as opportunities for language mediation and which practices they use.
cOWIDplus Analyse ist eine kontinuierlich aktualisierte Ressource zu der Frage, ob und wie stark sich der Wortschatz ausgewählter deutscher Online-Pressemeldungen während der Corona-Pandemie systematisch einschränkt und ob bzw. wann sich das Vokabular nach der Krise wieder ausweitet. In diesem Artikel erläutern die Autor*innen die hinter der Ressource stehende Forschungsfrage, die zugrunde gelegten Daten, die Methode sowie die bisherigen Ergebnisse.
Vorwort
(2021)
Technische Innovationen, historische Ereignisse, sich wandelnde gesellschaftliche Gegebenheiten
oder politische Neuerungen – für eine funktionierende Verständigung muss sich
der Wortschatz ständig anpassen. Da kann es schnell passieren, dass man ein Wort hört oder
liest, das man noch nicht kennt oder bei dem man sich unsicher ist, wie man es schreibt oder
spricht. Und beim Nachschlagen in einem Wörterbuch, das neue Wörter verzeichnet, stellen
sich weitere Fragen: Welche Quellen werden für ein solches Neologismenwörterbuch ausgewertet,
wie kommt ein Wort dort hinein, und ab wann gilt es als gut integriert? Welche
Typen von Neologismen gibt es eigentlich?
Corona- und andere Partys
(2021)
Maske oder Mundschutz?
(2021)
Von Gummistiefelmomenten
(2021)
Zwischen den Jahren oder Eine Zeit zwischen den Zeiten. Sprachliche Betrachtungen zur „Normalität“
(2021)
Shutdown, Lockdown und Exit
(2021)
„systemrelevant“ – eine sprachwissenschaftliche Betrachtung des Begriffs aus aktuellem Anlass
(2021)
Adjektive und adjektivisch gebrauchte Partizipien als Konstituenten von Nominalgruppen werden in den Grammatiken des Deutschen und des Italienischen verallgemeinernd unter die Attribute zum Nomen gerechnet. Weithin gelten sie unter diesen sogar als prototypisch. Der vorliegende Aufsatz untersucht ihr Flexionsverhalten, ihre Linearstellung, ihre Bedeutungsbeiträge, ihren Konstituentenstatus und ihre informationeile Kennzeichnung. Er führt zu dem Ergebnis, dass die terminologische Tradition in beiden Sprachen grammatische Unterschiede verdeckt, die mehr Aufmerksamkeit verdienen würden. Die Funktionen von Adjektiven in der Nominalgruppe sind faktisch viel weniger einheitlich, als der Attributbegriff insinuiert. Unterschiede sollten in der Beschreibung differenzierter herausgearbeitet werden. Ihre kontrastive Untersuchung ist nicht nur für Grammatiker von Interesse, sondern auch fiir Lehrende des Deutschen und des Italienischen als Fremdsprache sowie der Übersetzung zwischen beiden Sprachen. Sie kann Schwierigkeiten, die im Sprach- und Übersetzungsstudium bekannt sind, systematisieren und erklären und ihre didaktische Bearbeitung erleichtern.
Die Digitalisierung hat uns neue Möglichkeiten eröffnet, miteinander zu kommunizieren, Informationen zu verarbeiten, zu speichern und zu publizieren. Hat das auch unser Schreiben, unser Lesen, unsere Texte oder gar unser Bild von Sprache verändert? Und ist die Sprachwissenschaft heute noch dieselbe wie vor dreißig Jahren? Über diese Fragen sprach Monika Obrist, Leiterin des GfdS-Zweigs Bozen, mit Prof. Dr. Henning Lobin, dem Direktor des IDS Mannheim.
Die geltende amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung geht auf einen Kompromiss aus dem Jahre 2006 zurück, der im Bereich der Kommasetzung bei Infinitivgruppen einen neuerlichen Paradigmenwechsel bedeutete: Während für die Vorreformregelung das Konzept des sog. erweiterten Infinitivs konstituierend war und die Reformregelung sich wesentlich auf schreibstilistische Kriterien gründete, bilden die Basis der aktuellen Regelung grammatisch beschreibbare Fallgruppen. Dieser Umstand schon allein, mehr aber der zentrale Auftrag einer Beobachtung des Schreibgebrauchs durch den Rat für deutsche Retschreibung waren der Rahmen für die vorliegende Pilotstudie, in der das freie Schreiben Grundlage einer differenzierten Analyse des Kommagebrauchs bei Infinitivgruppen ist.
Der vorliegende Beitrag skizziert in einem ersten Abschnitt Gegenstandsbereich und kodifizierte Regelung, bevor er im Weiteren das Studiendesign und die Ergebnisse vorstellt. Die Ergebnisse werden nach Fallgruppen sowie im Hinblick auf übergreifende Tendenzen und Beobachtungen besprochen. Sie sind Ausgangspunkt der im Ausblick formulierten Thesen.
This paper investigates the use of linking adverbs in adversative constructions in German and Italian. In Italian those constructions are very frequently formulated with adverbs such as invece, while wordings without a lexical connective are more typical of German. Corpus data show that the syntactic und semantic conditions favouring the use of adversative adverbs are by and large the same in both languages. Lexical connectives can increase explicitness when the intended adversative interpretation is not obvious on other grounds. The higher frequency of adversative adverbs in Italian is shown to be a consequence of the more restrictive rules of the placement of prosodic accent.
The project “Paronymwörterbuch” investigates and documents easily confused words (so-called paronyms) in German with respect to their use in public discourse as documented in a large corpus. These are, for example, antik/antiquiert/antiquarisch (antique/antiquated/antiquarian) or sportlich/sportiv (sporty/athletic). The results of this work are explanatory, contrastive entries in a new dynamic e-dictionary called “Paronyme − Dynamisch im Kontrast”. The objective of this paper is twofold. Firstly, essential new usage modalities of the new dictionary will be illustrated. As it is designed for contrastive consultation processes, the comparative structure of the entries will be elucidated and we will show how this dictionary has moved away from static to dynamic presentation by incorporating flexible consultation options. Secondly, as entries contain linguistic details which are consistently paired up with conceptual-encyclopaedic information, it is shown how this reference guide combines corpus-based methods with cognitive semantics. In this way, linguistic findings correlate better with how users conceptualise language by adequately reflecting ideas such as conceptual structure, categorisation and knowledge. Consequently, appropriate contrastive corpus tools and methods are employed. This paper also emphasises the need of semiotic approaches to the analysis of linguistic data in order to provide ostensive and cognitive-oriented lexical explanations. Such approaches are also necessary to guarantee an efficient pairwise investigation of paronyms. Advantages and disadvantages of explorative self-organising feature maps will be explained in more detail.
Dictionary usage research views dictionaries primarily as tools for solving linguistic problems. A large proportion of dictionary use now takes place online and can thus be easily monitored using tracking technologies. Using the data gathered through tracking usage data, we hope to optimize user experiences of dictionaries and other linguistic resources. Usage statistics are also used for external evaluation of linguistic resources. In this paper, we pursue the following three questions from a quantitative perspective: (1) What new insights can we gain from collecting and analysing usage data? (2) What limitations of the data and/or the collection process do we need to be aware of? (3) How can these insights and limitations inform the development and evaluation of linguistic resources?
Sprache ist ein zentraler Bestandteil menschlicher Kommunikation und dient, neben anderen Funktionen, der Etablierung und Gestaltung sozialer Beziehungen, dem Ausdruck von Macht, von Gruppenzugehörigkeit und Identität, aber auch von Ab- und Ausgrenzung, im Privaten wie im Öffentlichen und Politischen. In diesem Beitrag wird der Blick auf den Umgang mit Sprache im deutsch-kolonialen Kontext gerichtet: Es geht darum, wir durch Vorgaben zum Gebrauch von Sprache(n) und deren variable Umsatzung vor Ort das Deutsche Kaiserreich als Kolonialmacht in den Kolonialgebieten in Ozeanien präsent war und repräsentiert wurde.
Um das Thema Gendern oder geschlechtergerechte Sprache hat sich eine hitzige gesellschaftliche Debatte entwickelt. Seit Anfang des Jahres ist die Diskussion um geschlechtergerechte Sprache medial wieder besonders präsent. Anlass ist u.a. die Überarbeitung der Bedeutungsbeschreibungen im Duden online. Vor kurzem widmete sogar Der Spiegel dem Thema den Hefttitel und einen Leitartikel (vgl. Bohr et al. 2021). Allerdings erschöpft sich die Diskussion leicht in Pro- und Kontra-Positionen, dabei gibt es eine ganze Bandbreite von Aspekten rund um das Thema ‚geschlechtergerechte Sprache‘ zu betrachten, die eine differenziertere Diskussion ermöglichen können. Ziel dieses Beitrags ist es, einige dieser Aspekte knapp und möglichst verständlich in die Debatte einzubringen.
Die Coronapandemie hat die Welt seit Anfang 2020 in vielfältiger Weise geprägt. Der Alltag hat sich gewandelt: Schule, Beruf, das tagtägliche Bewegen in der Öffentlichkeit oder in Verkehrsmitteln ist Regeln unterstellt, die es in dieser flächendeckenden und umfassenden Art so noch nicht gegeben hat. In diesem Wandel in der Welt ist auch die Sprache einer stetigen Entwicklung unterworfen. Neue Dinge in der Welt wollen erzählt und ausgetauscht werden. Und so kommt es in der Zeit der Coronapandemie zu zahlreichen Wortneuschöpfungen, Entlehnungen oder Bedeutungserweiterungen von bereits existierenden Wörtern. Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim (IDS) beobachtet diese Entwicklungen und arbeitet u. a. im Projekt »Neuer Wortschatz« an der Dokumentation dieser lexikalischen Spuren, die die Coronapandemie im Wortschatz hinterlässt. Der Beitrag begibt sich auf Spurensuche nach Neuem, nach neu Ausgehandeltem und nach der Frage, wie die (Wort-)Geschichte wohl weitergehen wird.