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This paper focuses on so called syntactic projection phenomena in the German language. This term from the German Gesprächsforschung is used to define the fact that an utterance or part of it foreshadows another one. This paper aims at pointing out how such projection phenomena are consciously exploited for rhethorical purposes. This will be observed on the basis of excerpts from the Stuttgart 21 mediation talks. The linguistic analysis carried out in this paper will focus on syntactic projection phenomena involving the use of causal adverbial connectives deshalb and deswegen.
The development of tools for computer-assisted transcription and analysis of extensive speech corpora is one main issue at the Institute of German Language (IDS) and the Institute of Natural Language Processing (IMS). Corpora of natural spoken dialogue have been transcribed, and the analogue recordings of these discourses are digitized. An automatic segmentation system is employed which is based on Hidden Markov Models. The orthographic representation of the speech signal is transformed into a phonetic representation, the phonetic transcription is transformed into a system-internal representation, and the time alignment between text and speech signal follows. In this article, we also describe the retrieval software Cosmas II and its special features for searching discourse transcripts and playing time aligned passages.
Kommunikation gewinnt in allen gesellschaftlichen Bereichen eine immer größere Bedeutung. Auf den Begriff gebracht wird dies mit dem Stichwort der ›Versprachlichung der Gesellschaft‹. Auch in der Wirtschaft wächst das Bewusstsein dafür, dass die Produktion von Waren und das Erbringen von Dienstleistungen mit vielfältigen kommunikativen Prozessen verbunden sind und dass der Anteil von Kommunikation im Rahmen wirtschaftlicher Leistungen immer größer wird. Kommunikation hat sich zu einer zentralen Produktivkraft entwickelt, und entsprechend wird Kommunikationsfähigkeit für Management und Mitarbeiter auf allen Ebenen zunehmend zur Schlüsselqualifikation. Die Sprachwissenschaft, zu deren Gegenstand die Analyse von Kommunikationsprozessen und die Verbesserung von Kommunikationsfähigkeit gehört, hat lange Zeit die Wirtschafts- und Unternehmenskommunikation ignoriert und dieses Gebiet Psychologen, Betriebswirtschaftlern und Kommunikationstrainern überlassen. Erst mit der neuen Forschungsrichtung der Gesprächsanalyse, die Strukturen und Probleme von Gesprächen aus allen Bereichen der Gesellschaft untersucht, ist auch die Wirtschaft wieder ins Blickfeld der Sprachwissenschaft gerückt. Sehr schnell war dabei klar, dass man keine Aussagen über die Wirtschaftskommunikation machen kann (und dass es auch keine Fachsprache der Wirtschaft gibt) – dazu sind Wirtschaft und Unternehmen zu vielgestaltig –, sondern dass einzelne Gesprächsformen untersucht werden müssen, die unternehmensübergreifend vorkommen.
Es wurden Interviews mit hauptberuflichen KommunikationstrainerInnen geführt, um herauszufinden, inwieweit diese sprachwissenschaftliche Theorien, Methoden und Ergebnisse kennen und für ihre Trainings nutzen, wie sie das Verhältnis von Theorie und Praxis der Kommunikation sehen und welche Methoden der Diagnose von Kommunikationsproblemen, Veränderung und Evaluation sie einsetzen. Wie die Befragung zeigt, ist die Distanz zwischen Trainingspraxis und Sprachwissenschaft noch immer sehr groß und haben nur wenige Theorien und Ergebnisse in den Trainingsbereich Eingang gefunden. Die diskursanalytischen Methoden zur Analyse kommunikativer Probleme werden hier bislang kaum genutzt. Eine Konsequenz daraus sollte u.E. sein, daß die Linguistik für eine Kooperation in aktiver Weise attraktive und auf die Adressaten zugeschnittene Angebote machen muß.
Es wurden Interviews mit hauptberuflichen Kommunikationstrainerinnen geführt, um herauszufinden, inwieweit diese sprachwissenschaftliche Theorien, Methoden und Ergebnisse kennen und für ihre Trainings nutzen, wie sie das Verhältnis von Theorie und Praxis der Kommunikation sehen und welche Methoden der Diagnose von Kommunikationsproblemen, Veränderung und Evaluation sie einsetzen. Wie die Befragung zeigt, ist die Distanz zwischen Trainingspraxis und Sprachwissenschaft noch immer sehr groß und haben nur wenige Theorien und Ergebnisse in den Trainingsbereich Eingang gefunden, Die diskursanalytischen Methoden zur Analyse kommunikativer Probleme werden hier bislang kaum genutzt. Eine Konsequenz daraus sollte u.E. sein, daß die Linguistik für eine Kooperation in aktiver Weise attraktive und auf die Adressaten zugeschnittene Angebote machen muß.
Einführung in die Bände
(2002)
Einführung in die Bände
(2002)
Einführung in die Bände
(1999)
Deutschlandtürkisch?
(2004)
Migration führt zu Zwei- und Mehrsprachigkeit. Ein Ausdruck dieser Sprachkontaktsituation sind Phänomene wie Codeswitching oder Codemixing, die weltweit, wie auch im kommunikativen Haushalt der türkischen Migranten in Europa, zu beobachten sind.1 Eine andere Folge dieses Prozesses sind Auffälligkeiten, die sich im Laufe der Zeit auf verschiedenen Ebenen der Diasporasprachen zeigen. Im vorliegenden Beitrag beschäftigen wir uns mit der Frage nach solchen Besonderheiten und ihren Ursachen im Türkischen der Migranten in Deutschland. Hierzu analysieren wir mündliche Alltagskonversationen von zwei Gruppen. Unsere Analyse von gesprochener Sprache wirft in diesem Zusammenhang einige zentrale methodologische Fragen bezüglich der untersuchten Daten und der Analyseperspektive auf, die wir zunächst in Auseinandersetzung mit der Forschungsliteratur erörtern.
Der Beitrag präsentiert Ergebnisse des Projekts „Deutsch im Beruf: Die sprachlich-kommunikative Integration der Flüchtlinge“, das am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) durchgeführt wird. Im ersten Teil wird auf die zweistufige Sprachstandserhebung in den allgemeinen Integrationskursen eingegangen, die zusammen mit dem Goethe-Institut umgesetzt wurde. Bei der ersten Erhebung zu Beginn der Kurse wurden mit einer Tabletumfrage die Sozialdaten und Sprachenbiografien der Teilnehmenden erhoben. Bei der zweiten Erhebung am Ende der gleichen Kurse ging es darum, mit Hilfe der Analyse von Sprachaufnahmen das erreichte mündliche Kompetenzniveau der Teilnehmenden zu ermitteln. Im zweiten Teil des Beitrags stellen wir Ergebnisse unserer ethnografisch-gesprächsanalytischen Feldstudien vor, die wir in verschiedenen Arbeitskontexten wie Qualifizierungsmaßnahmen, duale Berufsausbildung und betriebliche Praktika durchgeführt haben. In Bezug auf die zentralen Fragen zu gegenseitiger Verständigung und der Sprachvermittlung am Arbeitsplatz konnten wir im Rahmen unserer Ethnografien drei prototypische Praktiken feststellen, auf die wir näher eingehen: a) „kaum Verständnissicherung und Sprachvermittlung“, b) „ad-hoc Verständnissicherung und Sprachvermittlung“ und c) „systematische Verständnissicherung und Sprachvermittlung“. Des Weiteren fokussieren wir im letzten Teil des Beitrags die Ergebnisse unserer ethnografischen Langzeitstudie zu Betriebspraktika von studierenden Geflüchteten. Anhand der Untersuchung von Reparaturen zeigt sich hier die Entwicklung der interaktionalen Kompetenz eines L2-Sprechers, die mit einer zunehmenden kommunikativen Integration in Teamgesprächen einhergeht.
Der Beitrag plädiert für eine Untersuchung der gesprochenen Sprache als integralem Bestandteil multimodaler Interaktionspraktiken. Das leibliche Handeln bildet die Infrastruktur für die Verwendung von Sprache, es schafft Bedingungen, Möglichkeiten und Motivationen für die Verwendung spezifischer sprachlicher Strukturen; umgekehrt wird es seinerseits durch sprachliches Handeln organisiert. Zunächst werden in dem Beitrag grundlegende Eigenschaften multimodaler Interaktion dargestellt: die Vielfalt der leiblichen Handlungsressourcen und ihre Koordination, Sequenzialität und Simultaneität von Aktivitäten, multimodale Beteiligung an der Interaktion, der Stellenwert von Raum, Objekten, Multiaktivität und Bewegung. Ebenso wird kurz auf die methodischen Grundlagen der Untersuchung eingegangen: Videoaufnahme und multimodale Transkription. An drei sprachlichen Phänomenbereichen wird dann exemplarisch gezeigt, wie sprachliche Praktiken durch ihr Zusammenspiel mit anderen leiblichen Ressourcen der Kommunikation geprägt sind. Im Einzelnen geht es um die Disambiguierung sprachlicher Praktiken durch ihre Koordination mit anderen Ressourcen, die Erweiterung sprachlicher Strukturen, die aufgrund von Rezipientenreaktionen simultan zur Turn-Produktion stattfindet, und die Verwendungen minimaler Referenzformen, die sich auf die multimodale Ko-Orientierung der Beteiligten stützt.
Im vorliegenden Artikel wird eine gemeinschaftliche Folgekommunikation über den Film "Angel Heart" anhand einer Diskussion einer Gruppe von Jugendlichen untersucht. Die Gruppenmitglieder (Sandra, Sonja, Andi und Michel) waren zum Zeitpunkt der Aufnahme 16 Jahre alt und verbrachten regelmäßig gemeinsam ihre Freizeit. Die Diskussion fand im Anschluss an die Rezeption des Films statt. Sie wurde vom Autor des vorliegenden Textes initiiert und geleitet, wobei versucht wurde, den Interessen der Jugendlichen und der sich zwischen ihnen entspinnenden Gesprächsdynamik zu folgen. Die Gruppendiskussion wurde konversationsanalytisch ausgewertet.
In diesem Beitrag werden Möglichkeiten und Grenzen einer konversationsanalytischen Erforschung wortsemantischer Fragestellungen exploriert. Anhand der Verwendung des Ausdrucks „Freiheit“ in unterschiedlichen Phasen einer umweltpolitischen Diskussion wird gezeigt, wie Gesprächsteilnehmer durch metasemantische Aktivitäten die Bedeutung des Ausdrucks kontextsensitiv lokal jeweils neu und in konkurrierender Weise konstituieren. Aus der Fallanalyse werden Überlegungen zur Adäquatheit semantiktheoretischer Konzepte als Instrumente zur Rekonstruktion situierter Wortverwendung und zu möglichen Leistungen der Konversationsanalyse als Methodologie semantischer Untersuchungen entwickelt.
Using instances of conversations of among German adolescents, this paper aims at an empirical, conversation analytic reconstruction of interactional procedures by which participants accomplish locally relevant meanings of words. Object of the study is the evaluative adjective assi, which is a common item of German adolescents' slang. Evaluative adjectives are said to be either polysemous or underspecified in meaning. The paper shows how interactionalists accomplish local meanings of the item by using it in certain sequential environments (story prefaces, comments and conclusions) which are related to genres of moral entertainment (e.g. gossip, fictitious stories). Locally relevant features of word-meaning (such as affective meaning, lexical opposition, exclusion of semantic features) are specified in more detail by interactionalists as they use specialized practices (such as expressive enactments, contrasting, blocking implications) which are realized by specific linguistic means (such as paraverbal strategies, negation, disjunctive connectives).
This paper attempts a critique of the notion of 'dialogue' in dialogue theory as espoused by Linell, Markova, and others building on Bakhtin’s writings. According to them, human communication, culture, language, and even cognition are dialogical in nature. This implies that these domains work by principles of other-orientation and interaction. In our paper, we reject accepting other-orientation as an a priori condition of every semiotic action. Instead, we claim that in order to be an empirically useful concept for the social sciences, it must be shown if and how observable action is other-oriented. This leads us to the following questions: how can we methodically account for other-orientation of semiotic action? Does other-orientation always imply interaction? Is every human expression oriented towards others? How does the other, as s/he is represented in semiotic action, relate to the properties which the other can be seen to exhibit as indexed by their observable behavior? We study these questions by asking how the orientation towards others becomes evident in different forms of communication. For this concern, we introduce ‘recipient design’, ‘positioning’ and ‘intersubjectivity’ as concepts which allow us to inquire how semiotic action both takes the other into account and, reflexively, shapes him/her as an addressee having certain properties. We then specifically focus on actions and situations in which other-orientation is particularly problematic, such as interactions with children, animals, machines, or communication with unknown recipients via mass media. These borderline cases are scrutinized in order to delineate both limits and constitutive properties of other-orientation. We show that there are varieties of meaningful actions which do not exhibit an orientation towards the other, which do not rest on (the possibility of) interaction with the other or which even disregard what their producer can be taken to know about the other. Available knowledge about the other may be ignored in order to reach interactional goals, e. g. in strategical interactions or for concerns of socialization. If semiotic action is otherorientated, its design depends on how the other is available to and matters for their producer. Other-orientation may build on shared biographical experiences with the other, knowledge about the other as an individual and close attention to their situated conduct. However, other-orientation may also rest on (stereo-)typification with respect to institutional roles or group membership. In any case, others as they are represented in semiotic action can never be just others-as-such, but only othersas-perceived-by-the-actor. We conclude that the strong emphasis which dialogue theories put on otherorientation obscures that other-orientation is neither universal in semiotic action, that it must be distinguished from an interactive relationship, and that the ways in which the other figures in semiotic actions is not homogeneous in any of its most general properties. Instead, there is a huge variation in the ways in which the other can be taken into account. Therefore close scrutiny of how the other precisely figures in a certain kind of semiotic action is needed in order to lend the concept of ‘other-orientation’ empirical substance and a definite sense.
Tollpatschig interviewen oder interviewt werden – Kurzvideos im ukrainischen und deutschen Fernsehen
(2016)
Kurzinterviews im Fernsehen stellen nicht nur für die kontrastive Medienlinguistik, sondern auch für die Gesprächsanalyse, Textsortenlinguistik und Pragmatik einen aufschlussreichen Gegenstand dar, besonders wenn es sich um kommunikative Abweichungen handelt. Der Beitrag stellt die Klassifizierung der Abweichungen bzw. der Deviationen in den Fernsehinterviews in Bezug auf die Kommunikation und die Sprache vor. Dabei werden die Kommunikationsdeviationen vom Standpunkt des Adressanten, des Kommunikationsprozesses, des gegenseitigen Verständnisses und des Adressaten sowie sprachliche Abweichungen betrachtet. Im Beitrag werden gemeinsame und unterschiedliche Merkmale der Deviationen in ukrainischen und deutschen Kurzinterviews im Fernsehen festgestellt, was zur Erarbeitung eines Modells der Deviationen und zu einer tieferen kontrastiven Untersuchung beider Sprachen verhilft.
Der vorliegende Beitrag setzt sich mit dem computergestützten Transkriptionsverfahren arabisch-deutscher Gesprächsdaten für interaktionsbezogene Untersuchungen auseinander. Zunächst werden wesentliche methodische Herausforderungen der gesprächsanalytischen Arbeit adressiert: Hinsichtlich der derzeitigen Korpustechnologie ermöglicht die Verwendung von arabischen Schriftzeichen in einem mehrsprachigen, bidirektionalen Transkript keine analysegerechte Rekonstruktion von Reziprozität, Linearität und Simultaneität sprachlichen Handelns. Zudem ist die Verschriftung von arabischen Gesprächsdaten aufgrund der unzureichenden (gesprächsanalytischen) Beschäftigung mit den standardfernen Varietäten und gesprochensprachlichen Phänomenen erschwert. Daher widmet sich der zweite Teil des Beitrags den bisher erarbeiteten und erprobten Lösungsansätzen ̶ einem stringenten, gesprächsanalytisch fundierten Transkriptionssystem für gesprochenes Arabisch.
Im Beitrag werden drei sprachwissenschaftliche Zugänge zu Diagnosen vorgestellt: In der Gesprächsanalyse wird die Diagnoseherstellung in der mündlichen Arzt-Patienten-Interaktion beleuchtet. Diagnosen entstehen kollaborativ,indem Gesprächsphasen durchlaufen und charakteristische Handlungen in bestimmten Äußerungsformaten vollzogen werden. Im Blickpunkt der Text- und Kommunikationsgeschichte steht hingegen das schriftsprachliche Handeln. Das Herstellen einer Diagnose erfordert hier die nachträgliche Bearbeitung vorgängiger mündlicher Interaktionen gemäß einer etablierten Textsorte: dem Erhebungsbogen. Von diesen Formen der Diagnoseherstellung unterscheidet sich, wie ein diskurslinguistischer Zugriff zeigt, die massenmediale Faktizitätsherstellung in Diskursen wie dem Impfdiskurs, die auch für ein medizinisches Laienpublikum relevant sind. Mit dem Beitrag soll nicht nur deutlich gemacht werden, in welchengem Zusammenhang mündliche Interaktion und schriftliche Fixierung stehen, sondern auch betont werden, dass das massenmedial vermittelte medizinische Lai*innen in relative Expert*innen verwandeln kann.
Widerstand als psychoanalytisches Konzept beschreibt die Ambivalenz von Psychotherapiepatient*innen gegenüber dem therapeutischen Veränderungsprozess. Während der*die Patient*in sich mit dem Wunsch, bestimmte Veränderungen zu erzielen, auf die Therapie einlässt, stellen sich diesem Wunsch unbewusste Kräfte entgegen, die versuchen, den Status quo aufrechtzuerhalten. Hintergrund ist die Annahme, dass Widerstand eine Schutzfunktion darstellt, um schmerzhafte Affekte abzuwehren, die integraler Bestandteil eines psychotherapeutischen Prozesses sind. Therapeut*innen sehen sich vor der Aufgabe, Widerstandsphänomene als solche zu erkennen, deren Funktion zu verstehen und einen gemeinsamen Verstehensprozess mit dem*der Patient*in zu ermöglichen. Eine gesprächsanalytische Untersuchung von Widerstand und dessen kommunikativer Bearbeitung bietet eine wertvolle Ergänzung zur psychotherapeutischen Betrachtungsweise. Ein bislang in der Literatur wenig beachtetes Widerstandsphänomen ist Verbosität, womit gemeinhin ausufernde, unfokussierte Erzählungen gemeint sind. Aufbauend auf der bisher einzigen gesprächsanalytischen Untersuchung zu Verbosität als Widerstandsphänomen von Fenner, Spranz-Fogasy und Montan (2022) ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, herauszuarbeiten, wie Widerstandsmanagement bei Verbosität verwendet wird. Dafür werden zwei Fallbeispiele gesprächsanalytisch untersucht. Diese stammen aus einem Korpus 34 videographierter ambulanter psychodynamischer Therapiesitzungen. Anhand des ersten Fallbeispiels wird deutlich, dass Verbosität als Widerstandsphänomen nicht nur patient*innenseitig geäußert wird, sondern gemeinsam mit dem*der Therapeut*in interaktiv hergestellt und forciert werden kann. Das zweite Beispiel zeigt, wie Widerstandsmanagement zu einer Auflösung des Widerstands führen kann. Die Analysen verdeutlichen zum einen auch, dass der psychoanalytische Widerstandsbegriff aus gesprächsanalytischer Sicht kritisch zu betrachten ist und zum anderen, dass beide Disziplinen nicht unbedingt zu den gleichen Ergebnissen kommen.
Dieser Beitrag thematisiert Besonderheiten der sprachlichen Kommunikation im Alter. Zunächst werden allgemeine Charakteristika der Altersidentität skizziert, in der Komponenten wie Sozialität und Partner- bzw. Personenorientierung eine besondere Rolle spielen. Anschließend werden Merkmale des Diskurses erörtert, in dem Altersidentität ausgebildet und fortentwickelt wird Vor allem die Ambivalenz zwischen dem Festhalten an der Erwachsenenidentität und dem Akzeptieren von Abweichungen davon ist für diesen Diskurs konstitutiv. Anhand exemplarischer Gesprächsausschnitte wird sodann aufgezeigt, in welcher Weise sich die für das Alter typischen Identitätskomponenten sowie die Orientierung an den Normalitätsstandards der mittleren Generation im kommunikativen Geschehen manifestieren.
Die Kommunikation älterer Menschen (untereinander wie mit jüngeren) ist in der sprachwissenschaftlichen Forschung der Bundesrepublik ein sträflich vernachlässigtes Feld (Abschnitt 1). Zunächst werden drei verschiedene alltagsweltliche Konzepte von Alter vorgestellt (Abschnitt 2). Auf der Grundlage der Analyse authentischer Aufzeichnungen versucht der Beitrag dann, einige der Besonderheiten des Kommunikationsverhaltens älterer Menschen exemplarisch zu veranschaulichen, und er stellt die Frage, ob sich diese Besonderheiten als ein eigenständiger Kommunikationsstil auffassen lassen (Abschnitt 3). In methodologischer Hinsicht charakterisiert der Beitrag drei verschiedene Zugänge zur Erfassung altersspezifischer Phänomene: die Erfassung spezifischer Phänomene in Listenform, die Rekonstruktion der Verfahren zur interaktiven Konstitution und Akzentuierung von Alter und letztlich die Herleitung altersspezifischer Phänomene im Kommunikationsverhalten aus den Veränderungen der sozialen Lebenssituation im Alter (Abschnitt 4). Die beiden letztgenannten Zugänge werden durch empirische Analysen exemplifiziert (Abschnitt 5.2 und 5.3). Zuvor (Abschnitt 5.1) werden noch vier verschiedene typische Konstellationen unterschieden, in denen alte Menschen kommunizieren.
In youth research as well as in research in old age, there has been a tendency to examine each generation separately - an approach that tries to comprehend youth and old age within their respective boundaries, as isolated entities. However, by neglecting the interrelations between the different generations, several key aspects that are crucial to the formation of their respective identity remain elusive. Given a model of three generations - of youth, middle generation and old age -, both youth and old age share a common social dependency on the middle generation in many respects. Moreover, those generations are dominated by the middle one and only take a marginal position in comparison. The relation between the surrounding generations and the ‘middle’ generation (for which there is no proper term actually) could be described best as “not yet” or “not any more”. These circumstances certainly have an impact on the formation of individual identity within the generations of youth and old age: the process of evaluating the norms, values, models and ideals of the middle generation (which are central to and preferred by society) plays a substantial role in the development of identity. The course of this process and its outcome are often similar with both the young and the elderly people, whilst there are also clear differences. In my contribution, I would like to outline the ramifications of this social dependence with regard to the impact it has on the formation of identity in the generation of the elderly people. Similarly, I intend to give impetus to a reflection on the forms of interdependence between the young and the middle generation as well as between the young and the elderly. Also, I would like to discuss the effects these interrelations have on young people’s identity.
Der Beitrag verdeutlicht am Beispiel eines bestimmten Gesprächstyps - Reklamationsgesprächen -, welche Möglichkeiten die angewandte Diskursforschung zu seiner Analyse hat und wie entsprechende Untersuchungsergebnisse für Trainings fruchtbar gemacht werden können. Speziell wird gezeigt, wie die in Reklamationen auftretenden Kommunikationsprobleme den Aufgaben eines zugrundeliegenden Handlungsschemas zugeordnet werden können und welche Möglichkeiten zur sprachlich-kommunikativen Bewältigung dieser Aufgaben bestehen.
Der Beitrag verdeutlicht am Beispiel eines bestimmten Gesprächstyps – Reklamationsgesprächen –, welche Möglichkeiten die angewandte Diskursforschung zu seiner Analyse hat und wie entsprechende Untersuchungsergebnisse für Trainings fruchtbar gemacht werden können. Speziell wird gezeigt, wie die in Reklamationen auftretenden Kommunikationsprobleme den Aufgaben eines zugrundeliegenden Handlungsschemas zugeordnet werden können und welche Möglichkeiten zur sprachlich-kommunikativen Bewältigung dieser Aufgaben bestehen.
Vorwort
(1995)
Gesprächstraining
(2004)
ZuRecht steht für Zugang zur Recherche in Transkripten. Es handelt sich um eine prototypische Implementierung einer webbasierten grafischen Benutzeroberfläche, welche Zugriff auf Transkripte gesprochener Sprache aus dem Archiv für Gesprochenes Deutsch (AGD) des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) bietet. Der Zugriff erfolgt über die neue, im Projekt „ZuMult“ entwickelte Schnittstelle zur Suche in mündlichen Korpora. ZuRecht dient einerseits der Demonstration der Möglichkeiten der neuen Schnittstelle, indem es komplexe Suchanfragen mit der speziell für die Korpusrecherche entwickelten Anfragesprache CQP auf Transkriptionen gesprochener Sprache erlaubt. Andererseits kommt ZuRecht als Erweiterung der Datenbank für Gesprochenes Deutsch (DGD) zum Einsatz und eröffnet den DGD-Nutzer:innen viele neue Forschungsmöglichkeiten, insbesondere auf den Gebieten der Gesprächsanalyse und der DaF/DaZ-bezogenen Forschung. Im Beitrag werden die Funktionalitäten von ZuRecht ausführlich vorgestellt und ihre Einsatzmöglichkeiten in den genannten Disziplinen exemplarisch vorgeführt.
Manual für die Kodierung von Fragetypen und Fragesequenztypen im Coaching. Version 1.0 (Mai 2023)
(2023)
Das vorliegende Manual dient der Beschreibung und Bewertung einer coachingspezifischen Typologie von Fragen und, darauf aufbauend, der durch diese Fragen kontextualisierten Fragesequenzen. Mittels eines interdisziplinären psychologischen und linguistisch-gesprächsanalytischen Ansatzes wird ein Rating-Instrument zur qualitativen und quantitativen Erfassung von Fragen und Fragesequenzen im Coachingprozess entwickelt. Ziel ist es, weniger gelingende von besser gelingenden Sequenzen zu unterscheiden. Dabei wird davon ausgegangen, dass gelingende Sequenzen zum Gesamterfolg des Gesprächs beitragen.
Das Gelingen der Fragesequenzen wird mit Hilfe der Responsivität von Coach und Coachee bewertet. Responsivität bezieht sich auf die sprachlichen Handlungen beider Gesprächsteilnehmer*innen (Graf & Dionne 2021) und wird in diesem Manual sowohl auf der Ebene einzelner Sequenzpositionen als auch der Gesamtsequenz verstanden. Die Responsivität der Gesprächsteilnehmer*innen sowie das Gelingen der Fragesequenzen wird in Bezug auf die Organisationsstruktur des Coachinggesprächs betrachtet.
Gegenstand des Manuals sind dyadische Coachinggespräche zwischen Coaches und Coachees aus dem Bereich des berufsbezogenen Coachings. Fragen der Coaches dienen als Ausgangspunkt (target action) (Peräkylä 2019) für die Bildung einer Fragesequenz.
Die Arbeit wurde vom Verein für Gesprächsforschung mit dem Dissertationsförderpreis 2020 ausgezeichnet.
Bis heute gehört die Frage, wie InteraktionsteilnehmerInnen verstehen, welche von mehreren möglichen Lesarten eines sprachlichen Formats im jeweiligen Kontext gilt, zu den größten Herausforderungen der Konversationsanalyse. Aufbauend auf den Erkenntnissen über soziales Handeln in der Interaktion in Sprechakttheorie und Konversationsanalyse beschäftigt sich diese Arbeit mit dem Verhältnis zwischen rekurrenten sprachlichen Formaten und sozialen Handlungen. Im Fokus stehen interrogative und deklarative Modalverbformate: soll ich...?, kannst du...?, willst/magst/möchtest du...?, du kannst... und ich kann...
Eine umfassende, korpusdatengestützte Untersuchung zu diesen Formaten im Deutschen fehlte bisher. In der Forschung zu anderen Sprachen wurden vergleichbare Formate eingehender untersucht, aber fast ausschließlich in Bezug auf direktiv-kommissive Handlungen, wie Bitten, Aufforderungen, Angebote, Vorschläge etc., während das breitere Handlungsspektrum und -potenzial der Formate nicht aufgezeigt wurde.
Die vorliegende Untersuchung zeigt auf,
1. welches Handlungsspektrum die untersuchten Formate aufweisen,
2. wie die Komposition eines Turns, dessen Position (i.e., in der laufenden Sequenz, in der Interaktion, in der Aktivität oder in der Interaktionsgeschichte) sowie weitere kontextuelle Faktoren (wie z.B. die Verteilung von epistemischen und deontischen Rechten) dazu beitragen, wie das Format als diese oder jene Handlung in der Interaktion verstanden wird, und
3. welches Handlungspotenzial bzw. welche globale Handlungsbedeutung das jeweilige Format aufweist.
Die Untersuchung bedient sich der Methodik der Konversationsanalyse und der Interaktionalen Linguistik und beruht auf mehr als 500 Belegen aus Videoaufnahmen natürlicher Interaktion aus dem FOLK-Korpus.
Die vorliegende Arbeit zeigt, welche Handlungen mit den untersuchten Formaten vollzogen werden und welche Rolle unterschiedliche Faktoren (wie die Position des Turns, die Verteilung von deontischen und epistemischen Rechten, und die Verantwortung für das Projekt, auf das sich die Handlung bezieht, das Agens der künftigen Handlung, das nonverbale Verhalten von Interagierenden während der Realisierung des fokalen Turns etc.) dafür spielen, wie das jeweilige Format verstanden wird. Überdies wird nachgewiesen, welche weiteren linguistischen Merkmale (wie z.B. Vorkommen von Adverbien und Modal- bzw. Abtönungspartikeln, Argumentrealisierung, Wortfolge, Semantik des Vollverbs etc.) zusätzlich zum Modalverbformat für Handlungskonstitution und -zuschreibung relevant sein können und wann. Somit werden Faktoren herausgearbeitet, die für die weitere Entwicklung des Konzeptes ‚Format für soziale Handlungen‘ notwendig sind.
Die Arbeit zeigt, dass eine umfassende Analyse des gesamten Handlungsspektrums der Verwendung sprachlicher Formen auf Basis eines großen Korpus notwendig ist, um die für bestimmte Handlungsfunktionen relevanten Realisierungs- und Kontextbedingungen korrekt identifizieren zu können und vorschnellen Schlüssen über die Assoziation von linguistischen Formaten mit bestimmten Handlungen vorzubeugen. Trotz unterschiedlicher feingranularer Funktionen der Formate ist allerdings stets eine Kernbedeutung feststellbar, die zum Handlungspotenzial des jeweiligen Formats beiträgt.