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Wie wirkt sich das Schreiben kürzerer Texte in interaktionsorienterter Online-Kommunikation langfristig auf das Schreiben und die Qualität monologischer Texte aus? Auf diese Frage geht der Beitrag ein und präsentiert dazu empirische Daten aus einer Korpus-Vergleichsstudie, in der die Verwendung ausgewählter Konnektoren in einem Facebook-Korpus quantitativ und qualitativ analysiert und mit der Verwendung in dialogischen Texten von Wikipedia-Diskussionsseiten einerseits und in monologischen Texten wie Zeitungskommentaren und Schulertexten anderseits verglichen wurde. Die Analysen fokussieren darauf, wie Konnektoren in Online-Texten eingesetzt werden, ob sich spezifische Online-Verwendungen etablieren und ob „Spuren“ typischer Online-Verwendungen auch in normgebundener Umgebung nachweisbar sind.
Personalpronomina und ihre reduzierten und klitischen Formen stehen an markanten Satzpositionen, die sich von der Position der koreferenten vollen Nomina grundsätzlich unterscheiden. Sie erscheinen allerdings in manchen Sprachen verbbezogen als Enklitika, in anderen als Proklitika. Es wird zuerst erwogen,diese enklitische bzw. proklitische Position von der grundlegenden Linearitätstypologie im greenbergschen Sinne (SVO und SOV/VSO) abhängig zu machen. Wiewohl prinzipiell richtig zwingen klitische Pronomina im Skandinavischen sowie die Klitikstellung in Nichtdeklarativen zur Annahme,nach der ersten (rechtesten) thematischen Diskursposition im strukturellen Satzschema als Ort für die schwachen Pronominalformen zu suchen. Diese Annahme erscheint für eine Reihe von nichtverwandten Sprachen als haltbar. Im Blickpunkt stehen Sprachen aus den drei greenbergschen Haupttypen: SVO als V-mittelständigen Sprachen sowie SOV/VSO als V-randständige Sprachen. Je nachdem wie nichtdeklarative Satze sich aus den zugrundegelegten Strukturen ableiten, erreicht das pronominale Klitikum eine enklitische oder eine postklitische Position,die sich dadurch auszeichnet,daß sie die rechteste diskursfunktionale Themaposition ist. Diese Einsicht macht die strukturelle Verschiebung der schwachen Pronomina systematisch ableit- und voraussagbar.
Die sprachliche Situation im Kanton Graubünden, wo eine Vielzahl von italienischen, romanischen und deutschen Varietäten in lang andauerndem Kontakt stehen, ist bisher nur wenig beschrieben, eine wahrnehmungslinguistische Untersuchung steht noch ganz aus. Ausgehend von der Annahme, dass Salienz abhängig vom eigenen sprachlichen System und vom Sprecherwissen ist, wurde ein Experiment konzipiert, bei dem Hörer aus Graubünden und Zürich Aufnahmen aus drei Bündner Orten, in denen Rätoromanisch und Deutsch in unterschiedlichen Kontaktverhältnissen stehen, hören und kommentieren sollten. Dabei konnte gezeigt werden, dass Bündner aufgrund ihres Sprecherwissens über die Variation in Graubünden andere Merkmale wahrgenommen und die Aufnahmen anders charakterisiert haben als Zürcher.
Seit 2017 wird im deutschen Mikrozensus eine Frage zur Sprache der Bevölkerung gestellt. Die letzte Spracherhebung in einem deutschen Zensus datiert aus dem Jahr 1939; entsprechend gibt es aktuell keine aussagekräftigen Sprachstatistiken in Deutschland. Die neue Sprachfrage des Mikrozensus weist jedoch erhebliche Mängel auf; offensichtlich wurde sie als Stellvertreterfrage zur Messung kultureller Integration konzipiert. Im vorliegenden Text werden die Fragen diskutiert und ihre ersten Ergebnisse analysiert. Daran anschließend werden andere Varianten von Sprachfragen dargestellt, dabei wird insbesondere auf die vorbildlichen Sprachfragen im kanadischen Zensus eingegangen. Abschließend wird die Sprachfrage der Deutschland-Erhebung 2018 des IDS inklusive ihrer Ergebnisse vorgestellt; die Deutschland-Erhebung 2018 stellt neben dem Mikrozensus bislang die einzige repräsentative Spracherhebung in Deutschland dar.
Language attitudes matter; they influence people’s behaviour and decisions. Therefore, it is crucial to learn more about patterns in the way that languages are evaluated. One means of doing so is using a quantitative approach with data representative of a whole population, so that results mirror dispositions at a societal level. This kind of approach is adopted here, with a focus on the situation in Germany. The article consists of two parts. First, I will present some results of a new representative survey on language attitudes in Germany (the Germany Survey 2017). Second, I will show how language attitudes penetrate even seemingly objective data collection processes by examining the German Microcensus. In 2017, for the first time in eighty years, the German Microcensus included a question on language use ‘at home’. Unfortunately, however, the question was clearly tainted by language attitudes instead of being objective. As a result, the Microcensus significantly misrepresents the linguistic reality of different migrant languages spoken in Germany.
Studenten, StudentInnen, Studierende? Aktuelle Verwendungspräferenzen bei Personenbezeichnungen
(2020)
Im Beitrag werden Meinungen und Einstellungen zur geschlechtergerechten Sprache dargestellt. Dazu werden verschiedene Möglichkeiten für die Bezeichnung von Personen, die studieren, in den Blick genommen. Diese werden zunächst beschrieben und ihre Frequenzen im Deutschen Referenzkorpus ausgewertet. Anschließend werden explizit die Meinungen und Einstellungen behandelt. Dafür werden die Daten der Deutschland-Erhebung 2008 und der Deutschland-Erhebung 2017 ausgewertet. In der aktuellen Erhebung wurden laienlinguistische Verwendungspräferenzen von Personenbezeichnungen erhoben; präferiert wird von den meisten Befragten die Partizipialform (den Studierenden). Die Verwendungspräferenzen hangen vor allem mit dem Alter der Befragten und ihrer politischen Orientierung zusammen. Insgesamt zeigt sich jedoch, dass das Thema der geschlechtergerechten Sprache für die meisten Befragten nur eine untergeordnete Rolle spielt.
In diesem Beitrag werden neue, repräsentative Daten zur arealen Variation in Deutschland vorgestellt, die das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache im Rahmen der Innovationsstichprobe des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in der Befragungsrunde 2017/2018 erhoben hat. Zum einen wurde die Dialektkompetenz abgefragt; überindividuell zeigt sich hier das bekannte Nord-Süd-Gefälle, beim individuellen Grad der Kompetenz der Dialektsprecher gibt es aber regional nur geringe Unterschiede. Zum anderen wurden die Bewertungen von Dialekten erhoben; hier werden Norddeutsch und Bayerisch besonders positiv, Sächsisch hingegen besonders negativ bewertet, wobei regionale Muster eine Rolle spielen. Auffällig ist ferner die bundesweit sehr einheitlich positive Bewertung des Hochdeutschen.
Thema des Beitrags ist die Frage, wie in einer quantitativen Herangehensweise die Spracheinstellungen von linguistischen Laien erfasst werden können. Das IDS hat 2017/18 im Rahmen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) eine neue bundesweite Repräsentativerhebung zu Spracheinstellungen durchgeführt. Im Beitrag präsentieren wir erste Ergebnisse dieser Erhebung und verknüpfen sie mit früheren Erhebungen. In drei Abschnitten befassen wir uns mit der Bewertung von regionalen Varietäten des Deutschen und der Bewertung des Standards, mit Meinungen zu sprachlichem Gendern sowie, aus einer methodischen Perspektive, mit der Erhebung von sprachlichen Daten im deutschen Mikrozensus.
Die Sprache in Sozialen Medien zeigt auf allen Ebenen eine hohe Variabilität und wurde daher als eine Mischung verschiedener Register (Tagliamonte/Denis 2008) analysiert, die sowohl informelle als auch formelle Formen umfassen. Im Gegensatz zu herkömmlichen schriftlichen Medien, wie z.B. Zeitungstexten, sind Soziale Medien wie Chat, Twitter, Forumsdiskussionen, Facebook oder Blogs für diverse Autor/innen zugänglich, sind spontaner, und unterliegen weniger den sprachlichen Standards. Ein Teil der in diesen Kommunikationskanälen gefundenen Variabilität wird häufig auf Fehler zurückgeführt, es gibt jedoch viele Phänomene, die eigenen Regeln folgen. In Bezug auf das Kontinuum von konzeptueller/medialer Mündlichkeit/Schriftlichkeit (Koch/Oesterreicher 1985) befinden sich die meisten Social-Media-Beitrage in der Mitte des konzeptuellen Oralitätskontinuums, obwohl deren genaue Position bisher weitgehend unbestimmt ist. Soweit Nicht-Standard-Merkmale untersucht wurden, wurde meist die Orthographie, Morphologie, das Lexikon und die Syntax (z.B. Abkürzungen, Emoticons, Ellipsis) berücksichtigt.
Im Gegensatz dazu wählen wir einen pragmatischen, diskursorientierten Standpunkt: Welche Diskursstrategien wählen Sprecher/innen in Sozialen Medien und wie unterscheiden sich diese von bisher untersuchten Medienformen?
COSMAS. Ein Computersystem für den Zugriff auf Textkorpora. Version R.1.3-1. Benutzerhandbuch
(1994)
Begegnungen mit neuen Wörtern: Zu lexikografischen Praktiken im Neologismenwörterbuch des IDS
(2017)
Das vorliegende Themenheft bündelt theoretische, methodologische und empirische Debatten an der Schnittstelle von Zeichen, Zeichensystem, Zeichenmodalität/-materialität und Medium und möchte sie weiterführen. Die Beiträge befassen sich mit Fragen der begrifflichen und empirischen Grenzziehung zwischen Zeichen und Medien und liefern so Impulse für die Erforschung des Wechselspiels der Gegenstandsbereiche Zeichenhaftigkeit, Medialität und Materialität als Manifestation multimodaler Kommunikation. Ziel des Heftes ist es, die theoretischen und empirischen Diskussionen um Multimodalität und Medialität stärker aufeinander zu beziehen.
In this paper we examine the composition and interactional deployment of suspended assessments in ordinary German conversation. We define suspended assessments as lexicosyntactically incomplete assessing TCUs that share a distinct cluster of prosodic-phonetic features which auditorily makes them come off as 'left hanging' rather than cut-off (e.g., Schegloff/Jefferson/Sacks 1977; Jasperson 2002) or trailing-off (e.g., Local/Kelly 1986; Walker 2012). Using CA/IL methodology (Couper-Kuhlen/Selting 2018) and drawing on a large body of video-recorded face-to-face conversations, we highlight the verbal, vocal and bodily-visual resources participants use to render such unfinished assessing TCUs recognizably incomplete and identify six recurrent usage types. Overall, the suspension of assessing TCUs appears to either serve as a practice for circumventing the production of assessments that are interactionally inapposite, or as a practice for coping with local contingencies that render the very doing of an assessment problematic for the speaker. Data are in German with English translations.
Im allgemeinen ist man sich darüber einig, daß ein Zusammenhang zwischen Informationsstrukturierung (Fokus-Hintergrund-Gliederung, Topik-Kommentar-Gliederung) sowie Akzentuierung und prosodischer Phrasierung besteht (vgl. Hayes/Lahiri 1991). Gut untersucht ist die Beziehung zwischen der Unterteilung von Sätzen in prosodische Phrasen und der Fokusstruktur (vgl. Nespor/Vogel 1986). Dies trifft ebenso auf die Analyse der Akzentpositionen in Verbindung mit der Informationsstruktur zu (Féry 1993). Bezüglich der Annahmen zur prosodischen Phrasierung und ihrem Zusammenhang mit der Akzentplazierung läßt sich ein solcher minimaler Konsens nur schwer feststellen. Übereinstimmung besteht lediglich darin, daß durch Grenzsignale (Pausen, Glottisverschlußinsertion, Grenztone) die prosodische Phrasierung manifestiert wird. Ich möchte hier zeigen, daß zwischen der Akzentplazierung und der prosodischen Phrasierung ebenfalls ein Zusammenhang besteht, und Möglichkeiten erörtern, diese Verbindung sprachübergreifend und experimentell nachzuweisen.
Ich beziehe mich dabei auf Beobachtungen zur Akzentplazierung im Deutschen und Französischen und schlage darauf aufbauend eine Methode zur Determinierung prosodischer Grenzen im Russischen vor.
Meine folgenden Überlegungen gehen weit über rein „linguistische Theorien und Methoden" hinaus. Sie beziehen sich auch weniger als seine auf innersprachliche Fragen und mehr auf sprachensoziologische und -politische. Allerdings entziehen sie sich auch damit nicht Poppers pauschalem Urteil, die mit „human society and human history" befassten Wissenschaften seien generell unfähig zu Prognosen - im Gegensatz zu manchen (wenn auch nicht allen) Naturwissenschaften. Abgesehen davon räume ich für das Folgende jedoch gerne Abstriche ein vom Grad der von Popper für Prognosen offenbar vorausgesetzten Zuverlässigkeit und Exaktheit. Sie entsprechen auch verbreiteten Auffassungen, dass sich die Weiterentwicklung der Technik zuverlässiger Voraussagen lässt als die der menschlichen Sozialbeziehungen, angesichts unkalkulierbarer „Anarchie und Ignoranz, die das Gefüge unserer Gesellschaft zerstören könnten" (Kaku 2016, S. 33). Bei einer solchen Abschwächung der Ansprüche im Sinne derartiger Vorbehalte erscheint es mir aber dennoch treffender, die folgenden Überlegungen, soweit sie zukunftsgerichtet sind, eher den Prognosen zuzuordnen als den bloßen Prophezeiungen, denen man ja dann - bei ihrer typischen Stütze durch „göttliche Offenbarung" - jegliche theoretische oder faktische, also wissenschaftliche Grundlage absprechen darf. Freilich verliert mit der genannten Abschwächung die Opposition zwischen den Begriffen 'Prognose' und 'Prophezeiung' ihre strenge Disjunktheit und wird in Richtung eines abgestuften oder kontinuierlichen Übergangs aufgelockert. Jedoch widerspricht dies keineswegs gängigem wissenschaftlichen Procedere. Damit nun aber genug an allgemeinen methodischen Vorüberlegungen! Im Übrigen geht es mir im Folgenden weniger um die Auseinandersetzung mit bisherigen Publikationen zum Thema, auch nicht denen des mit diesem Band Geehrten, die - bei einem nicht zu engen Verständnis - in großer Zahl vorliegen, als um die Skizzierung meiner eigenen Einschätzungen.
Seit der Forschung große Datenmengen und Rechenkapazitäten zur Verfügung stehen arbeitet auch die Sprachwissenschaft zunehmend datengeleitet. Datengeleitete Forschung geht nicht von einer Hypothese aus, sondern sucht nach statistischen Auffälligkeiten in den Daten. Sprache wird dabei oft stark vereinfacht als lineare Abfolge von Wörtern betrachtet. Diese Studie zeigt erstmals, wie der zusätzliche Einbezug syntaktischer Annotationen dabei hilft, sprachliche Strukturen des Deutschen besser zu erfassen.
Als Anwendungsbeispiel dient der Vergleich der Wissenschaftssprachen von Linguistik und Literaturwissenschaft. Die beiden Fächer werden oft als Teildisziplinen der Germanistik zusammengefasst. Ihre wissenschaftliche Praxis unterscheidet sich jedoch systematisch hinsichtlich Forschungsdaten, Methoden und Erkenntnisinteressen, was sich auch in den Wissenschaftssprachen niederschlägt.