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Rückblick 2017
(2017)
Sprachwissenschaft geht logozentrisch vor, konzentriert sich also aufs geschriebene und seit einigen Jahrzehnten auch aufs gesprochene Wort. Das ist verständlich und sinnvoll (Schuster, bleib bei deinen Leisten!), setzt sich aber auch Scheuklappen auf und übersieht bedeutsame Erscheinungen am Rande.
Mit diesem Bild beschreibt Hermann Unterstöger in einem „Sprachlabor“- Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 23.3.2013 die Erfolgsgeschichte, die das Substantiv (das) Narrativ in den letzten 30 Jahren vorgelegt hat. Während Unterstöger feinsinnig den intertextuellen Bezug zum „Narrenschiff“ des Sebastian Brant oder dem gleichnamigen Roman von Katherine Ann Porter bemüht, wird Matthias Heine, der Autor von „Seit wann hat geil nichts mehr mit Sex zu tun? 100 deutsche Wörter und ihre erstaunlichen Karrieren“ in einem Artikel in der WELT vom 13.11.2016, wie nach diesem Buchtitel zu erwarten, eher grob: Dort heißt es: „Hinz und Kunz schwafeln heutzutage vom ,Narrativ‘“.
Emoticons erfreuen sich auf der ganzen Welt großer Beliebtheit, vor allem in der alltäglichen elektronischen Kommunikation wie E-Mail, SMS, Forumsdiskussionen, Instant Messaging, Facebook oder Twitter. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde 2015 von den Sprachbeobachtern der britischen Oxford Dictionaries ein Emoticon zum Wort des Jahres gewählt: das Grinsegesicht, dem die Freudentränen aus den Augen spritzen (vgl.<www.sueddeutsche.de/kultur/britisches-wortdes-jahres-was-haben wir-gelacht-1.2740952>, Stand: 8.11.2017). Die Jury begründete ihre Wahl wie folgt: „[E]moji have come to embody a core aspect of living in a digital world that is visually driven, emotionally expressive, and obsessively immediate.“
Im September 1522 erschien in Wittenberg „Das newe Testament Deutzsch“ mit einer Auflage von über 3.000 Stück und war binnen einer Woche ausverkauft. Martin Luther, der auf dem Titelblatt auf eigenen Wunsch nicht erwähnt wird, hatte die Übersetzung auf der Wartburg in nur elf Wochen angefertigt und wenig später fünf Wochen lang mit seinem Kollegen und Freund, dem Gräzisten Philipp Melanchthon, insbesondere im Hinblick auf die griechische Urfassung bearbeitet. Die Geschichte der Revisionen der Lutherbibel beginnt im gleichen Jahr – schon für den Nachdruck im Dezember hat Luther dieses so genannte „Septemberevangelium“ an vielen Stellen revidiert. In Teilen erschien danach seine Übersetzung des Alten Testaments, 1534 die vollständige Übersetzung der Bibel. Luther korrigierte den Bibeltext unablässig weiter bis zur Ausgabe von 1545, der Lutherbibel „letzter Hand“.
Verstehen und Motivieren: semantische Fluchtpunkte deutscher und italienischer Lexeme mit -log-
(2017)
Unlike traditional text corpora collected from trustworthy sources, the content of web based corpora has to be filtered. This study briefly discusses the impact of web spam on corpus usability and emphasizes the importance of removing computer generated text from web corpora.
The paper also presents a keyword comparison of an unfiltered corpus with the same collection of texts cleaned by a supervised classifier trained using FastText. The classifier was able to recognize 71% of web spam documents similar to the training set but lacked both precision and recall when applied to short texts from another data set.
Am Anfang ist das Wort
(2017)
Die Migration in die Türkei stellt für viele junge Menschen einen Wendepunkt in ihrem Leben dar. Sie kann verschiedene Gründe haben.
In der biografie- und interaktionsanalystischen Pilotstudie wird die Darstellung der narrativen Identitätsentwürfe von drei deutsch-türkischen Germanistikstudentinnen in Instanbul untersucht. Sie zeigt, wie die Informantinnen aus der Retrospektive ihre sprachlichen und sozialen Erfahrungen in Deutschland und nach der Migration in die Türkei konstituieren und welche Rolle ihre sprachlichen Ressourcen beim Ausdruck von sozialer Zugehörigkeit spielen.
Seit 2015 ist die Zahl der Migranten, die aus Bürgerkriegsländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie aus Afrika nach Deutschland kommen, bis in die ersten Monate 2016 rasant gestiegen – auf knapp 1 Million in einem Jahr, zeitweise ohne Grenzkontrolle und Registrierung. Nach der auch von den Oppositionsparteien im Bundestag weitgehend unterstützten Positionierung der Bundeskanzlerin Merkel, Deutschland für die überwiegend als „Flüchtlinge“ bezeichneten Migranten politisch, rechtlich und gesellschaftlich zu öffnen, entwickelt sich bald ein Gegendiskurs, der nicht von den Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag, sondern vor allem von der Führung der – an der Bundesregierung beteiligten – CSU getragen wurde, unterstützt von einigen Verfassungsrechtlern. Begriffe wie „Willkommenskultur“, „Obergrenze“, „humanitäre Katastrophe“, „Grundrecht auf Asyl“, „kulturelle Identität“, „Herrschaft des Unrechts“ etc. beginnen die öffentliche und private Kommunikation über Politik zu beherrschen.
Die Diskurslinguistik als relativ neue Teildisziplin der germanistischen Linguistik beschäftigt sich mit der Frage, wie soziale Wirklichkeiten in transtextuell organisierten Einheiten konstruiert werden. Bisher finden dabei noch kaum Texte aus digitalen Medien (z. B. aus Facebook, Twitter oder Wikipedia) Berücksichtigung. Das Netzwerk vereint die unten genannten WissenschaftlerInnen, die in ihren Projekten an der Analyse digitaler Diskurse arbeiten und dabei digitale Methoden der Korpuslinguistik bzw. Digital Methods nutzen.
Ein Teildiskurs der Digital Humanities dreht sich um die Frage, wie tradierte Wissensressourcen der Geisteswissenschaften sinnvoll mit digitalen Technologien und Tools verbunden werden können. Auch bei der Neubearbeitung des Deutschen Wörterbuchs von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (DWB) ist dieser Diskurs spürbar, denn mit der Ende 2016 abgeschlossenen Arbeit des traditionsreichen Unternehmens liegt ein konzeptuell einzigartiges Referenzwerk der historischen Lexikografie des Deutschen vor, das in ‘traditioneller’ Printform entstanden, dessen Umsetzung in ein digitales Format jedoch bereits beschlossen ist. Im Laufe der Arbeit am DWB sind überdies zwei Datensammlungen entstanden, die mittlerweile digitalisiert wurden und öffentlich zugänglich sind: das (digitale) Quellenverzeichnis und die Kartei Literatur zur Wortforschung (LW-Kartei). Ihre Einbindung in die Wörterbucharbeit und -benutzung trägt auf unterschiedliche Weise zum Verständnis des DWB bei; weiterhin verweisen sie als digitale Werkzeuge auf grundlegende Möglichkeiten zur Aufbereitung von lexikografischen Daten. Im Folgenden werden beide Projekte, die sich ursprünglich als innerbetriebliche lexikografische Werkzeuge aus der Wörterbuchpraxis ergaben, vorgestellt. Anschließend wird anhand mehrerer ausgewählter Beispielwörter demonstriert, inwiefern sich die LW-Kartei und das Quellenverzeichnis für ein breites Spektrum von Forschungsfragen nutzen lassen. Am Ende werden Überlegungen zur Erweiterung der Datenbanken, d. h. der jeweiligen Systeme zur elektronischen Datenverwaltung, und ihrer Vernetzung mit den jeweiligen DWB-Artikeln diskutiert – Themen, denen u. a. bei der anstehenden Retrodigitalisierung des DWB besondere Beachtung zukommen sollte.
Corpus researchers, along with many other disciplines in science are being put under continual pressure to show accountability and reproducibility in their work. This is unsurprisingly difficult when the researcher is faced with a wide array of methods and tools through which to do their work; simply tracking the operations done can be problematic, especially when toolchains are often configured by the developers, but left largely as a black box to the user. Here we present a scheme for encoding this ‘meta data’ inside the corpus files themselves in a structured data format, along with a proof-of-concept tool to record the operations performed on a file.