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Trotz einer intensiven Forschungsgeschichte bleibt auf eigenartige Weise diffus, was es mit der Sprache im Faschismus auf sich hat. Der Beitrag versucht, ein doppeltes Defizit deutlich zu machen, das die Forschungsgeschichte kennzeichnet: Einerseits ist das Objekt strittig, wie die Kontroverse der Konzepte „Sprache des Faschismus“ vs. „Sprache im Faschismus“ zeigt; andererseits besteht ein - aus der Linguistikgeschichte dieses Jahrhunderts sich ergebendes - Defizit in der Methode. Um dieses zu verstehen, wird eine kritische Relektüre der ersten und folgenreichsten Arbeiten, Klemperers „LTI“ und des „Wörterbuchs des Unmenschen“, vorgeschlagen und an Beispielen vorgenommen. Es zeigt sich eine vertrackte Präsenz des Kritisierten in diesen frühen Kritiken, deren Hintergründen nachgegangen wird. Eine Grundlage wird im unzureichenden Umgang mit dem Sinnzusammenbruch des Zweiten Reiches gesehen. Als methodologische Konsequenz wird eine Pragmatisierung von Semantik vorgeschlagen, die sich die Rekonstruktion der Handlungsrelevanz von „Wörtern“ als Vermittlungen zwischen mentalen und gesellschaftlichen Prozessen zum Ziel setzt.
Seit dem Präsidentschaftswahlkampf in den USA sorgen „Fake News“ für eine lebhafte wissenschaftliche Debatte. Bisherige Definitionen sind allerdings weder einheitlich noch widerspruchsfrei und werden zudem nicht nachvollziehbar entwickelt, sondern meist einfach gesetzt. Unser Beitrag will dieses Theoriedefizit mittels einer Begriffsexplikation unter Rückgriff auf Literatur zu Desinformation, Lüge und (öffentliche) Kommunikation abstellen. Dabei ersetzen wir den Begriff „Fake News“ durch „aktuelle Desinformation“ und erörtern systematisch, welche Bedingungen notwendig sind, um von diesem Phänomen sprechen zu können. Wir definieren aktuelle Desinformation als Kommunikation wissentlich und empirisch falscher Informationen zu neuen und relevanten Sachverhalten mit dem Anspruch auf Wahrheit.
Kultur ist nicht nur zu einem Schlüsselbegriff der Geisteswissenschaften geworden, sondern wird auch entterminologisiert als Alltagsbegriff benutzt. In diesem Beitrag wird untersucht, wie der Ausdruck Kultur (einschließlich Derivationen und Komposita) in der mündlichen Interaktion verwendet wird. Auf Basis von 82 Instanzen im Korpus FOLK des IDS Mannheim wurde festgestellt, dass der Ausdruck von SprecherInnen in zumeist semiformellen bis formellen Interaktionstypen benutzt wird. Es findet sich ein breites Spektrum unterschiedlicher, teils ineinander übergehender Bedeutungen, welches dem der wissenschaftlichen Literatur der Kulturtheorie ähnlich ist. Dabei lassen sich jeweils relevante Kernbedeutungen identifizieren, mit denen mehr oder weniger vage assoziierte Bedeutungen verbunden sind. Kultur zeigt sich als kontroverser Begriff: Die Referenz von Kultur, die Wertung und seine Relevanz als Erklärungsressource sind häufig umstritten.
Die Sprache der Literatur ist krisenfrei. Denn Dichtung ist bekanntlich - und bekanntlich heißt: das ist seit Hesiod und Platon uralteuropäisches Basiswissen - nicht auf Wahrheit verpflichtet. Ihre Betriebslizenz, wenn sie denn erteilt wird, ist vielmehr das Recht zur systematischen Lüge. Was auch zur Folge hat, daß es wenig sinnvoll ist, literarische Aussage mit Sätzen zu bestreiten wie „Hans Castorp war doch gar nicht in Davos“ oder „Madame Bovary hat ihren Mann doch gar nicht betrogen“. Schöne Literatur ist negations- und also ganz ungewöhnlich krisenimmun. Diese Einsicht in die Krisenimmunität der literarischen Sprache ist so alt und schlicht, daß sie ein wenig Brisanz erst gewinnt, wenn die elementare Verläßlichkeitskrise des Mediums Sprache so konstrastiv zum Modethema avanciert - also zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dichtung muß nämlich in gesteigerter Irritation erfahren, daß sie an dieser Krise nicht teilhat - gewissermaßen seit knapp dreitausendjähriger Wartezeit immer noch nicht an der so offen ausbrechenden Sprachkrise teilhat. Daß Dichtung lügt, ist seit ihren Anfängen unumstritten. Streiten kann man dann darüber, ob und ggf. unter welchen Rahmenbedingungen die systematische Lüge der Dichtung statthaft ist oder ob man die Dichtung, weil sie lügt, verbieten soll. Aber es wäre auch und gerade in der Zeit moderner Ausdifferenzierung von Funktionssystemen absurd, ausgerechnet vom fiktionalen Medium Literatur zu erwarten, daß es richtige Bezeichnungen oder gar wahre Namen für Dinge, Sachverhalte und Zusammenhänge bereithält. Die Sprache der Literatur folgt, um modern und also systemtheoretisch zu reden, nicht dem Code richtig/falsch, sie ist vielmehr dem Code stimmig/nicht- stimmig verpflichtet.
In diesem Beitrag werden Ergebnisse einer Studie präsentiert, die im Rahmen meines Habilitationsprojektes zu Somatismen des Deutschen mit der Konstituente Hand durchgeführt wurde. Das Projekt insgesamt ist korpusbasiert, qualitativ orientiert und verfolgt im Kern semantische Interessen. Empirische Grundlage für die Studien ist das Schriftspracharchiv W des IDS (Institut für Deutsche Sprache). Ziel der insgesamt über 20 Projektstudien ist jeweils die korpusbasierte Beschreibung der Bedeutungsentfaltung phraseologischer Einheiten in der Verwendungsbreite und nicht die Reduktion auf die Übersetzung einer als eine Bedeutung oder gar DIE Bedeutung wiedergebenden Paraphrase in formalsprachliche oder formalsymbolische Beschreibungsabstraktionen. In die Breite zu gehen bedeutet, die beschreibungsmäßig häufig verborgenen, aber im konkreten Sprachgebrauch jeweils sich zeigenden semantischen Feinheiten der untersuchten Einheiten ins Zentrum der Analyse zu stellen. Dafür ist es notwendig, die jeweilige Einheit zunächst überhaupt zu identifizieren (über welche Einheit wird geredet) und ihre formseitigen Manifestationen zu erfassen (welche strukturellen Verfestigungen liegen vor). Anschließend werden über die Beschreibung der Kotexte dieser Einheiten in Belegkorpora die an formseitige Ausprägungen gekoppelten Pfade der Bedeutungsentfaltung - ausgehend von einer ermittelten Ausgangsbedeutung - nachgezeichnet. Auf diese Weise können auch Bedeutungsaspekte eingeholt werden, die als bloße Konnotationen oder Modifikationen zu randständig, als Kernbedeutung zu unhandlich und als semantischer Mehrwert zu uneigenständig konzipiert sind. Es handelt sich um wesentliche Bedeutungszüge der untersuchten Einheiten und Aufgabe der Studien ist es, diese Aspekte durch Kopplung an verschiedene formseitige Ausprägungen gebrauchsangemessen erfassen und beschreiben zu können.
The paper attempts to bridge the gap between semantics and the conceptualization and teaching of grammar at secondary school exemplarily concerning German demonstratives dies- and jen-. I show that existing accounts of these demonstratives in reference grammars and school books are far from being satisfactory, whilst at least for dies-, if not for jen-, there exist comprehensive linguistic analyses. I adapt these to offer a semantic analysis for jen- using corpus data from modern German with pronominal and adnominal jen-, and propose a didactically applicable category of 'shared mental space' of the speaker and the hearer for the demonstratives: I argue that speakers use demonstrative reference to anchor the referent inside resp. outside their and the hearers' shared mental space.
Die Ausgangsthese des Beitrags lautet, dass Sprachwandel, insbesondere lexikalischer Wandel, der Intention von Werbetextern einer auch sprachlich originellen Werbegestaltung zuwider läuft. Was Werbetexter an Sprachmaterial nutzen, ist also im Prinzip nicht für den alltagssprachlichen Gebrauch gedacht, weil sich dann kein Neuheits- und damit Überraschungseffekt mehr einstellen kann. Ziel von Werbetextern muss es daher sein, entweder Neues zu kreieren oder Altes und Bekanntes so zu verfremden, dass es neu wirkt. Um dies zu belegen, ist der Beitrag in zwei Teile gegliedert: Zuerst wird aus der Perspektive funktionaler Werbebausteine am Beispiel des Markennamens aufgezeigt, welche Möglichkeiten der Namenbildung existieren und in welcher Weise beim Markennamen die Tendenz zur Verfremdung zum Neuen sichtbar wird. In einem zweiten Teil werden die Ausgangsthesen dann ausgehend von sprachlichen Mitteln und ihrem Niederschlag in Elementen von Anzeigen und Werbetexten überprüft. Fokussiert wird dabei exemplarisch auf fremdsprachliches sowie fach- und jugendsprachliches Wortmaterial. Die Frage nach dem Einfluss der Werbesprache auf die Alltagssprache wird dabei an verschiedenen Stellen angeschnitten, kann aber mangels empirischer Studien nicht definitiv beantwortet werden. Abschließend wird mit Bezug auf die Ausgangsthesen ein Fazit zum Verhältnis von Werbesprache und Sprachwandel sowie zu sprachlichen Werbestrategien unter dem Blickwinkel der Verfremdung zum Neuen formuliert.
Fast 20 Jahre sind vergangen, seit ich für meine Dissertation Untersuchungen über Ein- und Verkaufsgespräche von Deutschen und Japanern in Deutschland und Japan durchführte. Dort wurden konkrete verbale und nonverbale Handlungen zwischen deutschen bzw. japanischen Verkäufern und deutschen bzw. japanischen Kunden beim Ein- und Verkaufen untersucht. Untersuchungsorte waren dabei Düsseldorf, wo die meisten Japaner in Deutschland ansässig sind, Tokio, wo die meisten Deutschen in Japan ansässig sind, Heidelberg, das von vielen japanischen Touristen besucht wird, und Nagano, wo deutsche Touristen damals bei der Olympiade waren. Anlässlich dieser Festschrift für meinen Doktorvater Prof. Dr. Gerhard Stickel versuchte ich, eine kleine Untersuchung durchzuführen, um sprachliche Veränderungen im Verlauf der Zeit und der sozialen Veränderung zu beobachten. In dieser Abhandlung werden die Veränderung der Gesellschaft und ihr Einfluss auf die Sprache behandelt. Im folgenden zweiten Abschnitt werden soziale Veränderungen in Düsseldorf thematisiert, im dritten Abschnitt werden die Ergebnisse der zwei Befragungen analysiert und zum Schluss wird eine Möglichkeit der Sprachverbreitung im Zusammenhang mit der heutigen Gesellschaft dargestellt.
This paper describes a new approach to improve the analysis and categorization of web documents using statistical methods for template based clustering as well as semantical analysis based on terminological ontologies. A domain-specific environment serves for prove of concept. In order to demonstrate the widespread practical benefit of our approach, we outline a combined mathematical and semantical framework for information retrieval on internet resources.
This paper argues that a lectometric approach may shed light on the distinction between destandardization and demotization, a pair of concepts that plays a key role in ongoing discussions about contemporary trends in standard languages. Instead of a binary distinction, the paper proposes three different types of destandardization, defined as quantitatively measurable changes in a stratigraphic language continuum. The three types are illustrated on the basis of a case study describing changes in the vocabulary of Dutch in The Netherlands and Flanders between 1990 and 2010.