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Syntaktische Transposition und semantische Derivation. Die Adjektive auf -isch im heutigen Deutsch
(1982)
Wörterbuchkultur
(1986)
Germanistik in Israel
(1986)
Deutsch für Erwachsene
(1986)
Der Magen, der alles verdaut
(1987)
Von gepeinigten Wörtern
(1987)
Dörfer in der Stadt. Lokale Sprachausprägungen im Ruhrgebiet. Ein Duisburger Forschungsprojekt
(1987)
Mancher Laster Anfang
(1988)
"Sprachschrott" [Leserforum]
(1988)
Dependenz und Valenz
(1995)
Stilfragen
(1995)
Die 30. Jahrestagung des Instituts für Deutsche Sprache vom 15. bis 17. März 1994 hatte sich die Aufgabe gestellt, den komplexen Phänomenbereich von "Stilistischem" in der Sprache unter mehreren Aspekten zu beleuchten und Anregungen für einen modernen, linguistisch fundierten Stilbegriff, vielleicht sogar für eine nutzbare Stilistik zu gewinnen. Die in diesem Band versammelten Beiträge nähern sich dem Phänomen Stil unter anderem nach folgenden Dimensionen und Aspekten:
Stil: deskriptiv und normativ
Stilphänomene nach sprachlichen Strukturebenen
Stilistica der gesprochenen und geschriebenen Sprache
Stilwandel
Stilsemiotik
Gesprächsstile
Sprachstil als soziales Merkmal
Stile in interkulturellen Begegnungen
Stil in der Übersetzung
Stile in der Gegenwartsliteratur
Stile in Wissenschaftstexten
Stil als Lehr- und Lerngegenstand
Verschiedene Sprachen, wie auch verschiedene Konstruktionen in den einzelnen Sprachen, weisen divergente und z.T. sehr komplexe elliptische Muster auf. Auf den ersten Blick scheinen komplexe Beschreibungen durch sprach- und konstruktionspezifische Ellipseregeln erforderlich zu sein. Dies wird anhand kontrastierender Möglichkeiten zur Objektellipse in Koordinationen sowie in unabhängigen elliptischen Sätzen (z.B. elliptischen Antworten) des Deutschen und des Englischen verdeutlicht. Bei näherem Hinschauen stellt sich jedoch heraus, daß die unterschiedlichen Ellipsemöglichkeiten mit unterschiedlichen Wortstellungsmustern korrelieren. So können die syntaktischen Determinanten der Wortstellungsmuster, die ohnehin notwendige sprach- und konstruktionsspezifische Annahmen darstellen, verwendet werden für die Erklärung von variierenden Ellipsemöglichkeiten, ohne daß auf spracheigene Ellipseregeln zurückgegriffen werden muß. Diese These wird exemplarisch bewiesen an dem Zusammenwirken der invarianten Tilgungsregeln (Vorwärts- und Rückwärtstilgung) mit zwei Wortstellungsparametern (V2-Parameter und VO/OV-Parameter), die für die unterschiedlichen Konstituentenabfolgen des Deutschen und des Englischen verantwortlich sind.
In diesem Aufsatz behandele ich die komplexe Bedeutung morphologisch einfacher Verben. Im Mittelpunkt steht der Zusammenhang zwischen der lexikalischen Bedeutung eines Verbs und den grammatischen Realisierungen, in denen es auftreten kann. Unter semantisch-lexikalischen Gesichtspunkten betrachte ich die thematischen Rollen der Verbargumente (AGENS, PATIENS), die Aktionsarten der Verben (ZUSTAND, PROZESS, EREIGNIS) sowie die Frage, ob die Art und Weise der Durchführung einer Handlung in der Bedeutung eines Verbs spezifiziert ist (manner vs. non-manner-Verben). Unter grammatischen Gesichtspunkten gehe ich ein auf das Problem der Auxiliarselektion (haben vs. sein) bei den komplexen Vergangenheitstempora und auf das Variationspotential der jeweiligen Verb-Argumentstruktur (Argumentalternation und Argumentreduktion). Typologisch gesehen spielt die Tatsache, daß Transportverben im Deutschen die Komponente der Ortsveränderung und die Komponente der Bewegungsart in der Bedeutung eines einfachen Verbstammes bündeln, für die Analyse eine zentrale Rolle.
Fugenelemente
(1996)
Die Sprecher des Deutschen haben eine klare Intuition darüber, wann und welche Fugenelemente in Komposita zu setzen sind. Dieser Intuition liegen Regeln unterschiedlicher Art zugrunde. Diese können in notwendigen Bedingungen und mitunter auch in hinreichenden formuliert werden. Zunächst werden in dieser Arbeit die einzelnen in der Literatur genannten Kriterien beschrieben (Abschnitt 1 und 2). Keines von diesen kann alleine die Systematik der Fugenelemente erfassen. An einzelnen Fugenelementen wird die Interaktion verschiedener Kriterien gezeigt (Abschnitt 4 und 5). So können Regularitäten erfaßt werden. Dabei erweist es sich insbesondere als sinnvoll, die Fugenelemente in ihrer phonologischen Substanz und nicht in ihrer ursprünglichen Funktion zu betrachten, die im allgemeinen dem Flexionssystem geschuldet ist.*
Nach einer knappen Abgrenzung von Partikelverben vs. Präfixverben werden in den Abschnitten 2 und 3 beide Arten der Verbbildung im Deutschen miteinander kontrastiert. In Abschnitt 4 wird auf das Phänomen der Argumentvererbung bei Partikelverbbildung näher eingegangen. Dies führt in Abschnitt 5 zu einer vorläufigen Bilanz der Ergebnisse für das Deutsche, die im zweiten Teil des Aufsatzes mit Partikelverbbildungen im Englischen verglichen werden. Die Diskussion in den Abschnitten 6 und 7 demonstriert, wie die formalen Unterschiede zwischen den beiden Sprachen im Bereich der Partikelverbbildung in typologischen Unterschieden verankert sind, die sich im Laufe der Sprachgeschichte des Englischen herausgebildet haben. Das Phänomen der Argumentvererbung kommt in Abschnitt 8 erneut zur Sprache, wo Unterschiede zwischen den beiden Sprachen thematisiert werden. In 9 werden schließlich die Ergebnisse der Gesamtuntersuchung zusammengefaßt.
In Abschnitt 1 wird das System der Personalpronomina im Deutschen mit seiner scheinbar paradoxen Ausnahme es dargelegt und in Abschnitt 2.1 durch den Vergleich mit dem entsprechenden System im Italienischen einer plausiblen Erklärung zugeführt, die in die Annahme von drei Pronominalklassen stark - schwach - klitisch mündet. In 2.2 werden einige Voraussagen aus dieser Dreiteilung diskutiert, in 2.3 werden die Eigenschaften der drei Klassen von Pronomina auf ihre jeweiligen (teils defizienten) syntaktischen Projektionseigenschaften zurückgeführt. Die Grundthese lautet, daß die Dreiteilung stark -schwach - klitisch universell angelegt ist und sich die Einzelsprachen typologisch nur in der Auswahl der jeweils lexikalisierten Pronomina unterscheiden.
In diesem Aufsätz wird anhand von überwiegend deutschen Beispielen gezeigt, daß sich phonotaktische Beschränkungen sowohl auf die Silbe als auch auf das Morphem beziehen können. Es wird die Hypothese aufgestellt, daß nur die Beschränkungen, die das Morphem als Domäne haben, Ausnahmen zulassen können.
Der Beitrag beschäftigt sich mit negierten Interrogationen des Typs Guck mal dort drüben, ist das nicht Udo?, die als Vergewisserungsfragen verwendet werden, sowie mit negierten W-Interrogationen zum Ausdruck des Erstaunens, wie sie in Was es nicht alles gibt! vorliegen. Es wird gezeigt, daß beide Äußerungstypen weit über das Deutsche und die indoeuropäischen Sprachen hinaus verbreitet sind, so daß sich die weit verbreitete Ansicht, daß nicht in solchen Fällen als Modalpartikel anzusehen sei, nicht halten läßt, sondern andere, sprachübergreifend gültige Interpretationen des Phänomens gefunden werden müssen. Angesichts der Befunde im Falle des negierten Ausrufs wird darüber hinaus dafür plädiert, diachronische Faktoren in die Untersuchung mit aufzunehmen.
Südtirol
(1996)
Deutsch – typologisch
(1996)
Das Deutsche ist vielfältig und gründlich unter kontrastiven Gesichtspunkten untersucht worden, aber es war von germanistischer Seite her bislang kaum Gegenstand typologischer Betrachtung. Daher versucht das Jahrbuch 1995 unter dem Thema "Deutsch – typologisch" eine neue Sicht auf die Grammatik des Deutschen insgesamt zu ermitteln und in repräsentativen Ausschnitten von Syntax, Morphologie, Lexikon über Negation und Pronomina bis zu Phonologie und Orthographie auch zu vermitteln.
Grundsätzlich konturiert durch Universalien bestimmen die typologischen Merkmale ein Raster grammatischer Optionen, das die Struktur des Deutschen wie in einem Phantombild sichtbar macht und seinen Platz im Spektrum der Sprachen lokalisiert.
Das hier entworfene Gesamtportrait des Deutschen ist für das Linguistik-Studium ebenso anregend wie für kontrastive Analysen und für Deutsch als Fremdsprache.
Der Aufsatz thematisiert die typologische Veränderung in der morphologischen Struktur des Deutschen vom frühen Althochdeutschen
zum modernen Neuhochdeutschen. Das Althochdeutsche ist eine noch weitgehend fusionierend aufgebaute Sprache. Im Laufe der Sprachgeschichte entwickelt das Deutsche in starkem Maße nichtfusionierende Strukturzüge. Ihre Herausbildung ist (im wesentlichen) durch das Zusammenwirken von phonologischem Wandel, morphologischem Wandel und Grammatikalisierung/Reanalyse bedingt.
Die einzelnen Wandelprozesse sind höchst unterschiedlich motiviert
und verlaufen in typologisch unterschiedliche Richtungen; auch eine ’Grundrichtung’ der Veränderung (etwa von der Synthese zur Analyse oder von der Fusion zur Isolierung) ist nicht auszumachen. Das Ergebnis dieser Entwicklungen ist das typologisch stark inkohärente morphologische System des Neuhochdeutschen, das fusionierende, agglutinierende, introflexive, isolierende und polysynthetischinkorporierende Strukturzüge aufweist und insgesamt keinem der gängigen morphologischen Sprachtypen zugewiesen werden kann.
Personalpronomina und ihre reduzierten und klitischen Formen stehen an markanten Satzpositionen, die sich von der Position der koreferenten vollen Nomina grundsätzlich unterscheiden. Sie erscheinen allerdings in manchen Sprachen verbbezogen als Enklitika, in anderen als Proklitika. Es wird zuerst erwogen,diese enklitische bzw. proklitische Position von der grundlegenden Linearitätstypologie im greenbergschen Sinne (SVO und SOV/VSO) abhängig zu machen. Wiewohl prinzipiell richtig zwingen klitische Pronomina im Skandinavischen sowie die Klitikstellung in Nichtdeklarativen zur Annahme,nach der ersten (rechtesten) thematischen Diskursposition im strukturellen Satzschema als Ort für die schwachen Pronominalformen zu suchen. Diese Annahme erscheint für eine Reihe von nichtverwandten Sprachen als haltbar. Im Blickpunkt stehen Sprachen aus den drei greenbergschen Haupttypen: SVO als V-mittelständigen Sprachen sowie SOV/VSO als V-randständige Sprachen. Je nachdem wie nichtdeklarative Satze sich aus den zugrundegelegten Strukturen ableiten, erreicht das pronominale Klitikum eine enklitische oder eine postklitische Position,die sich dadurch auszeichnet,daß sie die rechteste diskursfunktionale Themaposition ist. Diese Einsicht macht die strukturelle Verschiebung der schwachen Pronomina systematisch ableit- und voraussagbar.
Im allgemeinen ist man sich darüber einig, daß ein Zusammenhang zwischen Informationsstrukturierung (Fokus-Hintergrund-Gliederung, Topik-Kommentar-Gliederung) sowie Akzentuierung und prosodischer Phrasierung besteht (vgl. Hayes/Lahiri 1991). Gut untersucht ist die Beziehung zwischen der Unterteilung von Sätzen in prosodische Phrasen und der Fokusstruktur (vgl. Nespor/Vogel 1986). Dies trifft ebenso auf die Analyse der Akzentpositionen in Verbindung mit der Informationsstruktur zu (Féry 1993). Bezüglich der Annahmen zur prosodischen Phrasierung und ihrem Zusammenhang mit der Akzentplazierung läßt sich ein solcher minimaler Konsens nur schwer feststellen. Übereinstimmung besteht lediglich darin, daß durch Grenzsignale (Pausen, Glottisverschlußinsertion, Grenztone) die prosodische Phrasierung manifestiert wird. Ich möchte hier zeigen, daß zwischen der Akzentplazierung und der prosodischen Phrasierung ebenfalls ein Zusammenhang besteht, und Möglichkeiten erörtern, diese Verbindung sprachübergreifend und experimentell nachzuweisen.
Ich beziehe mich dabei auf Beobachtungen zur Akzentplazierung im Deutschen und Französischen und schlage darauf aufbauend eine Methode zur Determinierung prosodischer Grenzen im Russischen vor.
Ausgehend von einschlägigen typologischen Parametern (Verbstellung, Kasusmarkierung, analytische und synthetische Konstruktion) werden Aspekte einer allgemeinen morphosyntaktischen Charakterisierung des Deutschen zur Diskussion gestellt. Die deutschen Klammerbildungen werden unter dem Aspekt links- und rechtsverzweigender Serialisierung betrachtet. Es wird dabei erwogen, die Verbalklammer im Hauptsatz als die Überlagerung einer zugrundeliegenden Verbendstellung durch eine pragmatische Satzartenmarkierung anzusehen. Das Verhältnis zwischen Morphologie und syntaktischen Regeln wird im Hinblick auf die ,,Konfigurationalitäts”-Diskussion erläutert. Sowohl bei Verbkonstruktionen als auch bei der Funktionskodierung im nominalen Bereich wird auf die Analytitizität/Synthetizität-Unterscheidung Bezug genommen. Im Rahmen dieser Parameter erscheint das Deutsche als ein sprachtypologischer „Mischtyp", der aber insgesamt durch weitgehende funktionale Konvergenz der typologisch unterschiedlichen Strukturen und Verfahren gekennzeichnet ist.
Alphabetschriften von altverschrifteten Sprachen weisen Charakteristika auf, die es erlauben, von einer Typologie der Alphabetschriften zu sprechen. Als typologischer Parameter gilt der einer phonologischen, prosodischen, morphologischen und historischen ’Tiefe’. Die vorliegende Arbeit unternimmt es, typologische Eigenschaften des deutschen Schriftsystems zu benennen und an zwei Beispielen genauer zu explizieren. An der Umlautschreibung <a-ä> sowie der Verdoppelung von Konsonantgraphemen in Anglizismen wird gezeigt, wie phonologische und morphologische Struktureigenschaften von Wörtern bei der Schreibung interagieren. Typisch für das Deutsche scheint insgesamt zu sein, daß sich die Tiefe der Einzelparameter gegenseitig auf transparente Weise begrenzen. Eine erste Nutzanwendung besteht im Bezug auf Formulierungen des Reformvorschlages. Liegt die Orthographiereform typologisch richtig? Greift sie strukturelle Eigenschaften des Deutschen auf oder wird sie eher zu einer ’Deregulierung’ beitragen? Der Beitrag möchte zeigen, wie Fragen dieser Art fundiert bearbeitet werden können.
Negationssyntax in der deutschen Sprachgeschichte: Grammatikalisierung oder Degrammatikalisierung?
(1996)
Die Diskussion um die Entwicklung der Negation im Deutschen hat durch den Bezug auf das sprachtypologische Modell des Jespersen-Zyklus eine perspektivische Einengung erfahren, durch die zentrale Aspekte dieser Entwicklung, die Diversifikation der Negationskennzeichnung vom Althochdeutschen zum Neuhochdeutschen und der Stellenwert der Phänomene der Mehrfachnegation, weitgehend ausgeblendet bzw. unzutreffend bewertet wurden. Erweitert man die Untersuchungsperspektive in diesen beiden Bereichen, so ergibt sich nicht nur ein wesentlich differenzierteres Bild der historischen Entwicklung des Deutschen, sondern man wirft zugleich einen Blick hinter die Kulissen des Jespersen-Zyklus, d.h., man erhält Einblick in strukturelle Optionen für die Realisierung der Kategorie Negation innerhalb der Grammatik, die im Rahmen typologischer Überlegungen zu berücksichtigen sind.
Als grundlegende Analyseeinheit für das typologische Studium von Tempus- und Aspektsystemen wird das ‘Gramm’ eingeführt - eine Kategorie, unter die zum Beispiel 'Progressiv’ oder ’Perfektiv’ fallen. Im typologischen Vergleich spielen übereinzelsprachliche Grammtypen eine Rolle. Bezüglich der Verteilung von Grammtypen lassen sich in den europäischen Sprachen bestimmte areale Tendenzen feststellen. Das deutsche Tempus- und Aspektsystem kann als relativ „arm” eingeordnet werden. Genauer analysiert werden das Perfekt und die Ausdrucksmöglichkeiten für Zukunft im Deutschen.
Die Frage der Verwendung und des Verstehens von Richtungspräpositionen und der Beschaffenheit korrespondierender Raumkonzeptionen wird in Psychologie und Linguistik spätestens seit Miller und Johnson-Laird’s Language and Perception (1976) und der Gegenüberstellung der deiktischen und der intrinsischen Raumauffassung intensiv diskutiert. Dabei wurde unter anderem der Einfluß des Diskurskontexts (Ehrich), der Statik vs. Dynamik der Situation (Wunderlich), des individuellen kognitiven Stils (Levelt) und der Richtungseigenschaften des Bezugsobjekts (Miller) auf die Wahl eines räumlichen Bezugssystems untersucht, ohne daß insgesamt eine zufriedenstellende Bestimmung erreicht werden konnte.
Am Beispiel der Präpositionen der 1. Horizontalen im System der sekundären Raumdeixis wird anhand einer Experimentalserie im Deutschen, Französischen, Italienischen, Niederländischen und Englischen gezeigt, daß bei der hörerseitigen Identifikation eines Teilraums auf der Basis einer Lokalisationsäußerung psychologische, psycholinguistische, linguistisch-semantische und sprachtypologische Faktoren spezifisch interagieren: (1) die variable Gerichtetheit des Bezugsobjekts; (2) die verwendete Präposition; (3) die soziale Situation, in der eine Lokalisationsäußerung produziert wird; sowie (4) das Präpositioneninventar der verwendeten Einzelsprache, vor allem das Verhältnis der räumlichen zu den zeitlichen Ausdrücken. Insbesondere mit den Faktoren (3) und (4) wird ein Determinationsgrad der hörerseitigen Teilraumwahl erzielt, der die in der Literatur dokumentierten Zusammenhangsannahmen übertrifft. Dennoch bleibt in allen untersuchten Sprachen ein Rest an kommunikativer Unscharfe; an welchen Stellen diese Unscharfen auftreten, hangt jedoch vom jeweiligen Präpositioneninventar ab.
Der Titel des Beitrags vereinigt häufige typologische Einordnungen des Deutschen, die, wenn sie nicht interpretiert werden, einander widersprechen:
1. Deutsch ist eine S(ubjekt)0(bjekt)V(erb)-Sprache/eine OV-Sprache.
2. Deutsch ist eine der germanischen Verbzweitsprachen.
3. Deutsch ist eine Sprache mit freier Wortstellung.
4. Deutsch ist eine Scramblingsprache.
Im ersten Teil gehe ich zunächst auf die beiden Einordungen, die die Verbposition betreffen, ein und zeige, daß die dem eingeleiteten Nebensatz entsprechende SOV- oder OV-Reihenfolge bei Annahme eines nach links regierenden Verbs im Deutschen sinnvollerweise ab grundlegend angesehen werden kann, während die den germanischen Verbzweitsprachen eigene Anordnung des finiten Verbs nach einer maximalen Konstituente ab abgeleitet betrachtet werden muß. Im zweiten Teil wird gezeigt, wie die sich aus der Vergabe der semantischen Rollen (Thetarollen) des Verbs nach links ergebende hierarchische Struktur auf die lineare Folge im Mittelfeld deutscher Sätze abgebildet wird und wie man sich Umordnungen dieser Reihenfolge (oft ab Scrambling bezeichnet) bei Berücksichtigung von Skopusverhältnissen (z.B. der Negation/Affirmation) sowie von Kontextbedingungen und speziellen Topikalisierungen vorstellen kann und wieso sie eingeschränkt – also nicht völlig frei – sind.
Dem traditionellen Programm der kontrastiven Linguistik (effektivere Gestaltung von Fremdsprachenunterricht auf der Grundlage eines systematischen Vergleichs zwischen Muttersprache und zu erlernender Fremdsprache) wird eine Konzeption gegenübergestellt, die kontrastive Linguistik als Grenzfall eines typologischen Vergleichs auffaßt. Nach einer Diskussion der besonderen Möglichkeiten, die ein auf zwei Sprachen beschränkter typologischer Vergleich bietet (Feinkörnigkeit, Zahl der Parameter, Umfang des Vergleichs), wird ein Gesamtbild der typischen Eigenschaften des Deutschen im Vergleich zu den germanischen und zu den europäischen Sprachen insgesamt entworfen. Basis dieser ’Charakterologie’ ist eine umfassende Auswertung der kontrastiven Untersuchungen zum Deutschen sowie der relevanten typologischen Literatur.
In dem Beitrag wird gegen die Arbitraritätsthese bei der Genuszuweisung im Deutschen argumentiert. Es wird davon ausgegangen, daß das Genus durch phonologische, morphologische und semantische Prinzipien motiviert wird. Solche Prinzipien werden exemplarisch vorgestellt. Es wird auch der Nachweis erbracht, daß die Kategorie Genus semantisch-pragmatisch zum Transport von Bedeutungen ausgenutzt wird. Schließlich wird in dem Beitrag der Versuch unternommen, das Motivationsniveau für die Genuszuweisung im gesamten nominalen Lexikon zu bestimmen. Zu diesem Zweck wird auf den Begriff „Entropie” zurückgegriffen. Es stellt sich heraus, daß der ermittelte Entropiewert für das Gesamtsystem niedrig ist; d.h., daß der Grad der Ungewißheit für die Genuszuweisung im Deutschen insgesamt nur schwach ausgeprägt ist. Abschließend wird der Grad der Motiviertheit des Genussystems im Deutschen mit anderen nominalen Klassifikationssystemen und deren Motivierungsgrad verglichen.
Eine aktuelle Debatte in der Phonologie betrifft den Status phonologischer Konstituenten oberhalb des Wortes, insbesondere von kleineren phonologischen Einheiten innerhalb von Intonationsphrasen. In vielen Sprachen haben solche Phrasengrenzen eine phonologische Funktion. Offenbar bedienen sich andere Sprachen dieser Möglichkeit aber nicht.
Ich möchte hier zwei Fragen diskutieren: Erstens, ob man für die Sprachen der zweiten Gruppe annehmen soll, daß sie ebenfalls über diese Kategorie verfügen, diese also abstrakt in ihrem System vorhanden ist, und zweitens, welche Einsichten wir aus der Gruppe von Sprachen, in denen die phonologischen Phrase eine Funktion hat, gewinnen können. Besteht irgendeine Korrelation zwischen dieser Eigenschaft von Sprachen und anderen phonologischen Eigenschaften dieser auf den ersten Blick inkonsistenten Gruppe?
Ich argumentiere, daß es nicht sinnvoll ist zu behaupten, daß die phonologische Phrase eine universelle Kategorie ist, weil man dann eine typologische Generalisierung über Sprachen verlieren würde. Ich zeige in diesem Beitrag, daß die Tendenz von Sprachen, Phrasengrenzen eine phonologische Funktion zuzuweisen, mit rhythmischen Eigenschaften auf der Wortebene korreliert. Anschließend mache ich einen Vorschlag zur Revision der phonologischen Kriterien der Typologie des Sprachrhythmus.
Der Zusammenhang von Lexikalisierung und Wortfeldstruktur ergibt sich aus den Bedingungen, wie bestimmte semantische Komponenten in Wörtern codiert sind und wie sich diese als variierende Belegungen einer „general formal structure” zu einem Wortfeld gruppieren. Kap. 2 führt in die für das Fallbeispiel nötigen semantischen und konzeptuellen Grundlagen der räumlichen Dimensionsauszeichnung (DA) ein, liefert die Begründung des einschlägigen Inventars an Komponenten (Parametern) und erläutert deren Verträglichkeit untereinander. Kap. 3 diskutiert einige die Wortfeldstruktur beschränkende semantische und lexikalische Universalien für Dimensionsausdrucke. Kap. 4.1 erläutert die innerhalb dieses Spielraums möglichen Partitionierungen des Wortfelds nach Proportions- vs. Betrachterbasiertheit der DA, Kap. 4.2 belegt die sich daraus ergebenden Grundtypen, Kap. 4.3 bringt eine skalierte Feineinteilung der dem Mischtyp zugehörigen Sprachen, beide werden gestützt durch jeweils prädizierbare Mehrdeutigkeiten, Lücken und Inferenzen. Kap. 5 illustriert die typ-verschiedenen Wortfeldstrukturen bezüglich lexikalischer Abdeckung und formuliert einen Ausblick.
Im Zentrum meiner Ausführungen steht ein Phänomen, das unter dem Stichwort „Jespersens Zyklus” ein Begriff geworden ist, nämlich die in vielen Sprachen zu konstatierende zyklisch auftretende Verstärkung von äußerlich zu schwach gewordenen Negationswörtern. (Ich spreche in Anlehnung an Jacobs (1991) von „Negationsträgern”.) Im Abschnitt 1 werde ich das Phänomen „Jespersens Zyklus” anhand einiger Beispiele vorstellen und dann einige Aspekte behandeln, die im Kontext dieses Phänomens eine Rolle spielen: Negationsverstärkung (Abschnitt 2), Stellung der Negationsträger (Abschnitt 3) und Areallinguistische Ausprägungen (Abschnitt 4).
Die vorliegende Arbeit untersucht grammatische Serialisierungsfaktoren und geht auf die semantische Rolle und die Rektion der Verbargumente näher ein. Das sind zwei unabhängige Faktoren der Wortstellung, die zwar gemeinsam auf einen allgemeinen multifaktoriellen Dependenzbegriff zurückgeführt, aber nicht voneinander abgeleitet werden können. Die wortstellungsrelevante Hierarchie von semantischen Rollen kann als Spezialfall semantischer Dependenzasymmetrien ausgewiesen werden. Auf der Grundlage dieses Dependenzbegriffs wird ein allgemeines Serialisierungsprinzip aufgestellt, das mehrere in der Forschung diskutierte Prinzipien zusammenfaßt. Die beiden Parameter der Dependenz können bei der Determination der Abfolge der Verbargumente in Abhängigkeit vom verblexemspezifischen Konstruktionstyp gegeneinander konkurrieren oder miteinander koalieren. Diese Interaktion wird im Rahmen eines Wettbewerbsmodells der Serialisierung präsentiert. Über die koalierende vs. konkurrierende Interaktion wird die konstruktionsspezifische festere vs. freiere Stellung der Verbargumente im Deutschen und im Sprachvergleich erklärt. Im sprachvergleichenden Teil werden ditransitive Konstruktionen mit Rezipient und Patiens in 50 europäischen Sprachen untersucht.
Der Basler-Nachlass im IDS
(1997)
Im vorliegenden Artikel wird eine gemeinschaftliche Folgekommunikation über den Film "Angel Heart" anhand einer Diskussion einer Gruppe von Jugendlichen untersucht. Die Gruppenmitglieder (Sandra, Sonja, Andi und Michel) waren zum Zeitpunkt der Aufnahme 16 Jahre alt und verbrachten regelmäßig gemeinsam ihre Freizeit. Die Diskussion fand im Anschluss an die Rezeption des Films statt. Sie wurde vom Autor des vorliegenden Textes initiiert und geleitet, wobei versucht wurde, den Interessen der Jugendlichen und der sich zwischen ihnen entspinnenden Gesprächsdynamik zu folgen. Die Gruppendiskussion wurde konversationsanalytisch ausgewertet.
Deutsche Grammatik. Thema in Variationen; Festschrift für Hans-Werner Eroms zum 60. Geburtstag
(1998)
Die Beiträge behandeln das Dreiecksverhältnis zwischen der Sprachwissenschaft, ihrem Forschungsgegenstand Sprache und der sprachinteressierten Öffentlichkeit. Neben Linguisten, die den Öffentlichkeitsbezug ihrer Forschungen erörtern, beteiligen sich an der Diskussion auch Fachleute aus Literaturwissenschaft, Schule, Journalismus, Verlagswesen, Politik und Werbewirtschaft. Leitfragen sind:
• Wie sieht die Öffentlichkeit Sprache, und was erwartet sie von der Linguistik, falls sie etwas erwartet?
• Wie sieht die Linguistik ihre Forschungen im Hinblick auf die Öffentlichkeit?
• Welche Wirkungen hat die neuere Linguistik in der Öffentlichkeit schon gezeigt?
• Wie kann der Gegensatz zwischen öffentlichem Bedarf an praxisrelevanter Sprachforschung und den Bedenken vieler Linguisten gegenüber vorschnellen Verwertungserwartungen überwunden werden?
Ergänzt wird der Band durch einen Bericht über die aktuellen Arbeiten des Instituts für Deutsche Sprache.
Der Vortrag geht der Frage nach, wie Grammatiken (und Wörterbücher) des Deutschen in den gesellschaftlichen Kontext der Zeit eingelassen sind. Drei Stationen auf dem Weg in die linguistische Moderne werden aufgezeigt: die kritische Sprachlehre Adelungs, die historische Grammatik Jacob Grimms und die prinzipiengeleitete Sprachwissenschaft Hermann Pauls.Abschließend wird der Zusammenhang von Werk und Person thematisiert. Wissenschaftsgeschichte muß diesen Zusammenhang herausarbeiten und das sprachpolitische und sprachkritische Konzept, das hinter dem Werk steht, bloßlegen.
Was erwarten die Verlage?
(1999)
Einzelsprachliche wissenschaftliche Grammatiken - nur von ihnen ist die Rede - haben eine ganze Reihe von Anwendungen außerhalb von universitärer Lehre und Forschung, die sich in ihrem Adressatenbezug niederschlagen sollten. Der folgende Beitrag möchte die Aufmerksamkeit auf solche Anwendungen richten, die das Verhältnis von Sprache, Sprachwissenschaft und Öffentlichkeit betreffen. An einschlägigen Beispielen wird vorgeführt, welche Art von grammatischem Wissen für welche dieser Anwendungen von Interesse sein kann. Das Plädoyer für einen Rückgriff auf grammatisches Wissen ist auch ein Plädoyer für eine bestimmte Art von Grammatik, wir nennen sie die 'funktionale'. Wir schreiben an ihr, indem wir Lösungen für außerhalb der Grammatikforschung auftretende Probleme anbieten.
Zwischen den Erwartungen und besonderen Bedürfnissen der Auslandsgermanistik und dem, was die germanistische Linguistik zu bieten hat, gibt es auf verschiedenen Gebieten noch erhebliche Diskrepanzen – so lautet die durchaus als Provokation gemeinte Ausgangsthese. Im Bereich Wortschatz und Wörterbücher fehlt es, verglichen mit der anglo-amerikanischen Wörterbuchszene, an umfassenden, korpusbasierten, gegebenenfalls auch elektronisch zugänglichen Wörterbüchern mit durchdachter Mikrostruktur, präzisen und verständlichen grammatischen und semantischen Angaben und reichhaltigem, den heutigen Sprachgebrauch widerspiegelndem Beispielmaterial. An grammatische Handbücher sind folgende Forderungen zu stellen: Konzentration auf relevante, d.h. typische, hochfrequente und kontrastiv-typologisch bedeutsame Erscheinungen, Zuverlässigkeit und Präzision der Angaben durch expliziten Bezug auf eine Textbasis sowie vor allem Verständlichkeit für die Zielgruppe. Weitere Desiderate beziehen sich u.a. auf die zeitgemäße Präsentation des faktischen Sprachgebrauchs und der deutschen Dialekte, speziell auf das Deutsche zugeschnittene Arbeiten zum Spracherwerb und zur Sprachverarbeitung.
Gerade die Sprache der Journalisten hat eine kritische Reflexion bitter nötig. Denn – hierin den Juristen ähnlich – haben auch Journalisten eine Definitionsmacht über die soziale Wirklichkeit. Vor allem transportieren sie die Sprache der Politiker, die nicht selten „riskante" Begriffe durch Schönfärberei semantisch verschleiert. Oder sie schaffen eine eigene sprachliche Realität, die dann die Perspektive des „kritischen" Beobachters spiegelt. Anhand zahlreicher Beispiele, die vorwiegend den Tageszeitungen entnommen sind, untersucht der Verfasser Sprach-Modismen und Sprach-Verschiebungen aller Art, die zugleich S inn-Verschiebungen sind. Und er ruft die Linguisten auf, die selten gewordene Selbstkritik der Journalisten bei diesen Entschleierungen zu unterstützen. „Denn wir sitzen gemeinsam in dem Sprach-Boot, das alles mögliche darf – nur nicht untergehen."
Die Sprachwissenschaft antwortet auf Fragen, die die Öffentlichkeit nicht hat. Diese Konstellation, die vermutlich für jede Wissenschaft gilt, ist der Schule aus dem Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern nicht unvertraut. Der Lehrer reagiert darauf damit, dass er die Schüler zu der Fragwürdigkeit von Tatbeständen und Meinungen hinzuführen versucht, bevor er im Unterricht mögliche Antworten entwickelt. Dieses Verhalten ist auf die Beziehung zwischen Sprachwissenschaft und Schule insoweit übertragbar, als die Sprachwissenschaft nicht nur selbstgenügsam als Wissende in sich selber ruhen darf, sondern künftigen Lehrern die Bedeutung ihrer Forschungen für ihren Beruf vermitteln muss. Das ist bisher oft nicht gelungen; Deutschlehrer interessieren sich weit mehr für Literatur als für Sprache. Es geht also nicht in erster Linie darum, die Fachinhalte für den Gebrauch von Lehrerstudenten aufzubereiten oder ihnen eine bestimmte Auswahl von sprachwissenschaftlichen Seminaren anzubieten, sondern darum, die Studenten für die deutsche Sprache zuerst einmal zu interessieren, vielleicht sogar zu begeistern. Das scheint möglich, wenn es gelingt, den Studenten die Erklärungskraft sprachwissenschaftlicher Theoriebildung für das Verständnis des alltäglichen mündlichen und schriftlichen Gebrauchs der deutsche Sprache vor Augen zu führen und ihnen so ein gegenüber ihrem vorwissenschaftlichen Verständnis neues Bild der deutschen Sprache – und erst dann ein Bild der germanistischen Linguistik – zu vermitteln.
Empirische Untersuchungen zur alltäglichen Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien sind so relevant wie rar. Neue Erkenntnisse verspricht ein DFG-Projekt im Rahmen einer interdisziplinären Forschergruppe, dessen Konzeption und erste Analysen im vorliegenden Beitrag skizziert werden. Die Nutzung des Computers, so die Prämisse, ist nicht nur eine Angelegenheit des einzelnen Anwenders und seiner Kommunikationspartner im Netz. In vielen Situationen werden Apparate und Programme erst auf der Grundlage des arbeitsbegleitenden Sprechens mit anderen strukturiert, eingesetzt, erlebt und bewertet, d. h. sprachlich angeeignet. Erste gesprächsanalytische Untersuchungen der in solchen Kontexten erhobenen Daten zeigen, dass die allgegenwärtigen „Bedienungsprobleme" nicht nur „instrumentell" bearbeitet werden, sondern auch nach „rituellen" Mustern alltäglicher psychosozialer Interaktionsrituale zur Bearbeitung von „Zwischenfallen" (Goffman). Die Ambivalenz dieser Art von Aneignung wirft die Frage auf, ob an der „Mensch-Maschine-Schnittstelle" aus linguistischer Sicht eine weitergehende Simulation zwischenmenschlicher Kommunikation zweckmäßig ist.
In der face-to-face Kommunikation wirken sprachbegleitende Merkmale i. S. der Verständnissicherung. Durch die räumlich-zeitliche Kopräsenz der Beteiligten ist es zudem leichter, einen „common ground" zu etablieren als in der computervermittelten Kommunikation, bei der die nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten entfallen. Offen ist dabei, inwieweit sich dieser Unterschied der Modalitäten auf die Kommunikation auswirkt. In einer Untersuchung der Interaktion innerhalb von Arbeitsgruppen aus vier Teilnehmern, die entweder face-to-face oder computervermittelt miteinander kommunizierten, wurden Unterschiede in der Frequenz spezieller Interaktionsformen und in der Art der Verdeutlichung der jeweiligen Standpunkte gefunden. Diese Ergebnisse werden vor dem Hintergrund theoretischer Annahmen zum Stellenwert der räumlich-zeitlichen Kopräsenz diskutiert.
Wörter - Argumente - Diskurse. Was die Öffentlichkeit bewegt und was die Linguistik dazu sagen kann
(1999)
Der Beitrag versucht, eine der Möglichkeiten auszuloten, die Interessen der Öffentlichkeit und der Sprachwissenschaft in Verbindung zu bringen. Im Bereich gesellschaftlich relevanter Diskussionen besteht diese Möglichkeit darin, über besonders prominente Einzelwörter hinaus solche Diskussionen als „Diskurs" aufzufassen und diesen mit verschiedenen sprachwissenschaftlichen Methoden zu analysieren. Diskurs wird dabei als Menge aller Äußerungen zu einem gleichen Thema aufgefaßt, die für die Forschung in reflektiert zusammengestellten Textkorpora zugänglich zu machen sind. Am Beispiel des Migrationsdiskurses wird veranschaulicht, wie eine korpusbasierte, empirische Diskurslinguistik begründete Aussagen über die Verwendung von Wörtern machen kann, die die Öffentlichkeit im doppelten Sinne „bewegen", wie die argumentative Funktion öffentlicher Sprachthematisierungen systematisch zu erfassen ist und wie über die Wortschatzanalyse hinaus argumentative Muster öffentlicher Diskurse in ihrem Stellenwert für ein öffentliches
Themenfeld beschrieben werden können. Abschließend werden die bisherige öffentliche Resonanz auf entsprechende linguistische Forschungsergebnisse erörtert sowie die Chancen eines Forschungsansatzes, der einerseits öffentlich interessierende Themen aufgreift und andererseits diese methodisch reflektiert begleitet und analysiert. Insgesamt scheinen hier wie in anderen linguistischen Teilbereichen die Weichen für eine stärker öffentlichkeitsrelevante Linguistik bereits gestellt. Damit beginnt die germanistische Linguistik, aus der „selbstverschuldeten öffentlichen Unmündigkeit" der Germanistik auszubrechen und ihr Themenfeld in der Öffentlichkeit nicht mehr anderen zu überlassen, die weniger seriös arbeiten bzw. deren Kompetenzen andere sind.
Die geplante Rechtschreibreform der deutschsprachigen Länder hat eine überaus heftige Diskussion in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Befürworter und Kritiker äußern sich in so gut wie allen kommunikativen Kanälen. Die seit Jahren geführte Debatte hat an Schärfe zugenommen und vielfach die sachlichen Bahnen verlassen.
Das folgende Referat stützt sich auf die in den Printmedien geäußerten Ansichten und analysiert Berichte, Leserbriefe und Kommentare in ihrer Tendenz und ihrer Argumentationsstruktur. Dabei tritt zu Tage, daß in hohem Maße immer die gleichen Argumentationstopoi eingesetzt werden, allerdings mit unterschiedlicher Gewichtung. Aufs Ganze gesehen sind bei allem Engagement im einzelnen die Zeitungskommentare ausgewogener als vor allem die Leserbriefe, auch wenn die Argumentationsformen sehr ähnlich sind. Die Debatte um die Rechtschreibreform weist zunehmend Charakteristika der öffentlich-politischen Diskussion auf. Das Referat geht den Gründen dafür nach.