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Augenblicks-Kommunikation: Mikrostruktur und soziale Implikativität einer kommunikativen Minimalform
(2018)
Die hier vorgelegte Studie ist das empirisch-konstitutionsanalytische Ergebnis meiner multi-modal-interaktionsanalytischen Beschäftigung mit einem bestimmten Typ kommunikativer Minimalform. Es handelt sich um den nur wenige Sekunden dauernden und oftmals nur blick-lich-mimisch-körperlich konstituierten sozialen Austausch von Passanten, die an einem Fens-ter vorbeigehen und dabei in das Zimmer blicken, an dem eine Person an einem Tisch sitzt, die ihrerseits die Hereinblickenden anschaut und somit eine Situation der Wahrnehmungs-wahrnehmung (Hausendorf 2003) etabliert. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung zu Augenblicks-Kommunikation am Fenster steht die detaillierte Analyse motiviert ausgewählter Fälle aus einem umfangreichen Korpus (siehe Abschnitt 11). Die Fallanalysen dienen dem Nachweis der konstitutiven Bausteine der kom-munikativen Minimalform und der Systematik des Beteiligtenverhaltens über eine Vielzahl unterschiedlicher Konstellationen hinweg. Basierend auf der fallanalytisch produzierten empi-rischen Evidenz und Rekurrenz interaktionsstruktureller und sozial-implikativer Konstituen-ten des dokumentierten Interaktionsereignisses wird es möglich, die Relevanz der interakti-onsanalytischen Beschäftigung mit kommunikativen Minimalformen als relevante Unter-suchungsgegenstände deutlich zu machen. Um den empirisch basierten Nachweis kommunikativer Minimalformen als relevante und bislang übersehene Untersuchungsgegenstände der multimodalen Interaktionsanalyse nicht noch durch die Beschreibung, Reflexion und Problematisierung damit zusammenhängender methodisch-methodologischer Voraussetzungen und Anforderungen zu überfrachten, habe ich letztere Überlegungen – soweit es mir vertretbar erschien – mehr oder weniger konsequent ausgeklammert. Ich habe sie jedoch nicht ausgesondert und zur Seite gelegt. Vielmehr stellt die Reflexion und Diskussion der methodisch-methodologischen Implikationen der multimo-dal-interaktionsanalytischen Untersuchung kommunikativer Minimalform(en) ein zweites Ergebnis meiner bisherigen Beschäftigung mit der Augenblicks-Kommunikation am Fenster dar. Dieses Ergebnis befindet sich augenblicklich noch in Vorbereitung und wird als eigen-ständige Publikation veröffentlicht. Es stellt eine systematische und notwendige Ergänzung der hier vorliegenden Studie mit ihrem empirisch-fallanalytischen Fokus dar. Wer sich also speziell für die (weiterführende) methodisch-methodologische und theoretische Seite der Ana-lyse kommunikativer Minimalformen interessiert, der sei auf diese zweite Publikation (Schmitt/Petrova i. Vorb.) verwiesen.
Wer trägt die Schuld am Ersten Weltkrieg? Wer trägt die Schuld am für Deutschland und andere Staaten folgenschweren Ausgang des Kriegs? … Fragen wie diese sind und bleiben aktuell. Die vorliegende Arbeit gibt keine Antworten auf diese Fragen. Sie versucht hingegen aufzudecken, welche sprachlichen, d. h. lexikalischen Strategien Akteure in den frühen wissenschaftlichen und öffentlichen Debatten dieser Zeit wählen, um ihren Mentalitäten, ihrem Denken, Fühlen, Wollen/Sollen im Akt des Schuldzuschreibens oder Schuld-von-sich-Weisens Ausdruck zu verleihen. Die Analyse und Darstellung der heterogenen Mentalitäten der verschiedenen Akteure zeigt, wie komplex das Konzept »Schuld« (nicht nur) im zeitlich-thematischen Rahmen des Ersten Weltkriegs ist und warum die zuvor exemplarisch aufgeführten Fragen nicht an Aktualität verlieren.
Das Wort
(2018)
Die kompetente Verwendung von Wörtern im Kontext einer Sprache stellt ein hochspezialisiertes Fähigkeitssystem dar, das wir unbewusst beherrschen. Ebenso verfügen wir über eine implizite Kenntnis der Regeln, die den inneren Aufbau von Wörtern bestimmen. Der unbewusste Charakter sprachlichen Wissens erschwert jedoch dessen Vermittlung in Schule und Universität. Der vorliegende Überblick über wesentliche morphologische Phänomene des Deutschen sowie einschlägige grammatische Begriffe und Analysemethoden berücksichtigt dieses Problem des Grammatikunterrichts und begegnet ihm mit einer Synthese von sprachwissenschaftlicher und sprachdidaktischer Perspektive.
Die digitale Verfügbarkeit großer Textmengen und ihre umfassende Vernetzung beeinflussen unseren Umgang mit Sprache und Geschriebenem. Die Möglichkeit, auf riesigen Textwellen zu surfen und endlos viele Texte immer verfügbar zu haben, verändert auch das Bild, das wir uns von Sprache generell machen. Dieser wissenschaftliche Essay beschreibt den Wandel der Sprachauffassung, der sich durch Digitalisierung und Vernetzung gerade vollzieht, und zeigt die Konsequenzen in Bildungsinstitutionen, Sprachpolitik und bis hinein in unseren Alltag: In der SMS-Kommunikation erhalten wir Formulierungsvorschläge oder wir sprechen mit einem künstlichen Gesprächspartner in unserem Smartphone. Auch die fortschreitende Kombination von Text mit Grafik, Bild und Video wird als weitere Triebkraft dieses Wandels thematisiert. Ein abschließendes Kapitel skizziert ein neues Bild der Sprache, das einer offenen, demokratischen und zunehmend vernetzten Gesellschaft entspricht.
Die moderne sprachwissenschaftliche Forschung nutzt in zunehmender Weise digitale Forschungsinfrastrukturen und Informationssysteme. Diese Entwicklung begann um die Jahrtausendwende und beschleunigt sich seither. Der Band thematisiert nationale und europäische Infrastrukturverbünde und verschiedene Sprachressourcen aus der germanistischen Sprachwissenschaft, die über digitale Infrastrukturen auffindbar, zugreifbar und (wieder-)verwendbar sind.
Dieser Band beschäftigt sich mit den politischen, fachlichen und medialen Umständen, die die Rechtschreibreform beeinflusst haben. Es werden Wirkungskreis und Rolle der Akteure im Prozess der Umsetzung, die Interaktion zwischen den Handlungsträgern bemessen. Die Annahme zu den aktuellen Entwicklungen in Bezug auf die deutsche Sprache lautet, dass die von Instanzen wie dem Rat für deutsche Rechtschreibung für das amtliche Regelwerk aufgestellten Kriterien zur Regelung der Schreibpraxis nicht nur unter der Einflussnahme der in den fachlichen Diskursen geführten Tonlage standen, sondern von politisch-medialen Diskursen beeinflusst wurden. Die Arbeit führt zu einem aktuellen Verständnis über die Reform, da mit dem Reifegrad eines jeden Reformvorhabens eine Neubewertung zu einem neuen Verständnis führt. Es zeigt sich, dass die Wechselbeziehungen, die die Bemühung um eine den aktuellen Sprachgebrauch abbildende Rechtschreibung geprägt haben, als Ergebnis der Diskurse auf politisch-medialer Ebene zu verstehen sind. Der Band richtet sich an Verlage, Sprachinteressierte, Reformgegner und Reformbefürworter der Rechtschreibreform.
Die Diskursanalyse ist keine genuin linguistische Perspektive. Sie ist Teil eines größeren Verbundes von Disziplinen, die „je spezifische Formen der Diskursanalyse“ betreiben (Spitzmüller/Warnke 2011: 4). Dabei ist die linguistische Diskursanalyse oder Diskurslinguistik, 1 die sich in den letzten Jahren als linguistische Teildisziplin etabliert hat, selbst weder ein homogenes Feld noch ein kohärentes sprachwissenschaftliches Programm. Vielmehr ist sie ein Sammelbegriff für zahlreiche Varianten, die unterschiedliche Erkenntnisinteressen und Ziele verfolgen (Spitzmüller/Warnke 2011: 4). Ein Ziel, welches viele Spielarten der Diskurslinguistik teilen, ist die Rekonstruktion von Denk- und Vorstellungswelten bzw. Wissensbeständen auf transtextueller Ebene. Daher wollen wir in diesem Band das transtextuelle Muster des Narrativs vorstellen und seine Anwendbarkeit für digitale Diskurse an Fallbeispielen demonstrieren.
Die vorliegende Studie zeigt datenbasiert, wie N+N-Komposita mit Fugenelementen im Frühneuhochdeutschen durch Reanalyse aus pränominalen Genitivkonstruktionen entstehen und in der Folge ein bestehendes Wortbildungsmuster verändern. Für den Hauptuntersuchungszeitraum (1500–1710) werden alle relevanten Konstruktionen in einem ausgewogenen Textkorpus identifiziert und analysiert. Dabei zeigt sich, dass durch den neuen, verfugenden Kompositionstyp morphologische Restriktionen des Erstglieds fallen: Das Muster öffnet sich nun z.B. auch für suffigierte Substantive. In der Folge nimmt die Produktivität von N+N-Komposita quantitativ wie qualitativ deutlich zu. Hier lässt sich der Ausgangspunkt der heutigen „Kompositionsfreudigkeit" des Deutschen ausmachen. Im Zentrum des Untersuchungsinteresses steht in diesem Zusammenhang die unparadigmische s-Fuge (Religion-s-wesen), die als Indikator für einen eigenständigen Wortbildungsprozess dient. Bestehende und neue Ansätze zu ihrer Genese werden datenbasiert evaluiert. Hieraus ergibt sich ein Vorschlag zur (temporären) Funktion der s-Fuge. Die Studie überprüft schließlich, ob sich der neue Kompositionstyp als Fall von Grammatikalisierung, Degrammatikalisierung oder Exaptation beschreiben lässt.
Mit Fragestellungen und kritischen Diskussionen zu Paradigmen, Methoden und Zielen stellt der Sammelband eine Positionsbestimmung zur Grammatiktheorie und Empirie in der germanistischen Linguistik dar. Die Beiträge umfassen ein breites Spektrum an Themen zwischen deskriptiver Vollständigkeit und grammatischer Modellierung, die seit einiger Zeit die Diskussion bestimmen, Entwicklungen aufzeigen und aus Forschungsdesideraten heraus für das Fach neue Perspektiven eröffnen.
Das Verhältnis von Grammatiktheorie und Grammatikschreibung ist nicht zuletzt aufgrund der Heterogenität ihrer Ziele nicht immer einfach. Der vorliegende Band plädiert dafür, dass beide Disziplinen von einer stärkeren Kooperation profitieren. So können Einsichten aus der Grammatiktheorie wie die Aufdeckung neuer Generalisierungen und tieferer Zusammenhänge zu einer Vereinfachung und Systematisierung der Grammatikschreibung beitragen. Umgekehrt sind umfassende Darstellungen, wie sie in deskriptiven Grammatiken vorliegen, als Datenbasis und Prüfstein der theoretischen Linguistik unentbehrlich.
Mit dem "Handbuch der deutschen Sprachminderheiten in Übersee" liegt nun ein komplementärer Band zum "Handbuch der deutschen Sprachminderheiten in Mittel- und Osteuropa" vor. Es bietet einen konzentrierten Überblick über die Situation der deutschsprachigen Minderheiten außerhalb Europas. Acht Länderartikel (USA, Texas, Südamerika, die Mennoniten, Namibia, Südafrika, Australien, ehemalige Kolonialgebiete in der Südsee) liefern ausführliche Informationen über die historischen Entwicklungen der jeweiligen Sprachinseln, über die politische und rechtliche Lage der Minderheiten und ihre demographische Situation. Dabei wird für jedes Land eine Dokumentation der Kompetenz- und Sprachgebrauchssituation, eine Beschreibung und Analyse der soziolinguistischen Situation mit ihren je spezifischen Standard-Substandard-Verteilungen und eine Untersuchung der Spracheinstellungen der Sprecher geboten.
Konzepte des Authentischen
(2018)
Korpuslinguistik
(2018)
Der Band nimmt eine Bestandsaufnahme zu Grundlagen, Methodik, Werkzeugen und Anwendungsfeldern der Korpuslinguistik mit Fokus auf die germanistische Sprachwissenschaft vor. Die Beiträge stellen den aktuellen Forschungsstand sowohl im Bereich schriftsprachlicher wie auch mündlicher Korpora dar und beschreiben innovative Herangehensweisen, aktuelle Herausforderungen und Desiderata zur Arbeit mit Korpora in der Sprachwissenschaft.
Seit einigen Jahren beschäftigt sich der sprachwissenschaftliche Ansatz der „Linguistic Landscapes“ mit der systematischen Erforschung von sprachlichen und anderen Zeichen in der Öffentlichkeit. Welche Sprachen sehen wir wo? Welche Zeichen drücken politische Meinungen aus? Wie schafft Werbung Realitäten? Wo gibt es Gegenreaktionen zu offiziell sanktionierten sprachlichen Ausdrucksweisen?
Multiethnolektale Sprechweisen von Jugendlichen sind in mittel- und nordeuropäischen Ländern nicht nur ein Thema soziolinguistischer Forschung, sie werden auch in der Öffentlichkeit viel diskutiert. Trotz der großen Aufmerksamkeit, die das Thema auf sich zieht, gibt es für das Deutsche nur wenige Untersuchungen, die die linguistischen Phänomene auf ausreichender empirischer Basis beschreiben und auswerten. In der vorliegenden Korpusstudie wird die Sprache von Jugendlichen aus Stuttgart analysiert. Im Zentrum der Untersuchung stehen multiethnolektale Syntagmen, bei denen Artikel, Präpositionen und Pronomen nicht verwendet werden. Die Forschungsergebnisse basieren auf über 6.000 Einzelbelegen aus Audiodaten, die im Rahmen von informellen Interviews in den Stadtteilen Stuttgart-Nord, Bad Cannstatt und Hallschlag entstanden sind.
Die Funktion und der Gebrauch von Artikeln, Präpositionen und Pronomen im autochthonen Deutschen werden detailliert beschrieben, bevor anhand von umfangreichen syntaktischen und semantischen Analysen die sprachlichen Bedingungen herausausgearbeitet werden, unter denen die Jugendlichen die multiethnolektalen Strukturen verwenden. Gestützt werden diese Auswertungen durch Aussagen über die Häufigkeit der grammatischen Varianten in den verschiedenen syntaktisch-semantischen Kontexten. Eine multivariate Analyse bindet zudem außersprachliche Faktoren, beispielsweise den Einfluss der verschiedenen Familiensprachen, mit ein und zeigt, welche Variablen die Verwendung der multiethnolektalen Syntagmen steuern. Darüber hinaus liefern Auswertungen und Beobachtungen zum situativen Gebrauch wichtige Forschungsergebnisse zur multiethnolektalen Sprachvariation.
Zum Umlaut in der Wortbildung wurde in der Forschungsliteratur bislang nur sporadisch spekuliert. „‚Nuss‘ und ‚nussig‘, aber ‚Fluss‘ und ‚flüssig‘ – Wortbildung und Umlaut“ bietet nun reiches Material und statistisch gestützte Analysen. Sprachlehrer und Sprachforscher finden hier gründliche und konzise Informationen in Überblickstabellen und neuen, opulenten Beispielsammlungen.
Die Arbeit untersucht die Existenzbedingungen und die Verwendung der nominalen -ei-Ableitungen im modernen Deutsch anhand eines umfangreichen Materials aus den Mannheimer Korpora. Zentral sind dabei die Semantik der vor allem denominalen und deverbialen Wörter, die Art und Weise der Ableitung, die Art und Weise der Komposition und nicht zuletzt die Valenz der deverbalen Ableitungen, d.h. die Valenzvererbung. Inwiefern werden die Verbsatelliten an die abgeleiteten Nomina vererbt, und in welcher Form treten sie auf? Die Arbeit enthält auch Exkurse zu -ei-Ableitungen im Wortspiel, in der Gauner- und Diebessprache, in der Umgangssprache sowie in der Sprache der Sexualität.
Wo steht die germanistische Sprachwissenschaft aktuell? Der Band orientiert über den Stand der Forschung zur kommunikativen Verwendung von Sprache, ihrer Rolle in der Interaktion und ihrem Verhältnis zur Kultur. Die Beiträge stellen theoretische Grundlagen und wissenschaftsgeschichtliche Entwicklungen ihrer jeweiligen Forschungsgegenstände dar, illustrieren sie anhand von empirischen Ergebnissen und formulieren Desiderata für die Zukunft der Sprachwissenschaft.
Ist unser Denken und somit die Weltsicht für alle Menschen gleich oder sprachspezifisch? Auf diese uralte Fragestellung, der bereits Wilhelm von Humboldt nachgegangen ist, gibt dieses Buch eine eindeutig bejahende Antwort: Unsere Weltanschauung wird durch die Grammatik der eigenen Muttersprache(n) geprägt, sodass Menschen Ereignisse sprachspezifisch wahrnehmen, versprachlichen und auch erinnern. Diese grundlegenden Erkenntnisse sind durch den hier gewählten experimentellen Zugang psycholinguistischer Methoden (z.B. Eye-Tracking) erstmalig möglich. Der Einfluss von Sprache auf Kognition erweist sich darüber hinaus für Sprachkontakt als extrem relevant. Infolge des über Jahrhunderte andauernden Sprachkontakts zwischen dem Deutschen und Tschechischen hat sich das Aspekt-System des Tschechischen dahingehend geändert, dass die Ereigniskonzeptualisierung im Tschechischen wie im Deutschen verläuft und das Tschechische sich systematisch von anderen ost- und westslawischen Sprachen absetzt.
Kann man den Sprachgebrauch in einer Gruppe verändern? Und wenn ja, wie? In Politik und Wirtschaft sind schlüssige Antworten auf diese Fragen von großem Interesse. Karolina Suchowolec findet sie, indem sie den aktuellen Forschungsstand zu Sprachplanung, Plansprachen, Kontrollierten Sprachen und Terminologiearbeit analysiert, die Erkenntnisse auf ihre mögliche Verallgemeinerung hin prüft und daraus Sprachlenkung als einen übergreifenden linguistischen Forschungsgegenstand ableitet. Dessen praktische Umsetzung hat sie empirisch untersucht. Im Ergebnis formuliert sie eine Übersicht zu den Herausforderungen der Sprachlenkung sowie zu in der Literatur postulierten Lösungsansätzen – eine solide Grundlage für die weitere theoretische Forschung sowie Hilfestellung für die praktische Sprachlenkung.
Der Sprachgebrauch in der Zeit 1933 bis 1945 ist vielfältig auf unterschiedlichen Sprachebenen untersucht und dargestellt worden. Dass die dem Nationalsozialismus zugehörigen Sprecher aber nicht die alleinige Diskurs- und Sprachgemeinschaft bildeten, wurde bisher in der empirischen Forschung selten als Gegenstand etabliert, während das Phänomen seit langem theoretisch erkannt und beschrieben ist. Durch eine Konzentration auf öffentlich-propagandistische Kommunikationsformen sind etwa Studien zu Formen institutionellen Kommunizierens, zur gruppenspezifischen oder privaten Schriftlichkeit und insbesondere zum sprachlichen Agieren im Widerstand selten. Der vorliegende Band besteht aus Beiträgen, die hierfür Beispiele vorlegen. Sie basieren auf Vorträgen, die auf der von den Herausgeberinnen veranstalteten Tagung »Sprachliche Sozialgeschichte des Nationalsozialismus« im April 2017 am Institut für Deutsche Sprache gehalten wurden. Die Beiträge erschließen in methodischer Hinsicht, bzgl. der Fragestellung oder in Bezug auf die Quellen mit zum Teil noch nicht oder kaum untersuchtem sprachwissenschaftlichem Material aus der Zeit des Nationalsozialismus neue Perspektiven.
Dieser Band befasst sich aus unterschiedlichen theoretischen und empirischen Perspektiven mit sprachlicher Verfestigung an der Schnittstelle von Phraseologie und Konstruktionsgrammatik, wobei primär lexikalische Musterhaftigkeit im Mittelpunkt steht. Kennzeichnend für alle Beiträge ist eine starke korpusempirische Ausrichtung, die es ermöglicht, funktional verfestigte Sprachmuster und Phrasem-Konstruktionen auf der Basis sprachlicher Massendaten zu rekonstruieren und zu beschreiben. Die Untersuchungen liefern sowohl Impulse für eine neue musterbasierte Phraseologie- und Lexikontheorie als auch für die Weiterentwicklung gebrauchsbasierter konstruktionsgrammatischer Ansätze. Anhand zahlreicher Fallstudien werden darüber hinaus Vorschläge unterbreitet, wie diese Forschungen für den Sprachvergleich und die Fremdsprachenperspektive fruchtbar gemacht werden können.
Pragmalinguistische Untersuchungen, die gänzlich von kognitiven Dimensionen abstrahieren, verlieren zentrale Aspekte ihres Gegenstandsbereichs aus dem Blick. Zugleich müssen auch in kognitionslinguistischen Ansätzen die soziopragmatischen Prägungen kognitiver Prozesse theoretisch modelliert und empirisch anhand von Sprachgebrauchsdaten untersucht werden. Der Band versammelt grundlagentheoretische und empirische Studien aus verschiedenen pragmatischen Disziplinen wie Textlinguistik, Gesprächslinguistik und Diskurslinguistik zu Gegenständen, die einen gleichermaßen pragmalinguistischen und kognitionslinguistischen Zugang erfordern. Klassische Gegenstände der kognitiven Linguistik wie Metaphern oder Frames werden so in pragmatischer Perspektive als kontextgebundene Ressourcen sprachlichen Handelns greifbar.
In Studien zu pädiatrischer Interaktion wird immer wieder die niedrige Redebeteiligung der jungen Patient/innen, deren Leiden in den ärztlichen Gesprächen verhandelt werden, herausgestellt. In einigen triadisch-pädiatrischen Erstkonsultationen, die sich in mehreren Punkten signifikant von dyadischen Erstgesprächen unterscheiden, ist allerdings die Beteiligung der Patient/innen deutlich höher. Eine Kombination aus quantitativer und konversationsanalytischer Untersuchung von Erstkonsultationen in der pädiatrischen Praxis zeigt, dass der Aufforderung zur Beschwerdenschilderung dabei eine entscheidende Bedeutung zukommt, weswegen der Formulierung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Doch die herausfordernde Situation birgt nicht nur Stolpersteine, sondern kann auch von allen Interaktionspartner/innen als strategisches Mittel eingesetzt werden. Eine interaktive Relevanz haben überdies elterliche Initiativen. An mehreren Beispielen wird gezeigt, welche erheblichen Konsequenzen eine Nicht-Bearbeitung oder eine nicht ausreichende Bearbeitung für die jeweilige Interaktion hat.
In Studien zu pädiatrischer Interaktion wird immer wieder die niedrige Redebeteiligung der jungen Patient/innen, deren Leiden in den ärztlichen Gesprächen verhandelt werden, herausgestellt. In einigen triadisch-pädiatrischen Erstkonsultationen, die sich in mehreren Punkten signifikant von dyadischen Erstgesprächen unterscheiden, ist allerdings die Beteiligung der Patient/innen deutlich höher. Eine Kombination aus quantitativer und konversationsanalytischer Untersuchung von Erstkonsultationen in der pädiatrischen Praxis zeigt, dass der Aufforderung zur Beschwerdenschilderung dabei eine entscheidende Bedeutung zukommt, weswegen der Formulierung besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Doch die herausfordernde Situation birgt nicht nur Stolpersteine, sondern kann auch von allen Interaktionspartner/innen als strategisches Mittel eingesetzt werden. Eine interaktive Relevanz haben überdies elterliche Initiativen. An mehreren Beispielen wird gezeigt, welche erheblichen Konsequenzen eine Nicht-Bearbeitung oder eine nicht ausreichende Bearbeitung für die jeweilige Interaktion hat.
Vages Sprechen in psychotherapeutischen Diagnosegesprächen. Eine gesprächsanalytische
Untersuchung
(2018)
Der Zusammenhang von Vagheit und Sprache ist bereits vielfach behandelt worden, allerdings überwiegend aus philosophischer oder semantischer Perspektive. Demgegenüber verfolgen wir in dieser Arbeit einen gesprächsanalytischen Ansatz, um Phänomene sprachlicher Vagheit zu untersuchen. Wir fokussieren uns dabei speziell auf Vagheit in psychotherapeutischen Diagnosegesprächen.
Vagheit, wie sie in alltäglicher Kommunikation erfahren wird, lässt sich beschreiben als semantische Unterspezifizierung, die durch den Gebrauch unklarer Bezüge oder zu allgemeiner Ausdrücke entsteht. Unser Verständnis von Vagheit unterscheidet sich damit fundamental von der philosophischen und semantischen Kategorie „Vagheit“. Es handelt sich unserem Verständnis nach um eine interaktive Kategorie, die nur durch das Auftreten interaktiver Verwerfungen sichtbar wird.
Vages Sprechen kann den Patienten dazu dienen, sensible Themen zu vermeiden, aber mehr noch dazu, ein neues Thema zu setzen oder den thematischen Schwerpunkt des laufenden Gespräches zu verschieben. Therapeuten reagieren auf vages Sprechen, indem sie unmittelbar oder mittelbar auf die unterspezifizierte Äußerung eingehen oder indem sie die Patienten mit Hilfe von Spezifikationsangeboten unterstützen, insbesondere im Bereich sensibler Thematiken. Formal und/oder funktional ähnliche sprachliche Phänomene sind Teilresponsivität und Hochstufung durch Rückstufung.
Vages Sprechen hat auch Auswirkungen auf die Allianz zwischen Patienten und Therapeuten: Therapeuten können die Hinweise der Patienten nutzen, um das Diagnosegespräch im Hinblick auf die von den Patienten gesetzten Schwerpunkte zu organisieren.
Valenz und Dependenz. Theorie und Praxis. Festschrift für Professor Ulrich Engel zum 90. Geburtstag
(2018)
Die Beschreibung und Analyse sprachlicher Variation gehört zu den Feldern, die in der germanistischen Sprachwissenschaft in jüngerer Zeit stark an Aufmerksamkeit gewonnen haben. Dieser Band zeigt in einer Zusammenschau verschiedener Ansätze von der Einstellungs- bis zur Sprachkontaktforschung, wie sich Variation entlang verschiedener Normorientierungen von Sprechern sowie als Ergebnis von Identitätskonstruktionen begreifen lässt.
Verschmelzung von Präposition und Artikel. Eine kontrastive Analyse zum Deutschen und Italienischen
(2018)
Präpositionen und Artikelformen gehen in vielen europäischen Sprachen klitische Verbindungen ein, die spezielle Ausdrucksklassen wie die deutschen Verschmelzungsformen (z. B. ans, vom, zur) und italienischen ‚preposizioni articolate‘ (z. B. alla, delle, nel) konstituieren. Dieses Buch widmet sich dem Sprachvergleich dieser Ausdrucksklassen im Deutschen und Italienischen, die ausgehend von ähnlichen Voraussetzungen divergente diachrone Entwicklungen repräsentieren. Gezeigt wird dies anhand intra- und interlingualer Analysen zu Phonologie, Morphologie, Syntax und funktionalen Aspekten im Rede- und Textzusammenhang, die sowohl diachrone als auch synchrone Aspekte berücksichtigen und unmittelbar korpusempirisch abgesichert werden. Zentrale Erkenntnisse liefern außerdem sprachspezifische Fallstudien in großen Korpora, die auf methodisch innovativen, quantitativ und qualitativ ausgerichteten Distributionsanalysen struktureller und orthographischer Varianten von Präposition-Definitartikel-Verbindungen basieren.
Visualisierungen spielen in den Wissenschaften eine wichtige Rolle im Forschungsprozess. Sie dienen der Illustration von gewonnener Erkenntnis, aber auch als eigenständiges Mittel der Erkenntnisgewinnung. Auch in der Linguistik sind solche Visualisierungen bedeutend. Beispielsweise in Form von Karten, Baumgraphen und Begriffsnetzen. Bei korpuslinguistischen Methoden sind explorative Visualisierungen oft ein wichtiges Mittel, um die Daten überblickbar und interpretierbar zu machen. Das Buch reflektiert die theoretischen Grundlagen wissenschaftlicher Visualisierungen in der Linguistik, zeigt Praxisbeispiele und stellt auch Visualisierungswerkzeuge vor.
Die Lexikologie befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Die Diskussion der Abgrenzung von Grammatik und Lexikon, die verstärkte Berücksichtigung von Varianzphänomenen, die Beobachtung quantitativer Verteilungen lexikalischer Phänomene in großen Textkorpora und die Entwicklung internetlexikographischer Formate verändern unser traditionelles Bild vom Lexikon in erheblichem Maße. Der vorliegende Band orientiert sich an lexikalischen Phänomenen, deren Untersuchung diese Entwicklung prägt, und wirft Schlaglichter auf die gegenwärtige lexikologische Theorie und Praxis.
Mit der Verfügbarkeit immer größerer und vielfältigerer Korpora wird im Übergang zum 21. Jahrhundert in der Lexikonforschung ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der korpuslinguistische Zugang zum Lexikon hat die Lexikografie mit einer neuen empirischen Basis versehen und die klassische Abgrenzung zwischen Lexikon und Grammatik wird in sprachtheoretischen Debatten zunehmend in Frage gestellt. Der vorliegende Band nimmt eine Positionsbestimmung dieser Entwicklungen vor. Er setzt ein mit der Diskussion zur Rolle des Lexikons im Sprachsystem. Im zweiten Teil, “Kookkurrenz und Konstruktion”, geht es um Phänomene, die über die Ebene des einzelnen Wortes hinausgehen und seit einiger Zeit immer größeres Interesse auf sich ziehen. Mentale Prozesse und Repräsentationen des Lexikons bilden den Fokus im Teil “Kognition und Semantik”. Mit “Komplexität und Dynamik” werden im vierten Teil zwei weitere zentrale Begriffe der aktuellen linguistischen Diskussion über das Lexikon thematisiert, bevor abschließend auch auf die Implikationen für Wortschatzforschung und Lexikografie eingegangen wird.