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Es soll hier von dem Kulturgut Wörterbuch die Rede sein. Es soll also gefragt werden, was dieses Gut in der Welt gilt und was es uns Deutschen gilt. Schließlich soll die Frage aufgeworfen werden, ob wir uns mit den Wörterbüchern, die es jetzt von der deutschen Sprache gibt, zufrieden geben können und welche Art Wörterbuch für die Zukunft nötig ist.
94. Jahresversammmlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung : 8.-11. Juni 1981 in Soest
(1981)
96. Jahresversammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung : 23. bis 26. Mai 1983 in Stade
(1984)
Bis heute und weltweit genießt der „Mechanismus der menschlichen Sprache“ des Wolfgang von Kempelen unter Kennern einen beinahe legendären Ruf. In Methodik und Argumentation zählte dieses Buch seinerzeit zur wissenschaftlichen Avantgarde der erst im Entstehen begriffenen Phonetik. Heute jedoch ist seine Rezeption mit erheblichen Hürden verbunden: Insbesondere seine altertümliche Sprache und die Frakturschrift behindern eine intensive Auseinandersetzung. Zudem fehlte bislang eine englische Übersetzung.
Bis heute und weltweit genießt der „Mechanismus der menschlichen Sprache“ des Wolfgang von Kempelen unter Kennern einen beinahe legendären Ruf. In Methodik und Argumentation zählte dieses Buch seinerzeit zur wissenschaftlichen Avantgarde der erst im Entstehen begriffenen Phonetik. Heute jedoch ist seine Rezeption mit erheblichen Hürden verbunden: Insbesondere seine altertümliche Sprache und die Frakturschrift behindern eine intensive Auseinandersetzung. Zudem Fehlte bislang eine englische Übersetzung.
Aus der Perspektive der Sprachbenutzerinnen ist der Genitiv vom Sprachverfall bedroht. Jedoch lässt sich in der Geschichte des Deutschen kein geradliniger Abbau nachweisen. Die kurze Genitivendung -s (aus -es) setzte sich zwar schon im Frühneuhochdeutschen als die häufigere Variante durch, im weiteren Sprachwandel entwickelte sich dann aber eine komplex gesteuerte Variation beider Endungen. Mit dem Abbau des verbalen und attributiven Genitivs gehen zwar wichtige Funktionsbereiche verloren, doch zeichnet sich in der neuesten Sprachgeschichte ein unerwarteter Aufbau des Genitivs als Präpositionalkasus ab. In diesem Beitrag wird dafür plädiert, dass die formale und funktionale Entwicklung des Genitivs stark durch sprachliche Unsicherheit beeinflusst wurde und wird, die eine Reaktion auf bestehende Varianz darstellt. Es wird dafür argumentiert, dass die stilistische Aufwertung der langen Genitivform und des Genitivs gegenüber dem Dativ den Sprach-wandel aufhält bzw. sogar in eine andere Richtung lenkt.
Der Aufsatz untersucht die grammatische Gestaltung zweigliedriger Nominalgruppen mit quantifizierendem nominalem Erstglied (Nquant) und quantifiziertem, durch ein Adjektivattribut erweitertem, nominalem Zweitglied (Adj+N), z.B. (mit) einem Glas kaltem Wasser. In der deutschen Gegenwartssprache ist in solchen Fügungen mit Varianten zu rechnen: (mit) einem Glas kalten Wassers, (mit) einem Glas kaltes Wasser. Insgesamt lassen sich fünf Konstruktionstypen unterscheiden. Anhand einer Belegsammlung aus literarischen Prosatexten vom 17. bis zum 20. Jahrhundert wird insbesondere die quantitative Verteilung von Konstruktionen mit Genitiv vs. Kasusübereinstimmung ins Auge gefasst. Anders als bei Nquant+N-Gruppen ohne Adjektivattribut im Zweitglied zeigt sich ein kräftiger Anstieg im Anteil der Genitivkonstruktion vom 17. bis zum 19. und nur ein leichter Rückgang im 20. Jahrhundert. Dieser Befund stimmt nur zum Teil mit den Darstellungen in der Standardliteratur überein. Eine mögliche Erklärung für die quantitative Entwicklung der Genitivkonstruktion in der Literatursprache liegt im Einfluss normativer Grammatiken.
Johann Leo Weisgerbers bekannter Titel bezieht sich auf Humboldts Energeia-Begriff, also auf die Sprache als wirkende Kraft. Auch in diesem Beitrag soll den wirkenden Kräften nachgegangen werden, freilich nicht als Unterstellung eines wesenhaften Sprachvermögens, sondern als Versuch, die wirksamen Motive der sprachkritischen Einstellungen, Publikationen und publizistischen Erscheinungen an einem Raster sozialwissenschaftlicher Begriffe darzulegen. An einigen ausgewählten Presseberichten und grammatischen Beispielen (Veränderungen im Bereich der deutschen Zeitenfolge) wird zunächst gezeigt, dass sich Sprachkritik oft schon von ihrem Gegenstand, der deutschen Sprache, weitgehend gelöst hat. Auch angesichts neuer Formen von substandardsprachlichen Erscheinungen (z.B. Jugendsprache, Jargon, Kiezsprache usw.) kann oft nachgewiesen werden, dass es sich in vielen Fällen um kommunikativ funktionale Sprachformen handelt. Um es schlagwortartig zusammenzufassen: Es gibt Sprachkritik ohne Sprache. Die „wirkenden Kräfte“ der Sprachkritik sichern vielmehr die Wahrnehmung gesellschaftlicher Differenzen und machen damit das Gefüge unterschiedlicher Lebensformen deutlich. Sie werden hier mit systemtheoretischen Begrifflichkeiten nach Niklas Luhmanns Theorie sozialer Systeme beschrieben und damit auch erklärt. Während das für die 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts charakteristische Programm der „Kritik der Sprachkritik“ auf eine sprachwissenschaftliche Aufklärung zielt, scheint heute vielmehr eine soziologische Aufklärung diese metakritische Funktion erfüllen zu können. Es könnte sich aber auch zeigen, dass Sprachkritik ihren Beitrag zur Stabilisierung des gesellschaftlichen Zusammenwirkens leistet — wenn man sie nicht als Sprachkritik im engeren Sinn versteht.
Die überführte Sprache?
(1991)
Word Families in Diachrony. An epoch-spanning structure for the word families of older German
(2022)
The ‘Word Families in Diachrony’ project (WoDia), for which a funding application to the DFG is in preparation, aims to provide a database driven online research environment that will enable processes of change in the entire historical vocabulary of German to be investigated by focusing on the changes in word families and the individual means of word formation. WoDia will embed the vocabularies of Old High German (OHG), Middle High German (MHG), Old Saxon (OS), and Middle Low German (MLG) in a database, resulting in a word-family structure for High and Low German from the beginnings up to the 15th century (for High German) and up to the 17th century (for Low German). The basis of the vocabulary is provided by reference dictionaries of the four historical varieties, whereas the word families’ historical structure is based on the word-family dictionary of OHG by Jochen Splett (1992). Each lemma in the database will be assigned, where appropriate, to a word family. The individual word-formation elements and the word-formation hierarchy will be mapped in a structural formula. The etymologically corresponding lemmas and word families of the different periods/varieties of older German will be linked so that an analysis across the varieties will also be possible. The annotations of word families in the database (e. g., relating to word structure) will be supplemented by linking their lemmas to the online dictionaries and to the reference corpora of Old German (OS and OHG), MHG, and MLG.
Im Spektrum der Textsorten des 17. Jahrhunderts nehmen diejenigen religiös-erbaulichen Charakters quantitativ und wohl auch qualitativ eine besondere Stellung ein. Sie zählten zu den am häufigsten gedruckten Texten der Zeit, was auf ihre weite Verbreitung schließen läßt. Sie sprachen zumeist ganz allgemein den Christen an, unabhängig von seinem weltlichen Stand, seinem Besitz und seiner Bildung. Für viele Menschen boten sie die einzige Möglichkeit, mit literatursprachlichen Varianten der deutschen Sprache in Berührung zu kommen. So lernten die Protestanten des 16. und 17. Jahrhunderts an Erbauungsbüchem, Kirchenliedern, dem Katechismus und der Bibel lesen und schreiben, so daß diese Texte sicher Einfluß auf ihren Wortschatz und ihren sprachlichen Ausdruck nahmen, allerdings in einem heute wahrscheinlich nicht mehr eindeutig zu rekonstruierenden Maße. Es liegt hier die Vermutung nahe, daß die sprachliche Varietät im Bereich der Erbauungsliteratur einen besonderen Einfluß auf die Entwicklung der deutschen Standardsprache ausgeübt hat, den es freilich noch nachzuweisen gilt. Dieser ist weniger auf den Ebenen des Sprachsystems zu suchen; die besondere Leistung der Erbauungsliteratur in diesem Prozeß liegt m. E. vielmehr in einem Ausbau der Mittel des individuell-emotionalen Sprechens und des emotionalen Argumentierens und Beeinflussens.
Sprachkultur und Literatur
(1985)
Sprachenpolitik gegenüber fremdsprachigen Minderheiten im 19. Jahrhunder: 'Polen' an der Ruhr
(1991)
Unserdeutsch (Rabaul Creole German) entstand um 1900 an einer katholischen Missionsstation in Vunapope auf der Insel New Britain im Bismarck-Archipel. Seine dominante Substratsprache ist Tok Pisin, das melanesische Pidgin-Englisch, seine Superstratsprache Deutsch. Der Aufsatz versucht das sprachliche Superstrat von Unserdeutsch näher zu bestimmen, d. h. die Frage zu beantworten, welches Deutsch von den Missionaren in Vunapope um 1900, am Ort und zum Zeitpunkt der Entstehung von Unserdeutsch, gesprochen wurde. Zu diesem Zweck werden die als Superstrattransfer aus dem Deutschen erklärbaren, regional markierten linguistischen Strukturmerkmale in Unserdeutsch untersucht und im geschlossenen Sprachgebiet sprachgeografisch lokalisiert. Ergänzt wird diese linguistische Evidenz durch extra- und metalinguistische Evidenz aus einschlägigen, zeitgenössischen Quellen. Die Ergebnisse deuten auf ein vorwiegend nordwestdeutsch-westfälisch geprägtes, insgesamt jedoch heterogenes, standardnahes sprachliches Superstrat hin und widerlegen somit frühere diesbezügliche Aussagen in der einschlägigen Fachliteratur. Und sie zeigen zugleich auch, dass die Analyse von kolonialen und sonstigen Auswanderervarietäten, besonders von solchen, die – wie Unserdeutsch – im Laufe ihrer späteren Geschichte den Kontakt zum sprachlichen Mutterland vollständig verloren haben, zur Rekonstruktion historischer Mündlichkeit wertvolle Daten liefern kann.
„Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte“, lautet ein berühmter Ausspruch von Karl Marx. Kann man dies auch auf die Sprachgeschichte übertragen? Und was sind deren Lokomotiven? Eine neuere These besagt, dass Pandemien, Kriege und andere “revolutionäre” Ereignisse mit starker Auswirkung auf die Demografie sprachhistorisches Geschehen in Gang setzen können.
"...iederman wolt gen himl". Das frühneuhochdeutsche Wörterbuch als Spiegel der Kulturgeschichte
(2001)
Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat sich aus der Überlagerung des ‚linguistic turn‘ und des ,cultural turn‘ in den Geistes- und Sozialwissenschaften eine neuartige Sensibilisiertheit auf Sprache herausgebildet, die zudem stark erkenntnistheoretisch sowie konstruktivistisch geprägt ist. Sprache erscheint als Mittel der Formung von Wissen, von Erfahrung und Gedächtnis; Kultur erscheint als ein „Bedeutungsgewebe“ (Geertz) bzw. als ,Text‘, dem gegenüber eine interpretative Haltung angemessen ist.
Diese semiotische und latent statisch-monologistische Perspektive auf Kultur ist zu ergänzen um eine kommunikative und entsprechend dynamisch-dialogistische. Sowohl Kultur als auch Gesellschaft sind an Kommunikation gebunden und interdependent mit ihr, außerhalb von Kommunikation sind sie nicht existent. Gleichzeitig ist aber auch Kommunikation, sind die kommunikativen Praktiken einer Gesellschaft ebenso wie ihre kommunikativen Normen und Ideale kulturell geprägt und damit auch historisch veränderbar. Die Analyse kommunikativer Praktiken ist deshalb immer auch Kulturanalyse, ihre Geschichte - nicht zuletzt die Geschichte kommunikativer Ideale - ist Teil von Kulturgeschichte. Gegen Ende meines Beitrags versuche ich deshalb anhand dreier historischer Skizzen aufzuzeigen, welche Fragen sich im Rahmen einer Ideen- und Kulturgeschichte von Kommunikation stellen und welche Antworten sich finden lassen.
Die Wahrnehmung menschlicher Kommunikation ist historisch geprägt; entsprechend veränderlich sind die Normen und Werte, an denen kommunikatives Verhalten zu unterschiedlichen Zeiten gemessen wird. So führt die „Entdeckung“ der Multimodalität menschlicher Kommunikation in der gegenwärtigen Gesprächsforschung und die damit verbundene neue Aufmerksamkeit auf die Zeichenhaftigkeit des Körpers wie auf die Dimension des Raumes zu einem neuen Verständnis von Kommunikation und zu einer veränderten Beurteilung sprachlicher Phänomene.
Doch schon in frühmoderner Zeit war der gesellschaftliche Blick auf den kommunizierenden Menschen in einer für heutige Maßstäbe bemerkenswerten Weise auf die „Beredsamkeit des Leibes“ (Kemp 1975, S. 111) gerichtet. Sprachlichkeit wird als an Leiblichkeit gebunden wahrgenommen, als Teil eines komplexen, raumbezogenen kommunikativen Auftritts, der ständisch geregelt und normiert ist. Dies gilt für das 17. und auf weite Strecken auch noch für das 18. Jahrhundert – erst das bürgerliche Sprachprojekt löst in der Wahrnehmung die Sprache zunehmend vom Leib.
Vom 17. ins 18. Jahrhundert hinein lassen sich allerdings Veränderungen im Beschreibungsvokabular für den körperlich-sprachlichen Auftritt beobachten, und in Text- wie Bildzeugnissen zeigt sich ein Wandel in diesem Auftritt bzw. im Blick der Zeitgenossen darauf. Diese Veränderungen werden im Folgenden als (kollektiv) stilistischer Wandel beschrieben und der Zeichenwert dieses Wandels wird als ,Verschlankung‘ und ,Dynamisierung‘ bestimmt. Und insofern diese (kollektiv) stilistischen Veränderungen als Medium der Selbstformierung der tragenden Sozialformation der Zeit, d.h. der Adelsgesellschaft um 1800, verstanden werden, wird der beobachtete Stilwandel als Prozess der Selbst-Dynamisierung der gesellschaftlichen Leitformation der Epoche gedeutet.
Das Thema dieser linguistischen Studie ist die Sprache der Russlanddeutschen, die nach dem Krieg in ihren Deportationsorten im Ural geblieben bzw. zu ihren Verwandten gezogen sind. In der Untersuchung werden einzelne morphosyntaktische Besonderheiten der russlanddeutschen Sprachvarietäten des Mittleren Ural in der Gegenüberstellung zum Hochdeutschen dokumentiert und analysiert. Bei der Beschreibung jedes einzelnen Phänomens wird sein "Entstehungscharakter" geklärt. Einer Reihe der betrachteten morphosyntaktischen Besonderheiten liegen dialektale, sprachgeschichtliche oder gesprochensprachliche Entwicklungstendenzen des Deutschen zu Grunde. Eine geringere Zahl der Phänomene ist ausschließlich durch den Einfluss des Russischen zu erklären. Die Mehrheit der untersuchten morphosyntaktischen Erscheinungen ist aber dialektal bedingt und wird zudem noch durch analoge Strukturen des Russischen in ihrem Gebrauch gefestigt. Anhand zahlreicher Korpusbelege wird gezeigt, wie zwei Sprachsysteme übereinstimmend auf die untersuchten Sprachvarietäten einwirken können.
Vorwort
(1998)
Rede
(2022)
Die auf verschiedenen Ebenen ablaufenden textkommunikativen Funktionalisierungs- und Anpassungsprozesse widerständischer Akteure sowie Konstitutionsprozesse von Akteuren des NS-Apparates anhand der Textsorte ›politische Rede‹ sollen Gegenstand dieses Beitrages sein, innerhalb dessen sowohl historisch relevante als auch bisher von der Forschung kaum oder gar nicht beachtete politische Reden der verschiedenen Akteursgruppen analysiert werden sollen: Insgesamt wurden 32 Reden in die Analyse einbezogen. 23 stammen von Akteuren des NS-Apparates, neun von Mitgliedern des Widerstands.
Tagebuch
(2022)
Die Subjektivität des Tagebuchs als eine Art Archiv historischer Daten ist insofern zum einen im Zeichen einer sprachlichen Sozialgeschichte zu analysieren und zum andern, aus der Retrospektive, von hohem sprach-, diskurs- sowie kommunikationsgeschichtlichem Wert. Die Spezifik und akteursbedingte Variantenvielfalt darzustellen, ist das Ziel dieses Beitrags. Er basiert auf der Auswertung von insgesamt elf Tagebüchern. Zwei sind von NS-Akteuren verfasst, eines von einer NS-affinen Akteurin der Integrierten Gesellschaft, eines von einem dissidenten Akteur der Integrierten Gesellschaft, vier von Mitgliedern des Widerstands und drei Tagebücher von ausgeschlossenen Akteuren.
Sprachgeschichte - Zeitgeschichte - Umbruchgeschichte. Sprache im 20. Jahrhundert und ihre Forschung
(2008)
Als Umbruchgeschichte verstandene Sprachgeschichtsschreibung ist weder theoretisch noch empirisch ein entwickelter Untersuchungsbereich, zumal fehlen Kategorien, die Sprachumbruch und Sprachwandel voneinander abgrenzen und zueinander in Beziehung setzen. Der Beitrag wirbt für ‚Umbruch’ als eine Perspektive der Sprach(gebrauchs)geschichte des 20. Jahrhunderts. Sprachliche Umbruchgeschichte, deren Erkenntnisziel auf die initialen Momente sprachlicher Veränderung gerichtet ist, steht in der Tradition der kulturwissenschaftlichen Linguistik. Sie stellt die Frage nach den sprachlichen Auswirkungen plötzlicher und umfassender gesellschaftlicher Veränderungen, vice versa: Sie bindet diese Veränderungen an sprachliche Verschiebungen. Damit ist sie eingelassen in handlungs- und kommunikationstheoretische Paradigmen der pragmatischen Sprachgeschichte. Im Zentrum des hier vorzustellenden Forschungskonzepts einer sprachlichen Umbruchgeschichte steht methodisch der diskursanalytische Ansatz, der nicht nur erklären kann, wie die gesellschaftliche Verfasstheit und sprachliche Verschiebungen Zusammenhängen, sondern auch, wann sich solche Verschiebungen diskursiv manifestieren diese Frage ist essentiell im umbruchgeschichtlichen Kontext. Dieser Ansatz wird im Sinn von analytischen Leitideen ausbuchstabiert. Den Schluss bildet die tentative Verdichtung der Überlegungen zu einem Modell eines sprachlichen Umbruchs.
Die Tagebücher Victor Klemperers aus den Jahren 1933 bis 1945 werden als Quellen der Sprachgeschichte bewertet und am Beispiel von 'Kommunikativer Verunsicherung', 'Antisemitischer Kommunikation' und 'Emigrantenkommunikation' wird ihr sprachhistorischer Wert aufgezeigt. Anschließend wird aus dem Tagebuch der Komplex von Bedingungen rekonstruiert, der die von Klemperer vorgelegte Version seiner 'LTI' bestimmt hat.
Der Beitrag beschreibt einen spezifisch diskurslinguistischen Zugang zu der sprachgeschichtlichen Frage nach durch gesellschaftlich-politische Faktoren hervorgerufenen Umbrüchen. Orientiert an den Foucaultschen Kategorien der Serialität und der Diskontinuität werden diese methodischen Implikaturen auf die Umbrüche 1918/19 und 1945ff bezogen. Das Methodenmodell besteht im Wesentlichen aus zwei Aspekten: Als Faktor von hoher Umbruchrelevanz wird zum einen der soziopragmatische Bezug zu Diskursakteuren hergestellt. Exemplarisch werden zum andern diese Epochen kennzeichnende demokratiegeschichtliche Institutionalisierungsakte im Sinne Searles beschrieben. Damit wird ein Beitrag zur diskurslinguistischen Methodenreflexion geleistet.
Der Beitrag zum 50-jährigen Bestehen des IDS gibt einen Überblick über die Entstehung und Entwicklung der Satzsemantik, der am Wahrheitswert von Aussagen orientierten Lehre von zusammengesetzten sprachlichen Ausdrücken. Er tut dies am Beispiel der Negation, insbesondere an der syntaktischen Realisierung der Negation mit dem Negationsartikel ‚kein‘, an Negativen Polaritätselementen wie ‚jemals‘, an der doppelten Negation wie in ‚nicht unglücklich‘ und an der pleonastischen Negation nach ‚bevor‘. Auch die Negation in Fragen und Antwortpartikeln wie ‚nein‘ kommen zur Sprache.
In this paper, an exploratory data-driven method is presented that extracts word-types from diachronic corpora that have undergone the most pronounced change in frequency of occurrence in a given period of time. Combined with statistical methods from time series analysis, the method is able to find meaningful patterns and relationships in diachronic corpora, an idea that is still uncommon in linguistics. This indicates that the approach can facilitate an improved understanding of diachronic processes.
In this paper, a method for measuring synchronic corpus (dis-)similarity put forward by Kilgarriff (2001) is adapted and extended to identify trends and correlated changes in diachronic text data, using the Corpus of Historical American English (Davies 2010a) and the Google Ngram Corpora (Michel et al. 2010a). This paper shows that this fully data-driven method, which extracts word types that have undergone the most pronounced change in frequency in a given period of time, is computationally very cheap and that it allows interpretations of diachronic trends that are both intuitively plausible and motivated from the perspective of information theory. Furthermore, it demonstrates that the method is able to identify correlated linguistic changes and diachronic shifts that can be linked to historical events. Finally, it can help to improve diachronic POS tagging and complement existing NLP approaches. This indicates that the approach can facilitate an improved understanding of diachronic processes in language change.
This thesis consists of the following three papers that all have been published in international peer-reviewed journals:
Chapter 3: Koplenig, Alexander (2015c). The Impact of Lacking Metadata for the Measurement of Cultural and Linguistic Change Using the Google Ngram Data Sets—Reconstructing the Composition of the German Corpus in Times of WWII. Published in: Digital Scholarship in the Humanities. Oxford: Oxford University Press. [doi:10.1093/llc/fqv037]
Chapter 4: Koplenig, Alexander (2015b). Why the quantitative analysis of dia-chronic corpora that does not consider the temporal aspect of time-series can lead to wrong conclusions. Published in: Digital Scholarship in the Humanities. Oxford: Oxford University Press. [doi:10.1093/llc/fqv030]
Chapter 5: Koplenig, Alexander (2015a). Using the parameters of the Zipf–Mandelbrot law to measure diachronic lexical, syntactical and stylistic changes – a large-scale corpus analysis. Published in: Corpus Linguistics and Linguistic Theory. Berlin/Boston: de Gruyter. [doi:10.1515/cllt-2014-0049]
Chapter 1 introduces the topic by describing and discussing several basic concepts relevant to the statistical analysis of corpus linguistic data. Chapter 2 presents a method to analyze diachronic corpus data and a summary of the three publications. Chapters 3 to 5 each represent one of the three publications. All papers are printed in this thesis with the permission of the publishers.
This paper studies the morphological productivity of German N+N compounding patterns from a diachronic perspective. It argues that the productivity of compounds increases due to syntactic influence from genitive constructions (“improper compounds”) in Early New High German. Both quantitative and qualitative productivity measures are adapted from derivational morphology and tested on compound data from the Mainz Corpus of (Early) New High German (1500–1710).
Present-day German uses two formally different patterns of compounding in N+N compounds. The first combines bare stems (e.g. Tisch+decke ‘tablecloth’) while the second contains an intervening linking element (LE) as in Geburt-s-ort ‘birth-LE-place’. The linked compounding type developed in Early New High German (1350–1650) from phrasal constructions by reanalyzing genitive attributes as first constituents of compounds. The present paper uses corpus data to explore three key stages in this development: In the initial stage, it shows how prenominal non-specific genitive constructions lent themselves to reanalysis due to their functional overlap and formal similarity. Additionally, compounds seem to have replaced not only prenominal genitives, but also structurally different postnominal genitives. In the second stage, the new compounding pattern increases in productivity between 1500 and 1710, especially compared to the older pattern without linking elements. The last stage pertains to changes in spelling practice. It shows that linked compounds were written separately in the beginning. Their gradual graphematic integration into directly connected words was reversed by a century of hyphenation (1650–1750). This is strikingly different from present-day spelling practice and shows that the linked pattern was still perceived as marked.
The syntactic rules of today's High German are generally thought to have crystallized during the 18th century. One can therefore expect that during that time the processes of grammaticalization had a particular influence on doubtful cases in the usage of language. The syntactic development varied from region to region and was accompanied by theoretical controversies. One of the controversial issues was word order. The debates focused primarily on the order in verbal complexes and on the possibility of extraposing simple components and dependent clauses. This paper is based on the assumption that the theoretical controversies in some way reflected the doubtful cases in the usage of language. In order to identify the actual variants, the theoretical controversies will be outlined first. Then the analysis will focus on whether and how these variants were used in a corpus of 18th century texts. The objective is to determine the language-internal, sociological, and geographical factors of the variants' usage and thus to model the situations in which the doubtful cases ocurred. In conclusion, the following issues will be discussed: the relationship between the doubtful cases and diachronic language developments, the language-external factors of the doubtful cases, and the approach of language theorists to doubtful cases.
Die Lexikographen Jacob Grimm (1785-1863) und Wilhelm Grimm (1786-1859). Gedanken zur 200-Jahr-Feier
(1986)
Den Schwerpunkt des Neuen im "Weiteren" bildet die Darstellung der Kombinemgeschichte im Deutschen, d.h. die Darstellung von Herausbildung, Integration und historischer Entwicklung des deutschen Interkombinems -esk. Ein "Chronologisches Register" deutscher Lehnwörter mit dem Segment |esk| und deutscher Lehn-Wortbildungsprodukte mit dem Lehnsuffix -esk ergänzt nicht nur die Artikelposition "Geschichtliche Entwicklung". Es verweist auch auf ein seinerseits chronologisch angelegtes "Wörterbuch" mit Artikeln und Dokumentationsteilen zu Wortaufkommen und Wortgeschichte wiederum von Lehnwörtern (wie "grotesk", "moresk") und Lehn-Wortbildungsprodukten (wie "hippiesk", "humoresk", "kafkaesk"). Die mit dem Kombinem -esk teilsynonymen Wortbildungseinheiten sind auswahlhaft im "Semantischen Paradigma" aufgeführt und unter bestimmten Aspekten -esk gegenübergestellt, aber nicht im eigentlichen Sinne behandelt (-artig, -haft, -isch). Im direkten Vergleich mit -esk ist hier auf Einzelprobleme verwiesen. Eine Ausnahme innerhalb des "Semantischen Paradigmas" bildet das teilsynonyme Lehnsyntagma à la, das eine eigenständige, wiederum historisch-entwicklungsbezogene, dokumentationsgestützte Darstellung erfahren hat. Ein nicht zufälliger Anhang schließt sich der wortgeschichtlich 'merkwürdigen' -esk-Kombination "gigantesk" an. Die in diesem Anhang behandelten, letztlich auf griechisch "Gígas", "Gígantos" zurückgehenden Lehnkombineme und semi-selbstständigen entlehnten Einheiten (gigant(o)-, giganto-, giga-, gigas, gigas-, giganteus) sind - mit Wortartikeln und Belegteilen - ebenfalls in ihrer Geschichte dargestellt.
Den Schwerpunkt des Neuen im "Weiteren" bildet die Darstellung der Kombinemgeschichte im Deutschen, d.h. die Darstellung von Herausbildung, Integration und historischer Entwicklung des deutschen Interkombinems -esk. Ein "Chronologisches Register" deutscher Lehnwörter mit dem Segment |esk| und deutscher Lehn-Wortbildungsprodukte mit dem Lehnsuffix -esk ergänzt nicht nur die Artikelposition "Geschichtliche Entwicklung". Es verweist auch auf ein seinerseits chronologisch angelegtes "Wörterbuch" mit Artikeln und Dokumentationsteilen zu Wortaufkommen und Wortgeschichte wiederum von Lehnwörtern (wie grotesk, moresk) und Lehn-Wortbildungsprodukten (wie hippiesk, humoresk, kafkaesk). Die mit dem Kombinem -esk teilsynonymen Wortbildungseinheiten sind auswahlhaft im "Semantischen Paradigma" aufgeführt und unter bestimmten Aspekten -esk gegenübergestellt, aber nicht im eigentlichen Sinne behandelt (-artig, -haft, -isch). Im direkten Vergleich mit -esk ist hier auf Einzelprobleme verwiesen. Eine Ausnahme innerhalb des "Semantischen Paradigmas" bildet das teilsynonyme Lehnsyntagma à la, das eine eigenständige, wiederum historisch-entwicklungsbezogene, dokumentationsgestützte Darstellung erfahren hat. Ein nicht zufälliger Anhang schließt sich der wortgeschichtlich 'merkwürdigen' -esk-Kombination gigantesk an. Die in diesem Anhang behandelten, letztlich auf griechisch Gígas, Gígantos zurückgehenden Lehnkombineme und semi-selbstständigen entlehnten Einheiten (gigant(o)-, giganto-, giga-, ...gigas, gigas-, ...giganteus) sind - mit Wortartikeln und Belegteilen - ebenfalls in ihrer Geschichte dargestellt.
"Neulatein" und "Sprachvergleich" waren und sind Aspekte der Untersuchung zur Wortbildung mit entlehnten Einheiten, wie sie im Forschungsbericht „Deutsche Lehnwortbildung“ (1987) thematisiert und an einzelnen Lehnkombinemen exemplifiziert wurden. Anschlussarbeiten zu diesem ehemaligen IDS-Projekt haben die Fragestellungen weiterhin berücksichtigt. Auch die vorliegende Monographie versucht, die Bedeutung des Neulatein und seiner Fach- oder Bereichssprachen bei der Herausbildung neuer produktiver Lehnkombineme aufzuzeigen und seinen Einfluss auf Entlehnungs- und Lehn-Wortbildungsprozesse moderner europäischer Sprachen am Beispiel zu beschreiben.
Rechtschreibreform
(1996)