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Politiker und Parteien sehen sich heutzutage oft mit dem Vorwurf konfrontiert, sie heben sich kaum mehr voneinander ab, seien gar „austauschbar“. Umso größer scheint das Bedürfnis nach Abgrenzung. Diese wird kommunikativ hergestellt und ist am besten von den diskursiven Zusammenhängen und Akteurskonstellationen her, in denen sie sich aktualisiert, nachzuvollziehen.
Das Vorgehen in dieser Arbeit gliedert sich im Wesentlichen in drei Schritte: Zunächst wird eine Theorieskizze der Abgrenzung als Sprechhandlung entworfen. Hierbei geht es vor allem darum, verschiedene Lesarten zu erschließen und die Abgrenzung in einem Panorama verwandter Konzepte wie etwa Ausgrenzung, Distinktion und Distanzierung zu verorten (Teil 1). Daraufhin wird die Plenardebatte als Textsorte erschlossen und in ihren kommunikativen Spezifika erfasst, wobei besonders die Stichworte Inszeniertheit, Mehrfachadressierung und die Frage nach dem Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit in den Blickpunkt rücken (Teil 2). Sodann wird mithilfe der pragma-semiotischen Textarbeit als Methode ganz konkret sprachliches Datenmaterial aus Plenardebatten analysiert und interpretativ ausgewertet (Teile 3 und 4). Dabei kommen auch korpuslinguistische Verfahren zum Einsatz, die jedoch letztlich im Dienste einer qualitativ orientierten Analyse stehen.
Die Analyse berücksichtigt sowohl explizite als auch implizite Formen sprachlicher Abgrenzung. Sie zeigt unter anderem, dass politische Abgrenzungshandlungen keineswegs parteispezifisch sind, sondern von allen Parteien und Akteuren mehr oder weniger konstant praktiziert werden. Dabei wird Abgrenzung hauptsächlich als Selbstpositionierung realisiert; bisweilen finden sich aber durchaus auch Fremdpositionierungen – etwa als Aufforderungen an andere Akteure, sich gegenüber Dritten abzugrenzen. Auf der Ebene der sprachlichen Formen lässt sich schließlich durch eine Art experimentelle Annäherung mit korpuslinguistischen Verfahren eine Reihe von Mehrworteinheiten ausmachen, die als Indikatoren für implizite Abgrenzung gelten können.
Sprache ist in der Psychotherapie nicht nur Verständigungsmittel, sondern zugleich diagnostisches und therapeutisches Instrument, und therapeutische Fragen sind dabei ein zentraler Handlungstyp. Welche Typen von Fragen vorkommen und welche Funktionen sie für das diagnostische und therapeutische Handeln haben, ist hier Gegenstand einer linguistisch-gesprächsanalytischen Untersuchung. Den Forschungskontext bildet eine Kooperation von Psychotherapeuten und Linguisten zur Weiterentwicklung von Theorie und Praxis der psychotherapeutischen Anamneseerhebung.
Die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Linguistische Pragmatik e. V. hat auch in diesem Jahr pandemiebedingt online stattgefunden. Dem diesjährigen Tagungsthema „Pragmatik multimodal“ bot dieses Online-Setting daher eine besonders interessante Umgebung, da einige Vorträge Aspekte genau solcher Interaktionsrahmen näher beleuchten sollten. Aber nicht nur angesichts der immer noch fortschreitenden Digitalisierung hat sich der multimodale Betrachtungswinkel auch in anderen linguistischen Disziplinen zunehmend etabliert: So beschäftigen sich unter anderem die Text- und Diskursanalyse (u. a. Bucher 2011; Klug 2016; Mayr 2016), die Interaktionslinguistik (u. a. Hausendorf et al. 2016), die Kognitionslinguistik (u. a. Zima/Brône 2015; Spieß 2016) oder auch die Grammatikforschung (u. a. Fricke 2012; Schoonjans 2018) mit multimodalen Phänomenen im Rahmen ihrer je eigenen Erkenntnisinteressen. Um die Vielfalt dieser Erkenntnisinteressen, der diversen Ausprägungen des Phänomenbereichs und der methodischen Ansätze zur angemessenen Begegnung dieser Komplexität zu präsentieren und miteinander ins Gespräch zu bringen, haben Lars Bülow, Susanne Kabatnik, Marie-Luis Merten und Robert Mroczynski als Organisationsteam zu dieser Tagung eingeladen. Die thematische Bandbreite der Vorträge sollte dabei eine ausgewogene Grundlage bieten, um aktuelle Tendenzen und Herausforderungen einer pragmatisch fokussierten Erforschung multimodaler Kommunikation zu diskutieren und damit zur Verortung der linguistischen Pragmatik im Kontext anderer linguistischer Teildisziplinen beizutragen. Entsprechend veranschaulichten manche Vorträge eine eher disziplinspezifische Perspektive, andere stellten Überlegungen zu eher integrierenden Ansätzen vor.