Zur Standortbestimmung der Kontrastiven Linguistik innerhalb der vergleichenden Sprachwissenschaft
- Das Programm der Kontrastiven Linguistik wurde in den sechziger und siebziger Jahren mit der Zielsetzung formuliert, durch systematische Einbeziehung von Gemeinsamkeiten und Kontrasten zwischen Muttersprache und zu erlernender Fremdsprache den Fremdsprachenunterricht effektiver zu gestalten. Nach einigen Jahren enthusiastischer Aufnahme und Bearbeitung setzte jedoch eine allgemeine Ernüchterung und Enttäuschung ein, so dass dieses Programm eher eine bescheidene Randexistenz im Rahmen der vergleichenden Sprachwissenschaft führte und erst in den letzten Jahren unter etwas veränderten Vorzeichen wieder aufgenommen wurde. Drei Gründe waren meiner Meinung nach für diese Desillusionierung verantwortlich: (a) Die Kontrastive Linguistik wurde als Theorie des Zweitspracherwerbs gesehen und somit mit völlig unrealistischen Erwartungen verknüpft, (b) In der Erstellung der deskriptiven Grundlagen dieses Programms, d.h. in der Erstellung umfassender vergleichender Grammatiken für relevante Sprachenpaare, wurden nur wenig überzeugende Fortschritte gemacht, (c) Es fehlte eine Standortbestimmung der Kontrastiven Linguistik im Rahmen der vergleichenden Sprachwissenschaft, aus der deutlich hervorgeht, was die Möglichkeiten und Grenzen dieses Typs von Sprachvergleich sind. Nachdem sich heute die Situation bezüglich der beiden ersten Punkte erheblich verbessert hat (u.a. auch durch einschlägige Arbeiten des IDS), widme ich mich in meinem Beitrag dem dritten Punkt: Durch eine systematische Gegenüberstellung der Kontrastiven Sprachwissenschaft mit den anderen Spielarten der vergleichenden Sprachwissenschaft sollen die Erkenntnismöglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Ansätze zum Vergleich von Sprachen bestimmt werden, so dass die Kontrastive Linguistik durch diese Gegenüberstellung klare Konturen erhält. Im Rahmen dieser Gegenüberstellung wird eine Vielzahl von Beobachtungen zum Deutschen aus der Sicht des Englischen und anderer Sprachen gemacht. Für die Kontrastive Linguistik (KL) ergibt sich abschließend das folgende Profil: — Synchronie: Die KL ist primär synchron orientiert. — Granularität: Ihr Gegenstand sind feinkörnige Beobachtungen zu Kontrasten zwischen Sprachen. — Skopus: Die KL beschäftigt sich vor allem mit umfassenden Vergleichen von Sprachpaaren. — Perspektivierung: Ihr Mehrwert besteht u.a. darin, dass eine Sprache aus der Perspektive einer anderen beschrieben wird. Aus dieser Perspektivenwahl ergeben sich neue Beobachtungen. — Zielsetzung: Ihre Zielsetzung sind weitreichende, falsifizierbare Verallgemeinerungen über Kontraste. Die Wahl eines theoretischen Rahmens ist sekundär.
Author: | Ekkehard König |
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DOI: | https://doi.org/10.1515/9783110284768.13 |
Parent Title (German): | Deutsch im Sprachvergleich. Grammatische Kontraste und Konvergenzen |
Series (Serial Number): | Jahrbuch / Institut für Deutsche Sprache (| 2011) |
Publisher: | de Gruyter |
Place of publication: | Berlin [u.a.] |
Editor: | Lutz Gunkel |
Document Type: | Part of a Book |
Language: | German |
Year of first Publication: | 2012 |
Date of Publication (online): | 2018/11/16 |
Publicationstate: | Veröffentlichungsversion |
Reviewstate: | (Verlags)-Lektorat |
GND Keyword: | Fremdsprachenlernen; Kontrastive Linguistik |
First Page: | 13 |
Last Page: | 40 |
DDC classes: | 400 Sprache / 430 Deutsch |
Open Access?: | ja |
Leibniz-Classification: | Sprache, Linguistik |
Linguistics-Classification: | Kontrastive Linguistik |
Licence (German): | ![]() |