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Digitale Handlungen und Praktiken von Islamisten auf TikTok

  • Einer der Auslöser für die vorliegende Untersuchung war die Messerattacke vom 31. Mai 2024 eines 25-jährigen Mannes auf der Kundgebung der sogenannten „Bürgerbewegung Pax Europa“ (BPE) in Mannheim, nur wenige hundert Meter vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) entfernt. Dabei verletzte er mehrere Menschen und tötete den Polizisten Rouven Laur. Der Täter kam als minderjähriger Geflüchteter 2013 aus Afghanistan und war bis dahin weder der Polizei noch dem Verfassungsschutz als Extremist be- kannt. Bislang weiß man wenig über die Hintergründe der Tat, aber einiges deutet darauf hin, dass sich der Täter selbst im Internet radikalisiert haben könnte. Der Messerangriff galt in erster Linie dem Vorsitzenden der BPE, Michael Stürzenberger, der seit über zehn Jahren mit islamfeindlichen Reden auch in rechtsextremen Kontexten öffentlich auftritt. So auch zum Beispiel auf der Demonstration „Hooligans gegen Salafisten“ 2014 in Hannover, als er den Koran in der Hand haltend pauschal gegen Muslime hetzte und die Menge skandierte: „Anzünden, anzünden!“ Dieser Aspekt ist nicht unwesentlich, da wir bei unseren Recherchen im Internet eine Reihe von türkischsprachigen Online-Portalen und Webseiten entdeckten, die in ihrer Berichterstattung über die Tat unter anderem folgende Überschriften verwendeten: „Almanya’da Kuran-i Kerim yakacak sahislara, bicakli saldiri düzenlendi“ (In Deutschland kam es zu einem Messerangriff auf Personen, die den Koran verbrennen wollten), „Kuran-i Kerim yakan Alman politikaciya haddini bildiren saldiri“ (Deutscher Politiker, der den Koran verbrannt hat, wurde durch einen Angriff in seine Schranken gewiesen). Nach unseren Recherchen hatte die „Bürgerbewegung Pax Europa“ eine Koranverbrennung am besagten Tag weder angekündigt noch durchgeführt. Deshalb wurde auch in der deutschsprachigen Berichterstattung eine mögliche Koranverbrennung nie thematisiert. Doch die zitierten Meldungen zeigen, dass auf nicht-deutschsprachigen und islamisch geprägten Seiten im Internet zum Teil ganz andere Diskurse ablaufen, die aufgrund von Falschmeldungen und Desinformation schreckliche Potenziale für Radikalisierungen entfalten können. Aus diesem Grund werden wir uns im vorliegenden Artikel die Internetaktivitäten von islamistischen Akteuren genauer anschauen und analysieren, welche digitalen Handlungen und Praktiken sie dort an den Tag legen.

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Metadaten
Author:Ibrahim CindarkGND, Kevin Syring
URN:urn:nbn:de:bsz:mh39-129897
DOI:https://doi.org/10.14618/sr-1-2025-cin
ISSN:0178-644X
Parent Title (German):Sprachreport
Publisher:Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS)
Place of publication:Mannheim
Document Type:Article
Language:German
Year of first Publication:2025
Date of Publication (online):2025/01/23
Publicationstate:Veröffentlichungsversion
Reviewstate:(Verlags)-Lektorat
GND Keyword:Berichterstattung; Content <Internet>; Desinformation; Deutsch; Falschmeldung; Fundamentalismus; Islam; Radikalisierung; Social Media; TikTok; Türkisch
Volume:41
Issue:1
First Page:4
Last Page:9
DDC classes:400 Sprache / 430 Deutsch
Open Access?:ja
Linguistics-Classification:Pragmalinguistik / Kommunikationsforschung
Journals:Sprachreport / Sprachreport 41 (2025)
Licence (German):License LogoCreative Commons - Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland