@incollection{Hundt2018, author = {Markus Hundt}, title = {Normverletzungen und neue Normen}, series = {Deutsche Grammatik - Regeln, Normen, Sprachgebrauch}, editor = {Marek Konopka and Bruno Strecker}, publisher = {de Gruyter}, address = {Berlin [u.a.]}, doi = {10.1515/9783110217360.3.117}, pages = {117 -- 140}, year = {2018}, abstract = {Sprachnormen treten im Normalfall erst dann in Erscheinung, wenn sie verletzt werden. Normverletzungen und die damit einhergehenden Sanktionen tragen somit zur Normenkonstitution wesentlich bei. Dabei stellt sich zun{\"a}chst die Frage, was man unter sprachlichen Normen verstehen soll. Daraus ergeben sich Konsequenzen f{\"u}r die Kriterien, die Normen {\"u}berhaupt konstituieren k{\"o}nnen. F{\"u}r beide Fragestellungen ist der im Sprachwandel immer wieder thematisierte {\"U}bergangsbereich zwischen dem Entstehen neuer Normen und der Au{\"s}erkraftsetzung bislang bestehender Normen ein interessantes Untersuchungsgebiet. Auch wenn man in Rechnung stellt, dass die Definition von Sprachnormen nach wie vor umstritten ist, kann doch eine Reihe von Definitionskriterien als gesichert gelten. Zu ihnen werden neben der Obligation, der Sanktion, der Wertebezogenheit, der Formuliertheit, dem Situationsbezug der Norm auch die am Normierungsprozess beteiligten Gruppen gerechnet (Normautorit{\"a}ten, Modellsprecher, Sprachexperten, Sprachkodifizierer). In manchen Definitionsversuchen wird der Sprachbenutzer m. E. zu stark in den Hintergrund gedr{\"a}ngt. Er stellt sozusagen als „Sprachsouver{\"a}n“ die treibende Kraft f{\"u}r den Normenwandel dar und sollte daher auch in der theoretischen Modellierung von Sprachnormen deutlicher hervorgehoben werden. Au{\"s}erdem lassen sich Sprachnormen klassifizieren sowohl nach dem Ph{\"a}nomenbereich, der normiert werden soll (Aussprache, Morphologie, Syntax, Lexik, Pragmatik etc.), als auch nach der Art der Genese (pr{\"a}skriptive/statuierte/gesetzte Normen vs. deskriptive/subsistente/konventionelle Normen). Sprachnormen zeigen sich letztlich als prototypisch gefasste Konzepte, deren konkrete Realisierungen eher mit dem Begriff der Familien{\"a}hnlichkeit denn mit einem starren System an Definitionskriterien erfasst werden kann. Im folgenden Beitrag soll es um drei Fragen gehen. 1. Inwieweit sollte der „Sprachsouver{\"a}n“ in die Modellierung von Normen einbezogen werden? 2. Welche Funktionen haben Normverletzungen im Gef{\"u}ge von Grammatikalit{\"a}t, Akzeptabilit{\"a}t und Sprachnormierung? 3. Unter welchen Bedingungen k{\"o}nnen sich neue Sprachnormen etablieren? Der Fokus wird dabei auf der letzten Frage liegen. Nach einer kurzen Vorstellung der Modifikation des Sprachnormenmodells von U. Ammon (Frage 1) und {\"U}berlegungen zum Nutzen von Sprachnormverletzungen und zu den Vorteilen eines sich stetig wandelnden Sprachnormeninventars (Frage 2), m{\"o}chte ich anhand von verschiedenen Beispielen zeigen, wie bestehende Normen au{\"s}er Kraft gesetzt werden k{\"o}nnen und wie sich neue Nonnen etablieren. Dabei ist m. E. besonders bei der Etablierung neuer Normen die Frage interessant, ob letztlich alles zur Norm werden kann. An Beispielen aus der Morphologie und der Syntax soll gezeigt werden, welche Restriktionen auch bei neu zu etablierenden Normen gelten. Neue Normen „verw{\"a}ssern“ somit nicht nur den Bereich bisher bestehender Normen, sondern strukturieren ihn {\"u}ber die nach wie vor geltenden Ausschlusskriterien in positiver Weise neu, so dass neuen Normen stets auch der Bereich des Nichtnormgem{\"a}{\"s}en mit eingeschrieben ist.}, language = {de} }