@incollection{HaeckiBuhofer2019, author = {Annelies H{\"a}cki Buhofer}, title = {Spielr{\"a}ume des Sprachverstehens. Psycholinguistische Zug{\"a}nge zum individuellen Umgang mit Phraseologismen}, series = {Wortverbindungen – mehr oder weniger fest}, editor = {Kathrin Steyer}, publisher = {de Gruyter}, address = {Berlin [u.a.]}, isbn = {3-11-0177956-3}, doi = {10.1515/9783110622768-008}, url = {https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:mh39-92547}, pages = {144 -- 164}, year = {2019}, abstract = {Sind Phraseologismen Fertigteile und Versatzst{\"u}cke, sprachliches fast food, schnell produziert und wenig komplex im Verstehen - oder sind sie besonders aufw{\"a}ndig, Ausdruck eines elaborierten Stils, der einen bestimmten Entwicklungsstand und besondere Kenntnisse erfordert - auch im Hinblick auf eine angemessene Rezeption? Ergeben sich solche Versatzst{\"u}cke als Nebenwirkungen trivialer sprachlicher Lernprozesse oder sind Phraseologismen das Resultat besonders anspruchsvoller Erwerbsaktivit{\"a}ten? Liegen die phraseologischen Besonderheiten im Verarbeitungsprozess oder im Zugriff auf die vorbestehende Speicherung? Die linguistische Forschungsliteratur kennt beide Denkrichtungen. Die Psycholinguistik erm{\"o}glicht es, einen Teil der Widerspr{\"u}che aufzul{\"o}sen. Die folgenden Auffassungen zu den Spielr{\"a}umen des Sprachverstehens wurden im Rahmen der Psycholinguistik der Phraseologie in den letzten zwei Jahrzehnten empirisch entwickelt und gewinnen inzwischen auch in der definitorisch und textlinguistisch orientierten Phraseologietheorie an Bedeutung. 1. Das Konzept der Konstitution der phraseologischen Bedeutung auf unterschiedlichen Wegen - je nach Kontext und verstehender Person. 2. Die Vorstellung vom Nebeneinander der ein- und mehrdimensionalen Bedeutungskonstitution: der Synkretismus als unmarkierter Fall vs. die besondere M{\"o}glichkeit der Wahrnehmung der vollen Ambuigit{\"a}t. 3. Die Auffassung des individuellen Umgangs nicht nur mit der phraseologischen Bedeutung, sondern auch mit den Bedeutungen der phraseologischen Komponenten bei Erwachsenen ebenso wie bei Kindern. Die Spielr{\"a}ume des Sprachverstehens gerade der Phraseologismen sind gross. Ihre Wahrnehmung und Beschreibung lassen sich zusammenf{\"u}hren mit kulturwissenschaftlich begr{\"u}ndeten Auffassungen von der Individualit{\"a}t von Verstehensprozesssen, ihrer Freiheit, ihrer Offenheit und ihrem Reichtum auf der einen Seite, aber auch der Oberfl{\"a}chlichkeit von Rezeptionsprozessen auf der andern Seite - jenseits jener text- und intentionsbesessenen Perspektive, die Generationen von Sch{\"u}lerinnen und Lehrerinnen das Leben schwer gemacht hat - ausgedr{\"u}ckt und gleichzeitig karikiert in der stereotypen Ausgangsfrage: Und was hat der Autor uns sagen wollen? Es wird in der empirischen Forschung zur Psycholinguistik der Phraseologie besonders deutlich, was auch in anderen linguistischen Fachbereichen gilt: Eine „ordentliche\" semiotische Herleitung der Bedeutung von Phraseologismen, die w{\"o}rtliche und {\"u}bertragene Bedeutung sauber getrennt h{\"a}lt und oft als logisch bezeichnet wird, kommt den Bed{\"u}rfnissen der Analyse entgegen, trifft aber nicht die Vorg{\"a}nge beim Sprachgebrauch. Die gegenstandskonstituierende Ausgangshypothese f{\"u}r den inneren idiomatischen Kern der idiomatischen Phraseologie, wonach die phraseologische Gesamtbedeutung nicht die Summe der Bedeutungen der einzelnen W{\"o}rter sein kann, erweist sich - nicht als falsch, aber als zu eng und hat sich als Hintergrund einer ganzen Reihe von reduktionistischen Auffassungen und damit als problematisch herausgestellt f{\"u}r eine ad{\"a}quate lebensnahe Beschreibung des Verstehens von Phraseologismen.}, language = {de} }