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Die Analyse sprachlicher Massendaten zeigt, wie zentral mehr oder weniger feste Wortverbindungen als Lexikoneinheiten für die Sprachkompetenz sind. Der Beitrag geht zunächst kurz auf aktuelle Entwicklungen in der Phraseologie ein: eine Abkehr von der starken Betonung des Idiosynkratischen einerseits und die Hinwendung zum Vorgeprägten andererseits. Wir führen hierzu den Terminus‚ lexikalisch geprägte Muster‘ (LGM) ein. In einer Detailanalyse beschäftigen wir uns mit satzwertigen Wortverbindungen im Spannungsfeld zwischen ausgeprägter Lexikalisierung, die auf eine gesonderte kognitive Verankerung hindeutet, und der Konstitution abstrakter Spruchmuster als LGM-Subtyp. Im zweiten Teil zeigen wir, wie usuelle Wortverbindungen innerhalb von Phrasenkomposita zur Lexembildung beitragen.
In der Geschichte der Sprachwissenschaft hat das Lexikon in unterschiedlichem Maße Aufmerksamkeit erfahren. In jüngerer Zeit ist es vor allem durch die Verfügbarkeit sprachlicher Massendaten und die Entwicklung von Methoden zu ihrer Analyse wieder stärker ins Zentrum des Interesses gerückt. Dies hat aber nicht nur unseren Blick für lexikalische Phänomene geschärft, sondern hat gegenwärtig auch einen profunden Einfluss auf die Entstehung neuer Sprachtheorien, beginnend bei Fragen nach der Natur lexikalischen Wissens bis hin zur Auflösung der Lexikon-Grammatik-Dichotomie. Das Institut für Deutsche Sprache hat diese Entwicklungen zum Anlass genommen, sein aktuelles Jahrbuch in Anknüpfung an die Jahrestagung 2017 – „Wortschätze: Dynamik, Muster, Komplexität“ – der Theorie des Lexikons und den Methoden seiner Erforschung zu widmen.
Der Beitrag zeigt, wie die im korpuslinguistischen Gesamtkonzept des Instituts für Deutsche Sprache entwickelten und in der praktischen Korpusarbeit konsequent umgesetzten Prinzipien sowie die entsprechenden automatischen Methoden der Korpuserschließung und -analyse für die linguistische Forschung und die Lexikografie fruchtbar gemacht werden können. Im Mittelpunkt steht dabei das Erklärungspotenzial der statistischen Kookkurrenzanalyse, einer automatischen Korpusanalysemethode, die einen sinnvollen Zugang zu sprachlichen Massendaten und damit zu sprachlichem Usus eröffnet. Die Anwendung dieser Methode ermöglicht darüber hinaus die Erfassung, Verifizierung und lexikografische Beschreibung usueller Wortverbindungen auf einer umfassenden empirischen Basis. Es wird grundsätzlich zwischen dem statistisch erhobenen Kookkurrenzpotenzial, also der berechneten lexikalischen Kohäsion zwischen sprachlichen Entitäten, und der nachgelagerten linguistischen Interpretation unterschieden. Die automatische Analyse bringt Kookkurrenzcluster hervor, die nicht nur binäre Relationen zwischen einem Bezugswort und einem Kookkurrenzpartner abbilden, sondern multiple Strukturen konstituieren können. Diese Cluster fungieren als „Bausteine der Kommunikation“ und weisen Evidenzen für verschiedenste sprachliche Informationen auf. So können sie semantische und pragmatische Aspektuierungen des Wortgebrauchs, formelhafte Ausprägungen oder auch idiomatische Gebundenheiten indizieren. Schließlich wird in einem Ausblick dargestellt, wie diese Methoden im elexiko-Modul ‚Usuelle Wortverbindungen‘ zur systematischen lexikografischen Erfassung und Beschreibung üblicher Wortverbindungen des Deutschen eingesetzt werden. Ziel ist es, ein korpusbasiertes elektronisches ‚Mehrwortlexikon‘ für das Deutsche zu erstellen und gleichzeitig neue Einblicke in die Kohäsions- und damit auch in Vernetzungsphänomene des deutschen Wortschatzes zu erlangen.
Vorwort
(2004)
Vorwort
(2018)
Die Sprachverarbeitung beim Übersetzen unterliegt zwei gegenläufigen Forderungen: der ausgangstextbasierten Äquivalenzforderung und der funktionalistischen Zielpublikumsorientierung. So können Übersetzungen mehr oder weniger wie eine Kopie des Ausgangstextes in einer anderen Sprache wirken, je nachdem wie wörtlich oder frei übersetzt wurde. Dieses Entscheidungskontinuum lässt sich mit dem Entropiebegriff operationalisieren. Je höher die Entropie, desto mehr Übersetzungsvarianten gibt es fur einen ausgangssprachlichen Ausdruck. Welche Rolle hierbei das mentale Lexikon spielt und inwiefern die Entropie die kognitiven Prozesse beim Übersetzen beeinflusst, kann durch experimentelle Forschung untersucht werden. In einer ersten Studie haben wir den Einfluss des mentalen Lexikons auf die Übersetzungsentropie und dessen Entwicklungspotenzial bei Studierenden am Beispiel von Kognaten untersucht. Die zweite Studie belegt den Zusammenhang zwischen Entropie und der kognitiven Belastung am Beispiel verschiedener Wortarten. Durch die Datentriangulation von produkt- und prozessbasierten Ergebnissen lassen sich spezifische Verwendungsmuster ableiten.